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ID0901614500

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    Plenarprotokoll 9/16 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 16. Sitzung Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 Inhalt: Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. Häfele CDU/CSU 515 C Westphal SPD 523 C Gärtner FDP 529 C Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 5300 Bonn Alleinvertrieb: Verlag Dr. Hans Heger, Postfach 200821, Herderstraße 56, 5300 Bonn 2, Telefon (0228) 363551 Haase (Kassel) CDU/CSU 537 B Walther SPD 542 A Frau Matthäus-Maier FDP 548 A Dr. Sprung CDU/CSU 554 A Gobrecht SPD 557 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU 559 D Löffler SPD 563 D Rentrop FDP 566 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 568 B Dr. Spöri SPD 570 B Dr. Waffenschmidt CDU/CSU 572 D Kühbacher SPD 576 A Rapp (Göppingen) SPD 580 A Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU 581 D Wieczorek (Duisburg) SPD 583 D Hoffie FDP 586 D Dr. Hauff, Bundesminister BMV 589 C Kiechle CDU/CSU 593 A Hoffmann (Saarbrücken) SPD 596 A Dr. Zumpfort FDP 599 C Nächste Sitzung 604 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . .605* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 27. Januar 1981 515 16. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer * 27. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Enders * 30. 1. Ertl 27. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. Jung (Kandel) * 27. 1. Junghans 28. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Kittelmann * 30. 1. Klein (Dieburg) 30. 1. Korber 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek 30. 1.
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    Rede von Dr. Dieter Schulte


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ersten Verlautbarungen des neuen Verkehrsministers handeln von veränderten Wertvorstellungen der Bürger in der Verkehrspolitik. Aufgabe eines grundsätzlichen Gesprächs am Anfang einer Legislaturperiode muß es sein, zu klären, ob und wie weit dies stimmt, weil dementsprechend die Ausgangsdaten über Bestand und Bedarf, über Haushalt und Finanzplanung und über die bisherigen Ziele der Verkehrspolitik anders zu bewerten und zu ermitteln sind.
    Tatsache ist, daß seit der Verabschiedung des Verkehrswegeplanes ein Jahr, daß seit Verabschiedung des Ausbauplanes für die Bundesfernstraßen ein halbes Jahr vergangen ist. In dieser Zeit haben sich die Wertvorstellungen der Bürger nicht verändert. Allenfalls ist es die Kassenlage des Bundes. Oder exakt: Die Bundesregierung muß die Finanzmisere jetzt endlich zugeben.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Die Wahrheit über die Kassenlage!)




    Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

    Die Wertvorstellungen der Bürger werden also nach der Kassenlage definiert. Der Verkehrsminister will die Finanznot als Tugend verkaufen. Wir erleben in diesen Wochen, daß der Finanzminister dem Verkehrsminister Geld wegnimmt und der Verkehrsminister sagt: „Jetzt kann ich endlich die richtige Verkehrspolitik betreiben."

