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ID0819302100

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    Vokabeln: 7
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    7. Hölscher.: 1
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    Plenarprotokoll 8/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Inhalt: Erweiterung des Tagesordnung . . . . 15311B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/3381 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3385 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" — Drucksache 8/3293 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3489 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3451 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 15312A Grobecker SPD 15315D Dr. Rose CDU/CSU 15318C Ewen SPD 15321 B Cronenberg FDP 15324 B Müller (Remscheid) CDU/CSU 15325 B Urbaniak SPD 15328 A Hölscher FDP 15329 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 15331 A Burger CDU/CSU 15336 A Fiebig SPD 15338 B Eimer (Fürth) FDP 15341 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . 15343 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 15348A Glombig SPD 15351 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 15355 B Kuhlwein SPD 15357 D Höpfinger CDU/CSU 15360A Jaunich SPD 15362 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/3391 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 15364 B Dr. Dübber SPD 15367 A Dr.-Ing. Laermann FDP 15369 B Dr. Hauff, Bundesminister BMFT . . . 15372D Lenzer CDU/CSU 15376 C Dr. Vohrer FDP 15379 B Stockleben SPD 15380 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/3392 — Frau . Benedix-Engler CDU/CSU . . . . 15381 C Dr. Meinecke (Hamburg) SPD 15385 B Frau Schuchardt FDP 15387 C Schmude, Bundesminister BMBW . . 15391 A Pfeifer CDU/CSU 15395 C Lattmann SPD 15397 B Beratung des vom Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vorgelegten Entwurfs einer Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/3460 — Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . . 15398 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/3388 — Picard CDU/CSU 15399A Esters SPD 15401 C Gärtner FDP 15402 C Dr. Hoffacker CDU/CSU 15405A Dr. Holtz SPD 15407 D Dr. Vohrer FDP 15410D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 15412C Höffkes CDU/CSU 15415B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/3376 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/3394 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/3396 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . 15417C Walther SPD 15421 D Gärtner FDP 15424 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 15426 D Dr. Nöbel SPD 15429A Baum, Bundesminister BMi 15430A Spranger CDU/CSU 15435 B Dr. Wernitz SPD 15436 D Dr Wendig FDP 15438 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt Drucksache 8/3371 — 15439 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/3372 — 15439 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/3373 — 15439 D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 III Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/3386 — 15439 D Haushaltsgesetz 1980 — Drucksachen 8/3398, 8/3457 — . . 15440A Nächste Sitzung 15440 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15441* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag den 13. Dezember 1979 15311 193. Sitzung Bonn, den 13. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber * 14. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich. (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. Gallus 14. 12. Genscher 13. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Klein (München) 14. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lücker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Dr. Pfennig* 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld* 14. 12. Sieglerschmidt* 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik*_ 14. 12. Baron von Wrangel 13. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Hans-Eberhard Urbaniak


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Müller, Sie können natürlich nicht den miesen Eindruck verwischen, den der Kollege Blüm hier hinterlassen hat.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sind Sie der Oberschiedsrichter?)

    Der steht für sich und wird von den Arbeitnehmern in den Betrieben auch begriffen. Der steht und wird bewertet.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das entscheidet nicht der Kollege Urbaniak! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie haben hier den Ausstieg aus der Sozialpolitik für sich beschlossen, Kollege Blüm,

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das bestimmen Sie nicht!)

    und damit müssen Sie selbst fertig werden.
    Kollege Müller, man muß Ihnen schon bescheinigen, daß ganze Passagen Ihrer Ausführungen von Polemik getragen sind. Sie kennen ja wohl die Beratungen um die Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes, wo wir uns sehr bemüht haben, entsprechend den Notwendigkeiten draußen — Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Betriebe — die Entscheidungen zu treffen, um Antworten zu finden, fertig zu werden mit den Schwierigkeiten, die uns aus der weltwirtschaftlichen Lage mit ins Haus gekommen sind. Wir haben eine Novellierung zustande gebracht, die dieses eigentlich hergibt. Ich sage Ihnen sehr offen: Sozialdemokraten und Bundesregierung haben in ihrer Amtszeit, soweit ich das sehe und sehr aufmerksam verfolge, von „Drückebergern" — das sollen Arbeitslose sein; so sollen wir formuliert haben — nie gesprochen. Uns ist schon ein Arbeitsloser zuviel, und wir geben uns mit der Zahl überhaupt nicht ab, sondern bekämpfen mit unseren Maßnahmen die Zahl der Arbeitslosen, die wir haben. Der eine Arbeitslose ist uns zuviel, und ich sage Ihnen voller Überzeugung: Unsere Politik zielt darauf ab, mit dieser Frage fertig zu werden.
    Zum zweiten Punkt, der in Ihrer Darstellung eine Rolle spielte: Das soziale Leistungsystem hat gerade arbeitslosen Menschen geholfen, über diese schwierige Situation hinwegzukommen. Wir haben ein Leistungsnetz gezogen, das garantiert, daß keiner durchzufallen braucht. Das ist eine Sozial- und Gesellschaftspolitik, die sich auf diesem Felde sehen lassen kann.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wer's glaubt, wird selig!)

