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ID0901017700

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    Plenarprotokoll 9/10 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 10. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Dregger 294 D Verzicht des Abg. Dr. Ritz auf die Mitglied- schaft im Deutschen Bundestag . . . . 294 D Eintritt des Abg. Dr.-Ing. Oldenstädt in den Deutschen Bundestag 294 D Wahl der Schriftführer — Drucksache 9/36 — 295 A Erweiterung der Tagesordnung 337 C Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten ( Künstlersozialversicherungsgesetz) — Drucksache 9/26 — Lutz SPD 295 B Zink CDU/CSU 296 D Cronenberg FDP 298 D Buschfort, Parl. Staatssekretär BMA . 301 A Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts — Drucksache 9/27 — Marschall SPD 302 A Kroll-Schlüter CDU/CSU 303 C Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 304 C Gnädinger SPD 305 C Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . 306 D Engelhard FDP 308 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . 309 D Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Staatshaftungsgesetzes — Drucksache 9/25 — Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 311 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU . . . 312 C Kleinert FDP 313 C Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . 316A Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung — Drucksache 9/24 — Lambinus SPD 317 C Dr. Langner CDU/CSU 318C II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den i 1. Dezember 1980 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Neunzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 9/22 — Lambinus SPD 319 D Dr. Götz CDU/CSU 321A Engelhard FDP 323 A Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zwanzigsten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 9/23 — Dr. Linde SPD 325A Dr. Götz CDU/CSU 327 A Bergerowski FDP 329 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 4. August 1963 zur Errichtung der Afrikanischen Entwicklungsbank — Drucksache 9/20 — Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 331 B Bindig SPD 333A Dr. Vohrer FDP 334 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 336A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Protokoll vom 24. Oktober 1979 zu dem Abkommen vom 18. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 9/15 — 336 D Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1979 — — Drucksache 8/4514 — 337 A Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu den Verordnungen der Bundesregierung 1. Aufhebbare Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung 2. Aufhebbare Sechsundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Drucksachen 8/4460, 8/4469, 9/39 — . 337C Fragestunde — Drucksache 9/33 — Verpflichtungen der Bundesregierung gegenüber der Türkei nach dem Militärputsch MdlAnfr A64 05.12.80 Drs 09/33 Hansen SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 283B, D, 284A ZusFr Hansen SPD 283B, C ZusFr Meinike (Oberhausen) SPD . 283 D ZusFr Coppik SPD 284A ZusFr Dr. Corterier SPD 284A Militärhilfe für die Türkei nach dem Militärputsch MdlAnfr A65, 66 05.12.80 Drs 09/33 Thüsing SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 284 B, C, D, 285A,B,C ZusFr Thüsing SPD 284B, 285A ZusFr Meinike (Oberhausen) SPD 284C, 285B ZusFr Coppik SPD 284 D ZusFr Hansen SPD 284 D, 285 C Erörterung der Menschenrechtsfrage für Deutsche im Ostblock auf der KSZE-Folgekonferenz in Madrid MdlAnfr A67 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 285D, 286A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 285 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 286A Verbesserung der europäischen politischen Zusammenarbeit MdlAnfr A68 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 286 A, B, C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 286 B Proteste gegen die sowjetischen Störungen der Sendungen der Deutschen Welle MdlAnfr A69 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA -286C, 287A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . . 286D, 287A ZusFr Hansen SPD 287 A Äußerung des polnischen Botschafters über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Existenz des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 MdlAnfr A70 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Hupka CDU/CSU Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 III Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 287 B, C, D, 288A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 287 B, C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 287C ZusFr Wehner SPD 287 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 287 D Entwicklungshilfe für El Salvador angesichts der derzeitigen Situation MdlAnfr A71 05.12.80 Drs 09/33 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 288A, B, C, D ZusFr Oostergetelo SPD 288 A, B ZusFr Thüsing SPD 288 C ZusFr Hansen SPD 288 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 288 C ZusFr Dr. Brunner FDP 288 D Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum angesichts der Mineralölsteuererhöhung MdlAnfr A74 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StSekr Ruhnau BMV . . 289 A, C, D, 290A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . 289C, D ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . . 289 D ZusFr Stiegler SPD 290 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 290A Kriterien für die Wahl der sogenannten Nordtrasse beim Bau der Autobahn Hamburg-Berlin MdlAnfr A75, 76 05.12.80 Drs 09/33 Kuhlwein SPD Antw StSekr Ruhnau BMV 290 B, D, 291 B, C, D, 292B, C, 293A, B ZusFr Kuhlwein SPD 290D, 291 B, C ZusFr Jansen SPD 292B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 293A ZusFr Leuschner SPD 293 B Überprüfung der Trassenführung der Autobahn Hamburg-Berlin angesichts der Stellungnahmen von Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen MdlAnfr A77, 78 05.12.80 Drs 09/33 Zywietz FDP Antw StSekr Ruhnau BMV . . . 293C, D, 294A ZusFr Zywietz FDP 293 D ZusFr Kuhlwein SPD 294A Reduzierung des Streusalzverbrauchs in diesem Winter MdlAnfr A79 05.12.80 Drs 09/33 Oostergetelo SPD Antw StSekr Ruhnau BMV 294 B, C ZusFr Oostergetelo SPD 294 C Nächste Sitzung 337 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 339* A Anlage 2 • Amtliche Mitteilungen 339* A Anlage 3 Zahl der Eheschließungen, Ehescheidungen und der durch Scheidungen betroffenen minderjährigen Kinder in den Jahren 1975, 1979 und 1980 MdlAnfr Al 05.12.80 Drs 09/33 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . 340*A Anlage 4 Steuerliche Subventionierung von Landkäufen im Ausland durch Verlustzuweisung MdlAnfr A19 05.12.80 Drs 09/33 Jungmann SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . 