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ID0819322700

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    Plenarprotokoll 8/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Inhalt: Erweiterung des Tagesordnung . . . . 15311B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/3381 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3385 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" — Drucksache 8/3293 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3489 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3451 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 15312A Grobecker SPD 15315D Dr. Rose CDU/CSU 15318C Ewen SPD 15321 B Cronenberg FDP 15324 B Müller (Remscheid) CDU/CSU 15325 B Urbaniak SPD 15328 A Hölscher FDP 15329 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 15331 A Burger CDU/CSU 15336 A Fiebig SPD 15338 B Eimer (Fürth) FDP 15341 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . 15343 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 15348A Glombig SPD 15351 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 15355 B Kuhlwein SPD 15357 D Höpfinger CDU/CSU 15360A Jaunich SPD 15362 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/3391 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 15364 B Dr. Dübber SPD 15367 A Dr.-Ing. Laermann FDP 15369 B Dr. Hauff, Bundesminister BMFT . . . 15372D Lenzer CDU/CSU 15376 C Dr. Vohrer FDP 15379 B Stockleben SPD 15380 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/3392 — Frau . Benedix-Engler CDU/CSU . . . . 15381 C Dr. Meinecke (Hamburg) SPD 15385 B Frau Schuchardt FDP 15387 C Schmude, Bundesminister BMBW . . 15391 A Pfeifer CDU/CSU 15395 C Lattmann SPD 15397 B Beratung des vom Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vorgelegten Entwurfs einer Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/3460 — Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . . 15398 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/3388 — Picard CDU/CSU 15399A Esters SPD 15401 C Gärtner FDP 15402 C Dr. Hoffacker CDU/CSU 15405A Dr. Holtz SPD 15407 D Dr. Vohrer FDP 15410D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 15412C Höffkes CDU/CSU 15415B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/3376 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/3394 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/3396 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . 15417C Walther SPD 15421 D Gärtner FDP 15424 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 15426 D Dr. Nöbel SPD 15429A Baum, Bundesminister BMi 15430A Spranger CDU/CSU 15435 B Dr. Wernitz SPD 15436 D Dr Wendig FDP 15438 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt Drucksache 8/3371 — 15439 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/3372 — 15439 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/3373 — 15439 D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 III Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/3386 — 15439 D Haushaltsgesetz 1980 — Drucksachen 8/3398, 8/3457 — . . 15440A Nächste Sitzung 15440 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15441* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag den 13. Dezember 1979 15311 193. Sitzung Bonn, den 13. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber * 14. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich. (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. Gallus 14. 12. Genscher 13. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Klein (München) 14. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lücker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Dr. Pfennig* 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld* 14. 12. Sieglerschmidt* 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik*_ 14. 12. Baron von Wrangel 13. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Rainer Offergeld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Todenhöfer, ich kann Ihnen darauf nur antworten: Wenn wir Ihren Rezepten gefolgt wären, wäre es vielleicht so gekommen, daß Somalia sich in die sowjetische Globalstrategie eingeordnet hätte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Gerade daß wir mit denen im Gespräch gewesen sind, war ein Mittel, das zu verhindern.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Es gibt eine ganze Reihe anderer Beispiele. Ich beschränke mich auf Somalia, weil es da besonders drastisch und deutlich ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie wissen doch, daß das falsch ist! Lesen Sie einmal den Botschafterbericht nach!)

