Rede von
Horst
Jaunich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Kürze werden nicht nur die Familien, sondern alle Wahlberechtigten in der Bundesrepublik zu entscheiden haben,
wer für die nächsten Jahre Familienpolitik betreiben wird.
Sie, Herr Kollege Höpfinger, haben soeben gesagt, wir hätten uns zu sehr und zu engagiert mit der Rede des Herrn Kollegen Blüm auseinandergesetzt und wir sollten mehr „nehmen" können. Ich möchte das aufnehmen und möchte das, was Sie gesagt haben, schlicht und einfach hinnehmen; denn es lohnt nicht die Auseinandersetzung.
Ich will nur an einem Punkt anknüpfen und noch eine Feststellung treffen. Sie haben soeben für das Maß verfehlter Familienpolitik u. a. das Scheidungsrecht ins Spiel gebracht. Ich frage Sie: Wie glaubwürdig wollen Sie eigentlich sein, bleiben oder genommen werden, wenn Sie hier die Scheidungsautomatik des neuen Scheidungsrechtes erwähnen und sagen, die könnten auseinanderlaufen, ohne daß der Staat einen Zwang aufrechterhalte? Wir reden doch wohl die ganze Zeit über intakte Familien. Das alte Scheidungsrecht hat zwar in vielen Fällen Scheidungen unmöglich gemacht, aber es hat nicht bewirken können, daß die Familien intakt geblieben wären.
Da ist doch Unaufrichtigkeit im Spiel, da sind doch zwei, die gar keine Partner mehr sind, aneinandergekettet worden, und sie haben zum Teil gar nicht mehr miteinander gelebt. Sie waren nur rechtlich noch eine Gemeinschaft. Ist denn das Ihr Ideal, sind das Ihre Zielvorstellungen in der Familienpolitik? Dann kann ich nur sagen: Sie tun mir leid.
Sie reklamieren — Sie haben das getan, Herr Kroll-Schlüter hat das getan — Eigenverantwortung; wir sollten den Familien mehr zutrauen. Ja, wer traut ihnen denn so wenig zu? Ich habe soeben einmal in das Amtliche Handbuch des Deutschen Bundestages geschaut, Herr Kollege Höpfinger. Sie sind vom Geburtsjahrgang 1925, und ausweislich des Handbuches haben Sie zwei Kinder. Ich kann also wohl davon ausgehen, daß die Kinder in Ihrer Ehe zu einer Zeit gezeugt worden sind, als es familiener-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15363
Jaunich
gänzende Leistungen in diesem Lande so gut wie gar nicht gab, als es für diese Ihre Kinder auch kaum eine greifbare, voraussehbare Zukunft gab. Das, was ich hier jetzt an Ihrem Beispiel aufzäume, gilt wohl für sehr viele Damen und Herren dieses Hauses.