340*A Anlage 5 Verhandlungen deutscher Firmen mit der chilenischen Regierung über die Lieferung von Kriegsgerät MdlAnfr A22 05.12.80 Drs 09/33 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 340* C Anlage 6 Offenlegung von Rüstungslieferungen; Genehmigung von Waffenverkäufen an Chile MdlAnfr A23 05.12.80 Drs 09/33 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 340* C IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 Anlage 7 Überprüfung der Förderkulisse der „Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur" MdlAnfr A28 05.12.80 Drs 09/33 Müntefering SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 340* D Anlage 8 Kreditgewährung eines Bankenkonsortiums an die UdSSR MdlAnfr A29 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Wittmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 341* B Anlage 9 Verlängerung des Welttextilabkommens; Umgehungseinfuhren in der Textilbekleidungsbranche; Einführung von Sozialklauseln in den Handelsabkommen zwischen EG-Ländern und Entwicklungsländern MdlAnfr A33, 34 05.12.80 Drs 09/33 Kretkowski SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 341* C Anlage 10 Krisenvorratshaltung bei den Rohstoffen Mangan, Vanadium, Kobalt, Chrom und Asbest MdlAnfr A35, 36 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 342* A Anlage 11 Öl- und Erdgaslagerstätten im Raum Aachen-Stolberg- Herzogenrath sowie Kosten für Probebohrungen MdlAnfr A55, 56 05.12.80 Drs 09/33 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/ CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 342"A Anlage 12 Ausbildungsplätze bei vom Bund beeinflußten Institutionen im Jahre 1981 MdlAnfr A61 05.12.80 Drs 09/33 Müntefering SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . 342* C Anlage 13 Ausbau der Bundesbahnstrecke Dortmund-Hamm als Schnellbahnstrecke sowie Bau von Lärmschutzanlagen MdlAnfr A72, 73 05.12.80 Drs 09/33 Lampersbach CDU/CSU SchrAntw StSekr Ruhnau BMV . . . . 342* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 283 10. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1980 Beginn: 12.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 12. 12. Dr. Ahrens* 12. 12. Amrehn 12. 12. Diepgen 12. 12. Dr. Dregger 12. 12. Dr. Ehmke 12. 12. Frau Hürland 12. 12. Dr. Hüsch 12. 12. Anlagen zum Stenographischen Bericht Mahne 19. 12. Matthöfer 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 12. 12. Dr. Meyer zu Bentrup 11. 12. Reschke 12. 12. Schmidt (Wattenscheid) 19. 12. Spilker 12. 12. Dr. Struck 19. 12. Zimmermann 12. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates hat mit Schreiben vom 3. Dezember 1980 mitgeteilt, daß die Regierungen der Länder folgende Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) bestellt haben: Baden-Württemberg Bayern Berlin Bremen Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Schleswig-Holstein Mitglied Ministerpräsident Lothar Späth Staatsminister Peter M. Schmidhuber Senator Prof. Gerhard Heimann Präsident des Senats, Bürgermeister Hans Koschnick Senator Günter Apel Ministerpräsident Holger Börner Ministerpräsident Dr. Ernst Albrecht Minister Dr. Diether Posser Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel Minister Werner Klumpp Ministerpräsident Dr. Gerhard Stoltenberg Vertreter Frau Minister Annemarie Griesinger Staatssekretär Dr. Wilhelm Vorndran Senator Gerhard M. Meyer Senator Dr. Günther Czichon Senator Jürgen Steinert Frau Staatsminister Dr. Vera Rüdiger Minister Wilfried Hasselmann Minister Dr. Herbert Schnoor Staatsminister Johann Wilhelm Gaddum Minister Prof. Dr. Franz Becker Minister Dr. Henning Schwarz Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung im Benehmen mit dem Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: 1. Aufhebbare Achtundvierzigste Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache 8/4460 - Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 12. Dezember 1980 vorzulegen 2. Aufhebbare Sechsundsiebzigste Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - - Drucksache 8/4469 - Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 19. Dezember 1980 vorzulegen 3. Aufhebbare Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 6/80 - Erhöhung des Zollkontingents 1980 für Bananen) - Drucksache 8/4498 - Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 29. Januar 1981 vorzulegen 4. Aufhebbare Fünfundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - - Drucksache 9/8 - Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 19. Februar 1981 vorzulegen 340* Deutscher Bundestag - 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 9/33 Frage 1): Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Ehen im Jahr 1975, im Jahr 1979 und im ersten Halbjahr 1980 geschlossen und geschieden wurden und wie viele minderjährige Kinder jeweils durch die Ehescheidungen betroffen wurden? Der Bundesregierung liegen folgende Zahlen des Statistischen Bundesamts vor: Im Jahre 1975 sind 386 681 Ehen geschlossen worden. Die Zahl der Ehescheidungen betrug 106 839; 107 216 minderjährige Kinder wurden durch die Ehescheidungen betroffen. Im Jahre 1979 sind 344 822 Ehen geschlossen worden. Die Zahl der Ehescheidungen betrug 79 490; 63 211 minderjährige Kinder wurden durch die Ehescheidungen betroffen. Im ersten Halbjahr 1980 sind 170 242 Ehen geschlossen worden. Das Statistische Bundesamt erhält die Scheidungszahlen und die Zahlen der durch die Ehescheidungen betroffenen minderjährigen Kinder von den statistischen Landesämtern jeweils für das ganze Jahr und nicht, wie bei den Eheschließungszahlen, nach Monaten. Die erbetenen Zahlen können erst im Herbst 1981 vorgelegt werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Frage des Abgeordneten Jungmann (SPD) (Drucksache 9/33 Frage 19): Ist der Bundesregierung bekannt, ob Landkäufe im Ausland durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten der Verlustzuweisung subventioniert werden, und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung gegen die staatlich subventionierte Kapitalabwanderung zu unternehmen? Durch § 15 a EStG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. August 1980 wird die Möglichkeit, Verluste mit positiven Einkünften zu verrechnen, bei beschränkt haftenden Unternehmern grundsätzlich auf den Haftungsbetrag begrenzt. Weitergehende Verluste dürfen in späteren Jahren nur mit Gewinnen aus der Einkunftsquelle verrechnet werden, aus der die Verluste stammen. Demgegenüber sollen bei einem Landkauf- und Farmprojekt, für das derzeit in Presseanzeigen geworben wird und auf welches sich die Frage offenbar bezieht, hohe Verlustzuweisungen möglich sein. Die Annoncen und Prospekte der Initiatoren liegen mir vor. Auf Grund dieser Unterlagen ist jedoch eine abschließende rechtliche Würdigung nicht möglich, insbesondere kann nicht gesagt werden, ob und ggf. in welcher Höhe die Verluste den Anlegern zugewiesen werden können. Das zuständige Betriebsfinanzamt Mainz ist zum Bericht aufgefordert worden. Das zuständige Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz wird über das Ergebnis in Kürze informieren. Sobald mir von der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde alle Einzelheiten mitgeteilt worden sind, werde ich die allgemeinen Aspekte dieser Anfrage ausführlich schriftlich beantworten. