Rede von
Dr.
Lutz G.
Stavenhagen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich bin mit der Redezeit knapp; ich bitte, keine Zwischenfragen zu stellen.
Meine Damen und Herren, die Kritik am Forschungsminister, die in der Vergangenheit immer ein bißchen hinter vorgehaltener Hand vorgetragen wurde, wird in der letzten Zeit lauter vernehmlich. Der Wirtschaftsminister, Graf Lambsdorff, warnte vor einer Abholmentalität und forderte wie wir, daß die indirekte, also auf Breitenwirkung zielende Forschungsförderung einen höheren Stellenwert haben müsse. Der FDP-Kollege Haussmann wies auf die einseitigen Struktureffekte sowie die Benachteiligung des Mittelstands und wirtschaftlich weniger entwickelter Regionen durch die Politik von Herrn Hauff hin.
Er forderte — wie wir — mehr indirekte Forschungsförderung, die den kleinen und Mittelbetrieben besser nütze, die auch gleichmäßiger Innovationsanreize gebe.
— Sie habe, so Herr Haussmann, auch mehr Breitenwirkung, und insofern steche — das ist der Originalton Haussmann — das Argument der Gießkasse nicht.
Das ist natürlich schön gesagt. Das Problem der FDP ist halt, daß sie unsere Reden hält und mit den anderen abstimmt.
Beachtlich finde ich, daß auch diejenigen, die im Grunde genommen von der Forschungsförderung profitieren, zunehmend Kritik anmelden: zum einen der Bundesverband der Deutschen Industrie, dann der Bundesverband der Jungen Unternehmer, die beide eine Vernachlässigung der Grundlagenforschung beklagen. Sie beklagen, daß die Gestaltungsfreiheiten der forschenden Wirtschaft stark eingeschränkt werden.
Interessant ist auch, daß der Rechnungshof erneut auf die liederliche Bearbeitung von Verwendungsnachweisen hinweist. Man ist dort mit Verwendungsnachweisen Monate im Rückstand. Dies zeigt, daß eine ordnungsgemäße Kontrolle öffentlich eingesetzter Mittel nicht möglich ist. Das zeigt, daß man über Monate keine Kontrolle darüber hat, was mit dem Geld geschieht.
Damit wird doch deutlich, daß die Bürokratie mit der starken Ausweitung der direkten Forschungsförderung überfordert ist. Es wäre wirklich gut — nachdem ja nicht nur wir, sondern auch andere Parteien das sagen —, wenn man sich im Forschungsmi-
Deutscher Bundestag — 8, Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15367
Dr. Stavenhagen
nisterium endlich mehr Gedanken darüber machte, auf welche Weise die indirekte, auf Breitenwirkung gezielte Förderung einen höheren Stellenwert bekommen kann.
Um es ganz deutlich zu machen und damit keine Mißverständnisse entstehen: Wir meinen nicht ein „Anstatt", sondern wir meinen ein vernünftiges, ausgewogenes Verhältnis. Dieses vernünftige, ausgewogene Verhältnis besteht heute nicht. Die Forschungspolitik der Regierung pervertiert immer mehr zu einer kurzarmigen bürokratischen Kesselflickerei ohne Ziel und Ausblick. Das Klima für Wissenschaft und Forschung in unserem Land wird trotz der Hauff-Milliarden immer schlechter. Fähige Köpfe wandern zunehmend ins Ausland ab. Nicht kreative Geister, sondern kleinkarierte Funktionäre stellen bei uns die Weichen für die Zukunft.
Wir lehnen die Forschungspolitik der Regierung und den Einzelplan 30 ab.