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ID0900601300

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    Plenarprotokoll 9/6 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. November 1980 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Italien 45 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Berger (Berlin) und Ronneburger 45 B Erweiterung der Tagesordnung 45 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Kohl CDU/CSU 45 B Brandt SPD 57 C Hoppe FDP 68 C Dr. Zimmermann CDU/CSU 75 C Genscher, Bundesminister AA 83 B Bahr SPD 91 D Dr. Wörner CDU/CSU 97 C Dr. Ehmke SPD 105D Möllemann FDP 108 A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 114C Dr. Holtz SPD 120 B Pieroth CDU/CSU 122 D Dr. Vohrer FDP 124C Präsident Stücklen 91 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen — Drucksache 9/10 — 75A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache 9/11 — 75 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 9/16 — 75B Nächste Sitzung 126 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 127* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. November 1980 45 6. Sitzung Bonn, den 26. November 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 28. 11. Dr. Ahrens * 28. 11. Dr. Barzel 28. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Höffkes 28. 11. Frau Hürland 28. 11. Landré 28. 11. Mahne 28. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 28. 11. Pawelczyk 28. 11. Picard 28. 11. Rappe (Hildesheim) 28. 11. Rayer 28. 11. Reddemann * 27. 11. Schmidt (Wattenscheid) 28. 11. Spilker 28. 11. Dr. Steger 28. 11. Dr. Vohrer * 26. 11. Frau Dr. Wisniewski 26. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte schön.


Rede von Herbert Wehner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nachdem Sie sich fremder Wertungen bedienen, frage ich Sie, ob Sie diese Bonbons auch als Ihre eigenen hier umherstreuen möchten.

(Heiterkeit bei der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Wehner, ich bin jederzeit in der Lage — und dazu bin ich ja für die nächste Dreiviertelstunde ans Rednerpult gekommen —, hier meine eigenen Wertungen der Regierungserklärung darzulegen. Auf die „hochgestochenen Kommentatoren" bin ich nur deshalb ge-



    Dr. Zimmermann
    kommen, weil Ihr von Ihnen so geschätzter Nebenmann diese Bemerkung gemacht hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Schönen Dank! Da waren Sie nicht sehr originell!)

    Noch etwas war bemerkenswert. Bemerkenswert war, daß die Rede des Kollegen Brandt fast ausschließlich an die eigene Fraktion gerichtet war. Die hatte er im Blick. Offenbar hat es diese Fraktion so nötig wie selten zuvor nach einer Regierungserklärung des eigenen Kanzlers, so beschwörend vorgenommen zu werden. Interessant!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann nahm der SPD-Vorsitzende noch den mißglückten Versuch auf sich, dieser Regierungserklärung einige reformerische Akzente aufzusetzen. Aber auch das ist mangels Masse nicht gelungen.
    Sein letzter Teil war der Beschwörung der FDP-Fraktion gewidmet. Wieweit das erfolgreich war, möchte ich dahingestellt sein lassen. Herr Kollege Hoppe hat gesagt: Der Bundeskanzler ist umsichtig, besonnen und handlungsbereit. Nun, wenn das der Kollege Brandt gesagt hätte, wäre es eine echte Sensation gewesen!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der heutige Tagesordnungspunkt lautet: Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung. Ich betone das, damit nicht ein Erwartungshorizont eröffent wird, der mit den Worten umschrieben wird — und manches in der Presse hat sich so angehört —, jetzt sei die CDU/ CSU daran, die bessere Regierungserklärung abzugeben.

    (Zuruf von der SPD: Das kann sie doch gar nicht!)

    Das wollen wir nicht tun.

    (Demonstrative Zustimmung bei der FDP)