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 9/33 Fra- ge 22): Ist der Bundesregierung bekannt, ob deutsche Firmen finit der chilenischen Regierung über die Lieferung von Kriegsgerät verhandeln, wie in einer Fernsehsendung behauptet worden ist? Ich nehme an, daß Sie sich auf die Fernsehsendung „REPORT" vom 18. November 1980 über Rüstungsexporte beziehen, in der von Verhandlungen einer deutschen Werft über die Lieferung von zwei U-Booten nach Chile die Rede war; in diesem Zusammenhang sind auch die dafür bestimmten Torpedos zu berücksichtigen. Der Bundesregierung sind diese Verhandlungen bekannt. Ich kann bestätigen, daß die Bundesregierung im Sommer 1980 eine Genehmigung für dieses Vorhaben in Aussicht gestellt hat. Darüber hinaus ist der Bundesregierung nicht bekannt, ob deutsche Firmen mit der chilenischen Regierung über die Lieferung von Kriegsgerät verhandeln. Entsprechende Voranfragen oder Exportanträge liegen ihr nicht vor. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 9/33 Fra- ge 23): Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend ihrer Ankündigung in der Regierungserklärung, sich für die Offenlegung von Rüstungslieferungen einzusetzen, und ist sie in diesem Zusammenhang auch bereit, zu dem Bericht des Fernsehmagazins „Report" vom 18. November 1980 Stellung zu nehmen, demzufolge die Bundesregierung Waffenverkäufe an Chile genehmigt haben soll? Die Bundesregierung ist bereit, sich für eine weltweite Offenlegung von Rüstungsexporten einzusetzen und sie hat hierzu, wie in der Regierungserklärung erwähnt, konkret vorgeschlagen, bei den Vereinten Nationen ein entsprechendes Register einzurichten. Wir müssen die Reaktion auf diesen Vorschlag abwarten. Zum konkreten Fall Chile kann ich bestätigen, daß die Bundesregierung im Sommer dieses Jahres eine Genehmigung für die Ausfuhr von 2 U-Booten und dafür bestimmter Torpedos in Aussicht gestellt hat. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Müntefering (SPD) (Drucksache 9/33 Frage 28): Unter welchen Gesichtspunkten wird die Förderkulisse der „Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur" zur Zeit überprüft, und wann wird das Ergebnis der Überprüfung dem Bundestag zur Beratung und Entscheidung vorliegen? Der von Bund und Ländern gebildete Planungsausschuß hat schon vor einiger Zeit die Arbeitsmarkt-, Einkommens- und Infrastrukturindikatoren Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 341* ausgewählt, die bundeseinheitlich für die Bestimmung der Fördergebiete herangezogen werden sollen. Es handelt sich im einzelnen um folgende Indikatoren: — Die aus Regionalprognosen für Arbeitsplatzangebot und Arbeitsplatznachfrage zu errechnenden Arbeitskräftereservequotienten (Prognose-jahr 1985). — Regionale Arbeitslosenquote (Durchschnittswerte der Jahre 1976-1980). — Regionale Lohn- und Gehaltssummen je Arbeitnehmer für das Jahr 1978. - Regionale Bruttoinlandsproduktwerte für das Jahr 1978. — Komplexe regionale Infrastrukturindikatoren, die sich auch einer Vielzahl von bedeutsamen Infrastrukturkategorien zusammensetzen. Für diese Indikatoren werden derzeit Neuberechnungen bzw. Aktualisierungen vorgenommen, die jedoch nicht vor Ende Februar 1981 vollständig vorliegen werden. Über die Gewichtung der Indikatoren und über den für die Anerkennung als Fördergebiet maßgeblichen Schwellenwert ist noch nicht entschieden. Auch der Gesamtumfang der Fördergebiete und damit das Ausmaß der von vielen geforderten und auch vom Bund angestrebten Reduzierung der Fördergebiete ist noch offen. Eckwertbeschlüsse des Planungsausschusses zur Neuabgrenzung der Fördergebiete sind etwa im April 1981 zu erwarten. Die Bundesregierung wird den mit der Regionalpolitik befaßten Ausschüssen des Deutschen Bundestages — wie bisher — ihre Vorstellungen so frühzeitig wie möglich zuleiten; das Votum der Ausschüsse wird eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Haltung der Bundesregierung bei der Beschlußfassung des Planungsausschusses bilden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/33 Frage 29): In welcher Weise hat die Bundesregierung bei der Kreditgewährung eines Bankenkonsortiums an die Sowjetunion mitgewirkt, und welche Banken sind an dem Kreditgeschäft beteiligt? Ich gehe davon aus, daß Ihre Frage sich auf das Erdgas-Röhren-Projekt bezieht, über das gegenwärtig deutsche Lieferfirmen und Banken mit der Sowjetunion Vorgespräche führen. Die Bundesregierung wirkt bei diesen Gesprächen nicht mit. Sollte es zu einer Realisierung dieses Projektes kommen, so wäre zu Ihrer Frage folgendes festzustellen: — Die Bundesregierung würde auch an einer Kreditgewährung nicht mitwirken. Die Bereitstellung von Ausfuhrfinanzierungen ist in der Bundesrepublik Deutschland vielmehr allein Angelegenheit der deutschen Kreditinstitute. Die Bun- desregierung würde entsprechend unserer gene- rellen Haltung auch keine Zinssubventionen gewähren. — Die Bundesregierung würde zu gegebener Zeit prüfen, ob sie das übliche Bürgerschaftsinstrumentarium zur Förderung von Ausfuhrgeschäften hier einsetzen könnte. Bundesbürgschaften für Ausfuhrgeschäfte werden jedoch nur auf Antrag gewährt. Ein Bürgschaftsantrag für das von Ihnen angesprochene Geschäft liegt der Bundesregierung bisher nicht vor. Ihre Teilfrage, „welche Banken an dem Kreditgeschäft beteiligt sind", kann ich nicht beantworten. Die Bundesregierung nimmt — wie ich bereits ausführte — an den Verhandlungen nicht teil; sie hat daher auch keine Kenntnis darüber, welche deutschen Banken sich im Falle einer Verwirklichung dieses Geschäfts an seiner Finanzierung möglicherweise beteiligen würden. Nach unseren Informationen beabsichtigt die Deutsche Bank AG als Konsortialführer aufzutreten. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Kretkowski (SPD) (Drucksache 9/33 Fragen 33 und 34) Hält die Bundesregierung es für notwendig, das Welttextilabkommen (WTA) zu verlängern, und wenn ja, wie wird sie ihren Einfluß in der EG geltend machen, um so zu einer Verlängerung des WTA zu kommen? Wie steht die Bundesregierung zu den Forderungen der Gewerkschaft Textil-Bekleidung nach wirksameren Kontrollen gegen Umgehungseinfuhren, nach wirksamerer Durchsetzung des Prinzips der fairen Lastenteilung in der EG sowie der Einfügung von Sozialklauseln in die Handelsabkommen zwischen EG-Ländern und Entwicklungsländern? Zu Frage 33: Wie ich bereits auf die Frage des Kollegen Rapp erklärt habe, ist das Welttextilabkommen zwar ein Fremdkörper im Rahmen einer marktwirtschaftlich orientierten Handelspolitik. Angesichts der besonderen Verhältnisse im Textil- und Bekleidungssektor tritt die Bundesregierung aber ebenso wie die anderen EG-Mitgliedstaaten dafür ein, das Welttextilabkommen zu verlängern. Zu Frage 34: Die Bundesregierung ist schon bisher energisch gegen Umgehungseinfuhren vorgegangen; sie wird dies auch weiter tun. Sie wird auch daran festhalten, daß keines der EG-Länder und darüber hinaus auch keines der anderen großen Textilimportländer seinen Markt zu Lasten der übrigen Länder abschließen darf. Die Forderung nach Aufnahme sozialer Mindeststandards in die Handelsabkommen wird nach den bisherigen Erfahrungen von den Entwicklungsländern als Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten und als Imperialismus bezeichnet werden. Die Entwicklungsländer haben eine „Sozialklausel" auch aus wohl nicht unberechtigter Furcht vor protektionistischem Mißbrauch abgelehnt. An dieser Forderung könnten die Verhandlungen scheitern. 342* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 9/33 Fragen 35 und 36): Treffen Pressemitteilungen zu, wonach die Bundesregierung ihren Plan zur Krisenvorratshaltung bei den Rohstoffen Mangan, Vanadium, Kobalt, Chrom und Asbest zumindest derzeit aufgegeben hat? Wenn ja, welches sind die Gründe für diese Entscheidung? Zu Frage 35: Ja, es ist derzeit nicht vorgesehen, ein solches Programm zu verwirklichen. Zu Frage 36: Versorgungsprobleme sind auch in jüngster Zeit nicht aufgetreten. Selbst höhere Verbräuche gegenüber den Vorjahren konnten ohne Schwierigkeiten gedeckt werden und die Bezugsquellen der deutschen Wirtschaft wurden weiter diversifiziert. Auch angesichts der angespannten Haushaltslage scheint es daher verantwortbar, das Rohstoffbevorratungsprogramm derzeit nicht weiter zu verfolgen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 9/33 Fragen 55 und 56): Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Bereich Aachen/Stolberg/ Herzogenrath geologische Bedingungen festgestellt worden sind, die auf 01- und Erdgaslagerstätten in Tiefen zwischen 2 500 und 4 000 Metern schließen lassen, und wenn ja, erscheint es der Bundesregierung als aussichtsreich oder sinnvoll, in diesem Bereich Probebohrungen vorzunehmen, und wann ist gegebenenfalls mit solchen Probebohrungen zu rechnen? Mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung gegebenenfalls, und wie sollen sie finanziert werden? Es ist der Bundesregierung bekannt, daß im Bereich Aachen/Stolberg/Herzogenrath geologische Bedingungen festgestellt worden sind, die das Vorhandensein von Kohlenwasserstoffen möglich erscheinen lassen. Von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sind im Großraum Aachen in Zusammenarbeit mit dem Geologischen Landesamt von Nordrhein-Westfalen und den belgischen und niederländischen geologischen Diensten geophysikalische Messungen durchgeführt worden. Diese indizieren eine geologische Situation, in der Kohlenwasserstoffe auftreten könnten. Die Situation deutet mehr auf das Gasvorkommen als auf Erdölvorkommen. Der interessante Teufenbereich liegt eher bei 4 000 und unterhalb 4 000 m als bei 2 500 m. Einem Erdöl- und Erdgaskonzern ist eine Untersuchungserlaubnis vom Lande Nordrhein-Westfalen erteilt worden. Die Gesellschaft hat bereits erste weitergehende geophysikalische Untersuchungen durchgeführt. Von den Ergebnissen dieser und weiterer, detaillierter Messungen hängt es ab, ob sich überhaupt bohrwürdige Ziele ergeben. Daher kann zur Zeit nicht gesagt werden, ob oder wann gebohrt werden soll. Ebenfalls lassen sich noch keine Aussagen über eventuelle Bohrkosten machen, da die Teufenlage des Bohrzieles nicht bekannt ist und die Bohrkosten naturgemäß sehr stark von den Bohrteufen beeinflußt werden. Die Finanzierung einer solchen Bohrung wäre Aufgabe der Industrie. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Frage des Abgeordneten Müntefering (SPD) (Drucksache 9/33 Frage 61): Wird das Angebot an Ausbildungsplätzen bei vom Bund beeinflußten Institutionen (Deutsche Bundesbahn, Deutsche Bundespost u. a.) im Jahr 1981 gegenüber 1980 unverändert sein? Dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft liegen noch nicht alle Daten über die für 1981 geplanten Ausbildungsleistungen der Behörden, Sondervermögen, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, Forschungseinrichtungen und sonstigen Einrichtungen des Bundes vor. Nach den vorläufigen Zahlen kann erwartet werden, daß auch 1981 mit gleich hohen Ausbildungsleistungen der zum Bund gehörenden Einrichtungen und Sondervermögen zu rechnen ist. Dabei sollte nicht übersehen werden, daß die Neueinstellungen von Auszubildenden für die verschiedenen vom Bund angebotenen Ausbildungsarten seit 1977 überdurchschnittlich von rd. 21 000 auf rd. 29 500 in 1979 angestiegen sind; dies entspricht einem Anstieg von rd. 41%. Wie in den Vorjahren wird der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in Gesprächen mit den verantwortlichen Ressorts darauf drängen, daß die verfügbaren Ausbildungskapazitäten voll genutzt werden. Anlage 13 Antwort des Staatssekretärs Ruhnau auf die Fragen des Abgeordneten Lampersbach (CDU/CSU) (Drucksache 9/33 Fragen 72 und 73): Sind Pressemitteilungen zutreffend, daß die Bundesbahnstrecke Dortmund-Hamm über Kamen als Schnellfahrstrecke ausgebaut werden soll, und — wenn dies der Fall ist — wann werden diese Baumaßnahmen begonnen? Welche Schutzmaßnahmen sind vorgesehen, um die Bevölkerung vor den Belästigungen — insbesondere durch Lärm —, die durch die hohen Geschwindigkeiten entstehen, zu schützen? Zu Frage 72: Dieser Streckenabschnitt ist Teil der im Bundesverkehrswegeplan '80 enthaltenen Ausbaustrecke Dortmund-Hannover-Braunschweig und soll zwischen den Bahnhofsbereichen Dortmund und Nordbögge (22 km) von derzeit 160 km/h auf 200 km/h ausgebaut werden. Mit den erforderlichen Maßnahmen zur Anpassung der Linienführung, Signaltechnik, Bahnübergangssicherung und Bahnstromversorgung ist teilweise bereits begonnen worden. Zu Frage 73: Zur Klärung dieser Frage hat die Deutsche Bundesbahn ein schalltechnisches Gutachten für den Abschnitt Dortmund-Kurl in Auftrag gegeben. Die in Kürze zu erwartenden Ergebnisse werden in das noch einzuleitende Planfeststellungsverfahren einbezogen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eicke Götz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf meinem Herrn Vorredner insoweit zustimmen, als ich ebenfalls die Auffassung vertrete, daß man das Thema, das hier zur Erörterung steht, möglichst emotions-frei erörtern sollte.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Es tut mir an sich schon leid, daß wir darüber nicht so reden können, wie Herr Kleinert von der FDP vorhin gesprochen hat. Das würde mir nämlich wesentlich mehr liegen; ich glaube, diesem Hohen Hause schadet es grundsätzlich überhaupt nicht, wenn hier etwas Heiterkeit hereinkommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich darf das als Parlamentsneuling sagen, als der ich hier stehe.