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sehen die wahren Ursachen z. B. an der Bundesbahnpolitik der Regierung. Noch im letzten Jahr reiste die Koalition zu den Eisenbahnern und versprach für die 80er Jahre Investitionsmittel in Höhe von 43 Milliarden DM, also 4,3 Milliarden DM pro Jahr. Im Haushalt für das Jahr 1981 sind es nicht 4,3 Milliarden, sondern nur noch 3,2 Milliarden DM. Dies ist aber nur eines von vielen Daten, die auf die Eisenbahnpolitik wirken.
    Die Deutsche Bundesbahn wird in der Zukunft in folgendem Viereck zu fahren haben: Das Defizit ist wieder im Steigen begriffen; die Rationalisierungsreserven durch Personalabbau sind erschöpft; die Verschuldung kann nach Aussage des Verkehrsministers nicht weiter gesteigert werden; und für Investitionen hat die Bahn nicht genügend Geld.
    In dieser Situation sagt der neue Verkehrsminister, er wolle ein Konzept für die Bahn nicht vorlegen. Nun brauchen wir keine Modelle, so wie sein Vorgänger diese ständig zum Überdruß aller Beteiligten vorgelegt hat. Aber der neue Minister muß sagen, wo die Schwerpunkte seiner Eisenbahnpolitik liegen werden. Da genügt es nicht, Herr Hauff, den kombinierten Verkehr fördern zu wollen; daß wir das tun müssen, darüber ist sich dieses Haus seit Jahren einig. Da genügt es auch nicht, ein paar Intercity-Züge über Frankfurt-Flughafen laufen zu lassen. Dadurch wird das Defizit mit keinem Promille abgebaut; aber der Verkehrsminister berauscht sich daran. Dabei ist die von der Bundesregierung praktisch aufgegebene Sanierung der Bundesbahn das Hauptproblem der nächsten Jahre und nicht etwa die Streichung von Autobahnen des Jahres 2000.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die CDU/CSU will einen Schwerpunkt in ihrer Eisenbahnpolitik dort setzen, wo es um die Förderung der Neu- und Ausbaumaßnahmen der Deutschen Bundesbahn geht. Wir wissen, daß die Hauptstrekken der Bahn praktisch dicht sind. Wir wissen umgekehrt, daß die Deutsche Bundesbahn mit den neuen Ausbaumaßnahmen ihre Kapazität um 30 % steigern könnte. Wir wollen, daß der Investitionsspielraum der Bahn erhöht wird. Wenn der Bund schon kein Geld dazu gibt, dann müssen wir die Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft beginnen oder erhöhen — dies bei Umschlageinrichtungen oder beim Fahrzeugpark. Wir wollen diese Investitionen offensiv vertreten. Wir halten die Pläne der Bundesregierung zur Einführung der Verbandsklage für das genaue Gegenteil.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wollen auch einen Schwerpunkt in der Förderung des Langstreckenverkehrs setzen, hier insbesondere des internationalen Verkehrs. Wir hatten in den letzten Jahren im grenzüberschreitenden Güterverkehr ständig zweistellige Steigerungsraten. Nur sind diese Steigerungsraten an der Deutschen Bundesbahn fast ganz vorbeigegangen. Wir sind gespannt, Herr Minister Hauff, ob Sie in der europäischen Verkehrspolitik die Zügel endlich selbst in die Hand nehmen oder dieses Geschäft weiter auf Vertreterbasis betreiben lassen.
    Die verkehrspolitische Wirklichkeit ist auch an den Daten zum öffentlichen Personennahverkehr ablesbar. In der Regierungserklärung und in ersten Interviews des neuen Verkehrsministers lesen und hören wir ständig von der Förderung und vom Ausbau dieses Verkehrs. Die Realität ist anders. Die Omnibusfahrpreise werden durch den Wegfall der Mineralölsteuerbefreiung um 10 % teurer. Die Deutsche Bundesbahn erhöht ihre Fahrpreise drastisch. Sie steicht Züge im Nahverkehr, allein im Sommerfahrplan 620 an der Zahl. Sie legt Haltepunkte still, 130 an der Zahl. Dies geht aber nicht etwa auf die Deutsche Bundesbahn zurück, sondern auf eine Verfügung aus dem Bundesverkehrsministerium, wonach — dies ist der Klartext — die Bahn mehr Geld vom Bund erhält, wenn sie ihre Leistungen einschränkt.
    Dies ist das genaue Gegenteil der offiziellen Propaganda. So langsam merkt der Bürger, daß die Werbeabteilung im Bundesverkehrsministerium besser ist als dessen Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Union will den öffentlichen Personennahverkehr fördern. Wir wollen, daß der kombinierte Verkehr nicht nur für Güter gilt, sondern auch für die Beförderung von Personen. Wir wollen, daß Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs zum Umsteigen ausgestaltet werden. Es ist doch nicht Park and Ride, wenn der Umsteigeparkplatz bereits nach dem ersten Frühzug belegt ist.
    Im Straßenbau schlägt die Finanzmisere besonders durch; aber hier gibt sich der neue Verkehrsminister besonders progressiv und stellt sich geradezu an die Spitze einer Bewegung. Dabei haben wir vor einem halben Jahr den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen fast einstimmig beschlossen, und ich habe auch keinen erkennbaren Wiederstand von Herrn Hauff in Erinnerung.
    Dann kommt aber ein Thema mit Variationen. Da heißt es in einer Zeitung: Mit Ausnahme der Autobahn Berlin-Hamburg und der Autobahn Würzburg-Ulm soll alles gestrichen werden. — Da gibt es dann ein Interview, in dem geantwortet wird, 3 000 Autobahnkilometer — das ist alles, was noch geplant ist — seien gestorben. Dann heißt es im Hessischen Rundfunk, von den 3 000 Autobahnkilometern seien 1 000 gestorben.
    Meine Damen und Herren, es darf doch nicht zum Prinzip der Investitions- und Infrastrukturpolitik werden, daß man den Bürger oder den Interviewer fragt: Na, wie hätten Sie es denn gern?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der FDP)




    Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

    Die Union geht davon aus, daß bei unseren Bundesfernstraßen das Grundnetz steht. Wir haben die Übertreibungen des Jahres 1971, als Georg Leber Verkehrsminister war, nicht mitgemacht. Wir werden auch im Jahre 1981 die Übertreibungen nicht mitmachen, die genau in das andere Extrem gehen. Wir werden diese Übertreibungen nicht mitmachen, weil sich der Bedarf innerhalb dieser kurzen Zeit — seit Mitte 1980 — nicht verändert hat.
    Wir haben nach wie vor Engpässe in unserem Straßennetz. Wir haben Stellen, wo über hunderttausend Pkw-Einheiten jeden Tag durchfahren.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das ist die Wirklichkeit!)

    Man braucht nur eine Woche lang den Verkehrsfunk zu hören, dann weiß man, an welchen Stellen Energie vergeudet wird. Wir brauchen nach wie vor regionale Erschließung vom Emsland bis nach Ostbayern. Wir brauchen Umgehungsstraßen, z. B. am Bodensee, um eine empfindliche Landschaft und ihre Bürger zu schützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen nach wie vor versuchen, Unfallschwerpunkte abzubauen.
    Es heißt immer wieder: Vergleichen wir uns doch mit dem Ausland! Ich glaube, daß müssen wir tun. Nur, wer ins Ausland schaut, muß auch die Belastung pro Kilometer Straße vergleichen.
    Wir brauchen in der Investitionspolitik, auch beim Straßenbau, Beständigkeit. Wir wissen, daß wir bis zum Jahre 1985 — darüber besteht Einigkeit — nur das Allernötigste realisieren können. Dann müssen wir, so wie es das Gesetz vorschreibt, den Bedarf wieder überprüfen, in fünf Jahren also, aber nicht, wie der neue Minister meint, nach fünf Monaten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich ein paar Ausführungen zum Auto machen. Wir sind der Ansicht, daß der Punkt überschritten ist, an dem das Auto dem Bürger nur Vorteile bringt. Wir meinen aber, es sei wieder an der Zeit, die richtige Gewichtung von Vor- und Nachteilen vorzunehmen, also nicht nur auf Lärm, Abgase und Landschaftsverbrauch hinzuweisen, sondern auch auf das unerhörte Maß an Beweglichkeit, Freiheit und Wohlstand, das mit dem Auto einhergegangen ist.
    In den letzten Monaten ist der Autofahrer zum Prügelknaben Nummer 1 geworden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und zur Melkkuh!)

    Das ging von öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung bis hin zu konkreten Plänen zur Erhöhung der Mineralölsteuer. Es ist Zeit, Plus und Minus zurechtzurücken. Wenn der Verkehrsminister von den Wertvorstellungen der Bürger spricht, muß man sagen, daß sich diese Wertvorstellungen auch in der Zahl der Autos ausdrücken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung will in ihrer Verkehrspolitik den Dialog mit dem Bürger. Wir unterstützen diese
    Forderung nachhaltig, solange dieser Dialog nicht zur Verkehrsverhinderung führt, sind aber der Ansicht, daß zum Dialog auch das Gespräch mit den 28 Millionen Autofahrern gehört, die weder Prügelknabe noch Randgruppe sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die CDU/CSU wird für den Haushalt 1981 keine Erhöhungsanträge stellen. Unsere Politik hat folgende Schwerpunkte:
    Erstens. Der Grundsatz der freien Wahl des Verkehrsmittels muß erhalten bleiben.
    Zweitens. Wir wollen die Investitionen der Deutschen Bundesbahn, insbesondere bei Neu- und Ausbaumaßnahmen, fördern.
    Drittens. Wir wollen die Deutsche Bundesbahn im internationalen Verkehr fördern.
    Viertens. Wir wollen den kombinierten Verkehr nicht nur bei Gütern, sondern auch bei Personen ausbauen.
    Fünftens. Wir wollen das Gespräch mit dem Bürger; auch der Autofahrer ist ein Bürger.
    Die Verkehrspolitik, meine Damen und Herren, muß einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten. Die CDU/CSU wird aber darauf achten, daß die leeren Kassen nicht zum Trojanischen Pferd einer neuen Ideologie im Verkehr werden.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wieczorek (Duisburg).

