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ID0822203600

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    Plenarprotokoll 8/222 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 222. Sitzung Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 Inhalt: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler 17943 A Dr. Kohl CDU/CSU 17947 B Genscher, Bundesminister AA 17955 C Bahr SPD 17961 A Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 17968 B Hoppe FDP 17974 B Nächste Sitzung 17976 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17977* A Anlage 2 Defizit an Mietwohnungen in den Jahren 1976 bis 1979 und sich daraus ergebende fehlende Steuereinnahmen SchrAnfr B 170 06.06.80 Drs 08/4147 Kolb CDU/CSU SchrAnfr B44 06.06.80 Drs 08/4147 Kolb CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau 17977* C Anlage 3 Unterstützung von Forschungsmaßnahmen zur Einsparung von Heizenergie durch Bepflanzung von Flachdächern mit Gras SchrAnfr B163 06.06.80 Drs 08/4147 Zywietz FDP SchrAnfr B164 06.06.80 Drs 08/4147 Zywietz FDP SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 17978* A Anlage 4 Verbesserung des Mieterschutzes vor Modernisierungsverdrängungen SchrAnfr B165 06.06.80 Drs 08/4147 Dr. Riedl (München) CDU/CSU II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 222. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 SchrAnfr B166 06.06.80 Drs 08/4147 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 17978`C Anlage 5 Förderung eines unabhängigen Produktinformationssystems im Baugewerbe SchrAnfr B167 06.06.80 Drs 08/4147 Conradi SPD SchrAnfr B168 06.06.80 Drs 08/4147 Conradi SPD SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 17979* A Anlage 6 Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren durch Novellierung des § 147 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes SchrAnfr B169 06.06.80 Drs 08/4147 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 17979* C Anlage 7 Beschleunigung der Bearbeitung unerledigter Bebauungspläne SchrAnfr B171 06.06.80 Drs 08/4147 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 17979* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 222. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 17943 222. Sitzung Bonn, den 17. Juni 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 17. 6. Dr. van Aerssen * 19. 6. Dr. Ahrens ** 19. 6. Dr. Aigner * 19. 6. Alber * 19. 6. Amrehn 19. 6. Angermeyer 17. 6. Dr. Bangemann * 19. 6. Dr. Barzel 18. 6. Berger (Lahnstein) 17. 6. Dr. Biedenkopf 19. 6. Blumenfeld * 19. 6. Brandt * 19. 6. Büchner (Speyer) ** 19. 6. Dr. Dollinger 19. 6. Erpenbeck 19. 6. Fellermaier * 19. 6. Frau Dr. Focke * 19. 6. Friedrich (Würzburg) * 19. 6. Dr. Früh * 19. 6. Dr. Fuchs * 19. 6. Frau Geier 17. 6. Gerster (Mainz) 17. 6. Glos 17. 6. Dr. Gradl 17. 6. Haar 19. 6. Haberl 17. 6. von Hassel * 19. 6. Dr. Haussmann 17. 6. Frau Huber 17. 6. Graf Huyn 17. 6. Dr. Jenninger 17. 6. Frau Karwatzki 17. 6. Katzer * 19. 6. Dr. h. c. Kiesinger 19. 6. Dr. Klepsch * 19. 6. Dr. Köhler (Duisburg) * 19. 6. Dr. Kreile 19. 6. Kroll-Schlüter 17. 6. Lampersbach 17. 6. Lange * 19. 6. Dr. Lenz (Bergstraße) 17. 6. Lücker * 19. 6. Luster * 19. 6. Dr. Mikat 17. 6. Dr. Müller ** 19. 6. Dr. Müller-Hermann * 19. 6. Neuhaus 19. 6. Dr. Pfennig * 19. 6. Pieroth 18. 6. Regenspurger 17. 6. Russe 17. 6. Dr. Schäuble ** 19. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Schinzel * 19. 6. Frau Schleicher * 19. 6. Schmidt (Kempten) 17. 6. Schmidt (Wattenscheid) 17. 6. Schmidt (Wuppertal) 17. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) * 19. 6. Seefeld * 19. 6. Sieglerschmidt * 19. 6. Dr. Sprung 19. 6. Stockleben 19. 6. Voigt (Frankfurt) 19. 6. Walkhoff 19. 6. Frau Dr. Walz * 19. 6. Dr. Warnke 17. 6. Wawrzik * 19. 6. Weber (Heidelberg) 17. 6. Frau Dr. Wex 17. 6. Frau Dr. Wisniewski 17. 6. Wissmann 17. 6. Dr. Wörner 19. 6. Baron von Wrangel 17. 6. Würtz 17. 6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kolb (CDU/CSU) (Drucksache 8/4147 Fragen B 170 und 44): Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Defizit an nicht gebauten Mietwohnungen der Jahre 1976, 1977, 1978 und 1979? Wie hoch sind die fehlenden Steuereinnahmen aus diesem Wohnungsdefizit zu veranschlagen, und welche steuerlichen Tatbestände werden dafür in Ansatz gebracht? Zu Frage B 170: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bei der Beurteilung des Niveaus der Neubauproduktion Mietwohnungsbau und Eigentumsmaßnahmen nicht isoliert betrachtet werden können. Entscheidend ist der Beitrag dieser beiden sich ergänzenden Bereiche zur Verbesserung der Wohnungsversorgung insgesamt. In den Jahren 1976 bis 1979 wurden rund 1 530 000 Wohnungen fertiggestellt. Die Bundesregierung hält auf mittlere Sicht weiterhin eine Wohnungsbauproduktion von jahresdurchschnittlich rund 400 000 für erstrebenswert. Zu Frage B 44: Aus der Beantwortung der Frage B 170 wird deutlich, daß sich ein Defizit an neu gebauten Mietwohnungen nicht beziffern läßt. Demzufolge können auch keine quantifizierten Angaben über die Auswirkungen auf das Steueraufkommen gemacht werden. Es ist darauf hinzuweisen, daß eine höhere Zahl an neu gebauten Mietwohnungen nicht unbedingt zu höheren Steuereinnahmen geführt hätte. Der Neubau von Mietwohnungen hat nämlich sehr unterschiedliche Aufkommenseffekte: 17978* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 222. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 — Der Abzug von Schuldzinsen, Abschreibungen und sonstigen Werbungskosten führt in den ersten Jahren nach Baubeginn regelmäßig dazu, daß Verluste aus Vermietung und Verpachtung auftreten. Insofern führt der Neubau von Wohnungen zu Mindereinnahmen. — Andererseits stellt der Neubau von Mietwohnungen einen Produktionsvorgang dar, in dessen Vollzug sowohl Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit wie auch aus Unternehmertätigkeit und Vermögen entstehen. Mehreinnahmen bei der Lohnsteuer, der Einkommensteuer und den Produktionssteuern entstehen aber nur, wenn zusätzliche Bauaufträge auf eine verfügbare Produktionskapazität stoßen und zur Einstellung zusätzlicher Beschäftigter in der Bauwirtschaft führen. In Anbetracht der ausgelasteten Kapazitäten in der Bauwirtschaft in den letzten Jahren ist zu vermuten, daß diese Effekte gering zu veranschlagen wären. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Zywietz (FDP) (Drucksache 8/4147 Fragen B 163 und 164): Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten, durch Bepflanzung von Flachdächern mit Gras Heizenergie im Wohnungsbau einzusparen? Ist die Bundesregierung bereit, bereits auf diesem Sektor bestehende Erkenntnisse durch weitere Forschungsmaßnahmen zu unterstützen? Zu Frage B 163: Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik werden für die Beurteilung des baulichen Wärmeschutzes (z. B. für die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten) eines Bauteiles nur die Schichten herangezogen, die innerhalb bzw. unterhalb der Feuchtigkeits-Sperrschicht liegen, da eine Durchfeuchtung von Bauteilschichten in der Regel zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wärmeschutzes führt. In gleicher Weise werden Bepflanzungen und zugehöriges Erdreich behandelt. Abweichende Ausführungen, bei denen eine Durchfeuchtung der Wärmedämmschicht möglich ist, bedürfen einer besonderen Zulassung. Bepflanzungen und Erdreich in den in Betracht kommenden üblichen Schichtdicken können demnach den so definierten Wärmeschutz nicht verbessern. Es trifft jedoch zu, daß Bepflanzungen und Erdreich auf Flachdächern die Temperaturschwankungen und -beanspruchungen mildern und damit auch die Schadensanfälligkeit