    (Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

    — Ich kann das im Augenblick nicht beurteilen. Ich darf Ihnen aber jetzt schon sagen: ich werde bei diesem Thema wohl kaum zu Heiterkeitsausbrüchen Anlaß geben können, weil das Thema einfach zu ernst ist. Ich glaube auch, daß wir uns darüber emotionslos unterhalten sollten.
    Meine Damen und Herren, das Thema ist für diejenigen, die schon länger im Parlament sind, nicht mehr neu. Hier sind viele Debatten geführt worden. Das Gesetz ist nicht mehr in Kraft getreten; es ist der Diskontinuität zum Opfer gefallen, und wir haben heute wieder die erste Lesung. Der Gesetzentwurf ist derselbe geblieben. Geändert hat sich, daß es nicht mehr ein Regierungsentwurf ist, sondern ein Entwurf von SPD und FDP. Inhaltlich ist es der gleiche Gesetzentwurf. Infolgedessen mögen uns die Damen und Herren von der Koalition bitte nicht böse sein, daß wir natürlich der Meinung sind, daß das Gesetz dieselben Fehler hat, die es auch in der letzten Legislaturperiode gehabt hat. Es ist dieselbe Regierung; auch wenn sich einige Personen geändrte haben mögen, so ist doch wahrscheinlich die Intention dieselbe.
    Die Kritik der Opposition an diesem Gesetzentwurf setzt einmal an der sogenannten Mindestzeit zur Strafverbüßung an, bei der die Koalition für 15 Jahre plädiert. Wir sind der Meinung, 15 Jahre können und dürfen grundsätzlich nicht in Betracht kommen, weil sonst eine Gleichschaltung mit den zeitigen Freiheitsstrafen, eine Nivellierung Platz greifen würde. Selbstverständlich, 15 Jahre ist die höchste zeitige Freiheitsstrafe. Eine solche Mindestzeit würde sich durch die Kombination ergeben. Sie würde aber, meine ich, die hier hervorgehobene Abschreckungswirkung der lebenslangen Freiheitsstrafe im Prinzip außer Kraft setzen. Die lebenslange Freiheitsstrafe muß eine besondere Art der Bestrafung bleiben, da ihr eine besondere Art des Deliktes vorausgeht. Dieses besondere Delikt des Totschlages oder Mordes muß eben auch mit einer besonderen Strafe belegt werden.
    Ich glaube nicht, daß wir in diesem Parlament so tun dürfen, als ob die Bevölkerung draußen Verständnis dafür hätte, wenn wir im Endeffekt bei Mördern und Totschlägern über diesen Paragraphen, der hier zur Debatte steht, eine Strafe in derselben Länge zuließen wie bei anderen Tätern, die sich beispielsweise nur Eigentumsdelikte haben zuschulden kommen lassen.

    (Dr. Linde [SPD]: Das ist kein Maßstab!)

    Ich meine, daß die exemplarische Bestrafung durch eine lebenslange Freiheitsstrafe für Mörder und Totschläger unbedingt erforderlich ist, um die Abschreckungswirkung zu erhalten.
    Ich bin auch der Meinung, meine Damen und Herren von der Koalition, daß das gesamte Strafengefüge bei Herabsetzung der Mindestverbüßungsdauer auf 15 Jahre ebenfalls einer Revision unterliegen müßte. Damit müßten zwangsläufig auch die anderen Strafen geringer werden, sie müßten verkürzt werden. Ich glaube, damit würde das bewährte Strafengefüge in unserem Staate ganz erheblich ins Wanken geraten. Deshalb wendet sich die Opposition nach wie vor gegen diese Mindestverbüßungsdauer von nur 15 Jahren und beharrt auf den vorgeschlagenen 20 Jahren.
    Meine Damen und Herren, eines darf ich hier gleich sagen, und das gilt für alle Ausführungen, die ich von dieser Stelle mache: Selbstverständlich bin ich und selbstverständlich sind meine Parteifreunde und meine Fraktionsfreunde immer bereit, über Positionen zu sprechen. Wir werden in den Ausschüssen, insbesondere im Rechtsausschuß, diese Fragen besprechen können. Wir haben noch zwei weitere Lesungen vor uns. Vielleicht ergibt sich eine Möglichkeit, in dem einen oder anderen Punkt Verständnis füreinander zu finden.
    Nicht allein die Mindestverbüßungsdauer ist für uns ein Grund, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, sondern vor allem die sogenannte Prognoseklausel. Ich bin davon überzeugt, daß sie nach wie vor mit dem Manko einer zu laschen Prognose behaftet ist. Sie haben eine Formulierung, die man einfach wie-
    322 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980
    Dr. Götz
    derholen muß, weil sie, wie ich glaube, fast auf der Zunge zergeht.
    Herr Kollege Lambinus, Sie kannten mich nicht. Wir sind vorhin zusammen ins Gebäude gegangen, und Sie sprachen mit einem Kollegen über diese Formulierung. Ich weiß nicht, ob es so intim war, daß man es hier nicht darstellen darf. Sie sprachen ebenfalls über „eine sehr unglückliche Formulierung". Ich fand es gut und gab mich nicht zu erkennen, weil ich dachte, ich könnte es vielleicht heute abend noch gebrauchen.

