Rede von
Dr.
Friedrich
Wendig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedaure sehr, daß wir — noch dazu zu dieser späten Stunde — über diese Gegenstände in der Form, wie sie von der Opposition gewählt worden ist, diskutieren müssen. Ich möchte ganz ausdrücklich sagen, im Grunde genommen wiederholen wir zu einem Teil eine Diskussion, die ich schon im Juni dieses Jahres für abgeschlossen hielt, als es nämlich um den Mißtrauensantrag — ich nenne ihn so — der CDU/CSU gegen den Bundesinnenminister ging.
Der Herr Kollege Riedl hat vorhin von dem „Doppelspiel" des Innenministers gesprochen. Ich glaube, es sollte allen klar sein, daß dieser Bundesinnenminister wie jeder Bundesinnenminister eine Doppelfunktion hat, nämlich einmal als Hüter der Verfassung und der Freiheit des Bürgers tätig zu werden und auf der anderen Seite die innere Sicherheit unseres Landes sicherzustellen und beides zur Dekkung zu bringen.
Dies ist oft und insbesondere dann ein sehr schwieriger Prozeß, wenn sich durch moderne Technologien — nehmen wir den Datenschutz, nehmen wir die Probleme der Amtshilfe, die hier alle auf dem Tisch gelegen haben — neue Fragen stellen, die beantwortet werden müssen. Dieser Bundesinnenminister hat es übernommen, diese Fragen neu zu stellen und zu beantworten.
Wir sind noch nicht am Ende; auch diese Maßnahmen sind noch nicht zu Ende durchgeführt.
Wir alle sollten davon überzeugt sein — jedenfalls ist meine Fraktion dieser Überzeugung —, daß der Bundesinnenminister in seiner bisherigen Arbeit die Aufgabe, diese beiden Teile seiner Funktion soweit wie möglich zur Deckung zu bringen, in einem sehr hohen Maße erfüllt hat. Dafür danken wir ihm.
Nun komme ich zu einem anderen Punkt. Sie reagieren schon sehr sensibel, wenn man „Fall Tandler" sagt.
Ich will es etwas anders sagen, falls Sie das im Augenblick beruhigt: der Fall der Verletzung des Asylrechts und der Verfassung im Lande Bayern.
Das ist es nämlich auch. Wer hat denn dieses Problem hier in die Debatte eingeführt? Das war doch nicht der Bundesminister des Innern, sondern das war Herr Riedl, und das geschah in einer Art und Weise, die dem Gegenstand im Grunde genommen nicht angemessen war.
Wir haben das im Innenausschuß besprochen, und ich kann hier nur drei Positionen noch einmal in Ihre Erinnerung zurückrufen — das gilt vor allem für die Kollegen, die dabei waren —, die wohl nicht bestritten werden können.
Erstens. Die bayerische Landesregierung hat zwar sehr bald gesagt, dies war politisch falsch, sie hat aber immer noch sehr lange die Auffassung vertreten: rechtlich zulässig war es wohl. Ich habe bis heute, von einigen Erklärungen abgesehen, noch keine überzeugende Darstellung darüber gefunden, wie sie es heute rechtlich ansieht.
Ich komme zum zweiten Punkt. Es gibt im Lande Bayern Richtlinien — ich glaube, vom 17. März 1978 —, die im Grunde genommen ein solches Verfahren, das neben der Verfassung und neben dem Asylrecht liegt, vorgeschrieben haben. Ich weiß bis heute nicht, ob diese Richtlinien vom 17. März 1978 aufgehoben worden sind.
Der dritte Punkt: In der Beratung des Innenausschusses war deutlich, daß sich die Bundesbehörden — sprich: Zirndorf, Koblenz — nicht darüber im klaren sein mußten, unabhängig von ihrer Verantwortung, die sie als Behörde tragen, daß hier eine Abschiebung tschechischer Bürger in die Tschechoslowakei stattfand.
Ich hatte gehofft, daß wir diesen Punkt nicht noch einmal in dieser Schärfe diskutieren müßten. Ich
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15439
Dr. Wendig
selbst habe — wenn Sie wollen, können Sie es bitte nachlesen — in einer Presseerklärung gesagt, wobei ich dachte, daß wir das damit abschließen könnten: Alle Stellen — damit habe ich alle Länder und, wenn Sie so wollen, auch den Bund gemeint — müssen sich auf Grund der Vorkommnisse in Bayern noch einmal sehr sorgfältig überlegen, ob das überall wirklich richtig läuft. Das habe ich gesagt; aber man sollte in diesem Fall nicht immer wieder dem Bund die Schuld zuschieben. So, wie Sie es hier getan haben, geht es nicht; denn wir können nicht daran zweifeln — damit möchte ich mich dem anschließen, was Herr Wernitz gesagt hat —: Für diesen Fall, der heute noch einmal zur Sprache gekommen ist, liegt die Verantwortung in Bayern, da bleibt sie, und da bekommen Sie sie auch nicht weg.
Herr Kollege Riedl, eines darf ich Ihnen zu der Art und Weise, in der Sie die Sache vorgetragen haben, sagen: Wenn dies ein Fußballspiel gewesen wäre, dann hätte Ihnen der Schiedsrichter bei einem solchen Vorgehen die rote Karte gezeigt.