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ID0900706200

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    Plenarprotokoll. 9/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. November 1980 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 167 C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Kiep CDU/CSU 129A Roth SPD 136 B Dr. Haussmann FDP 142 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 145 C Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Lan- des Schleswig-Holstein 150 C, 174 B Westphal SPD 159 B Frau Matthäus-Maier FDP 164 D Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 168A Dr. Blüm CDU/CSU 175 C Rohde SPD 183A Cronenberg FDP 189A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 193 D Frau Dr. Wex CDU/CSU 197 D Kuhlwein SPD 202 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 207 B Frau Huber, Bundesminister BMJFG . 210A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP KIM Dae-Jung — Drucksache 9/28 — 167 D Nächste Sitzung 213 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 215*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. November 1980 129 7. Sitzung Bonn, den 27. November 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 28. 11. Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 28.11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Handlos 28. 11. Höffkes 28. 11. Frau Hürland 28. 11. Kunz (Berlin) 28. 11. Landré 28. 11. Mahne 28. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 28. 11. Pawelczyk 28.11. Picard 28.11. Rappe (Hildesheim) 28. 11. Rayer 28. 11. Reddemann * 27. 11. Schmidt (Wattenscheid) 28. 11. Spilker 28. 11. Dr. Steger 28. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dieter-Julius Cronenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Höpfinger, ich möchte mich für das Kompliment, das in Ihrer Frage steckt, bedanken. Sie sagen hier deutlich und klar, daß die beiden Koalitionsfraktionen ihre Zusagen, die sie vor der Wahl gemacht haben, eingehalten haben.

    (Beifall bei der FDP — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Durch Manipulation, Herr Kollege Cronenberg!)

    Dies, lieber Herr Kollege Höpfinger, war in der Tat der Zweck der Übung. Insoweit kann ich mich für dieses Kompliment nur herzlich bedanken.
    Lassen Sie mich aber auf den Punkt zurückkommen, über den wir diskutiert haben: die Staatszuschüsse an die Rentenversicherungsträger. Der Kollege Glombig hat in diesem Punkt — der alte Kollege und, wie ich heute mit viel Freude gehört habe, der zukünftige Kollege Glombig; ich glaube, alle Sozialpolitiker freuen sich sehr, daß er in diesem Hause demnächst wieder Sozialpolitik, wenn auch gelegentlich kontrovers, betreiben kann —

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    noch eine andere Auffassung. Es wird sehr viel Überzeugungsarbeit bedürfen, damit wir diese, wie ich meine, ordnungspolitisch richtige Position wahrnehmen.
    Nun zu dem Punkt — der geistert da ja immer herum —, wir kürzten die Bundeszuschüsse.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: So ist es!)

    Lassen Sie uns die Dinge doch einmal richtig und vernünftig untersuchen. Zunächst einmal: In welchem Etat werden sie oder sollen sie angeblich gekürzt werden?
    Es gibt ja zwei Vergleichsbasen. Die eine ist: Wieviel wird im Verhältnis zum Bundeshaushalt den Rentenversicherungen zugewiesen? Da kann ich nur sagen: Die Zahl ist ungewöhnlich konstant. 1957 z. B. waren es 10,7 % des Bundeshaushaltes, 1965 waren es 9,2 % des Bundeshaushaltes, 1969 — zu Beginn der sozialliberalen Koalition — waren es 8,5% des Haushalts. Es ist hier also ein langsames Zurückführen zu beobachten. Während der sozialliberalen Koalition beobachten wir dann wieder — im Verhältnis zum Bundesetat — einen langsamen Anstieg auf 9,2 %. Das heißt: Wir haben konstant den gleichen Anteil des Bundeshaushalts an die Rentenversicherungsträger überwiesen.
    Dann gibt es die andere Bezugsgröße, auf die Sie sich so gerne berufen. Hier ist es in der Tat so, daß 1957 ca. 31 % der Rentenhaushalte aus Bundeszuschüssen finanziert wurden. Dies hat sich dann wie folgt entwickelt: 1965 waren es 26 %, 1969 waren es noch 19 %, und jetzt sind es noch 18 %. Es ist also fest-