    Denn Sie von der SPD und Sie von der FDP stellen die Bundesregierung, Sie und Sie haben die Regierungserklärung zu verantworten. Sie haben eine Mehrheit. Deswegen kann es nicht unsere Aufgabe sein, eine zweite Regierungserklärung aus unserer Sicht abzugeben. Unsere Aufgabe ist es, die Grundrichtung der Regierungserklärung zu debattieren, da und dort kritisch nachzufragen, wo der Bundeskanzler unscharf blieb oder wo er unserer Meinung nach grundsätzlich falsch lag. Natürlich werden wir — und Helmut Kohl hat das bereits getan — die Akzente dort setzen, wo wir sie für notwendig halten.
    Die Regierungserklärung selbst wird weder den vorhandenen Problemen noch den Erwartungen der Bürger gerecht. Von dem notwendigen klaren Blick nach vorn war nichts zu spüren. Nichts hat das regierungsamtliche Etikett „Mut zur Zukunft" gerechtfertigt.
    Die Bundesregierung und die Koalitionsparteien tun sich schwer mit den Problemen der Gegenwart, weil sie noch vor wenigen Wochen allein die Frage nach etwaigen Problemen als frevelhaft verdammt haben — allein die Frage!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das rächt sich jetzt. Deswegen war der Kanzler intensiv darum bemüht, das gestern Gesagte vergessen zu machen, dem Heute auszuweichen und sich in die Unverbindlichkeiten des Morgen zu flüchten.
    Von einer Regierungserklärung muß der Bürger jedoch konkrete Aussagen erwarten können. Wir haben philosophische Ausführungen zur Weltlage, einen ganzen Katalog von Prüfungsvorhaben und auslegungsfähige Absichtserklärungen gehört. Beinahe das einzige Konkrete für den Bürger waren die finanziellen Belastungen, die er sozusagen als erste Rate für die soeben erstandene Bundesregierung tragen darf. Weitere Raten sind allerdings schon angekündigt. Mit diesen soll offenbar die Belastungsfähigkeit des Arbeitnehmers getestet werden.
    Es ist schon merkwürdig, daß am Tage nach einer Bundestagswahl die Dinge so anders aussehen als am Tage davor.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch nicht wahr!)

    1976 kam der Offenbarungseid bei der Rentenreform, und auch diesmal scheint in der Wahlnacht — sozusagen vom 5. auf den 6. Oktober — das Unheil über die Bundesrepublik hereingebrochen zu sein. Plötzlich ist von drohender Staatsverschuldung die Rede, von einer Million Arbeitslosen, vom DM-Kurs im Verhältnis zum Dollar. Das war natürlich alles nicht über Nacht. Aber die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien haben es wie 1976 fertiggebracht, den wahren Sachverhalt zu verbergen und sich selbst Illusionen über die wirkliche Lage zu machen.
    Hier ist auf die Vergeßlichkeit der Menschen spekuliert worden. Es ist in Kauf genommen worden, daß ein so eklatanter Vertrauensschwund beim Bürger auch ein Stück Demontage der Glaubwürdigkeit der gesamten Demokratie bedeutet. Niemand braucht sich über die Abwendung vieler junger Leute von den politischen Parteien zu wundern, wenn Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit von der Spitze des Staates nicht geübt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei ist es kein Trost für uns, für die Unionsparteien, daß wir die Schwierigkeiten der finanz- und wirtschaftspolitischen Lage lange, lange Monate offen angesprochen haben. Jeder Verlust an Glaubwürdigkeit des demokratischen Systems trifft alle demokratischen Parteien.
    In der Fernsehdiskussion drei Tage vor der Bundestagswahl hat Franz Josef Strauß auf den hohen Schuldenstand der Bundesrepublik hingewiesen. Der Bundeskanzler hat ihn der Angstmacherei bezichtigt. Es hilft dem Bundeskanzler heute gar nichts, wenn er in einer Art von trotziger Rechthaberei verharrt und behauptet, daß alles nicht nur wohlgetan sei, sondern er auch wieder so handeln würde. Er fügt in der Regierungserklärung gleich an, daß heute die Situation anders sei und „andere Konzepte" erfordere.



    Dr. Zimmermann
    Da reibt man sich verwundert die Augen. Ist der heutige Zustand der öffentlichen Finanzen nicht die Folge der Politik der letzten Jahre, nicht etwa der letzten Monate?

    (Beifall bei der CDU/CDU)

    Seit wann ist dieser Kanzler im Amt? Und war er nicht vorher auch Finanzminister? Es gehört schon viel Mut dazu, so mit der Vergangenheit zu verfahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung hat vor der Wahl die Wirtschafts- und Finanzlage stark geschönt, um es ganz vornehm auszudrücken.

    (Wehner [SPD]: Was Ihnen schwerfällt!)

    Wir haben keine Veranlassung, jetzt der Regierung Hilfestellung zu leisten.
    Herr Wehner, es fällt mir bei dem Sachverhalt, wie er heute vor mir liegt, in der Tat schwer, diese Lage nur als von der Regierung „geschönt" zu bezeichnen. Das fällt mir schwer.

    (Wehner [SPD]: Sie sind ein Kavalier!)