bei geeigneten Dachausbildungen und geeigneter Baustoffwahl verringern können. Zu Frage B 164: Die Bundesregierung bemüht sich, durch Vergabe von Forschungsaufträgen technisch einwandfreie Lösungen für eine Begrünung von Wohnbauten zu klären und anschließend baupraxisnahe Information über die Forschungsergebnisse zu verbreiten. So wurde bereits im Jahre 1979 ein Forschungsauftrag erteilt, der ganz allgemein, die „Begrünung von Wohnbauten" untersucht. Das Ergebnis wird im Jahre 1981 vorliegen. In der Ausschreibung des Bauforschungsprogramms 1981 ist das Thema „Begrünung von Wohnbauten als Wind- und Wärmeschutz" aufgenommen worden. Die Thematik geht über die Bepflanzung von Flachdächern hinaus. Entsprechende Forschungsanträge hierzu werden im Herbst dieses Jahres beraten werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/4147 Fragen B 165 und 166): Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung über die Verdrängung von Mietern im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen vor, und hält die Bundesregierung den gegenwärtigen Schutz der Mieter vor Modernisierungsverdrängungen für ausreichend? Welche gesetzlichen Möglichkeiten zur Verbesserung des Schutzes der Mieter vor Modernisierungsverdrängungen hält die Bundesregierung gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der verstärkten Anstrengungen zur Modernisierung und Energieeinsparung sowie Stadterhaltung für vertretbar? In jüngster Zeit häufen sich Informationen über die Verdrängung von Mietern im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen. Modernisierungen dieser Art werden überwiegend außerhalb der öffentlichen Förderprogramme häufig in attraktiven, günstig gelegenen Altbaugebieten vorgenommen. Um genauere Informationen über den Ablauf und die Folgen intensiver Modernisierungen zu erhalten, hat der BMBau einen entsprechenden Forschungsauftrag vergeben, dessen Ergebnisse im Herbst vorliegen werden. Schon jetzt ist dabei deutlich geworden, daß viele Mieter die ihnen zustehenden Rechte nicht voll ausschöpfen. Hier können Beratung und Aufklärung, insbesondere auch durch die Gemeinden, kurzfristig helfen. Schon bei der Verabschiedung des Modernisierungsgesetzes im Jahre 1976 hat es Bemühungen gegeben, eine einheitliche Regelung der Duldungspflichten des Mieters herbeizuführen, die den Mietern auch die Möglichkeit eröffnen sollte, der Modernisierung im Hinblick auf die Mietfolgen zu widersprechen. Damals hat sich das Land Bayern gegen eine solche Einengung der Duldungspflichten des Mieters gewandt. Vor dem Hintergrund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen wird zu Beginn der nächsten Legislaturperiode über eine Einschränkung und Vereinheitlichung der Duldungspflichten neu zu entscheiden sein. Ich hoffe, daß dann im Bundesrat auch eine Zustimmung des Landes Bayern zu entsprechenden Regelungen zu erzielen sein wird. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 222. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 17979* Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 8/4147 Fragen B 167 und 168): Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Produktinformation im Bauwesen, und ist sie bereit, im Interesse der Nutzer und zur Bewältigung der Informationsflut im Bauwesen die schon 1973 in der „Enquete zur Bauwirtschaft" geforderte Entwicklung und den Aufbau einer von Bauproduktherstellern finanziell unabhängigen, bundeseinheitlichen und nach qualitativen Gesichtspunkten wertenden Produktinformation zu fördern? Ist die Bundesregierung bereit, die Entwicklung eines solchen Bauproduktinformationssystems durch Forschungsaufträge zu fördern und nach Abschluß der Entwicklung eines solchen Bauproduktinformationssystems ein Gremium unabhängiger Fachleute mit der Umsetzung in die Praxis zu beauftragen und im Aufbaustadium zu unterstützen? Zu Frage B 167: Zweifellos stellen die wachsende Informationsflut einerseits und die immer komplizierter werdenden ' Aufgaben andererseits die Planer und Bauausführenden vor schwierige Probleme. Die derzeit auf dem Markt befindlichen Bauproduktinformationssysteme decken den Informationsbedarf nicht ab. Offenbar kann eine vollständige Erfassung aller Bauprodukte, ggf. sogar noch mit einer Wertung verbunden, nicht kostendeckend durchgeführt werden, so wichtig sie im Interesse der Nutzer auch sein mag. Die Bundesregierung verschafft sich derzeit durch die Vergabe von Forschungsaufträgen ein Bild von der Situation mit dem Ziel, nach vollständigem Abschluß der Untersuchungen geeignete Maßnahmen im Zusammenwirken mit allen Beteiligten einzuleiten. Die Frage nach einer Förderung von Entwicklung und Aufbau einer Bauproduktinformation durch die Bundesregierung kann deshalb noch nicht beantwortet werden. Für ein von Bauproduktherstellern finanziell unabhängiges bundeseinheitliches und nach qualitativen Gesichtspunkten wertendes Informationssystem werden außerordentlich hohe Kosten entstehen. Selbst bei starker Inanspruchnahme dieses Systems kann nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht erwartet werden, daß diese hohen Kosten durch entsprechende Einnahmen gedeckt werden können. Zu Frage B 168: Bereits 1973 ist ein erster Forschungsauftrag erteilt worden. Sein Ergebnis wurde 1976 in Heft 04.014 der Schriftenreihe des Ministeriums unter dem Titel „Verbesserung der Bauproduktinformation" veröffentlicht. In dieser Forschungsarbeit wurden Anforderungen an ein Bauproduktinformationssystem ermittelt und mehrere prinzipielle Lösungsmöglichkeiten vorgestellt. Im Rahmen eines 1975 erteilten Forschungsauftrages wurden Informationsnehmer und Informationsgeber eingehend über ihre derzeitige Praxis und ihre Verbesserungswünsche befragt. Die Untersuchungen stehen vor dem Abschluß und werden einen Querschnitt durch die — sehr unterschiedlichen — Meinungen des Bauwesens geben. Selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, bei Bedarf weitere Forschungsarbeiten zur Abklärung dieses wichtigen Gebietes zu vergeben. Nach Abschluß der noch laufenden Forschungsarbeit soll ein Gremium berufen werden, von dem sich die Bundesregierung Vorschläge für weitere Maßnahmen erhofft. Alle Aktivitäten auf diesem Gebiet bedürfen einer engen Abstimmung mit dem Fachinformationssystem Bauwesen. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/4147 Frage B 169): Ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende Novellierung des § 147 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes anzustreben, um die gesetzliche Ermächtigung zu schaffen, daß die Landesregierungen im Verordnungswege den Zustimmungsvorbehalt für Außenbereichsvorhaben auch auf Große Kreisstädte als Baugenehmigungsbehörde übertragen können, um so eine Entlastung der Regierungspräsidien herbeizuführen und für einen wichtigen Teilbereich das Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen und orts- und bürgernäher auszugestalten? Die Frage der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde bei nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich ist bereits in den Beratungen der „Beschleunigungsnovelle" im 15. Bundestagsausschuß erörtert worden. Die Auffassungen gingen dahin, daß im Hinblick auf die besondere Interessenlage bei Außenbereichsvorhaben eine Beteiligung der höheren Verwaltungsbehörde gerechtfertigt sei. Sie ermöglicht eine ausreichende Rechtskontrolle und verhindert nicht zuletzt einen zu starken Druck auf die Gemeinden bei Außenbereichsvorhaben. Es wird im übrigen noch darauf hingewiesen, daß die höhere Verwaltungsbehörde bereits nach geltendem Recht für bestimmte Fälle allgemein festlegen kann, daß ihre Zustimmung nicht erforderlich ist. Darüber hinaus ist die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde an eine Zweimonatsfrist gebunden; sie gilt als erteilt, .wenn sie nicht fristgerecht verweigert wird. Beide Regelungen können dazu beitragen, das Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/ CSU) (Drucksache (8/4147 Frage B 171): Kann die Bundesregierung aus ihrer Kenntnis den Erfahrungssatz von Kommunen bestätigen, daß viele Bebauungspläne deshalb nicht zügiger verabschiedet werden können, weil die Planung, für die freie Planer eingeschaltet werden können, nur ein Fünftel der Arbeit ausmacht, während vier Fünftel Verfahrensabwicklung sind, die die Kommunen allein machen müssen, da es sich dabei um eine Hoheitsaufgabe handelt, und welche gesetzgeberischen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den Stau unerledigter Bebauungspläne zügig abbauen zu helfen? Die Bauleitplanung ist Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden. Das Bundesbaugesetz berechtigt und verpflichtet die Gemeinden, Bauleitpläne in eigener Verantwortung aufzustellen, sobald und so- 17980* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 222. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 17. Juni 1980 weit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Aufstellung von Bebauungsplänen ist kein „technischer" Vorgang, sondern ein Verfahren der Rechtsetzung. Durch den Bebauungsplan wird die städtebauliche Ordnung und Entwicklung und damit auch die eigentumsrechtliche Situation im Plangebiet festgelegt. Mit dem Inkrafttreten wirkt der Bebauungsplan gegenüber jedermann; er ist Ortsrecht. Eine Übertragung des förmlichen, hoheitlichen Aufstellungsverfahrens oder von Teilen dieses Verfahrens an freie Planer ist als Übertragung hoheitlicher Aufgaben nicht zulässig. Nicht ausgeschlossen ist die interne vorbereitende und unterstützende Mitwirkung Privater, wie auch die Ausarbeitung von Bauleitplänen Dritten übertragen werden kann. Es ist allerdings nicht ersichtlich, wie durch die Einschaltung Dritter die Planverfahren als solche stärker beschleunigt werden können als wenn die Gemeinde sie selbst betreibt. Der Bundesregierung ist bisher auch nur bekanntgeworden, daß die Dauer der Planverfahren in erster Linie von den u. U. schwierig zu bewältigenden Planungsproblemen und den vorgeschriebenen, unverzichtbaren Beteiligungen, nicht zuletzt der Bürger, abhängt, die aber in der vorgesehenen Weise von allen politischen Kräften gewollt sind. Wie die Beratungen in der beim BMBau gebildeten Studiengruppe „Genehmigungsverfahren im Bauwesen", in der auch die Problematik der Beschleunigung des Bauleitverfahrens eingehend erörtert worden ist, gezeigt haben, sind die Ursachen der oft langen Dauer der Aufstellungsverfahren sehr vielschichtig. Soweit sie durch gesetzgeberische Maßnahmen des Bundes zu beseitigen waren, ist dies bereits durch das Gesetz zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949) erfolgt. Die Bundesregierung hat damit ihren Beitrag zur Beschleunigung der Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen geleistet.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard von Weizsäcker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege, ich kenne diese Äußerung von Herrn Rau nicht, und ich will sie selbstverständlich gern akzeptieren. Aber vielleicht erlauben Sie mir doch eine wertende Bemerkung: Ich kenne sowohl Diether Posser wie Johannes Rau schon sehr lange, und ich traue dem finanzpolitischen Sachverstand von Diether Posser mehr zu als dem von Johannes Rau.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber nun möchte ich mich den innerdeutschen Beziehungen zuwenden. Ich bin davon überzeugt, daß gerade diese innerdeutschen Beziehungen von uns allen eine kritisch-differenzierte Würdigung erfordern. Es sind wichtige Verbesserungen erreicht worden; diese sind zu begrüßen. Das gilt insbesondere deshalb, weil sie sich positiv auf die Bindungen von Berlin (West) an die übrige Bundesrepublik Deutschland auswirken und auch auf die innerdeutschen Beziehungen selbst.
    Dennoch: Seit einigen Jahren hat sich der Themenkatalog allzu sehr auf technische und wirtschaftliche Abmachungen verengt. Das darf so nicht bleiben. In Zukunft ist vor allem zweierlei zu beachten: Erstens: Verhandlungen und Abmachungen müssen über die Sicherheit Berlins hinaus, die selbstverständlich wichtig bleibt, in stärkerem Maße die innerdeutschen Beziehungen im Ganzen betreffen. Zweitens gilt es jetzt, die menschlichen Kontakte und Begegnungsmöglichkeiten zu erweitern, und zwar in beiden Richtungen. Hier muß der Schwerpunkt liegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bilanz der letzten zehn Jahre zeigt: Es gibt eine erhebliche Zunahme der Reisen von West nach Ost. Jedermann spürt drüben die Wirkung dieses gesteigerten Kontaktes. Dagegen sind die Bemühungen um die Reisen von Osten nach Westen steckengeblieben. Die Zahl der Erlaubnisse zu Reisen für Deutsche aus der DDR bei dringenden Familienangelegenheiten in den Westen ist rückläufig. Gestiegen dagegen ist die Zahl derer, die in die DDR einreisen wollten und an der Grenze zurückgewiesen wurden.
    Auch bei der Familienzusammenführung und bei den Lebensbedingungen und Ausreisemöglichkeiten von entlassenen Häftlingen gibt es immer wieder Schwierigkeiten. Fortschritte im nichtkommerziellen Zahlungsverkehr fehlen.
    Es stagniert also, meine Damen und Herren, im wichtigsten, nämlich im menschlichen Bereich, jenem Bereich also, der seinerzeit vom Bundeskanzler Adenauer mit Recht an den Anfang der Beziehungen zum Osten gestellt und zu seinem Kern gemacht worden ist.
    Meine Damen und Herren, dies gilt schon für die Tagesordnung selbst, nach denen die Delegationen von beiden Seiten in den letzten Jahren miteinander verhandelt haben. Ein Treffen von Bundeskanzler Schmidt mit dem Staatsratsvorsitzenden Honecker steht bevor. Da wollen sie über die internationale Lage sprechen; aber ich meine, die offenen menschlichen Fragen der Deutschen im geteilten Land gehören in den Mittelpunkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    — Herr Wehner, vor kurzem hat ein evangelischer Kirchenpräsident in der DDR öffentlich im Blick auf ein innerdeutsches Spitzentreffen die Senkung der Altersgrenze bei Reisen von Ost nach West gefordert. Für ein Treffen mit Herrn Honecker wollen wir gerne einen Bundeskanzler unterstützen, der sich diese Forderung offen zu eigen macht und der energisch dafür eintritt, daß uns endlich auch mehr jüngere Menschen aus der DDR besuchen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In der angespannten Weltlage der letzten Monate hat die Bundesregierung immer wieder das Argument gebraucht: Wir Deutschen sind in einer besonderen Lage. Das ist in der Welt nur zum Teil richtig verstanden worden, und auch in der eigenen Bevölkerung hat es in bezug auf die Konsequenzen zu Mißverständnissen geführt. Daher ist es klärungsbedürftig. Was bedeutet es denn?
    Wir Deutschen sind hüben und drüben einerseits in Bündnisse integriert, andererseits über Mauer und Draht hinweg auf besondere Weise miteinander verbunden. Für diese Lage gibt es in der Tat keine Parallele bei irgendwelchen Bündnispartnern. In beiden Teilen Deutschlands spürt dies die Bevölkerung. Wir im Westen leben in der Freiheit und in der Sicherheit des westlichen Bündnisses, und es ist eben diese Freiheit, die uns auf besondere Weise für unsere Landsleute in der DDR und in Ost-Berlin verantwortlich macht.
    Die Deutschen im Osten sehen ihren Staat eingebunden in die Disziplin des Warschauer Paktes, sie selbst aber fühlen sich uns und dem ganzen Deutschland näher, als ihre politischen Führer dies wahrhaben wollen.