    Von den 30 am wenigsten entwickelten Ländern liegen 21 auf dem afrikanischen Kontinent. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, daß Afrika ein regionaler Schwerpunkt unserer Entwicklungspolitik ist und auch künftig bleiben wird. Afrika erhält knapp 24 % der Mittel aus der Finanziellen und 34 % aus der Technischen Zusammenarbeit. Das südliche Afrika ist mit ganz besonderen Problemen belastet. Apartheid und Rassismus sowie der Kampf dagegen führen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und gefährden die Versorgung der Bevölkerung. Die meisten Konfliktrandstaaten haben Flüchtlinge zu versorgen. Deswegen werden wir die Hilfe an sie auch in Zukunft verstärkt weiterführen. Die deutsche Hilfe für die Konfliktrandstaaten ist von 1975 bis 1979 vervierfacht worden. Die Neuzusagen erreichen 1979 — im laufenden Jahr — etwa 170 Millionen DM. Unser umfangreiches Stipendienprogramm für Flüchtlinge aus dem südlichen Afrika werden wir 1980 beträchtlich erweitern.
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15415
    Bundesminister Offergeld
    Eine Fußnote zu der Forderung, die hier von seiten der CDU/CSU erhoben worden ist, die Hilfe für Lateinamerika wesentlich zu verstärken. Auch hier müssen Sie sich entscheiden. Entweder wollen Sie Bekämpfung der absoluten Armut als ersten Schwerpunkt. Dann ist es ganz folgerichtig, daß eben in Afrika, wo die ärmsten Länder liegen, das Schwergewicht unserer Hilfe liegt. Dann können Sie nicht eine wesentliche Verstärkung für Südamerika verlangen, wo viele Schwellenländer liegen. Sie wissen, daß wir eine gewisse Steigerung für Südamerika vorgesehen haben. Aber diese hat angesichts unserer Priorität, die Hilfe auf die Ärmsten zu konzentrieren, eben ihre Grenzen.
    Die Welt hat sich in den letzten Jahren verändert. Sie hat sich nicht grundlegend verbessert. Deshalb wird Entwicklungspolitik immer wichtiger werden. Die Menschen der Erde sitzen in einem Boot. Die gegenseitige Abhängigkeit wird von Jahr zu Jahr größer. Sie zwingt alle in Nord und Süd, bei der Verfolgung ihrer eigenen Interessen auch die Vor- und Nachteile der anderen im Auge zu behalten. Es gibt viele Felder gemeinsamer Interessen und damit auch gemeinsame Verantwortung. Ich nenne nur fünf Schwerpunktbereiche: die Energieversorgung, die Rohstoffsicherung, die Sicherung der Welternährung, die Gefahren weltweiter Umweltbelastung, Welthandel und internationale Arbeitsteilung. Dies sind alles Felder gemeinsamen Interesses, die Grundlage für eine gemeinsame Strategie, für eine Strategie der gemeinsamen Verantwortung sein müssen, die wir in der dritten Entwicklungsdekade zu entwickeln haben.
    Der Nord-Süd-Dialog darf nicht in eine Sackgasse geraten. Diese Gefahr besteht. Die Bundesregierung wird sich auch künftig mit vernünftigen Vorschlägen für eine bessere Weltinnenpolitik an der internationalen Diskussion beteiligen. Der Haushalt 1980 ist für diese Nord-Süd-Politik eine gute Grundlage.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Höffkes.

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    Rede von Peter Wilhelm Höffkes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich in aller Form die Vorwürfe zurückweisen, die hier gegen den Kollegen Todenhöfer erhoben worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Vorwürfe waren nicht nur unqualifiziert, sondern auch falsch.

    (Zuruf von der SPD: Aha!)

    Ich möchte meinen, daß die zehnmalige Namensnennung in dieser Debatte die Bedeutung des Kollegen Todenhöfer für die Entwicklungspolitik nur positiv unterstrichen hat.

    (Grobecker [SPD]: Die Bedeutung des Herrn Todenhöfer für Herrn Kohl!)

    Meine Damen und Herren, wir werden eines nicht
    tun: Wir werden uns auch im Bereich der Entwicklungspolitik nicht in die sowjetische Globalstrategie, insbesondere in Afrika, einspannen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei unseren Überlegungen in der Union zu einer Hilfe für die Dritte Welt stellen wir drei Punkte heraus.
    Erstens. Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, daß Hunger, Krankheit, Seuchen, Analphabetentum und Bevölkerungsexplosion abgebaut werden.
    Zweitens. Wir müssen erkennen, daß jede Hilfe für die Dritte Welt nicht nur eine humanitäre Verpflichtung ist, sondern auch in unserem Eigeninteresse liegt.
    Drittens. Bei aller Hilfe, die wir in der Dritten Welt leisten, müssen wir auch daran denken, daß wir nur dann Hilfe leisten können, wenn es gelingt, die Bundesrepublik als einen hochentwickelten Industriestaat mit großen Handelsüberschüssen zu erhalten. Nur Reiche sind in der Lage, Armen beizustehen.
    Als ein Land, das keinerlei Rohstoffe besitzt, können wir in Zukunft ein nennenswertes Bruttosozialprodukt, das uns zu einer Hilfe an Dritte in Stand setzt, nur dann erzielen, wenn wir an unsere eigene Rohstoffversorgung denken. Über Grundstoff- und Rohstofffragen werden wir Anfang kommenden Jahres in diesem Haus im Zusammenhang mit der verfehlten Afrikapolitik der Bundesregierung diskutieren.
    Wenn die SPD weiterhin sogenannte angebliche Eliten glaubt bekämpfen zu müssen und nur Bereitschaft zeigt, Länder mit sogenannten Reformbewegungen und Reformregierungen bevorzugt zu unterstützen — siehe Parteitag —, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn unsere Industrie im Roh- und Grundstoffsektor in naher Zukunft nur noch Zuteilungen nach sowjetisch-kubanischer Bewilligung erhält.