    Die Koalition aus SPD und FDP verfügt über eine deutliche rechnerische Mehrheit. Diese Mehrheit muß sie nutzen. Jeder Wähler, der am 5. Oktober seine Stimme der SPD oder FDP gegeben hat, wird in der nächsten Zeit leider oft noch Grund haben, über diese seine Wahlentscheidung nachzudenken.
    Es ist sehr aufschlußreich, wenn man die Wahlversprechen der Bundesregierung mit den Realitäten der Regierungserklärung vergleicht. Noch im Mai dieses Jahres hat Finanzminster Matthöfer die bekannte Senkung der Lohnsteuer für 1981 verkündet, und er hat beruhigend hinzugefügt:
    Für die Finanzierung dieser Entlastungsmaßnahmen ist weder eine Erhöhung der Tabak-und Alkoholsteuer noch der Mehrwertsteuer vorgesehen. Sie werden durch Streichungen von Ausgaben finanziert.
    Genau diese Steuererhöhungen sind jetzt angekündigt, und die Mineralölsteuer wird dazu doppelt so hoch erhöht wie vor dem Wahltag angegeben.
    In der Regierungserklärung ist ein ganzes Kapitel einer angeblich sparsamen Haushaltsführung gewidmet. Im Text ist davon nichts zu finden. Die Limitierung der Nettokreditaufnahme auf rund 27 Milliarden DM ist weder eine Konsolidierung noch eine Sanierung des Staatshaushalts. Die Regierung sieht es offenbar als Erfolg an, wenn keine weitere Steigerung der Zuwachsrate der Neuverschuldung erfolgt; an einen Schuldenabbau wird offenbar überhaupt nicht gedacht.
    Wenig überzeugend ist die Begründung zur Einschränkung der Subventionen im Mineralölsektor und zur Erhöhung der Mineralölsteuer. Damit soll nur vordergründig der Ölverbrauch gedrosselt werden. In Wirklichkeit will der Staat mehr Geld vom Bürger. Nur sollte die Regierung dann auch den Mut haben, offen zuzugeben, daß das so ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Grotesk ist die Argumentation bei den Steuererhöhungen. Die Aufrechnung der Steuererhöhungen mit den Entlastungen durch das Steuerpaket 1981/82 ist unzulässig. Dieses Steuerentlastungsprogramm, auf das die CDU/CSU und namentlich Franz Josef Strauß langjährig hingearbeitet haben,

    (Zurufe von der SPD)

    hat das Ziel, die in den Vorjahren bereits eingetretenen heimlichen Steuererhöhungen wenigstens zum Teil auszugleichen. Diese heimlichen Steuererhöhungen werden auf 10 bis 15 Milliarden DM pro Jahr geschätzt, für 1979 bis 1982 also auf 40 bis 60 Milliarden DM. Das heißt, eine Saldierung, wie sie hier die Regierungserklärung vornimmt, ist eine Milchmädchenrechnung, die auf die Vergeßlichkeit des Bürgers der Bundesrepublik Deutschland spekuliert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unredlich ist auch die Regierungsversion bei der angestrebten Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer. Hier bittet der Kanzler scheinheilig um die Zustimmung der Länder, da die Kfz-Steuer eine reine Ländersteuer ist. Gleichzeitig hat die Bundesregierung jedoch bereits zu erkennen gegeben, daß sie eine Aufteilung des Mineralölsteueraufkommens ablehnt und den Ländern auch bei der Umsatzsteuer nicht entgegenkommen will. Die Ankündigung der Umlegung der Kfz-Steuer ist also das Ansinnen, einen Vertrag zu Lasten Dritter zu schließen, nämlich zu Lasten der Länder und Gemeinden und zu Lasten der Millionen von Pendlern, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Noch ein Wort zur Staatsverschuldung. Die Rechtfertigungsversuche des Bundeskanzlers sind irreführend, denn bezogen auf das Haushaltsvolumen betrug der Schuldenstand beim Bund 1969 nur 35 %, aber 1980 schon 105%. Bei den Ländern ging es im gleichen Zeitraum nur von 38 % auf 63 % aufwärts. Ganz erhebliche Unterschiede! Die Regierungserklärung nennt nur die absoluten Zahlen des Schuldenstandes, und damit lenkt sie von der viel höheren Verschuldung des Bundes gegenüber den Ländern und Gemeinden ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch ein internationaler Vergleich ist irreführend. Er berücksichtigt nicht, daß sich der Staat bei uns in zwei Währungsreformen seiner Altschulden praktisch entledigt hat, während Großbritannien zum Beispiel die Schulden zweier Weltkriege, ja, auch noch der Kolonialkriege des 19. Jahrhunderts mitschleppt. Ich sage das deshalb, weil gerade der Bundeskanzler immer so viel Wert auf internationale Vergleiche legt, nach der Parole, daß es uns viel besser gehe, als anderen. Bei der Zunahme der Verschuldung seit 1974 — das sind die entscheidenden Jahre seit der letzten Rezession — hält die Bundesrepublik Deutschland den internationalen Spitzenplatz. Wir liegen mit 154 % Verschuldungszunahme weit vor allen anderen: Schweden 112 %, Frankreich 72 % — nur die Hälfte —, USA 59 %.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Dies alles verschweigt der Kanzler!)