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren bereits in der ersten großen Aussprache zum Bundeshaushalt 1981 heute den Verkehrsetat. Für mich zeigt das zweierlei: Der Verkehrsetat ist nicht nur von seinem Umfang her einer der ganz großen Brocken im Haushalt. Offenbar spüren wir alle, daß wir in der Verkehrspolitik des Bundes vor neuen diskussionswürdigen Herausforderungen stehen.
    Der Bundeshaushalt 1981 ist ein Haushalt der Stabilität.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ha! Ha!)

    Die sozialliberale Koalition hat einen Entwurf vorgelegt, der der finanzpolitischen Forderung nach Beschränkung der Nettokreditaufnahme voll entspricht. Das hat aber auch Konsequenzen in jedem Einzelplan, einschließlich des Einzelplans 12 — Verkehr.
    Die Opposition ist nicht sehr glaubwürdig, wenn sie uns auf der einen Seite ständig auffordert, weniger Schulden zu machen, auf der anderen Seite aber die Konsequenzen sparsamer Haushaltspolitik bejammert. Natürlich hat die Rückführung des Verkehrshaushalts von 25,36 Milliarden DM im Jahre 1980 auf einen Sollbetrag von 24,9 Milliarden DM in diesem Jahr mit einem Rückgang von nominal 1,5 % praktische Konsequenzen. Wer aber einen Haushalt der Stabilität will, darf sich vor diesen Konsequenzen nicht drücken.



    Wieczorek (Duisburg)

    Hier wird auch bereits die erste große Herausforderung für die künftige Verkehrspolitik des Bundes deutlich. Auch der Verkehrshaushalt muß und wird seinen angemessenen Beitrag zur Haushalts- und Finanzpolitik des Bundes leisten. Unsere gemeinsame Aufgabe dabei ist es, diesen Beitrag so auszugestalten, daß finanz- und haushaltspolitische Erwägungen einerseits und verkehrspolitische Erwägungen andererseits gleichrangig zum Tragen kommen.
    Die zweite große Herausforderung, die sich logischerweise auch im Verkehrshaushalt niederschlagen muß, ist die Notwendigkeit, mit wertvollen Rohstoffen und mit Energie sparsam und vernünftig umzugehen. Im Verkehrsbereich gilt das in ganz besonderer Weise für den Umgang mit Mineralöl und Mineralölprodukten. Wir müssen uns ständig vor Augen halten, daß 20 % des Endenergieverbrauches in unserem Lande auf den Verkehr entfallen und davon mehr als vier Fünftel vom Öl abhängen ohne erkennbare Substitutionsmöglichkeit. Wir sehen, worum es in dieser Frage geht.
    Der Bundesfinanzminister hat am Freitag folgerichtig den Aspekt des Mineralölsparens im Verkehr in die Mitte seiner Einbringungsrede gestellt. Wir Sozialdemokraten unterstützen ihn und die Bundesregierung bei dem beharrlichen Bemühen, auch durch Abbau aller Energiesubventionen zu einem energiepolitisch und gesamtwirtschaftlich sinnvollen Verbraucherverhalten beizutragen. Dabei kann es Konflikte mit anderen Zielen der Politik geben. So ist beispielsweise die vorgeschlagene Streichung der Gasölbetriebsbeihilfe beim öffentlichen Nahverkehr unter verkehrspolitischen Gesichtspunkten und im Blick auf den öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche sicherlich keine unproblematische Angelegenheit. Der Vorschlag der Regierung erhält aber seine Berechtigung in den zu erwartenden Veränderungen; dabei meine ich die Veränderung im Verbraucherverhalten.
    Die Auswirkungen werden sicherlich mittel- und langfristig zu erwarten sein. Ich bin sicher, daß wir in den bevorstehenden Beratungen des Bundestages gerade über diesen Vorschlag sehr intensiv werden miteinander ringen müssen.
    Als dritte Herausforderung nenne ich heute nur stichwortartig die objektiven Umweltbelastungen durch den Verkehr wie Lärm, Abgase, aber auch den Landschaftsverbrauch. Hinzu kommt — für die Möglichkeit praktischer Verkehrspolitik ist dies nicht weniger wichtig — eine sich zunehmend wandelnde Einstellung großer Teile der Bevölkerung zum Problembereich Verkehr und Umwelt. Natürlich muß auch dies bei den Beratungen über den Verkehrshaushalt 1981 und die künftigen Investitionsplanungen mit bedacht werden.
    Im Vorfeld zur heutigen Debatte ist kritisch angemerkt worden, die Verkehrspolitik stehe nunmehr unter dem Diktat der Finanz- und Haushaltspolitik. Auch Herr Schulte ist ja in dieser Frage aktiv geworden. Ich kann alle Kritiker beruhigen: Wir Sozialdemokraten werden nicht zulassen, daß irgend jemand den Verkehrsetat als wohlfeilen Steinbruch für andere Zwecke mißbraucht. Soweit ich es beurteilen kann, hat dies auch niemand ernsthaft vor.