    (Bindig [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

    Die falsche deutsche Politik im südlichen Afrika kann sehr schnell, meine Damen und Herren, unsere Industrie und damit auch unsere Arbeitnehmer vor die gleiche schwer lösbare Problematik stellen, wie wir sie im Energiebereich bereits vor uns haben: nämlich Einschränkungen der Produktion wegen Rohstoffmangels.

    (Zustimmung des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    Wenn die Entwicklungspolitiker der SPD auf dem Berliner Parteitag feststellten, der Friede sei durch die Energiekrise bedroht, dann müssen wir dem zustimmen. Die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung zu tragbaren Preisen ist heute schon die nationale Existenzfrage Nummer eins.
    Es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Dinge treiben zu lassen: entweder die bewußte Inkaufnahme von Versorgungsengpässen, die dann natürlich verwaltet und bewirtschaftet werden müssen, was gewissen Leuten in der Politik sehr wohl gefallen würde, oder eine konsequente Energiepolitik mit dem Ziel, Vorsorge für ein ausreichendes und bezahlbares
    15416 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
    Höffkes
    Energieangebot für die Zukunft zu treffen und die gefährliche Importabhängigkeit — insbesondere vom 01 — zu verringern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Je weniger Kernenergie in den Industriestaaten erzeugt wird, desto größer wird deren Ölverbrauch sein, desto höher wird der Preis steigen, desto weniger 01 wird aber den Entwicklungsländern zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt für Kohle.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bindig [SPD]: Darin ist ein logischer Bruch!)

    Daher ist es das unmittelbare Interesse der Entwicklungsländer, daß die Industriestaaten ihre Kernkraftkapazitäten rasch erweitern und der Druck auf Ölversorgung und Ölpreise nachläßt, der zu Lasten der Dritten Welt geht. Im Jahre 2000 dürfte die Weltbevölkerung von 4,2 auf 6,4 Milliarden Menschen und mit ihr der Bedarf an Nahrungsmitteln ansteigen, was automatisch auch zu einem höheren Energiebedarf führt. Die jetzt empfohlenen Alternativenergien, Sonne, Wind, geothermische und Gezeitenenergie, müssen zwar entwickelt werden, können aber derzeit nur wenig zur Entlastung beitragen.
    Im Hinblick auf die Dritte Welt ist festzustellen, daß die ölimportierenden Entwicklungsländer durch die Steigerung der Preise in für sie unlösbare Situationen gekommen sind. Den wesentlichen Teil ihres Exporterlöses müssen diese Länder für den Einkauf von Rohöl verwenden. 1973 waren es 8% ihrer Exporterlöse, 1978 bereits 20 % und jetzt sind es schon 30 %. Damit ist jede weitere Investitionstätigkeit in diesen Entwicklungsländern von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die ölexportierenden Länder konnten bis heute nicht dazu bewogen werden, einen gespaltenen Preis für ihr Öl einzuführen, nämlich den Billigpreis für Entwicklungsländer und einen Normalpreis für Industrieländer. Öl wird benötigt, um Strom zu erzeugen, um Dieselaggregate anzutreiben, für Wasserpumpen, und es wird als Brenn- und Heizmaterial dringend — nicht substituierbar — benötigt, zumal in weiten Teilen mancher Entwicklungsländer schon heute eine große Bodenerosion feststellbar ist, weil alle vorhandenen Gehölze als Brennholz verheizt wurden und mangels vorhandenen Brennholzes sogar tierische Abfälle als Brennmaterial verwendet werden.
    Gerade in den Entwicklungsländern bietet sich an Stelle von 01 keine Ersatzenergie an; denn Erdgas und Kohle sind nur in beschränktem Umfang vorhanden und einsatzfähig, und andere Energien wie Solarenergie, Biogas, Wind- und Gezeitenenergien sind in überschaubaren Zeiträumen in größerem Umfang in den Entwicklungsländern mangels jeglicher technischen Basis noch nicht einsatzfähig.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Geben Sie doch Ihren Schulaufsatz zu Protokoll!)