    (Heiterkeit)

    Ich teile also insofern Ihre Auffassung sehr wohl, Herr Lambinus. Es heißt nämlich in Ihrem Entwurf zur Prognoseklausel, es könne verantwortet werden, „zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird". Ich bin der Meinung, daß das Wort „Erprobung" in dem Zusammenhang absolut deplaziert ist. Da darf man einfach nicht „Erprobung" sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was heißt es denn, eine Erprobung zu verantworten? Da kann ich gleich sagen: Ich möchte einen Versuch versuchen. Das ist fast dasselbe. Das gehört nicht in ein Gesetz. Wenn wir vor Juristen sprechen,

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Es gibt immer noch auch normale Abgeordnete!)

    dann sollte man von Juristen erwarten, daß sie bessere Formulierungen finden.
    Was soll denn sein, wenn diese Probe nicht gelingt? Es liegt im Wesen einer Probe, daß sie vielleicht schiefgeht. Wer von Ihnen und wer sonst, welcher Richter, der gezwungen war, eine solche Probe aufs Exempel zu machen, wird sich im Falle einer fehlgeschlagenen Probe vor die Allgemeinheit stellen und vor der Allgemeinheit rechtfertigen, daß hier ein neues Verbrechen geschehen ist, das man vielleicht hätte verhindern können? Wer wird den Opfern dieser Verbrechen erklären, warum diese Probe fehlgeschlagen ist? Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 10. Dezember 1980 verweisen, in der über einen ausgesprochen tragischen Fall berichtet wird. Herr Lambinus, auch hierzu — seien Sie mir nicht böse — kenne ich schon Ihre Meinung, auch wenn Sie es nicht wußten. Es wird aus München über einen Fall eines Begnadigten berichtet, der, wie es leider Gottes öfter vorkommt und wie es sicherlich — das möchte ich konzedieren — durch kein Gesetz und durch keine besondere Sorgfalt, weder eines Ministerpräsidenten noch zukünftig eines Richters, auf die Dauer verhindert werden kann, bereits einmal wegen Raubmordes im Gefängnis gesessen hat, vor zehn Jahren begnadigt wurde und nun wiederum einen Raubmord begangen hat. Das ist selbstverständlich ein tragischer Fall. Aber ich glaube, man muß ihn hier zitieren; denn mit diesem Problem sind wir konfrontiert. Wir wollen zusätzlich zur Gnadenpraxis das auch für den Richter auf eine gesetzliche Ebene stellen und müssen uns darüber im klaren sein, daß wir dieses Problem auch für den Richter auf den Tisch legen müssen. Es handelt sich dann
    eventuell um eine Fehlentscheidung, die dem Richter kein Mensch übelnehmen kann — wir sind alle Menschen —, und eines Tages wird er sich damit auseinandersetzen müssen. Man sollte das nicht mit so vagen Formulierungen erfassen wollen: Es kann erwartet werden oder man muß erwarten können, daß die Probe gut geht.
    Ich meine, die Mindestformulierung muß mindestens auf der Basis einer Erwartungsklausel liegen. Ich will nicht sagen, daß es eine Sicherstellungsklausel sein muß; denn das kann kein Mensch sicherstellen oder gewährleisten. Aber ich muß es auf Grund vorhandener Fakten erwarten können. Ich muß zumindest davon ausgehen können, daß keine Gründe vorliegen, die diese Erwartung als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Jedenfalls können Sie sich nicht allein mit Ihrer Probe, die Sie meinen verantworten zu können, vor die Öffentlichkeit stellen und auch nicht die Sicherheit in diesem Staat garantieren.
    Eine De-facto-Probezeit — das würde es nach dieser Formulierung sein —, wo bei Nicht-Bestehen, etwa wegen eines neuerlichen Mordes, wie hier zum Ausdruck gebracht, die Strafaussetzung einfach zu widerrufen wäre, lehnen wir aus diesen Gründen ab. Es ist unabdingbar, daß bei sorgfältiger Würdigung der Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Lebensverhältnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß er in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird.
    Für die CSU- und CDU-Fraktion muß eine Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe auf einem vernünftigen Kompromiß zwischen dem Resozialisierungsgedanken, dem Sühnegedanken und dem Schutzgedanken unseres Strafrechts beruhen. Meines Erachtens reicht der derzeitige Entwurf für diesen Kompromiß nicht aus. Für den Erfolg des Resozialisierungsversuchs ist nach meiner Empfindung und der Empfindung meiner Fraktionsfreunde eine Mindestverbüßungszeit von 15 Jahren nicht ausreichend. Ich sage Ihnen noch einmal ganz ehrlich meine persönliche Meinung: Wenn Sie 15 Jahre ansetzen, dann müßten Sie mit gleichem Recht auch noch über die 15 Jahre diskutieren können. Sie könnten dann von mir aus auch noch über 10 oder 5 Jahre diskutieren.