    (Unruhe und Widerspruch bei der CDU/ CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Dabei müssen Sie doch rot werden! — Beifall bei der SPD — Wehner [SPD]: Nicht aus der Ruhe bringen lassen!)

    — Wenn Sie sich beruhigt haben, meine Damen und Herren, würde ich gerne weiterreden.
    Meine Damen und Herren, für eine angemessene Beurteilung des vorgelegten Verkehrshaushalts müssen wir uns einige Punkte vor Augen halten und eine kleine Bestandsbestimmung machen.
    Erstens. Unser Land verfügt über ein ausgebautes und insgesamt sehr leistungsfähiges Verkehrswegenetz, um das uns viele Länder in Europa und Amerika beneiden.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Kennen Sie die Bundesrepublik?!)

    Ich kenne die Bundesrepublik sehr gut: als Wanderer, als Radfahrer und als Autofahrer.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Ich kenne auch die äußeren Bereiche. Haben Sie keine Sorge! Ich kenne den Bayerischen Wald und das Fichtelgebirge, allerdings im wesentlichen als Fußgänger,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    weil ich da regelmäßig wandere. Aber auch dabei soll man ja Verkehr beurteilen können.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wenn Sie mir noch eine Gegend empfehlen können, würde ich den Hinweis gern annehmen. Ich bin immer aktiv. Aber wenn ich radfahre, tue ich es nur auf einem Fahrrad, auf dem ich sitzen kann, und nicht mit der Goldenen Lenkstange des Bundestages. Lassen Sie mich aber, ernsthaft werdend, meine Ausführungen fortsetzen. Wir sollten die objektiven Sachverhalte des Verkehrshaushalts im richtigen Licht sinnvoll zeigen.
    Zweitens. Das Investitionsvolumen in diesem Einzelplan 12 beträgt im Haushaltsjahr 1981 über 12 Milliarden DM.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wieviel ist das weniger?)

    Mehr als 40 % der Gesamtausgaben des Bundes entfallen auf den Bereich Verkehr. 1980 waren es 39,1 %, 1981 sind es 40,3 %. Davon entfallen auf den Bundesfernstraßenbau 5,24 Milliarden DM, auf Investitionen der Deutschen Bundesbahn 3,23 Milliarden DM
    — diese Zahl wurde hier schon genannt —, auf den öffentlichen Personennahverkehr 1,28 Milliarden DM mehr — die Ansätze sind also höher — als 1980. Daneben sind nicht zu übersehen die Beiträge des Bundes zum kommunalen Straßenbau mit über 1,7 Milliarden DM und die Investitionen für den Bereich der Bundeswasserstraßen von immerhin 570 Millionen DM.