    Es ist somit eine Tatsache, daß 01 für die Entwicklungsländer unentbehrlich ist und letztendlich für diese Länder nur dadurch freigesetzt werden kann, daß die Industrieländer ihren Erdölverbrauch erheblich einschränken.
    Die Industrieländer müßten ihren Verbrauch um 10 % mindern; denn so hoch ist der heute bereits bestehende Bedarf der Entwicklungsländer. Aber auch dieser Bedarf steigt ständig und muß ständig steigen, wenn man die früher von mir aufgezählten Probleme — Unterernährung, Analphabetismus, mangelhaftes Gesundheitswesen und schlechte Infrastruktur — in den Entwicklungsländern beseitigen will. Leider vermißt die Union sowohl in den Aussagen des SPD-Parteitages als auch in den Konzepten der Regierung und des Ministeriums Lösungsvorschläge.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Haben Sie das gelesen?)

    — Jawohl.
    In diesen Tagen der Haushaltsberatungen ist viel über Kernenergie gesprochen und es sind auch immer wieder Zweifel über die Notwendigkeit ihres Einsatzes in der Bundesrepublik lautgeworden. Offenbar haben die Zweifler nicht nur zu kurzfristig an sich selbst und in Utopien gedacht. Not und Elend von Millionen in der Dritten Welt, beruhend auch auf Energiemangel, sind völlig außer Betracht geblieben.
    Wenn wir kein 01 einsparen, sind alle Bemühungen um eine Entwicklung und jede Chance für ein Überleben der von Wassermangel und Hungersnot Bedrohten in der Dritten Welt aussichtslos und vergeblich. Ich glaube, aus dieser ganz kurz gerafften Darlegung kann man schon ableiten, in welch fundamentaler Weise Industrie- und Entwicklungsländer voneinander abhängig sind.
    Zum Abschluß richte ich noch ein Wort an Sie, Herr Minister Offergeld. Wir haben den Eindruck, daß Sie sich aus der entwicklungspolitischen Diskussion selber ausgeschaltet haben,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    ausgeschaltet deswegen, weil Sie nur sehr selten und dann auch nur für wenige Minuten an den Aussprachen des Ausschusses teilgenommen haben.

    (Glos [CDU/CSU]: Hört! Hört! Der hört ja auch jetzt nicht hin! Der hört nicht einmal zu!)

    Auch Ihrem Haus haben Sie keine neuen, konstruktiven Wege für Entwicklungspolitik aufgezeigt. Hierdurch trat das ein, was die SPD auf ihrem Parteitag in Berlin so formulierte: „Häufig kam es zu Wachstum ohne Entwicklung." Daran ändert auch nichts die Feststellung in der Tagespresse:
    Herr Offergeld

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Der schwätzt wieder!)

    hielt sich bei der Rede vom 10. Dezember an die in seinem Hause erarbeitete vertrauliche Ideenskizze zur Reform der deutschen Entwicklungspolitik.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Ihre Zeit ist um!)

    Sind Sie, Herr Minister, der Meinung, daß sich die
    Entwicklungspolitik der Zukunft auf der Grundlage
    vertraulicher Ideenskizzen gestalten läßt? Wir sind
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15417
    Höffkes
    der Meinung, daß den Zielen deutscher Entwicklungspolitik nur mit partnerschaftlicher Offenheit gedient ist. Auch mit bloßem Auswechseln von Staatssekretären und Abteilungsleitern kann der von Ihnen zu verantwortenden Konzeptionslosigkeit des Ministeriums nicht abgeholfen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Schluckebier [SPD]: Nicht übertreiben!)

    Dies ist auch nicht durch die Forderung der Betriebsgruppe der SPD an Sie, den Personalreferenten und seinen vorgesetzten Unterabteilungsleiter von ihren Posten zu entfernen, zu erreichen.

    (Glos [CDU/CSU]: Genossenwirtschaft! — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Betriebskampfgruppen!)

    Herr Minister, ist es richtig, daß die beiden genannten Herren nicht entschieden genug SPD-Belange in der Personalpolitik Ihres Ministeriums verfolgen würden?

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist unglaublich! — Zurufe von der SPD)

    Auf Ihre Antwort sind wir sehr gespannt. Oder, Herr Minister, glauben Sie, daß eigene Ideen Ihrerseits und Ihres Hauses durch die groß ausgeschriebenen Forschungsvorhaben — 22 an der Zahl — ersetzt werden können?

    (V o r s i t z: Vizepräsident Leber)

    Glauben Sie, daß es genügt, wenn irgend jemand Denkhilfe für Politiker leistet, statt daß Politiker selber denken?

    (Beifall bei der CDU/CSU)