    Cronenberg
    zuhalten, daß der wesentliche Abbau dieser Zuschüsse aus der Sicht der Etats der Rentenversicherungsträger vor Beginn der sozialliberalen Koalition stattgefunden hat.
    Im übrigen ist das ja gar nicht so fürchterlich falsch. Denn es hat natürlich sehr viele Kriegsfolgeausgaben bei den Rentenversicherungsträgern gegeben, die sinnvollerweise nicht über Beiträge, sondern über Zuschüsse aus dem allgemeinen Haushalt finanziert worden sind. Aber das Ganze — und das ist das Entscheidende — ist doch im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Etats der Rentenversicherungsträger um vieles schneller und höher gestiegen sind als der Bundeshaushalt. Dafür ursächlich ist, daß eben ein sehr, sehr hohes Rentenniveau, wie der Kollege Rohde hier richtigerweise ausgeführt hat, existiert. Deswegen bitte ich Sie in aller Offenheit, aber auch in aller Deutlichkeit, diesen Unsinn vom permanenten Abbau von Bundeszuschüssen an die Rentenversicherungsträger

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Natürlich!)

    in Ihrer Argumentationskette zu streichen. Denn es ist nämlich falsch.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Sie bauen doch jetzt wieder ab!)

    Lassen Sie mich, da der Bundesarbeitsminister ja auch noch sprechen möchte, mit allem Ernst noch einige ganz wenige Sätze zu dem Komplex der Mitbestimmung sagen. Im Mannesmann-Konflikt hat die Koalition nach schwierigen Verhandlungen jetzt einen tragfähigen Kompromiß erreicht.
    Kernpunkt ist die vorgesehene Auslauffrist — ich betone: „Auslauffrist" und verstehe das im Wortsinn. Die bereits im Ergänzungsgesetz von 1976 existierende Auslauffrist von fünf Jahren wird um ein Jahr verlängert und auf das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 übertragen. Nach diesen sechs Jahren greift das Mitbestimmungsgesetz von 1976 ein.
    Dabei ist es selbstverständlich niemandem verboten, nachzudenken, und dabei, Herr Kollege Rohde, ist es für Sie — und ich fand Ihre Formulierungen durchaus versöhnlich — gut und richtig, wenn Sie bei uns für andere Positionen werben. Gestatten Sie uns aber auch, daß wir für die 76er Position, die wir aus den bekannten Gründen nun einmal für besser und richtiger halten, unsererseits werben. Für uns jedenfalls ist das in Koalitionsvereinbarung, Regierungserklärung und im Gesetz Festgelegte maßgeblich und vernünftig. Daß wir nun einmal für die Mitbestimmungsregelung von 1976, die in diesem Hause viel Zustimmung gefunden hat, werben, ist mit Sicherheit nichts Schlechtes und mit Sicherheit auch nicht arbeitnehmerfeindlich.
    Ferner sieht der Kompromiß vor, daß das Verfahren für die Bestellung der externen Gewerkschaftsvertreter auch im Montan-Bereich demokratisiert wird, ein Ergebnis, was sicher von allen Seiten des Hauses begrüßt werden sollte; denn niemand wird daran zweifeln, daß dies eine wünschenswerte Position ist.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich möchte nur noch stichwortartig mit viel Genugtuung vermerken, daß die Koalition entschlossen ist, das Problem der Schwarzarbeit anzufassen. Ich kann hier nicht im Detail darauf eingehen, weil die rote Lampe leuchtet, ich also zum Schluß zu kommen habe.
    Lassen Sie mich zum Schluß sagen: Wir finden in dieser Regierungserklärung viele unserer Vorstellungen wieder, und wir werden uns redlich bemühen, diese Vorstellungen auch in die Tat umzusetzen. Ich erbitte hierfür nicht nur die Unterstützung des Koalitionspartners, sondern da, wo eben möglich, auch die der Opposition. Wir werden bei allen unseren Gesetzesvorhaben darauf zu achten haben, daß weitere Bürokratisierungen vermieden werden. In diesem Sinne möchte ich mit einem Wort von Konfuzius enden,

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Ist der Mitglied der FDP?)