    Wieczorek (Duisburg)

    Das alles bedeutet: Wie halten das hohe Niveau der Investitionen. Das ist in einer Zeit knapper Mittel nicht gerade eine Selbstverständlichkeit.
    Drittens. Die neuen Herausforderungen versetzen die Verkehrspolitik in die Lage, kritisch die geplanten Projekte auf ihre Notwendigkeit, ihre Wünschbarkeit und ihre Realisierbarkeit überprüfen zu müssen. Dabei sollten wir uns nicht scheuen, gemeinsam neue Wege zu gehen.
    Zu den neuen Wegen, die mir besonders zukunftsträchtig erscheinen, zählt vor allem die bessere Ausnutzung vorhandener Kapazitäten. Wir müssen zu einer optimalen Kombination der unterschiedlichen Verkehrswege und der unterschiedlichen Verkehrsträger sowie dazu kommen, alle in ein Gesamtsystem einzubetten, das durchgängig und durchlässig ist.
    Der Bundesverkehrsminister hat in der vorigen Woche vor dem Verkehrsausschuß des Bundestages seine Politik hierzu dargelegt. Ich versichere Ihnen, Herr Bundesminister, seitens der sozialdemokratischen Haushälter, daß Sie unsere volle Unterstützung bei diesem Programm haben.
    Im Güterverkehr wie im Personenverkehr müssen neue, auch haushaltswirksame Schritte eingeleitet werden, um energiepolitische Vorzüge unterschiedlicher Verkehrsträger so miteinander zu verknüpfen, daß vorhandene Kapazitäten für ein besseres volkswirtschaftliches Gesamtergebnis mobilisiert werden und daß dabei neben ökonomischen auch ökologische Fakten entsprechend gewertet werden. Als Stichwort nenne ich dazu nur stellvertretend: den kombinierten Verkehr zwischen Straße und Schiene, zwischen Schiene und Wasserstraße, die Verknüpfung von Luftfahrt und Eisenbahn. Ich könnte, um das zu verdeutlichen, auch die Reizworte Park-and-Ride-System, Huckepackverkehr und Containerverkehr nennen. Möglicherweise muß man aber auch einmal darüber nachdenken, ob die bisherigen Beurteilungskriterien für den Verkehr, nämlich Tonnen- oder Personenkilometer in der Zeiteinheit, nicht durch die Dimension „Energieverbrauch je Tonne beförderter Leistung oder je Personenkilometer" ergänzt werden müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das geschieht doch schon!)