    Man kann nur mit Daten, Fakten und Zahlen antworten. Sie kennen vielleicht nicht die Darstellung der Bundesanstalt für Arbeit. Darum sage ich Ihnen, was dort über die Politik der Bundesregierung und der Sozialdemokraten steht. Wir haben 350 000
    Beschäftigte mehr in diesem Jahr. Wir haben offene Stellen in vielen Branchen, für die wir Arbeitskräfte leider nicht zur Verfügung stellen können. Wir haben 1979 mehr als 300 000 arbeitslose Arbeitnehmer weniger, und wir haben bei den Leistungsempfängern noch einmal 200 000 weniger. Wir haben bei den arbeitslosen Jugendlichen 25 % weniger, bei den Kurzarbeitern 60 % weniger und bei den Teilzeitarbeitslosen 20 % weniger. Diese Zahlen sprechen für sich und sind nur durch das Instrumentarium zu erklären, das wir wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch geschaffen haben, um mit diesen Herausforderungen fertig zu werden. Die wirtschaftlichen Auftriebskräfte sind nun in der Weise wirksam, daß sie auf diesem Felde weiter mit dazu beitragen, die Arbeitslosigkeit noch stärker abzubauen.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das höre ich seit fünf Jahren!)

    Was unser Ziel ist, sagte ich schon, und ich will es Ihnen noch einmal sagen: Schon ein Arbeitsloser ist den Sozialdemokraten zuviel.
    Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben und der auch für sich spricht: Durch die regionale Arbeitsmarktpolitik — vor allen Dingen für Nordrhein-Westfalen — verzeichnen wir Gott sei Dank einen überdurchschnittlichen Abbau der Arbeitslosigkeit und die Aufnahme eines Strukturprogramms, das das Ziel hat, vor Arbeitslosigkeit zu bewahren und eine Höherqualifizierung der Arbeitnehmer herbeizuführen. Ich kann die Bundesregierung nur bitten, dieses regionalpolitische Instrument weiterzuführen, damit wir in schwierigen Regionalbereichen die Probleme mit unseren Erfahrungen angehen und die Sicherung der Arbeitsplätze und der Qualifizierung unserer Arbeitnehmer betreiben können. Wir haben also in den Jahren Instrumente geschaffen und damit politische Zielvorstellungen verbunden, die dazu beigetragen haben, die Arbeitslosigkeit im wesentlichen herabzudrücken.
    Wenn Sie hier beklagen, daß hinsichtlich der Situation bei den Schwerbehinderten ungünstige Zahlen vorliegen, so kann ich das natürlich auch nur feststellen. Aber man muß auch sagen, wie man mit diesen Problemen fertig werden will. Für mich ist es unverständlich, daß die Arbeitgeber in unserem Lande den Sachverstand dieser Arbeitnehmergruppen — sowohl dieser Gruppe wie aber auch der älteren Arbeitnehmer — für sich so wenig in Anspruch nehmen und sie lieber in die Arbeitslosigkeit abdrängen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Daher sage ich, die Arbeitgeber sind aufgefordert, vor allen Dingen die älteren Arbeitnehmer und die Schwerbehinderten in den Arbeitsprozeß einzugliedern, weil es sich dabei in den meisten Fällen um hochqualifizierte und erfahrene Arbeitnehmer handelt, und die darf man nicht in die Arbeitslosigkeit abdrücken.