    der gesagt hat, emsige Verwaltung trauriges Volk. Wir möchten kein trauriges Volk haben. Wir möchten in diesem Sinne weniger Bürokratie, weniger emsige Verwaltung. Wenn Sie uns dabei auch noch helfen, dann kann es in der Legislaturperiode nicht ganz schlecht laufen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herbert Ehrenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem vom Kollegen Blüm hier bevorzugten Stil — eine Rede, gestrickt nach dem Muster einer beifallsträchtigen Büttenrede — fällt es sehr schwer, zwischen Argument und semantischem Gag zu unterscheiden.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Der Kollege Cronenberg hat diese Wertung hier schon vorgenommen.
    Ich will an einem Beispiel deutlich machen, inwieweit sich das, was Sie, Herr Kollege Blüm, zu sagen versucht haben, von der Wirklichkeit unseres Lebens unterscheidet. Sie haben unter anderem zur Rentenpolitik der Bundesregierung gesagt — und da ich nicht so schnell mitschreiben konnte, darf ich vielleicht aus Ihrem Manuskript zitieren, das freundlicherweise verteilt wurde —, daß diese als Fürsorgepolitik ein Angriff auf das Selbstbewußtsein der älteren Mitbürger sei. Sie biege und beuge den aufrechten Gang der Alten.
    Es scheint Ihnen entgangen zu sein, Herr Kollege Blüm, wie viele Rentnerinnen und Rentner aufrechten Ganges am 5. Oktober zur Wahlurne gegangen sind und die sozialliberale Koalition und ihre Rentenpolitik gewählt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie das in Zukunft bei dem, was Sie sagen, mit bedenken, dann kann vielleicht zwischen Büttenreden und Gags auch etwas Konkretes aus der Sozialpolitik der CDU/CSU-Opposition herauskommen.



    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    Ich glaube, für die vier Jahre Sozialpolitik, die vor uns liegen, gibt jene Feststellung des Bundeskanzlers aus der Regierungserklärung eine gute Grundlage:
    Wir haben keinen Anlaß zum Pessimismus. Unsere Wirtschaft ist gesund. Unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit ist ungebrochen.
    Das sind gute Voraussetzungen für die Fortentwicklung der sozialen Sicherheit und die weitere Festigung des sozialen Friedens. Es kann in der Bundesrepublik wohl kaum Streit über die Feststellung geben, daß es keinen sozialen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit und keine politische Stabilität ohne sozialen Frieden gibt. Von dieser Erkenntnis ausgehend, werden wir vier Jahre lang so erfolgreich wie in dem Jahrzehnt, das hinter uns liegt, Sozialpolitik weiter betreiben.
    Weil es das wesentliche Grundelement unseres sozialen Rechtsstaates ist, gehört dazu, die Mitbestimmung zu sichern und zu bewahren. In mehr als 30jähriger Praxis hat sich die paritätische Mitbestimmung in der Bundesrepublik bewährt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die tiefgreifenden Erfolge des Bergbaus und des Stahls sind mit der Mitbestimmung und nicht gegen sie gelöst worden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie, Herr Kollege Blüm, die Mitbestimmung unter die Zwischenüberschrift gestellt haben „Partnerschaft oder Klassenkampf", dann hätte es wohl zur Redlichkeit gehört, auch deutlich zu machen, daß hier in der Bundesrepublik, wenn überhaupt, Klassenkampf von oben stattfindet, und den Oberklassenkämpfer Overbeck dabei zu nennen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Das war wieder .ein dicker Hammer! — Was soll das? — Der kann sich hier nicht wehren! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Es war die vordringliche Aufgabe, den Versuch einzudämmen, gewissermaßen im organisatorischen Handstreich die Mitbestimmung in der Montan-Industrie auszuhöhlen. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß die Regierungsparteien trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen in der Wertung der verschiedenen Mitbestimmungsformen in der Lage gewesen sind, diesen Handstreich des Vorstandsvorsitzenden von Mannesmann abzuwehren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben für jedes Wegfallen der Grundsätze der Montan-Mitbestimmung, nicht nur für ein paar Obergesellschaften, sondern für alle Formen de Montan-Mitbestimmung 1951 und vom Mitbestimmungsergänzungsgesetz 1956 erfaßten Gesellschaften, also für rund 30 Unternehmen mit einer halben Million Arbeitnehmern, erst einmal bis weit in die nächste Legislaturperiode hinein Ruhe an der Mitbestimmungsfront geschaffen.