    Hier liegen die Reserven: in der Verknüpfung der Verkehrswege und der Verkehrsträger. Das ist um so notwendiger, als sich alle Verkehrspolitiker im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden in ihren Planungen dann auf realistische Investitions- und Finanzrahmenplanungen einstellen können.
    Es wäre jedoch verhängnisvoll, wenn sich die Illusion breitmachen würde, die Finanzlage im Verkehrshaushalt des Bundes sei nur durch eine kurze Durststrecke gekennzeichnet, eine Durststrecke, die man so schnell wie möglich durchwandern müsse, dann fließe wieder alles reichlich wie früher. Meine Damen und Herren, ohne heute schon die mittelfristige Finanzplanung für die zweite Hälfte der 80er Jahre vorwegnehmen zu wollen oder auch zu können, bedarf es keiner prophetischen Gabe, um bereits jetzt vorherzusagen, daß dann die Steigerungsraten im Verkehrshaushalt kaum größer sein werden als in der ersten Hälfte der 80er Jahre. Das heißt aber auch, daß die Investitionsplanung bereits jetzt auf eine realistische Basis gestellt werden muß. Andernfalls würden wir möglicherweise nicht erfüllbare Hoffnungen wecken oder Hoffnungen pflegen und dadurch den Vorwand für Fehlinvestitonen liefern. Alle Beteiligten, Arbeitnehmer und Unternehmer, Länder und Kommunen, haben ein legitimes Interesse daran zu erfahren, was in der nächsten Dekade bei den Verkehrsinvestitionen geht und was nicht. Kalkulierbarkeit der Investitionstätigkeit und Konzentration auf das Vordringliche sind jetzt besonders gefragt.
    Für mich gehört zu diesem Thema auch — lassen Sie mich das in allem Freimut sagen —, daß wir nicht in den Fehler verfallen dürfen, eine Hoffnung daran zu knüpfen, daß aus arbeitsmarktpolitischen Gründen zurückgestellte Investitionsmaßnahmen im Verkehrsbereich aktiviert werden. Die bisherigen Erfahrungen haben wenig überzeugen können. Ich will nicht behaupten, daß mit den vergangenen Konjunkturprogrammen eine prozyklische Wirkung erzielt wurde. Es stimmt jedoch nachdenklich, daß man heute feststellen muß, daß mit großem Aufwand Projekte fertiggestellt werden müssen, die zwar gesamtwirtschaftlich wünschenswert sind, die aber nicht im engsten Sinne des Wortes aus verkehrspolitischer Sicht notwendig — im Sinne von Not abwenden — waren.
    Ich begrüße es deshalb, daß der Bundesverkehrsminister bereits damit begonnen hat, die Investitionsvorhaben des Bundes im Fernstraßenbau und im Wasserstraßenbau in diesem Sinne nochmals zu überprüfen. Ich bestreite nicht, daß die Rückführung der Investitionen, die vorgesehen waren, einen weiteren Druck auf den Arbeitsmarkt bringt. Wir müssen dabei jedoch beachten, daß gerade im Tiefbau die Beschäftigtenzahlen weitaus geringer als beispielsweise im Anlagen- oder Maschinenbau von der Investitionssumme abhängig sind. Im Anlagen- und Maschinenbau rechnet man mit einer volkswirtschaftlichen Beschäftigungsquote von rund 20 000 Jahresarbeitsplätzen je 1 Milliarde Investitionssumme. Im Tiefbau, insbesondere im Straßenbau, liegt die Beschäftigungsquote zwischen 6 000 und 7 500 Jahresarbeitsplätzen je 1 Milliarde Investitionssumme. Ich könnte mir aber gut vorstellen, daß die nicht mehr vordringlich im Straßenbau Beschäftigten wesentlich wirkungsvoller beispielsweise bei den Vorarbeiten für die Fernwärmeversorgung der Gemeinden eingesetzt würden. Die Kapazitätsreserve im Tiefbau könnte dadurch sehr gut genutzt werden, und dann wäre auch eine weitere Preissteigerungsrate auf Grund von Angebot und Nachfrage zu vermeiden.
    Meine Damen und Herren, wir werden darangehen, den Haushaltsentwurf der Regierung zu beraten und gegebenenfalls zu korrigieren, alles natürlich unter der Prämisse, daß eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme nicht zur Diskussion steht. Natürlich werden hinsichtlich der Verkehrswegeinvestitionen in unseren Beratungen regionale, struk-



    Wieczorek (Duisburg)

    turelle und arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
    Meine Damen und Herren, wir sind auch bereit, erneut über den weiteren Ausbau des Saar-Kanals zu beraten, und zwar mit dem ausdrücklichen Ziel, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Stahlstandort Saarland auf Dauer zu sichern. Wir erwarten jedoch, daß gleichzeitig die Investitionen der Stahlindustrie in dieser Region zügig erfolgen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, über die einzelnen Kapitel des Einzelplans 12 werden wir in der kommenden Woche in den zuständigen Gremien ausführlich miteinander reden. So kann ich mich heute darauf beschränken, Anmerkungen zu einem Problembereich zu machen, der heute schon zweimal angesprochen wurde und der nicht nur mich tief besorgt: die finanzielle Lage der Deutschen Bundesbahn. Als neugewählter Abgeordneter bin ich darüber noch mehr erschrocken als die langgedienten Kollegen, die alten Hasen, die sich mit diesen Problemen schon länger herumschlagen. Wenn uns allen gemeinsam nicht wirksame neue Wege und Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Bahn einfallen und wir diese dann auch praktisch durchsetzen, droht ein weiterer Anstieg der Verschuldung der Deutschen Bundesbahn — dazu darf es in keinem Fall kommen —, trotz der Attraktivität der Bahn für die Verkehrsteilnehmer, trotz großer persönlicher Leistungen der Bahnbediensteten, denen hier ausdrücklich für Ihre Leistung gedankt werden soll, trotz beachtlicher Rationalisierungserfolge der Bahn und trotz eines Bundeszuschusses an die Bundesbahn in Millionenhöhe Jahr für Jahr.