    (Damm [CDU/CSU]: Sehr wahr! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das ist der große Unterschied zu uns!)

    Anders als die übrigen Staaten des Warschauer Paktes muß die DDR mit einem gebrochenen Verhältnis zur Nation leben. Zwar machen sich auf diesem Gebiet immer wieder neue und gewaltige Anstrengungen bemerkbar; zuletzt gab das 30jährige Jubiläum der Gründung der DDR Anlaß, um das „sozialistische Nationalbewußtsein" erneut zu begründen.
    Darüber konnte man durchaus interessante und differenzierende Betrachtungen lesen. Z. B. hieß es in der „Einheit", einer Zeitschrift für Theorie und Praxis, es gebe beides, nämlich einerseits die Nation — die Nation geprägt durch ökonomische, politische, soziale und ideologische Beziehungen mit Klassencharakter — und andererseits die Nationalität, Ausdruck der völkischen Bindungen. Die Sowjetunion, so hieß es da, sei eine Nation mit vielen



    Dr. von Weizsäcker
    Nationalitäten, die Deutschen dagegen seien eine Nationalität, eben Deutsche, aber mit zwei Nationen, nämlich der sozialistischen und der kapitalistischen.
    Nach wie vor gilt es drüben als zentrale ideologische Aufgabe, das sozialistische Nationbewußtsein zu festigen. Grundlage und geistiges Profil werden aus allen Kapiteln der deutschen Geschichte abgeleitet, sofern man nur aus ihnen einen hinreichend progressiven und revolutionären Charakter glaubt ableiten zu können.
    In diesem Zusammenhang beschränkt sich die SED neuerdings nicht mehr auf die Bauernführer, sondern auch der erzkonservative Feldmarschall York, der barocke Bach, der Napoleon-Bewunderer Goethe und andere müssen jetzt dafür dienen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Clausewitz!)

    Jetzt sind die Vorbereitungen zur Feier des 500. Geburtstages von Martin Luther angelaufen; Honecker hat ihn bereits einen der bedeutendsten Humanisten und bürgerlichen Revolutionäre genannt. Sie alle sollen die Ahnengalerie der „sozialistischen Nation" zieren.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Geschmacklos!)

    Nun meine ich, meine Damen und Herren, wir im freien Teil Deutschlands haben keinen Grund, dies mit Überheblichkeit festzustellen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Die innerdeutschen Beziehungen sind keineswegs immer nur ein einseitiges Lerngeschäft von Westen nach Osten; auch wir haben unseren Teil zu lernen. Damit meine ich natürlich nicht Geschichtsklitterung, die drüben versucht wird. Aber ich meine die Erkenntnis von der existentiellen Bedeutung der eigenen geschichtlichen und kulturellen Wurzeln. Das sollte einige bei uns endlich aufwecken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn das so ist, dann wollen wir uns doch auf den friedlichen Wettbewerb im Hinblick auf diese Wurzeln ruhig einlassen und getrost auf die Fortschritte in beiden deutschen Teilstaaten warten. Wer sich auf Bach beruft, wird an dessen geistig-künstlerischem Maßstab doch nur wachsen können. Dasselbe gilt für die Humanität Goethes oder für den tiefen Patriotismus von Yorck. Und Martin Luther? Ich denke, die intensive Beschäftigung mit ihm, die uns allen bevorsteht, wird niemandem schaden. Das gilt sowohl über innerdeutsche wie über kirchliche Trennungslinien hinweg. Der ökumenische Charakter der Feiern für die Confessio Augustana, die jetzt gerade in Augsburg anlaufen, scheint mir dafür ein Beweis zu sein. Am Ende wird doch niemand um die Erkenntnis herumkommen, was Luther wirklich gepredigt hat, nämlich nicht die Revolution, sondern die Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnade — des östlichen und des westlichen Sünders.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Trotz aller Anstrengungen haben sich die Schwierigkeiten der SED, ein sozialistisches Nationalbewußtsein zu verankern, nicht vermindert, sondern vermehrt. Auch 1980 ist mit der Lehre von der Nation in der DDR kein Staat zu machen. Es gibt nur ein Polen, eine CSSR, ein Ungarn. Kein Ostblockland muß mit einer nationalen Alternative rechnen. Anders die DDR, sie ist deutscher Teilstaat mit einer nationalen Alternative im Westen. Die sozialistische Ideologie als solche wird der Führung nicht mehr abgenommen. Die SED hat keine Möglichkeit einer nationalen Orientierung der eigenen Staatsbürger innerhalb der eigenen Grenzen. Ihr Hauptproblem ist, daß sie ihren Staat weder national noch ideologisch stabilisieren kann. Deshalb suchte die Führung einen Ausweg in einem materiellen Ersatz für ideelle Mängel.
    So soll nun ein besserer Lebensstandard, den die SED ihren Bürgern im Vergleich zu östlichen Nachbarn zu verschaffen und zu erhalten versucht — wiewohl wir gerade in diesen Tagen von den besonderen Versorgungsschwierigkeiten immer wieder Kunde bekommen —, die Rolle eines Bindungsgliedes zwischen Bevölkerung und Staat schaffen.
    Ich meine, die Kenntnis solcher Zusammenhänge gilt es für unsere Deutschlandpolitik nutzbar zu machen. Unser Schwerpunkt für die Fortentwicklung der Innerdeutschen Beziehungen sind menschenwürdige Freiheitsrechte für unsere Landsleute in der DDR. Dabei müssen wir aber innenpolitische Empfindlichkeiten der SED ebenso in Rechnung stellen, wie wir mit ihrer Empfänglichkeit für unsere materielle Leistungsbereitschaft umzugehen haben.
    Das heißt doch mit anderen Worten: Die Ziele, die die beiden deutschen Regierungen bei innerdeutschen Verhandlungen anstreben, liegen auf verschiedenen Ebenen: Ost-Berlin braucht vor allem harte Devisen, wir dagegen wollen mehr Öffnung und Freizügigkeit.
    Die Preise, die bei diesen innerdeutschen Vereinbarungen von beiden Seiten zu zahlen sind, sind daher schwer vergleichbar. Dennoch müssen diese Preise genannt und müssen natürlich auch offen diskutiert werden.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig! — Damm [CDU/CSU]: So ist es!)

    Auch ein politischer Preis ist ein Preis, der seiner öffentlich verständlichen Begründung bedarf. Von der Opposition aus prüfen wir diese Preise, wie es unsere Aufgabe ist, aber wir prüfen sie nicht mit einem eingeengten ökonomischen Maßstab, sondern im Sinne der politischen Ziele, wie wir sie sehen. Buchhalterische Erbsenzählerei hat für uns dabei keinen Platz. Das heißt zweierlei:
    Erstens. Es ist zu berücksichtigen und zu würdigen, daß z. B. Kosten für einen Autobahnkilometer in der Mark Brandenburg oder in Mecklenburg, der für die Autobahn von Berlin nach Hamburg anfällt, nicht einfach ökonomisch, betriebswirtschaftlich nach denjenigen Kosten berechnet werden können, die ein Autobahnkilometer im Westen erfordert.
    Zweitens. Den finanziellen Gesamtleistungen, die aus Westdeutschland in die DDR fließen, fällt, aufs



    Dr. von Weizsäcker
    Ganze gesehen, eine wachsende Bedeutung für die Wirtschaft und das Leben im anderen Teil Deutschlands zu. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat errechnet, daß jährlich rund 3 Milliarden DM an öffentlichen und privaten Leistungen von uns in die DDR gelangen. Über die Höhe läßt sich streiten. Aber eines steht fest: in jedem Falle ist der Gesamtbetrag hoch genug, um eine unentbehrliche Plangröße geworden zu sein, ein Faktor von qualitativ verändertem Gewicht, ich sage: ein verklammernder Faktor.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir sind uns der besonderen Empfindlichkeit der Deutschlandpolitik wohl bewußt. Denn in ihr gehen zwischenstaatliche Kontakte, zwischenmenschliche Beziehungen und die Berücksichtigung der inneren Entwicklung der DDR ineinander über. Auch verstehen wir natürlich das Bedürfnis von Verhandlungsführern nach Diskretion. Aber zu unserer demokratischen Überzeugung gehört die öffentliche Auseinandersetzung. Nirgends so sehr wie in diesem Feld wird die Kraft der Politik entscheidend davon bestimmt, ob sie vom öffentlichen Bewußtsein und vom Willen der Bevölkerung getragen ist oder nicht. Deswegen hängt um so mehr davon ab, daß wir als Parteien in einer Weise über diese Deutschlandpolitik miteinander reden, die der Materie nützt und nicht schadet.
    Damals, Herr Bahr — damals! —, wurde der Streit über die Ostverträge im Bundestag mit Leidenschaft geführt. Er gehört zu den großen Debatten dieses Parlaments. Vielleicht war er die einzige große Debatte der 70er Jahre. Sie erregte alle Deutschen. Sie wirkte tief in Freundschaften und Familien hinein. Aber wir haben alle aus dieser Debatte gelernt. Niemand ist ganz unverändert aus ihr hervorgegangen, wenn er ehrlich ist. War sie damals eine Zeitlang das wichtigste Glied der Auseinandersetzung, so eignet sie sich heute eben nicht mehr im selben Maß, um innenpolitische Platzvorteile gegeneinander zu erstreiten. Vielmehr sind wir von der Sache her dazu verpflichtet, alles zu versuchen, um die Deutschlandpolitik kritisch zu würdigen, aber in ihren Grundzügen gemeinsam zu tragen. Das ist schwer, aber möglich und nötig.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und Abgeordneten der SPD)