    (Dr. George [CDU/CSU]: Der Gesetzentwurf der Länder!? — Zurufe von der CDU/ CSU: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    — Der Gesetzentwurf der Länder wird uns hier nicht stören. Die Mitbestimmung ist kein zustimmungspflichtiges Gesetz, wie Sie wissen sollten, Herr George.
    Wir werden mit diesem in wenigen Wochen vorzulegenden Gesetzentwurf sicherstellen, daß erst, wenn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren die Anwendungsvoraussetzungen wegfallen, ein Unternehmen die Regeln der Montan-Mitbestimmung verläßt. Das ist eine sehr gute und sehr lange Zeit. In ihr kann auch die Einsichtsfähigkeit aller Beteiligten, die es jetzt noch nicht wissen, in die Notwendigkeit, in die Unverzichtbarkeit dieses Elements unserer sozialen Grundordnung gefördert und geweckt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Beifall bei der FDP"!)

    Wir sind uns in der Koalition darüber einig, daß für den Montan-Umsatz weiterhin die Definition des ausgelaufenen Mitbestimmungs-Fortgeltungsgesetzes von 1971 gilt, also zur Eisen- und Stahlerzeugung auch die Herstellung von Walzwerkerzeugnissen, einschließlich Walzdraht, Röhren, Walzen, rollendem Eisenbahnmaterial und dergleichen gehören, so daß auch da Übersicht und Zuverlässigkeit in diese Unternehmen einkehren werden.
    Wir werden rechtzeitig, d. h. bis zum Sommer 1981, das Gesetz einbringen, und ich hoffe, die beratenden Ausschüsse werden so schnell und zügig arbeiten, daß das Gesetz noch rechtzeitig im ersten Halbjahr 1981 in Kraft treten kann.
    Diese Sicherung der Mitbestimmung in der Montan-Industrie ist eine gute Ausgangsbasis für die Arbeit der kommenden vier Jahre. Hier liegen viel Arbeit, schwere, aber lösbare Aufgaben vor uns, vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Neben der konjunkturellen Abschwächung müssen wir hier mit dem hohen Zugang aus den geburtenstarken Jahrgängen rechnen.
    Darum war es so besonders wichtig, für alle Beteiligten in der Regierungserklärung deutlich zu machen, daß der Staat sich seiner Verantwortung nicht entziehen kann. Ich möchte diesen Text hier noch einmal zitieren. In der Regierungserklärung heißt es da:
    Die Unternehmer, beide Tarifpartner, Regierungen und Gesetzgeber in Bund und Ländern und die Bundesbank tragen auch zukünftig gemeinsame Verantwortung für einen hohen Beschäftigungsstand. An dem Ziel der Vollbeschäftigung muß festgehalten werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Das müßt ihr auch zuwege bringen! — Das sind Perspektiven für die Arbeitslosen!)

    Ich bin glücklich darüber, daß vor dem Hintergrund unserer bisherigen Arbeitsmarktpolitik auch der Sachverständigenrat, der sehr sparsam mit Lob für die Bundesregierung umgeht, in seinem neuesten Gutachten ausdrücklich die auch gesamtwirtschaftlich richtige Orientierung der Arbeitsmarkt-



    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    politik festgestellt hat, was uns ermutigt, auf diesem Wege fortzufahren.
    Wir brauchen dazu in Zukunft allerdings eine noch bessere Kooperation zwischen Unternehmen und Arbeitsverwaltung. Oft genug erinnert sich ein Unternehmer erst dann, daß es die Arbeitsverwaltung gibt, wenn es darum geht, Kurzarbeitsgeld zu beantragen. Vorher macht er einen Bogen um das Arbeitsamt, obgleich er dort viel Hilfe und Unterstützung finden könnte.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es muß auch zur unternehmerischen Pflicht in unserem sozialen Rechtsstaat gehören, Stellenausschreibungen nicht von vornherein mit HöchstalterBedingungen zu versehen und ältere Menschen schon bei der Stellenausschreibung zu diskriminieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch da könnten Sie, meine Herren von der Opposition, ein wenig dazu beitragen, in unserem Staat unternehmerisches Verantwortungsbewußsein zu wecken.
    An dieser Stelle muß auch darauf hingewiesen werden — und da muß ich auch ein wenig auf die Aussagen des Herrn Blüm zurückgreifen —, um wieviel in den letzten Jahren die Zahl der Ausbildungsplätze in der Bundesrepublik gesteigert werden konnte. Ausbilder, Unternehmensleiter, vor allen Dingen viele Handwerksmeister, verdienen hier Respekt und Anerkennung für diese Leistung.