    (Beifall bei der SPD)

    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15329
    Urbaniak
    Wir kennen auch die Strukturuntersuchungen der Bundesanstalt für Arbeit, die uns das geradezu verdeutlichen, und wir werden uns bemühen, Überlegungen weiter fortzuentwickeln, die Ausgleichsabgabe und die Pflichtquote zu erhöhen, wenn in Betrieben eine Eigenverpflichtung nicht vorherrscht.
    Die Bundesregierung hat auf unsere Initiative eine weitere sehr wichtige Maßnahme ergriffen — dankenswerterweise hat Kollege Grobecker das schon gesagt —: eine vorbeugende Maßnahme für unsere Arbeitnehmer in der Stahlindustrie, damit diese bei den Strukturveränderungen, die auf uns zukommen, nicht ins Bergfreie fallen, sondern durch eine soziale Flankierung in gesicherten sozialen Verhältnissen belassen werden. Dafür haben wir uns besonders zu bedanken.
    Kollege Müller, es ist sehr einfach, die Dinge polemisch darzustellen; das bringt uns nicht weiter. Als erfahrener Politiker wissen Sie genausogut, welchen Turbulenzen wir auf den Märkten ausgesetzt sind, die von draußen auf uns einwirken. Daher stelle ich fest:
    Erstens. Trotz der angespannten finanziellen Situation hat die soziale Sicherung unserer Bevölkerung nach wie vor für uns erste Priorität.

    (Reddemann [CDU/CSU]: Da hat nicht einmal einer geklatscht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Zweitens. Der Haushalt des BMA ist mit 48,3 Milliarden DM seit Jahren der größte Einzelhaushalt, weil wir es mit der sozialen Sicherheit der breiten Schichten in unserer Bevölkerung ernst meinen.
    Drittens. Unsere dynamisierte Sozialpolitik steht für uns auch als Sozialstaat, um das Vertrauen der Menschen in den demokratischen Rechtsstaat zu festigen.
    Kollege Müller, das wollte ich Ihnen gern noch mitgeben, damit Sie sehen, wie wir an die Bewältigung der Probleme herangehen, nämlich ohne Polemik, sachlich und klar in der Zielsetzung, die Vollbeschäftigung zurückzugewinnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hölscher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Hölscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte hat zumindest zeitlich eine etwas seltsame Struktur. Ich gestehe offen, daß die FDP-Fraktion davon ausgegangen war, daß in der zeitlichen Aufteilung hier eine Parität zwischen dem Arbeits- und Sozialhaushalt einerseits und dem Etat des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit andererseits bestehen sollte. Aber, Herr Kollege Müller (Remscheid), Ihr Beitrag gibt mir Gelegenheit, einmal völlig unvorbereitet, spontan — das ist bei Ihrem Beitrag nicht so schwer — auch einiges zur Beschäftigungspolitik zu sagen.
    Sie haben versucht, hier den Eindruck zu erwekken, Ihr Beitrag stelle ein Kontrastprogramm zur Beschäftigungspolitik der sozialliberalen Koalition dar.
    Ich unterschreibe vieles von dem, was Sie gesagt haben, aber es war zweifellos kein Kontrastprogramm zu uns, sondern Ihr Referat war ein Kontrastprogramm zu den Vorstellungen z. B. Ihrer eigenen Fraktionskollegen Kraus oder Schedl. Denn wir haben nicht gesagt, daß wir die Mobilität so weit treiben wollten, daß sie inhuman sei, sondern der Kollege Schedl — ich sage das wertneutral — hat die Frage aufgeworfen, ob das Problem der Arbeitslosigkeit nicht auch ein Problem der Arbeitswilligkeit sei. Es waren Ihre Fraktionskollegen, die in der Diskussion Fragen in der Richtung gestellt haben,

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wer hat die Novelle vorgelegt?)

    ob man hier nicht stärker einschreiten solle, wenn es um den Begriff der Zumutbarkeit gehe.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Herr Hölscher, den Entwurf hat doch das Ministerium gemacht!)