    Es gibt natürlich — ich möchte sagen, auf allen Seiten des Hauses — immer wieder Schwierigkeiten. Es gibt immer wieder die Regung, davor zurückzuschrecken. Ich will jetzt gar nicht auf die Beispiele von heute früh zurückgreifen. Auch Herr Genscher, als er so von „Kalten Kriegern" zu sprechen anfing, ließ zunächst ein wenig offen, wen er damit meinte,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das macht er immer!)

    um es dann dankenswerterweise richtigzustellen.
    Deswegen möchte ich gern ein Beispiel aus der jüngsten deutschlandpolitischen Debatte des Berliner Abgeordnetenhauses bringen, immerhin eines Parlamentes, das für die Deutschland- und Berlin-Politik von sehr großer Bedeutung ist. Da zeigte sich, daß die Koalition im Grunde lieber ein deutschlandpolitisches Monopol behalten möchte. Möchten Sie das nicht auch, Herr Bahr? Ich hatte gelegentlich den Eindruck, als ich Ihnen zuhörte. Wenn dann ein Oppositionspolitiker, wie es seine Aufgabe ist, eine kritische Rückfrage stellt, dann gilt das als „Zeichen fortdauernder verstockter Unbelehrbarkeit". Würdigt aber die Opposition ein Stück Deutschlandpolitik als Fortschritt und als positive Entwicklung — was ist es dann? —: eine taktisch begründete, verdammungswürdige Kreidefresserei.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist so ähnlich gesagt worden — nachzulesen im Protokoll des Berliner Abgeordnetenhauses. Haben wir das wirklich untereinander nötig? Ich meine, nein.
    Was wir brauchen, ist kritische Überprüfung, gegenseitige kritische Anfragen. Aber die Bemühung um Klärung und damit die Bemühung um einen Grundkonsens in der Deutschlandpolitik.
    Ich möchte eine solche Rückfrage stellen — an die Adresse der Sozialdemokratischen Partei —, die sich mit dem Verhältnis von Deutschland- und Friedenspolitik befaßt. Vor zwei Wochen sagte der Berliner Regierende Bürgermeister bei der „American Council in Germany" in New York, das Gleichgewicht sei entscheidende Bedingung für den Frieden, zugleich sei das Gleichgewicht wesentliche Ursache dafür, daß die deutsche Teilung fortbestehe. — Wie? Was soll das denn heißen: Gleichgewicht ist entscheidend für Frieden, Gleichgewicht ist ursächlich für Teilung? Ist denn Friedenspolitik Teilungspolitik?

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Joi, joi! — Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    — Ja, bitte, wenn es geklärt wird, dann ist es ja gut. Lieber Herr Schäfer, hören Sie doch erst einmal zu. —

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das fällt ihm schwer!)

    Leben denn Frieden und Teilung voneinander? Setzt sich also der dem Vorwurf aus, den Frieden zu gefährden, der eine Politik zur Überwindung der trennenden Gräben und Mauern in Europa unterstützt?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das wäre ein gefährlicher Trugschluß. Der kann schwerlich gemeint sein, und der sollte auch hier geklärt werden. Die erste Anfrage öffentlicher Art, die der Regierende Bürgermeister in Berlin hierzu bekommen hat, ist überdies nicht aus den Reihen der Opposition, sondern aus den Reihen der Koalition gekommen.
    Denn in der Tat: Unsere Politik zielt auf Überwindung der Trennung. Dies geschieht ausschließlich mit friedlichen Mitteln. Wir bedürfen dafür des Friedens, auch des Friedens in einem größeren, über die beiden deutschen Teilstaaten hinausweisenden Rahmen. Nicht zuletzt deshalb suchen wir als Deut-



    Dr. von Weizsäcker
    sche Einfluß auf die internationale Lage, und zwar Einfluß im Sinne des Friedens.
    Mit anderen Worten: Eine Deutschlandpolitik, die der Überwindung der Gräben dient und die Ausdruck des Gefühls der Zusammengehörigkeit der Deutschen ist, ist für uns wesentlicher Motor, um eine friedensfestigende Wirkung auf die internationalen Beziehungen anzustreben. Hätten wir nicht das elementare Bedürfnis, die Teilung Schritt für Schritt zu überwinden, und wären wir ohne besondere Zusammengehörigkeit über die Blockgrenzen hinweg, so wären unser Wille und wohl auch unsere Kraft, in Richtung auf den Frieden zu wirken, in Wahrheit schwächer und nicht stärker.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Also: Gleichgewicht ist Voraussetzung für den Frieden; das stimmt. Aber Gleichgewicht und damit Frieden ist nicht Ursache dafür, daß die Teilung fortbesteht. Vielmehr brauchen wir Frieden, um die Trennung von Stadt, Land und Kontinent schrittweise zu überwinden und damit dem Frieden Stück für Stück das zu geben, was ihn ausmacht, nämlich seinen substantiellen Inhalt menschlicher Gerechtigkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Vom Zusammenhang von Deutschlandpolitik und internationaler Lage nun zurück zu der Frage: Was macht — zusammengefaßt — die Besonderheit der deutschen Lage aus? Ich nenne fünf Punkte: Erstens. Wir sind in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich für die gesicherte Lebensfähigkeit des zu uns gehörenden Berlin. Zweitens. Wir sind Anwalt für die menschlichen Freiheitsrechte überall im geteilten Deutschland. Drittens. Die politische Führung der DDR hat ein vitales Interesse daran, die bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen zu uns aufrechtzuerhalten und sie durch neue, große Projekte zu steigern. Viertens. In den Bevölkerungen beider deutscher Teilstaaten ist ein Bewußtsein der Zusammengehörigkeit lebendig, das sich auf die deutsche Nation als ganzer bezieht. Fünftens. Deshalb befindet sich unter allen Deutschen eine besonders tiefverwurzelte Überzeugung von der Notwendigkeit, den Frieden zu bewahren.
    Immer wieder haben deutsche Regierungsvertreter in diesen krisenhaften letzten Monaten — vor allem in Amerika — auf unsere besondere Lage hingewiesen. Gewiß, das ist ihre Pflicht. Auch deutsche Bündnispolitik dient der Vertretung deutscher Interessen und wirbt folglich bei den Partnern um Verständnis für unsere Gegebenheiten.
    Andererseits sind aber nun auch tiefgehende Mißverständnisse ausgelöst worden. Denn den einerseits in ihrer Führungsrolle und andererseits durch die Geiselnahme in Teheran besonders bedrängten Amerikanern erschien dies zuweilen als mangelnde Unterstützung für die gemeinsame Sache. Nicht nur uns gegenüber notorisch übelgesonnene Journalisten, die es, wie jeder weiß, natürlich auch in Amerika gibt, sondern der überwiegende Teil der amerikanischen politischen Öffentlichkeit wurde den Verdacht nicht los, wir beriefen uns auf eine besondere Lage, weil wir in Wahrheit Sonderinteressen verfolgten und daher die sowjetische Politik durch eine Sonderbrille betrachteten, um daraus im Bündnis für uns eine Sonderrolle in Anspruch zu nehmen.
    Das deutsch-amerikanische Verhältnis steht seit Monaten unter starker Belastung. Neben ständigen Versicherungen unveränderter Solidarität gibt es beunruhigende Zeichen fortdauernder Distanzierung. Klaus Harpprecht, einst enger Mitarbeiter des damaligen Bundeskanzlers Brandt, hat sie jüngst in einem großen Aufsatz in der „Zeit" zusammengefaßt. Ich teile nicht seinen Pessimismus, mit dem er endet. Aber ich meine, wir müssen sehen, daß es diese Stimmen gibt, damit wir unsere Aufgaben besser erkennen.
    Der Bundeskanzler und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung pflegen mit Entrüstung auf den Verdacht zu reagieren, daß sie nicht treu zum Bündnis, zu Amerika stünden. Gewiß, der Bundeskanzler hat auch ein Recht, sich darauf zu berufen, daß bedeutsame Schritte im Bündnis wesentlich mit auf seine Initiative zurückgehen. Er war es ja vor allem als Verteidigungsminister, der eine verstärkte Abwehrkraft gegen sowjetische konventionelle Überlegenheit, d. h. gegen Panzer, gefordert hat. Dies führte schließlich zur Entwicklung der Neutronenwaffe, die freilich durch ihre Kommentierung in sozialdemokratischen Kreisen als Perversion des menschlichen Denkens