    (Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

    — Herr Lambinus, lassen Sie mich bitte ausreden, Herr Sauter durfte vorher Ihre Ungeduld etwas bremsen. Wenn Sie der Meinung sind, daß jemand nach 15 Jahren bereits irreparablen Persönlichkeitsschaden genommen haben kann, dann frage ich Sie, mit welcher Begründung Sie das nicht auch schon bei 10 und auch bei 5 Jahren sagen können. Sie beziehen sich nämlich auf die physische und psychische Belastbarkeit eines einzelnen Täters. Dann können Sie die gesamten Mindeststrafen absetzen und sagen: Ich bestrafe jeden so, wie er es gerade noch verträgt. Dann möchte ich aber fragen, woher die abschreckende Wirkung unseres Strafrechts kommen soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 323
    Dr. Götz
    Meine Damen und Herren, wenn Sie mit uns insoweit konform gehen und eine 20jährige Mindestverbüßungszeit akzeptieren könnten, würde man hier vielleicht doch zu einem Ergebnis kommen, und zwar möglichst rasch; denn das Bundesverfassungsgericht hat uns einen Auftrag gegeben, dem wir alle zustimmen.
    Natürlich wollen wir den Sühnegedanken, der bei der Mindestverbüßungszeit eine entscheidende Rolle spielt, nicht durch eine Nivellierung der lebenslangen Freiheitsstrafe mit den zeitigen Freiheitsstrafen aufgeben. Vor allem wollen wir nicht den Schutzgedanken unseres Strafrechts durch eine risikoreiche Prognoseklausel belasten, die die innere Sicherheit in unserem Staat in höchstem Maße gefährdet.
    Aus diesen Gründen können CDU und CSU der vorgelegten Fassung dieses Entwurfs nicht zustimmen. Wir behalten uns allerdings vor, zu gegebener Zeit einen Änderungsantrag zu stellen, und sind zwischenzeitlich, wie versprochen, bereit, mit uns über alles zumindest reden zu lassen. Welche Ergebnisse dabei herauskommen, wage ich heute noch nicht vorauszusagen. — Ich bedanke mich sehr herzlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans A. Engelhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch zu diesem Gesetzentwurf führen wir heute zum zweitenmal eine erste Lesung durch. Auch hier hat in der letzten Legislaturperiode der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen. Der Bundesrat hat eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen unterbreitet; ich beschränke mich hier auf die beiden Hauptpunkte, die letztlich auch im Bundestag strittig geblieben sind. Das ist zum einen die Mindestverbüßungsdauer und zum zweiten die Frage, wie die Sozialprognoseklausel am besten formuliert werden sollte.
    Die Bundesregierung ist in ihrem Entwurf von einer Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren ausgegangen.

    (Zuruf von der FDP: Viel zuviel!)

    Der Deutsche Bundestag hat sich diese 15 Jahre mehrheitlich zu eigen gemacht. Der Bundesrat und die Opposition hier im Hause haben den Vorschlag unterbreitet, auf 20 Jahre zu gehen. Dieser Vorschlag hat uns einigermaßen überrascht. Sie selbst werden sich erinnern: Als die Beratungen seinerzeit begannen, wurden, etwa vom ehemaligen Kollegen Dr. Eyrich, Erklärungen abgegeben, die darauf hindeuteten, daß man in etwa das Mittel zwischen 15 und 20 Jahren anpeilte.
    Wenn wir uns hier um die richtige Zahl der Jahre bemühen, dann ist doch wohl jedem klar: Eine einzig richtige Lösung, sowohl dogmatisch wie von der Durchführung in der Paxis her, gibt es ganz einfach nicht. In der Rede des Kollegen Lambinus haben wir ja vorhin gehört, daß auch in den einzelnen Ländern — nehmen wir nur den europäischen Rechtsbereich — die Zeitdauer sehr stark differiert. Mir scheinen
    die 15 Jahre so unrichtig nicht gewählt. Denn es gibt immerhin einen Hinweis: daß die Mindestdauer bei der lebenslangen Freiheitsstrafe abgesetzt sein müßte vom Höchstmaß der derzeitigen Freiheitsstrafe. Hier, Herr Kollege Dr. Götz, muß ich nach Ihrem Beitrag zum wiederholten Male von dieser Stelle ausführen: Es trifft nicht zu, daß der vorgelegte Entwurf die Dauer der lebenslangen Freiheitsstrafen auf das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe reduzieren würde. Denn der zu 15 Jahren verurteilte Straftäter muß entlassen werden, es mag die Prognose für ihn so schlecht sein, daß es schlechter überhaupt nicht geht. Er muß nach Ablauf von 15 Jahren entlassen werden, weil seine Strafzeit eben abgelaufen ist, wohingegen der zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilte nach Ablauf von
    15 Jahren, nach vorheriger genauer Prüfung, erstmals überhaupt die Chance bekommt, in den Genuß der Strafaussetzung zu Bewährung zu kommen. Diesen Unterschied hier so einzuebnen, erscheint mir nicht ganz redlich und beachtet nicht den grundlegenden Unterschied, den wir hier vorfinden.
    Im übrigen, Herr Kollege, weil Sie erneut 20 Jahre angesprochen haben: Das ist doch völlig übersetzt. Denn — ich habe das ja bereits in der zweiten Lesung in der letzten Legislaturperiode kurz ausgeführt —: Die durchschnittliche Verbüßungsdauer ist heute in der Bundesrepublik nach Umfrage bei den Landesjustizministern 17,8 Jahre. Ginge man jetzt auf eine Mindestverbüßungsdauer von 20 Jahren, was würde passieren? Die Gnade der Ministerpräsidenten der Länder würde das überholen, wofür wir uns hier so viel Arbeit machen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Dann könnten wir — dem Bundesverfassungsgericht nur pro forma Rechnung tragend, dem wir im übrigen in seinem Votum nicht folgen würden — uns diese Arbeit hier gleich schenken.
    Ich habe von Anfang an die Meinung vertreten, daß viel wichtiger als 14 Jahre, 15 Jahre oder
    16 Jahre eine sachgerechte, der Schutzfunktion unserer Rechtsordnung Rechnung tragende und das Vertrauen des Bürgers in diese Rechtsordnung stärkende Prognoseklausel ist. Das ist meines Erachtens das Entscheidene. Denn wer könnte, wessen Vorstellungen nicht allein an Vergeltung orientiert sind, denn etwas dagegen haben, daß der Mörder von ehedem nach früherer oder längerer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt wird, wenn er resozialisiert ist und wenn von ihm keine Gefahr mehr für seine Mitbürger ausgeht? Aber ob er resozialisiert ist, ob noch eine Gefahr von ihm ausgeht, das interessiert die Bürger, das wird diskutiert. Das wird von den Bürgern draußen und von der Rechtsgemeinschaft häufig auch viel differenzierter empfunden und gesehen, als es vielleicht den Anschein haben mag, wenn man die manchmal vordergründigen oder auch abstoßenden Stammtischgespräche verfolgt oder manche Leserbriefe zur Kenntnis nehmen muß.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Nun: Wenn die Mindestverbüßungsdauer nicht, die Prognoseklausel aber wohl das Kernproblem ist, dann müssen wir uns einmal mit den Vorschlägen
    324 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980
    Engelhard
    auseinandersetzen, die da gemacht worden sind. Das war ja eine ganze Flut von Vorschlägen, auf die ich hier jetzt nicht mehr alle eingehen kann. Daher beschränke ich mich jetzt einmal auf eine kurze Strukturierung. Da hat die Bundesregierung die für die zeitige Freiheitsstrafe festgeschriebene Prognoseklausel übernommen. Die Opposition und der Bundesrat — Sie haben hier soeben etwas andere Akzente gesetzt, Herr Dr. Götz — verlangen die Gewährleistung. Nun wissen wir: Das ist in der Tat eine zu hohe Schwelle. Wer Gewährleistung verlangt, der garantiert, der — ins Zivilrechtliche übersetzt — bürgt. Wer Verantwortung für Gewährleistung übernimmt, muß in der Konsequenz im Grunde bereit sein, mit so einem Entlassenen — ungeschützt und ohne abgesperrtes Zimmer — unter einem Dach zusammenzuleben. Das ist im Grunde die Konsequenz; sonst kann er die Verantwortung für Gewährleistung — als Sachverständiger und dann später als Richter - überhaupt nicht übernehmen.
    Aber wir haben bei all diesen Vorschlägen eine andere Problematik, die ich doch noch einmal deutlich hervorheben will: daß nämlich in allen diesen Prognoseklauseln zwischen den verschiedenen möglichen Delikten, die ein Straftäter nach der Strafentlassung begehen könnte, nicht deutlich unterschieden wird. Ich kenne die Argumentation der Bundesregierung. Ich stimme ihr auch insoweit zu: Wenn die Entlassung eines Lebenslänglichen ansteht, wird sich das Gericht natürlich keine breiten Gedanken darüber machen müssen, ob der Täter vielleicht künftig in der U-Bahn ständig als Schwarzfahrer auftreten könnte. Ganz massiv aber wird das Maß der Verantwortung auf dem entscheidenden Gericht bei der Beurteilung der Frage ruhen, ob ein solcher ehemaliger Täter auch als künftiger Täter etwa bei einem Tötungsdelikt in Frage kommen könnte.
    Ich bin trotzdem der Meinung, daß man hier nicht alles in einen Topf werfen sollte und man dies auch in der Formulierung im Gesetzestext selbst entsprechend zum Ausdruck bringen sollte. Insofern ist der Vorschlag des Deutschen Richterbundes interessant, dem sich interessanterweise dann auch der Verband der Strafvollzugsbeamten angeschlossen hat. Ich habe versucht, die dort vorhandenen Mängel etwas zu glätten und meinerseits in der letzten Legislaturperiode einen Vorschlag gemacht, wonach der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden soll, wenn nicht zu befürchten ist, daß die durch die Tat angezeigte Gefährlichkeit fortbesteht, und auch sonst verantwortet werden kann, zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Nun hatten sich — und ich erinnere mich sehr wohl an diese Besprechung — alle drei Fraktionen dieses Hauses auf diesen Entwurf verständigt.