    (Beifall bei allen Fraktionen — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sehr richtig! — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber keine Leistung der Bundesregierung!)

    — Verehrter Kollege Blüm, wie Sie jetzt „sehr richtig" rufen können, vorhin aber hier in Ihrer Büttenrede soviel Falsches zu Bildung und Ausbildung sagen konnten, das ist einer Ihrer ungelösten Widersprüche.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir haben von 1976 bis 1979 die Zahl der Ausbildungsplätze gegenüber der Zeit von 1973 bis 1976 um volle 300 000 gesteigert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben gar nichts!)

    Die berufliche Bildung ist und bleibt ein dicker Schwerpunkt der Bildungspolitik der Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Blüm, was Sie in Ihrem Feuilleton zur Jugend- und Bildungspolitik gesagt haben, verdient eigentlich nur die Antwort, die ich Ihnen eingangs zur Rentenpolitik gab:

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Was soll diese Klassifizierung der Rede, Herr Oberlehrer?)

    Wenn unsere Politik so schlecht wäre, wie Sie sagen,
    dann wäre es ja wohl nicht zu erklären, daß nicht
    nur die große Mehrheit der Arbeiterjugend, sondern
    auch die große Mehrheit der akademischen Jugend am 5. Oktober die sozialliberale Koalition gewählt hat und nicht Sie.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die CDU/CSU hat aber mehr Stimmen als die SPD!)

    Ich glaube, ein bißchen Respekt vor der Wählerentscheidung und ein bißchen Nachdenken, was an Ihren großen Worten falsch ist, täte Ihnen wohl nach einer so vernichtenden Wahlniederlage gut.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die CDU/CSU hat mehr Stimmen als die SPD!)

    — Ja, ja. Aber Sie regieren nicht, Sie sind in der Opposition, wo Sie hingehören.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Heute ist schon einiges über die Situation der Rentenfinanzen und über die künftigen Aufgaben dort gesagt worden. Der Vergleich, den der Kollege Blüm hier gebracht hat, zwischen den Reserven unmittelbar nach der Hochkonjunktur und dem heutigen Stand, muß ja wohl nicht ernstgenommen werden. Wann wohl, um alles in der Welt, sollte man auf Reserven zurückgreifen, die in der Hochkonjuktur angesammelt wurden, wenn nicht in den Zeiten wirtschaftlicher Abschwächung, wie wir es von 1975 bis 1978 getan haben? Dazu werden doch Reserven angesammelt, aus keinem anderen Grund.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und wo sind die jetzt?)

    — Die Reserven wachsen wieder, verehrter Herr. Falls Sie zur Kenntnis nehmen sollten, was die Rentenversicherungsträger veröffentlichen: Gegenüber den 1978 möglichen Vorausschätzungen, nach denen wir für 1980 zum Jahresende mit 12,6 Milliarden Rücklagen rechnen konnten, sind es inzwischen 18,4 Milliarden, wie Ihnen jeder Leiter eines Versicherungsträgers bestätigen wird. Fast 6 Milliarden zusätzlich in zwei Jahren angesammelt, ist eine schöner Erfolg.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Hier ist sehr viel über das angebliche Hin- und Herschieben zwischen den Versicherungsträgern gesprochen worden.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wieso „angeblich"?)