    (Zurufe von der CDU/CSU: Bahr!) nicht gerade einen leichteren Weg hatte.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Als Bundeskanzler hat er im Herbst 1977 in seiner Londoner Rede auf die dringende Lösungsbedürftigkeit des Grauzonenproblems hingewiesen, mit Recht, wie ich meine. Nicht er hat also damit begonnen, den Doppelbeschluß der NATO zur Nachrüstung und zu Rüstungsverhandlungen zu relativieren. Nein, er hat ihn auf den Weg gebracht.
    Ich zweifle gar nicht daran, daß der Bundeskanzler in vielen Konferenzen und Gesprächen der Überzeugung von der unveränderten Notwendigkeit des Atlantischen Bündnisses Ausdruck verleiht. Nur ist auch ernst zu nehmen, was — wiederum in der „Zeit" — Gerd Bucerius vor drei Wochen in einem sehr nachdenklichen Artikel geschrieben hat. Er führte aus, daß wir alle von einer tiefen Friedenssehnsucht gekennzeichnet sind. Er zitierte bedeutende, international bekannte deutsche Geister, die weniger mit außenpolitischen Sachargumenten, sondern mehr mit Gefühlen an diese Friedenssehnsucht appellieren und davon sprechen, niemand bedrohe uns. Dann zog Bucerius den Schluß daraus und sagte:
    Wie kann man es Helmut Schmidt übelnehmen, daß er im Wahlkampf die Sehnsucht des Volkes zu erfüllen trachtet?
    In der Tat, der Bundeskanzler hat in Wahlversammlungen an die Friedenssehnsucht, die wir alle haben, appelliert, wie wir es alle tun. Aber da hörte ich dann einmal aus einer Fernsehnachricht über



    Dr. von Weizsäcker
    eine solche Sendung, wie er sagte: „Wir wollen uns da heraushalten." Auch das wird in Amerika gehört. Bei uns aber wirkt es nicht wie eine notwendige Aufklärung über die Abhängigkeiten, in die die deutsche Außenpolitik nun einmal eingebettet ist, sondern es wirkt wie eine Ablenkung.
    Wir können uns da nicht heraushalten! Die Lage, in der wir leben, ist in hohem Grade gefahrvoll. Um so wichtiger ist es, sich über den Charakter der Gefahren zu verständigen.
    Nun meine ich: So krisenhaft die Situation im Iran ist, so grausam die Kampfhandlungen in Afghanistan, so ungelöst die Probleme im Nahen Osten —, das, was uns primär bedroht, ist nicht ein unmittelbar bevorstehender neuer Weltkrieg, sondern es sind langfristige schwer terminierbare Veränderungen. Es ist eine von Jahr zu Jahr zunehmende, schleichende Verschiebung der Macht, vor allem eine Waffenentwicklung, die mehr und mehr zu einer Versuchung werden könnte, atomare Erstschläge auszulösen oder auf andere Weise außerhalb menschlicher Kontrolle zu geraten. Als Folge von beidem sind es eine wachsende Abhängigkeit, ein fortschreitender Verlust in der Fähigkeit zum selbstbestimmten Handeln für uns und für Länder vergleichbarer Größenordnung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Atlantische Bündnis hatte ein klares Konzept auf der Basis des Harmel-Planes: Sicherheitspolitik durch gemeinsame Verteidigungsbereitschaft und durch gemeinsame Anstrengungen zum Gewaltverzicht, zur Rüstungskontrolle, zur Entspannung. Herr Bundesaußenminister, Sie wissen ja, aus welcher Phase dieser Harmel-Plan stammt und von welcher Partei der damalige Bundeskanzler kam.
    Mehr als eine Dekade ist seither vergangen. Die Sowjetunion hat diese Zeit genutzt. Sie hat militärisch gewaltig aufgeholt und den Westen auf wichtigen Gebieten überholt. Zugleich hat sie Machtverschiebungen auf Gebieten gesucht, von denen sie wußte, daß der Westen nicht wußte, wie er darauf reagieren sollte.
    In dieser Dekade sind aber nicht nur Stärken, sondern Schwächen der Sowjetunion deutlicher hervorgetreten. Die Stärke liegt, wie gesagt, im militärischen Bereich. Hier hat sie gewaltige Fortschritte gemacht. In den anderen Bereichen dagegen — und zwar nicht nur beim Nationalitätenproblem und in der Ideologie, sondern auch in der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Technologie — sind die Schwächen des sowjetischen Systems nicht beseitigt worden. Sie haben sich im Gegenteil eher noch verschärft.

    (Damm [CDU/CSU]: Wir gleichen sie aus!)

    In dieser Lage genügt es nach meiner Überzeugung für den Westen nicht — ich spreche hier nicht von gesicherten Erkenntnissen, sondern ich stelle nur Fragen, von denen ich meine, daß sie gestellt werden müssen —, sich gegenüber der Sowjetunion um eine Wiederherstellung des Gleichgewichts zu bemühen und auf Fortschritte in der Rüstungskontrolle und Rüstungsbegrenzung zu drängen, so wichtig diese auch sind. Wenn wir alle anderen Felder in den Ost-West-Beziehungen national aufsplittern oder gemeinsam einfrieren,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    wenn dadurch also die Schwierigkeiten der Sowjetunion an ihren Schwächepunkten zunehmen, wird uns Moskau gewiß nicht mit den gewünschten Abrüstungsschritten antworten. Im Gegenteil, die Sowjetunion wird immer wieder auf das Gebiet ausweichen, auf dem sie allein Erfolgserlebnisse kennt, nämlich auf das militärische.
    Wir brauchen also im Westen ein umfassendes Konzept. Um es zu entwickeln, brauchen wir Zeit. Diese Zeit müssen wir uns nehmen. Es wäre ganz falsch, wenn wir uns statt dessen selber unter Zeitdruck setzten, wenn wir mit der autosuggestiven Vorstellung arbeiteten, wir lebten im Juli 1914,

    (Damm [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    und das einzige, was wir dann noch tun könnten, sei, die Krise zu managen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben in einer früheren Bundestagsrede diese Äußerung näher erläutert, und das war auch gut und notwendig. Natürlich ist ein Management notwendig; aber was wir vor allem brauchen, sind die Kraft und der Atem, um ein gemeinsames langfristiges Handeln zu entwickeln. Denn eines hat doch die Afghanistankrise überdeutlich gezeigt: daß ein dafür erforderliches Konzept innerhalb des Bündnisses zur Zeit auf beiden Seiten des Atlantiks nicht vorhanden ist. In ein solches Konzept müßten selbstverständlich auch die Probleme der Dritten Welt in vollem Umfang einbezogen werden.
    Wir Deutsche, die wir ein besonderes Interesse am Frieden haben, müssen gerade deshalb mit aller Kraft an der Übereinstimmung mit den Vereinigten Staaten arbeiten. Ich plädiere dafür nicht deshalb so nachdrücklich, weil ich eine tatsächliche oder eine angebliche Reserve der amerikanischen Politik gegenüber einer Fortsetzung von Entspannung nach Europa importieren möchte. Vielmehr bin ich davon überzeugt, daß jeder Versuch der Deutschen oder der Franzosen oder anderer Europäer, eine Arbeitsteilung des Westens in der Weise herbeiführen, daß die Entspannung dezentralisiert, daß sie regionalisiert wird und daß wir als europäische Macht den Versuch machen, sie in Europa allein fortzusetzen, zum Scheitern verurteilt wäre.