    (Hartmann [CDU/CSU]: Wäre es nur so gekomme n!)

    — Es ist nicht so gekommen — ich werde gleich darauf zurückkommen, Herr Kollege Hartmann —, weil Sie auf der Mindestverbüßungsdauer von 20 Jahren beharrten und daraufhin die Koalition, als Gesamt-
    heit genommen, nicht mehr bereit war, in jenem anderen Punkt der Prognoseklausel entgegenzukommen.
    Nun haben vielleicht auch Sie mit großem Interesse gelesen, was zwei Bürger aus Bonn und Umgebung uns in diesen Tagen geschrieben haben. Sie betreuen seit längerer Zeit einen Lebenslänglichen, der seit 16 Jahren in einer Strafanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen einsitzt. Sie arbeiten mit ihm, sie fördern seine Resozialisierung. Sie haben uns geschrieben, wie sie die Dinge sehen. Am Schluß dieses Briefes findet sich ein interessanter Satz. Dort ist nämlich zu lesen:
    Endlich sollte man auch berücksichtigen, daß für die Gefangenen ein Kompromiß zwischen Bundestag und Bundesrat besser ist als ein günstiger Gesetzesvorschlag, der erst in einigen Jahren vielleicht Gesetz wird.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Linde [SPD])

    Ich meine, vielleicht kann uns auch dieser Brief einmal an unsere Aufgabe erinnern, künftig weit stärker als bisher Kompromißmöglichkeiten schon bei der Ausschußberatung auszuschöpfen. Unser Vermittlungsausschuß ist j a ein höchst wichtiges Instrument, eine Einrichtung, auf die überhaupt nicht verzichtet werden kann, die in ihrer Bedeutung überhaupt nicht überschätzt werden kann. Aber kann es richtig sein, daß wir ohne Not und manchmal in einer trotzigen Unbeweglichkeit ein gut Teil der Arbeit, die wir eigentlich selbst leisten könnten, diesem Vermittlungsausschuß aufhalsen?

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Daß Sie hier ein Schuldbekenntnis ablegen, ist sehr liebenswürdig!)

    — Herr Kollege, ich spreche zu denen, die es angeht.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Sie meinen sich selbst?)

    — Ich meine ganz sicherlich auch mich selbst, selbstverständlich, Herr Kollege Erhard. Ich meine, wir handeln manchmal nach dem Motto: Der Vermittlungsausschuß wird's schon richten. Wenn er es dann zusammengebracht hat, wird von den Kollegen hinter vorgehaltener Hand über so manche Formulierung gemosert, zu der sie anschließend im Plenum nur noch ja oder nein sagen können. Ich meine, wir sollten auch immer sehen, daß beim soundsovielten Tagesordnungspunkt, wenn Mitternacht heranedämmert ist oder man sich bereits im nächsten Tage befindet, die Leistungsfähigkeit der ehrenwerten Mitglieder des Vermittlungsausschusses auch auf Grenzen stößt. Deswegen, meine ich, sollten wir — und diese Bemerkung halte ich für notwendig zu Beginn einer Legislaturperiode — deutlich sehen, daß wir uns selbst nicht der Verantwortung begeben, sondern viel stärker, als wir dies in der Vergangenheit getan haben, darum ringen sollten, selbst Kompromisse im Ausschuß zustande zu bringen, wo immer es geht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Dezember 1980 325