Rede von
Dr.
Manfred
Vohrer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine verehrten Kollegen! Ich möchte nicht auf die teilweise polemischen Ausführungen meines Kollegen Lenzer eingehen, sondern einige kritische Bemerkungen zu dem Zusammenhang zwischen Energiepolitik und Energieforschung machen, insbesondere zu der Struktur der Energieforschungsausgaben im Einzelplan 30.
Wenn Sie die Regierungspolitik im Energiebereich verfolgen, dann werden Sie bei den Maßnahmen ganz vorne immer finden: Energieeinsparen, rationelle Energieverwendung, Substition von Öl durch Kohle und Kernenergie sowie regenerierbare Energieträger.
Daß Sie von der Opposition kein Verhältnis zum Einsparen haben, hat der Herr Biedenkopf bewiesen, Herr Lenzer; denn er war der Mann, der sich hier an dem Pult über Energieeinsparen lustig machte. Er führte in seinem Beitrag aus:
Es wird außerdem festgestellt ..., die sicherste Energie sei die gesparte Energie.
Daraufhin steht hier im Protokoll der Vermerk: „Heiterkeit bei der CDU/CSU". Dann merkt . Herr Biedenkopf an:
Mit anderen Worten: Macht das Licht aus, Genossen, dann kann es nicht mehr ausgehen!
Meine Damen und Herren, wer Energiesparen in
der Weise diskriminiert, der hat überhaupt kein
Verhältnis zu dem Ansatz, der in absehbarer Zeit —
zumindest als kurzfristige Maßnahme — der wich-
tigste und ergiebigste sein wird.
Wir haben aber auch energiepolitische Aussagen der beiden Koalitionsparteien. Die SPD hat in Berlin bei ihren energiepolitischen Grundsätzen und Eckwerten folgenden Maßnahmenkatalog beschlossen: Erstens: Weg vom 01, zweitens: Bessere Nutzung und Einsparung von Energie, drittens: Neue Energiequellen, viertens: Vorrang der heimischen Kohle, fünftens: Weitere Nutzung der Kernenergie nur subsidiär zur Kohle. Darüber hinaus will die SPD die Option „mit oder ohne Kernenergie offenhalten.
Die Bremer Beschlüsse der FDP unterscheiden sich davon nur wenig. Einsparen steht hier an erster Stelle, an zweiter Stelle steht die Verbesserung des Wirkungsgrades der Energie, an dritter Stelle stehen alternative Energien, an vierter Stelle steht die Berücksichtigung der Belange des deutschen Steinkohlebergbaus. Auch wir haben uns die Option offengehalten, im Zweifelsfalle ohne nukleare Energie auszukommen. Insofern kann man es sich auch hier nicht so leicht machen, wie es sich Herr Biedenkopf gemacht hat, indem er über die Option, ohne Kernenergie auskommen zu wollen, witzelte und so tat, als ob das eine Nichtbereitschaft zur Entscheidung wäre. Ganz im Gegenteil: Die Option, ohne Kernenergie auszukommen, bedeutet die Entscheidung, auch alternative Energien jetzt zu fördern.
Das ist der Punkt, weshalb ich mich kritisch mit dem Forschungshaushalt auseinandersetze; denn dort liegt eine der Schlüsselzahlen, die es kritisch zu durchleuchten gilt: die Relation der Ausgaben für nukleare Forschung zu denen für nichtnukleare Forschung. Diese Zahlen sind Gradmesser, wie ernst es der Bundesregierung mit der Option, möglicherweise auch ohne Kernenergie auszukommen, wirklich ist.
Jene Schlüsselzahlen haben sich im Verlauf der letzten Jahre — ich möchte fast sagen: Jahrzehnte — zugunsten der nichtnuklearen Forschung entwikkelt. Ursprünglich war das Ministerium ja ein Atomministerium. Wir hatten aber schon 1977 drei Viertel der Energieforschung als nukleare und ein Viertel als nichtnukleare Forschung. Der Trend wurde 1978 fortgeschrieben. Da hatten wir nur noch zwei Drittel als nukleare Forschung. 1979 lag die nukleare Forschung erstmalig unter 60%. Mir hätte sehr daran gelegen, daß dieser Trend möglichst linear fortgesetzt worden wäre. In dieser Hinsicht bringt der Haushalt 1980 aber einen Bruch; denn der Prozentsatz der nichtnuklearen Forschung geht von unter 60% jetzt wieder nach oben und erreicht fast
15380 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
Dr. Vohrer
zwei Drittel, obwohl dem Haushaltsausschuß hier das Verdienst zukommt, daß er durch seinen parlamentarischen Einfluß die Struktur der Energieforschungsausgaben noch zugunsten der nichtnuklearen Forschung verbessert hat.
Die Zahlen in der mittelfristigen Finanzplanung weisen nahezu den gleichen Trend auf.
Mir liegt sehr viel daran, hier deutlich zu machen, daß es in diesem Haus auch Kräfte gibt, die die nichtnukleare Forschung stärker gefördert sehen wollen, um damit die Option, langfristig auch ohne Kernenergie auszukommen, nach außen deutlicher zu machen.
Meine lieben Parteifreunde —
Meine lieben Kollegen, ich möchte hier eines deutlich machen. Ich stehe zu der sozialliberalen Koalition, und für mich ist der Haushalt eine politisch essentielle Entscheidung für oder gegen diese Regierung. Deshalb werde ich den Haushalt auch nicht ablehnen.