    (Damm [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die Alternative, vor der wir stehen, lautet: entweder Entspannung unter führender Mitwirkung der Amerikaner oder aber eine europaisolierte und dann im Laufe der Zeit von der Sowjetunion dominierte politische Situation, die nicht mehr den Namen „Entspannung" verdiente. Das Atlantische Bündnis würde sie auf die Dauer nicht überleben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist es, meine Damen und Herren, was nach meiner Überzeugung unter anderem gesagt werden
    muß, wenn es um die Frage geht: Was macht die be-



    Dr. von Weizsäcker
    sondere Lage der Deutschen aus, und welche Auswirkungen hat sie auf die internationale Politik?
    Es entspricht — ich komme damit zum Schluß, Herr Präsident — unserem freien Gemeinwesen, daß es jedem deutschen Bürger und jeder Bürgerin selbst überlassen ist, wie sie den heutigen Tag begehen, ob sie dieser Debatte folgen, ob sie eine der zahlreichen Veranstaltungen besuchen, ob sie den Tag vielleicht zu einem Besuch in der DDR benutzen und damit Kontakt aufnehmen und vertiefen oder ob sie den freien Tag benutzen, um sich im Grünen der Freiheit zu erfreuen, die sie haben und die nicht alle haben. Wir aber im freien deutschen Parlament, wir, die wir registrieren, daß ringsum um uns Deutsche herum die Frage lebendig bleibt, ob eigentlich eine Überwindung der Trennung der Deutschen gefährlich, ob sie wünschenswert oder ob sie vielleicht einfach illusionär wäre, wir tragen vor allem anderen die Verantwortung dafür, daß die Zusammengehörigkeit der Deutschen lebendig bleibt, daß sie unsere Politik leitet und daß sie unser Motor ist, nicht ein Motor von Gefahren für unsere Nachbarn, sondern ein Motor für einen vertieften Frieden, einen Frieden, dessen Vorrang das Schicksal der Menschen, dessen Vorrang die Menschenwürde ist und dessen Vorrang daher auch unseren Nachbarn in der langen Frist zugute kommen würde.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoppe.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wir sind gespannt!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gern nehme ich in dieser Debatte den Faden auf, den der Herr Kollege von Weizsäcker hier mit seinen Ausführungen geknüpft hat. Er ist, wie mir scheint, mit seinem Beitrag auch dem Anspruch gerecht geworden, den der Außenminister an die heutige Aussprache zum Tag der Deutschen Einheit gestellt hat. Meine Damen und Herren, ich kann allerdings nur hoffen, daß die Opposition selbst bereit ist, die Positionen zu akzeptieren, die Herr von Weizsäcker hier eben vorgetragen hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Was soll denn das? Die Polemik geht schon wieder los!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich heute an das Wort von Theodor Heuss erinnern, der einmal gesagt hat:
    Das Schicksal West-Berlins ist an West-Deutschland gebunden, aber das Schicksal Gesamt-Deutschlands bleibt an Berlin gebunden.
    So richtig Abhängigkeiten und Wechselwirkungen damit beschrieben wurden, so notwendig ist doch die Erkenntnis, daß sich Deutschlandpolitik immer nur in dem Rahmen bewegen kann, der durch die weltpolitischen Entwicklungen vorgegeben ist; denn in der Teilung unseres Landes spiegelt sich letztlich die Teilung der Welt wider. Nicht erst am
    17. Juni 1953 wurde uns die Aufteilung der Welt in zwei gegensätzliche Blöcke bewußt. Sie wirkt mit ihren negativen Folgen bis in unsere Tage fort.
    Der mühsame und gewiß nicht ganz erfolglose Versuch, aus dieser konfliktgeladenen Konfrontation herauszufinden, mündete in den großen, die politischen und gesellschaftlichen Gegensätze und Kontinente überspannenden Dialog der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa — ein Prozeß, von dem wir nach einem ermutigenden Auftakt in Helsinki und nach einem eher enttäuschenden Zwischenspiel in Belgrad gehofft hatten, daß er auch der Folgekonferenz in Madrid neue Impulse für die Beachtung der Menschenrechte, für die Forderung nach friedlicher Zusammenarbeit und für die wirksame Politik der Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle enthalten und geben würde.
    Die sowjetische Militäraktion in Afghanistan hat die Basis für eine solche Politik schwer erschüttert. Es ist leider nicht zu leugnen, daß die sowjetische Politik immer wieder durch Gewalt nach innen und außen gekennzeichnet wird. Nach Afghanistan und angesichts des rücksichtslosen Vorgehens gegen die Bürgerrechtler im eigenen Lande kommt einem das Wort „Entspannungspolitik" nur noch schwer über die Lippen.
    Und doch ist gerade jetzt nichts wichtiger als eine Politik, die zum Abbau der Konflikte führt. Der Prozeß der krisenhaften Entwicklung darf nicht eskalieren. Um ihn zu stoppen, einzudämmen und umzukehren, sind Geschlossenheit, Festigkeit, aber auch die Bereitschaft zum Widerstand wichtig. Ich glaube, das ist auf dem Boden der in den Vereinten Nationen bekundeten internationalen Solidarität möglich.
    An der Fähigkeit und dem Willen dazu sollten wir keinen Zweifel aufkommen lassen. Sicher, es hat Irritationen gegeben, und die Abstimmung im westlichen Bündnis vermittelt nicht gerade unbedingt den Eindruck von Geschlossenheit auf der Grundlage einer klaren Konzeption. Aber hier ist Abhilfe geschaffen worden. Das Bündnis hat besonnen und zugleich eindeutig reagiert.
    Es wäre jedenfalls fatal, hätte die Sowjetunion durch den Einmarsch in Afghanistan in dem die Freiheit des Westens sichernden Bündnis Erosionserscheinungen auslösen können.

    (Damm [CDU/CSU]: Das sehen Sie doch! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das hat sie doch!)

    Bei einem solchen Ergebnis wäre sogar der totale Ansehensverlust in der Dritten Welt für sie zu verschmerzen gewesen. Davon, so scheint mir, kann jedenfalls jetzt keine Rede mehr sein. Wir sollten uns das auch nicht einreden lassen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Ihr Wort in Gottes Ohr!)

    Die Spannungen in den einzelnen Regionen sind so hochexplosiv und nicht nur für die unmittelbar Betroffenen so lebensbedrohend, daß wir mit sehr



    Hoppe
    viel Sorgfalt an die Analyse und die Beherrschung der Ursachen herangehen müssen.
    Nun wird die Bundesregierung von der Opposition mit einem in diese Richtung zielenden Vorwurf überzogen. Sie und ihre Partner in der Europäischen Gemeinschaft, so rügt die Opposition, hätten in ihrer Nahost-Erklärung die nationalen Interessen Israels vernachlässigt. Die Kollegin Renger hat es so ausgedrückt: Israel wurde vor den Kopf gestoßen; seine Meinung wurde nicht respektiert; den Amerikanern, denen der Friede zwischen Israel und Ägypten allein zu verdanken ist, wird nicht wirklich geholfen.
    Meine Damen und Herren, es wäre in der Tat schlimm, wenn die Deutschen jetzt aus ihrer Geschichte aussteigen und nicht mehr für das Leben und die Existenz Israels streiten wollten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Wirtschaftlich begründete Egoismen dürfen unsere moralische Verpflichtung niemals auslöschen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dessen ist sich die Bundesregierung ja auch durchaus bewußt gewesen,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Da bin ich wieder nicht so sicher!)