    Dr. Zimmermann
    — Das alles ist verschwiegen worden. In der Schuldenzunahme in den letzten sechs Jahren heißt der Weltmeister Bundesrepublik Deutschland unter Bundeskanzler Schmidt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sowohl die Regierungserklärung wie auch der Kollege Brandt haben den immer wieder geübten Versuch unternommen, darzulegen, daß diese Schulden im wesentlichen für Investitionen ausgegeben worden seien. Auch hier möchte ich die Zahlen nennen. Seit Beginn des Wirtschaftsabschwunges 1974 hat die Regierung 5,58 Milliarden DM für Arbeitsmarkt-Sonderprogramme und 21,15 Milliarden DM für Wirtschaftsförderungsprogramme ausgegeben. Das sind zusammen rund 27 Milliarden DM. Aber im gleichen Zeitraum hat sie 162,9 Milliarden DM neue Schulden gemacht. Jetzt schauen Sie sich einmal das Verhältnis von 27 Milliarden DM zu 162 Milliarden DM an; dann haben Sie die Wahrheit auf dem Gebiet des Schuldenmachens.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, wir sollten uns einig sein, daß jede Generation aus den Staatseinnahmen ihres Zeitraums die notwendige Infrastruktur zu finanzieren hat. Wenn der Kanzler durch seinen Vergleich praktisch den Anspruch erhebt, daß die Investitionen durch Schulden finanziert werden könnten, so will er im Ergebnis unsere Generation von der Finanzierung der Investitionen aussparen und die Bezahlung unseren Kindern und Enkeln überlassen. Das ist keine gute, keine solide Politik! Diese Politik fördert bei der jungen Generation in gar keiner Weise den Mut zur Zukunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein besonders trauriges Kapitel der Regierungserklärung ist der Teil, der sich mit der Energieversorgung beschäftigt. Der Kanzler findet starke Worte über eine notwendige Sicherung der Energieversorgung, aber konkrete Angaben fehlen. Er ist — das hören wir seit zehn Jahren wie eine tibetanische Gebetsmühle — für einen „begrenzten Ausbau der Kernenergie".
    Wir — und, ich glaube, auch die Menschen in dieser Republik — würden ganz gern wissen: Was heißt das? Wieviel Kernkraftwerke mit wieviel Megawatt und in wieviel Jahren sollen es denn sein? Wenn der größte Konzern der Bundesrepublik Deutschland, zur Mehrheit im Bundesbesitz, die VEBA, ausgerechnet in diesen Tagen in ihrem Vorstandsbericht gesagt hat, in den nächsten 20 Jahren müsse der Anteil der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland von gegenwärtig 4 % auf 20 % erhöht werden — es gebe keinen anderen Weg —, und wenn das geschehen sei, würden wir uns 40 Milliarden DM beim Öl ersparen, wenn das der Vorstand eines Bundesunternehmens sagen kann, dann möchte ich fragen: Warum kann das nicht die Bundesregierung sagen, damit sich die Menschen auskennen?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Es fehlt Mut zur Zukunft!)

    Es ist doch leider bei uns in der Bundesrepublik Realität geworden, daß wir trotz einer führenden
    Technologie im Kraftwerksbau in den letzten Jahren keine neuen Kernkraftwerke in Angriff nehmen konnten, weil der Bundeskanzler und seine Regierung damit ausgelastet waren, die bestehenden Baustellen zum Teil auch vor eigenen Parteimitgliedern zu sichern und zu schützen. Wenn die Bundesregierung jetzt verkündet, die Genehmigungsverfahren zum Bau von Kernkraftwerken zu beschleunigen, dann, meine Damen und Herren, steht das in einem seltsamen Widerspruch zur Einführung der Verbandsklage;

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    denn diese Verbandsklage ist doch nichts anderes als ein Gesetz zur Beschaffung von Klägern und würde in der Praxis zu einer Blockade nicht nur bei den Kernkraftwerken, sondern bei Kraftwerken überhaupt, bei großen Industrieanlagen und im Straßenbau führen. Auch das, glaube ich, hat man nicht bedacht, wenn man die Absicht der Einführung einer Verbandsklage mit einer solchen Leichtfertigkeit in diese Regierungserklärung hineingeschrieben hat. Meine Damen und Herren, für Hamburg, für einen Stadtstaat, mag das noch angehen — für einen Flächenstaat wie Bayern wäre das ein absolut unerträglicher Zustand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)