    Natürlich sieht es kein Rentenversicherungsträger gerne, wenn an den Größenordnungen des Bundeszuschusses etwas geändert wird. Auch mir ist es nicht leichtgefallen, dem zuzustimmen.
    Nur, eines muß man wohl deutlich sehen: Dank unserer Konsolidierungspolitik und auf Grund der Beitragseinnahmen aus 900 000 neuen Arbeitsplätzen, die in den letzten drei Jahren entstanden sind, hat sich die Finanzlage der Rentenversicherungsträger günstiger entwickelt, als es 1978 gesehen werden konnte. Ich hielt es trotzdem für richtig — und meine Kollegen sind mir dabei gefolgt, im Kabinett und in den Koalitionsvereinbarungen —, an der zum 1. Januar 1981 beschlossenen Beitragserhöhung festzuhalten.



    Bundesminister Dr. Ehrenberg
    Aber man muß j a wohl auch sehen, daß die von allen für das erste Halbjahr 1981 vorausgesagte Konjunkturabschwächung wesentlich höhere Anforderungen bei der Bundesanstalt für Arbeit auslösen wird. Da der Beitragszahlerkreis bei den Rentenversicherern und bei der Arbeitslosenversicherung fast identisch ist — das sind nur ganz geringe Unterschiede —, ist es wohl legitim, ehe man andere Operationen macht, den Zuschuß als einmaligen Akt, beschränkt auf ein Jahr, um 3,5 Milliarden zu kürzen und den Betrag dort zur Verfügung zu stellen, wo er in diesem Jahr dringend gebraucht wird: bei der Arbeitslosenversicherung, um dort auch mittelfristig Beitragsstabilität gewährleisten zu können.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Das ist eine vernünftige, allerdings nicht wiederholbare Operation.
    Hier ist gefragt worden, ob nicht durch die Verkürzung des Bundeszuschusses um 3,5 Milliarden im Jahr 1981 die Gesamtreform oder gar die Rentenfinanzen in Frage gestellt würden. Diejenigen, die so reden, muß ich darum bitten, ein bißchen die Größenordnungen zu beachten. In den nächsten fünf Jahren werden die Rentenversicherungsträger Einnahmen in der Größenordnung von mehr als 600 Milliarden haben.. Bei dieser Größenordnung können 3,5 Milliarden DM in einem Jahr ja wohl keine Stabilität und auch keine Reform gefährden. Diese beiden Dinge muß man ja einander gegenüberstellen.
    Zur Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung unter dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter hat sich die Koalition auf die Teilhaberrente an der Gesamtversorgung festgelegt und gleichzeitig beschlossen, daß ein Kindererziehungsjahr für Frauen angerechnet und die bewährte Rente nach Mindesteinkommen, die bisher nur für Versicherungszeiten bis 1972 gilt, fortgeführt wird; sie stellt sicher, daß jeder nach 25 Jahren Erwerbstätigkeit mindestens drei Viertel des Durchschnittseinkommens angerechnet erhält, auch wenn er unter schlechter bezahlten Verhältnissen arbeiten mußte. Diese Eckpunkte der künftigen Reform sind, glaube ich, das, was man zur Zeit festlegen muß. Sie entsprechen dem Verfassungsauftrag und dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit, vor allen Dingen mit der Absicherung des Mindesteinkommens für lang-jährig Versicherte, wie es mit der Fortführung der Rente nach Mindesteinkommen geschieht.
    Wir können hier den neuerdings noch erhobenen Zweifeln des Sachverständigenrates in diesem Punkt nun wirklich nicht folgen, der unter anderem vorgeschlagen hat, die soziale Sicherung der Frau dadurch zu verbessern, daß ein Ehemann für seine nicht erwerbstätige Ehefrau Beiträge zahlt und diese dadurch eigene Rentenansprüche erwirbt. Mit diesem Vorschlag zeigen die Herren Professoren, wie wenig sie von der Höhe der durchschnittlichen Einkommen der Arbeitnehmer wissen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Außer Ihnen wissen sowieso alle nichts!)

    Darum kann ein solcher Vorschlag von uns nicht
    ernstgenommen werden. Ich glaube, auch Herr
    Blüm und andere Sachkundige bei Ihnen werden einem solchen Vorschlag nicht nähertreten wollen.
    Wir müssen aber über die Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung in der Rentenversicherung hinaus darüber nachdenken, welche Konsequenzen sich im Hinblick auf das Verfassungsgebot der Gleichberechtigung in den anderen Altersversorgungswerken stellen.