    und sie hat gerade deshalb auf eine Resolution hingewirkt, die diese Verpflichtung nicht außer acht läßt.
    Besonders die Kritik der israelischen Regierung, so scheint mir, verdrängt die bedingungslose Unterstützung des Existenzrechts des israelischen Staates. Sie übersieht, daß die arabischen Staaten und die Palästinenser von uns aufgefordert werden, das Lebensrecht Israels in gesicherten Grenzen anzuerkennen. In einer schwierigen Zeit versucht die Europäische Gemeinschaft, auf einem schwierigen Feld den durch Präsident Sadat mutig eingeleiteten Schritt zur Aussöhnung zu fördern.
    Es wäre töricht, wollten sich die Europäer dabei als Konkurrenten zu den Vereinigten Staaten aufspielen, die mit den Verhandlungen in Camp David einen entscheidenden Beitrag geleistet haben. Europa kann und will nicht an die Stelle Amerikas treten. Aber, meine Damen und Herren, eine Hilfestellung scheint möglich und vielleicht notwendig. Die jüngsten Äußerungen aus der amerikanischen Regierung lassen, wie mir scheint, dann auch erkennen, daß die konstruktiven Elemente, die in einer solchen europäischen Initiative enthalten sind, als durchaus hilfreich angesehen werden.
    Schließlich gibt es eine Arbeitsteilung doch wohl nicht nur im militärischen Bereich. Die Europäer sollten also den Amerikanern dabei helfen, für Israel den Frieden zu erhalten und diesen durch dauerhafte Regelungen mit den arabischen Nachbarstaaten unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Palästinenser zu untermauern und zu sichern.
    Störungen und Reibungsverluste im westlichen Konsultationsmechanismus sind nicht nur bei den Problemen Afghanistan, Iran-Sanktionen und Nahost spürbar geworden. Besonders bei der Beurteilung der Reisediplomatie sind unterschiedliche Bewertungen.offenkundig. Es ist deshalb verständlich, daß der Besuch von Bundeskanzler Schmidt und Außenminister Genscher in Moskau Anlaß geben konnte, über Sinn und Zweck, Chancen und Gefahren dieser Reise zu spekulieren. Nicht erst das Schreiben des amerikanischen Präsidenten regte dazu an, über unterschiedliche Bewertungen zu meditieren.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was steht denn da drin? — Kittelmann [CDU/CSU]: Kennen Sie das Schreiben?)

    Bevor hier aber aus dem Kaffeesatz gelesen wird, sollte man eher aufmerksam die Äußerungen registrieren, die von amerikanischer Seite selbst dazu gemacht werden. Der amerikanische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, Walter Stoessel, hat erklärt: „über diese Reise führen wir sehr enge Gespräche, um sie sorgfältig vorzubereiten. Der Kanzler wird in Moskau als Vertreter eines Schlüssellandes der NATO sprechen."

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sollte er vielleicht das Gegenteil sagen?)

    Jetzt hat sich der amerikanische Präsident in dieser Sache selbst zu Wort gemeldet.
    Mir scheint, diese klaren Aussagen sollten in der innenpolitischen Diskussion nicht verunreinigt werden.

    (Frau Schlei [SPD]: Sehr richtig!)

    Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, daß die Bundesregierung fest zum Atlantischen Bündnis und zu ihren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft steht. Weder bei dem Nachrüstungsbeschluß der NATO noch bei einem anderen Punkt der verschiedenen abgestimmten Maßnahmen wird gewakkelt. Wie könnte auch gerade der Bundeskanzler von Entscheidungen abrücken, die im Interesse der Sicherheit und Wiederherstellung des militärischen Gleichgewichts getroffen wurden? Gerade er hält sie doch für dringend notwendig und hat sie deshalb immer wieder angemahnt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Aber nicht immer eingefordert!)

    Es ist erfreulich, daß auch der Kollege von Weizsäkker deutlich gemacht hat, daß Zweifel überhaupt nicht angebracht sind und wir uns eine solche Diskussion ersparen sollten.
    Wenn Bundeskanzler und Außenminister jetzt eine Einladung nach Moskau annehmen, um mit der sowjetischen Führung zu reden, dann wahrlich nicht, um Appeasement-Politik zu treiben. Verehrter Herr Kollege Kohl, eine „Einkaufsreise" findet nun ganz sicher nicht statt. Wenn es eine „Einkaufsreise" nach Moskau a la Helmut Kohl geben sollte, dann müßten wir ja den Oppositionsführer selbst dorthin schicken; denn allenfalls er hat dort einen



    Hoppe
    Nachholbedarf, wo er gemeint hat, daß der Bundeskanzler einkaufen müßte.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sie haben einen Nachholbedarf, Ihre Ergebenheit zu beteuern!)

    — Verehrter Herr Kollege Kohl, Sie haben sich doch diese Peinlichkeit geleistet. Nun jammern Sie nicht, wenn das auf Sie selbst zurückfällt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die deutsche Position ist klar. Ohne Zweifel müssen die Sowjets ihr Verhalten in Afghanistan korrigieren, und wir müssen alles daransetzen, damit sich Afghanistan nicht an einem anderen Punkt der Erde wiederholen kann. Das erreichen wir nur, wenn das militärische Übergewicht der Sowjetunion nicht bestehenbleibt bzw. noch stärker wird. Erstrebenswert ist es, dieses Gleichgewicht durch Ab- und nicht durch Aufrüstung zu erlangen. Deshalb muß uns allen daran gelegen sein, endlich auch den Teil des Dezember-Beschlusses der NATO auf eine Verhandlungsebene zu bringen, der das Angebot zu Abrüstungsverhandlungen enthält. Das liegt wahrlich im Interesse aller Völker und besonders jener Staaten, die auf Hilfe von außen angewiesen sind.

    (Beifall bei der FDP)

    Gerade sie müssen nämlich Wert darauf legen, daß bei den Industrienationen die Fähigkeit erhalten bleibt, diese Hilfe auch leisten zu können. Das um so mehr, als die kommunistische Welt nur ihre Ideologie und ihre Waffen für die Dritte Welt bereithält.
    Wenn die Bundesregierung ihren Beitrag zur Friedenssicherung leistet, hat sie sich dabei natürlich auch an dem Wohl des eigenen Landes orientiert Gerade das geteilte deutsche Volk ist auf Zusammenarbeit in einer friedlichen Welt angewiesen. Nur im Frieden wird es uns gelingen, die Folgen der Teilung für die Menschen zu lindern und erträglicher zu machen.
    Angesichts der gegenwärtigen Weltlage ist es bemerkenswert, daß das deutsch-deutsche Verhältnis nicht jene negativen Entwicklungen nachvollzogen hat, wie sie zwischen den Großmächten zu registrieren sind. Das ist ein Lichtblick in den ansonsten düsteren Ost-West-Beziehungen. Das ist der entscheidende Unterschied zur unversöhnlichen Konfrontation der 50er und 60er Jahre. Er kommt nicht von ungefähr. Gerade heute zeigen sich Wert und Bedeutung unserer Ostpolitik mehr denn je.
    Allerdings sollten wir uns keiner Selbsttäuschung hingeben. Von einer selbsttragenden Konjunktur kann im deutsch-deutschen Verhältnis noch keine Rede sein. Im übrigen dürfen wir auch nicht vergessen, daß die DDR von Moskau an der kurzen Leine geführt wird.
    Gerade deshalb kommt es darauf an, behutsam zu sichern, was in den vergangenen Jahren erreicht werden konnte. Wir können es nicht bei den erzielten Fortschritten bewenden lassen, für uns sind die bisher errungenen menschlichen Erleichterungen noch immer nicht zufriedenstellend. Erst wenn sich in den menschlichen Beziehungen, d. h. beim Reiseverkehr auch in Ost-West-Richtung, Entscheidendes verbessert hat, wird man von einer echten Qualitätsverbesserung im deutschen Verhältnis sprechen können.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

    Dennoch hat die Vertragspolitik schon jetzt bewirkt, daß sich die Menschen in Deutschland nicht weiter auseinanderleben. Denen, die aus dem Volk zwei machen wollten, sind wir mit Erfolg entgegengetreten. Unsere Deutschlandpolitik kann sich allerdings auch künftig nur in jenem Koordinatensystem bewegen, das von den europäischen und weltpolitischen Fakten bestimmt wird. Für uns ergibt sich daraus: Deutschlandpolitik muß zugleich als Friedenspolitik verstanden werden.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das war immer so!)

    Die Fortsetzung der Entspannungspolitik ist deshalb für uns patriotische Pflicht.
    In der Bundesrepublik Deutschland glauben wir im übrigen, eingesehen zu haben, daß die Freiheit der Menschen wichtiger als irdische Güter ist. Wir werden und deshalb weiter einer Politik verpflichtet fühlen, die beharrlich der Freiheit nach innen und außen dient. So wollen wir denn auch künftig Überzeugungsarbeit leisten, damit es eines Tages auch für unsere Nachbarn in Ost und West wünschenswert erscheint, daß Deutschland seine Einheit im Interesse des Friedens wiedererlangt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)