Nein, ich möchte zum Ende kommen.
Nun sagen Sie in der Begründung Ihres Antrags, Herr Kollege Stavenhagen: Der Wissenschaftsrat und alle mit der Frage des Sitzes des Polarinstituts befaßten Experten haben sich für Kiel ausgesprochen. Das ist irreführend und unrichtig.
Es gibt eine Reihe von Wissenschaftlern, die sehr kompetent zu der Frage Stellung genommen haben, zum Beispiel eine Universität. Ich rede gar nicht von einzelnen Polarforschern, zum Beispiel in Karlsruhe, die für Bremen plädieren, sondern ich rede von einer Universität, und ich darf aus einem Brief des Rektors der Universität Münster zitieren, der zu dem Ergebnis kommt — der letzte Satz —: „So muß aus dieser Sicht der Stadt Bremen der Vorrang vor anderen Standorten gegeben werden." Ich sage nicht, daß die alle recht haben. Ich bitte Sie nur darum, ein bißchen aufrichtiger zu argumentieren, wenn Sie eine Entscheidung der Bundesregierung angreifen.
Ich muß zum Schluß ein Wort zu dem bösen Ausdruck „Gutachter-Filz" sagen. Das möchte ich verknüpfen mit einem ausdrücklichen Dank an die Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure, die bereit waren, das Bundesministerium für Forschung und Technologie durch sachkundigen Rat im Rahmen der Gutachtertätigkeit in den letzten Jahren zu unterstützen.
Das ist mit ganz minimalem finanziellen Aufwand getan worden. Diese Leute haben ein anderes Wort verdient als „Gutachter-Filz", zumal da sie zum großen Teil auch ihre Freiheit dafür opfern, um dafür zu sorgen, daß die staatlichen Stellen möglichst sachkompetente Entscheidungen treffen können.
Wir sind die einzige Institution, die gerade auf dem Gebiet des Gutachterwesens eine volle Transparenz praktiziert und regelmäßig jährlich, sogar mit entsprechender Fortschreibung in den Zwischenzeiträumen, klar- und offenlegt, wer uns auf den einzelnen Gebieten berät und mit seinem sachverständigen Rat zur Seite steht.
Wenn Sie schon so harte Worte gebrauchen — ich tue das normalerweise nicht; wollen wir wirklich in der Art miteinander argumentieren —, dann muß ich fragen, warum Sie beispielsweise einen Antrag zur Aufstockung der Mittel für die Uhrenindustrie um 2 Millionen im Haushaltsausschuß gestellt haben und was das
mit Ihrer eigenen politischen Arbeit zu tun hat.
Das ist meines Erachtens nicht der Stil, wie wir miteinander argumentieren sollten, sondern worauf wir
zu achten haben, ist, das kontroverse sachkompe-
15376 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
Bundesminister Dr. Hauff
tente Urteil zu respektieren und bei unseren politischen Entscheidungen zu berücksichtigen.
Herr Kollege Stavenhagen, zum Schluß komme ich noch zu den Medien. Sie sagen, in der Entwicklung auf dem Gebiet der Medien habe der Staat im Grunde genommen nichts zu suchen; es solle den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräften überlassen bleiben, was auf dem Gebiet geschieht. Dies mag Ihre Position sein. Aber meine Bitte, ist, daß Sie zusammen mit uns versuchen, Antworten auf die Fragen zu finden, die beispielsweise vor wenigen Tagen der Landesbischof Claß in Stuttgart in der Stiftskirche formuliert hat. Diese Fragen erfordern von uns etwas durchdachtere Antworten, als das in Ihrem Debattenbeitrag angeklungen ist. Der Landesbischof hat dort gesagt - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
Die Schöpfung, der Garten Gottes,. wird mehr und mehr zur Wüstenei. Der Lebensraum der Geschöpfe Gottes wird immer enger. Die Frage wird immer bedrängender: Darf der Mensch das technisch Mögliche wie bisher bedenkenlos in die Praxis umsetzen? Mir scheint, daß Christen, die den ersten Glaubensartikel ernst nehmen, dieses klar mit nein zu beantworten haben. Schon seit Jahren wird immer deutlicher, daß der äußeren Wüstenei, die der Mensch anrichtet, die innere, die Verwüstung der eigenen seelischen Landschaft entspricht. Zum Beispiel werden sie doch schon längst öffentlich diskutiert, die Schäden des übermäßigen Fernsehkonsums: Schrumpfen der Gesprächsfähigkeit, Konzentrationsmängel, Isolation, Anpassung an den Massengeschmack. Und nun wird uns heute gesagt, am Kabelfernsehen führe kein Weg vorbei. Dabei kann doch jedermann wissen, daß es, aufs Ganze gesehen, den Mensch mehr Schaden als Nutzen bringen wird. Es stellt sich auch hier die Frage: Muß der Mensch denn alles machen, was er kann? Ich meine, nein, er muß nicht.
So weit der Landesbischof. Ich kann mich mit den Formulierungen im einzelnen nicht identifizieren; aber ich nehme die Äußerung eines solchen Mannes so ernst, daß ich sage, wir müssen mindestens mit der gleichen Ernsthaftigkeit — wir alle miteinander — über die Frage nachdenken und den Streit über die richtige Antwort auch hier im Deutschen Bundestag so ernsthaft und so kontrovers führen, daß wir von denen, die darüber nachdenken draußen im Lande, auch tatsächlich ernst genommen werden.
: Deswegen
wollen Sie Luxemburg die Muskeln zeigen!)
Da haben wir, meine ich, alle miteinander einen gewissen Nachholbedarf gerade im Zusammenhang mit der Diskussion von neuen Medien, die meines Erachtens exemplarisch steht für die Auseinandersetzung mit neuen Technologien und für die Art, wie wir Politiker mit diesen Fragen umgehen, ob wir dort noch die notwendige Sensibilität haben — auch die notwendige Entschlußkraft aufbringen, wenn es
erforderlich ist —, um überhaupt noch von denen gehört zu werden, die mit Sorgen auf die Zukunft blicken, wenn sie an solche Entwicklungen denken.