    Und, Herr Kollege Blüm: Verbieten Sie uns die Diskussion in der Koalition? Übrigens, was die FDP angeht, müssen Sie sich jetzt einmal entscheiden: Sind wir eine Blockpartei,

    (Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Teils, teils! — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: So ist es!)

    die immer nur das tut, was die SPD will, oder sind wir eine eigenständige Partei,

    (Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Wie möchten Sie es denn gern?)

    wie wir uns verstehen? Festzustellen ist jedenfalls: Wenn unsere Gedanken, unsere Vorschläge einmal von denen der SPD abweichen, werden wir von Ihnen immer wieder kritisiert. .
    Herr Kollege Blüm, da Sie mich jetzt so ganz verängstigt anstarren: Ihr Rentenprogramm vom Dienstag war ein CDU/CSU-Rentenprogramm, das letzten Endes auch ein Kontrastprogramm zum CDU/ CSU- Rentenprogramm Ihres Kollegen Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein war. Denn er hat gesagt: bruttolohnbezogene Anpassung ohne Wenn und Aber.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Natürlich!)

    Das Wenn und Aber haben Sie ja, Kollege Blüm — komische Umkehrung der Fronten —, durch Ihren Schwindel mit dem Krankenkassenbeitrag am Dienstag geliefert.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wieso ist das ein Schwindel?)

    Aber gut, dazu wollte ich nichts sagen; das ist Ihr Problem. Sie sind eben eine große, umschlingende Volkspartei, die alles an Profilen, Ecken und Kanten verschluckt, was hier und da noch sichtbar ist.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Soll ich es Ihnen erklären, Herr Hölscher? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Je nach Publikum hängen Sie dann die entsprechenden Fahnen — mal etwas rosa und dann wieder etwas schwärzer — heraus, aber ich glaube, der Wäh-
    15330 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
    Hölscher
    ler erkennt keine Konturen. Deshalb werden Sie- in der Opposition bleiben.
    Ich möchte, Herr Kollege Müller, einiges von dem aufgreifen, was Sie gesagt haben — und dies nicht nur kritisch. Es ist zweifellos richtig, daß wir ein strukturell bedingtes Arbeitslosenproblem haben. Denn die konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit läßt sich — dies zeigen die sinkenden Zahlen gerade in den letzten Monaten — doch relativ einfach lösen. Noch vor zwei Jahren haben Ihre wirtschaftspolitischen Sprecher gesagt, die Industrie investiere nicht, weil sie kein Vertrauen in die sozialliberale Koalition habe. Nachdem sie jetzt — seit einiger Zeit — investiert, hat sie dann zumindest in den letzten Jahren erhebliches Vertrauen zu uns bekommen, und zwar zu Recht. Dies hatte sie aber vorher auch schon.
    Aber: Wenn die Arbeitslosigkeit eben stark strukturell bedingt ist, dann müssen wir uns mit den wahren Problemgruppen — nicht mit dem Bodensatz und schon gar nicht im diskriminierenden Sinn — befassen. Herr Kollege Müller, meine Damen und Herren von der Opposition, wir werden uns doch darüber einig sein, daß die Arbeitslosigkeit eines älteren Buchhalters mit fünf Kindern anders zu bewerten ist als die formale Arbeitslosigkeit einer Teilzeitarbeit suchenden Frau, die vorher gar nicht gearbeitet hat. Ich hoffe, daß wir uns in diesem Punkt einig sind; hier muß man auch einmal die Statistik bereinigen. Nur: Wenn Sie die Arbeitslosenstatistik hier so vordergründig darstellen, Herr Kollege Müller,

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wieso vordergründig? — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das war nicht vordergründig!)

    dann mag zwar der Eindruck entstehen, als wenn es draußen regnet — es regnet heute vielleicht draußen —, aber in den Herzen der Menschen sieht es gar nicht so schlecht aus. Sie wissen, daß Arbeitslosigkeit ein großes Problem ist, daß aber nicht jeder, der statistisch als Arbeitsloser gemeldet ist, auch wirklich ein Arbeitsloser ist.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Na, na! Spielen Sie es nicht herunter! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Für die Problemgruppen müssen wir viel tun. Ich hoffe, daß wir uns einig werden, daß wir uns hinsichtlich bestimmter Arbeitsloser, die nur sehr schwer zu integrieren sind — ich denke da z. B. an die längerfristig arbeitslosen Schwerbehinderten —, einmal ohne Vorbehalt und — Herr Kollege Müller, wenn ich Sie darum bitten darf — auch ohne Polemik und Unterstellungen

    (Franke [CDU/CSU]: Müller ist nicht polemisch!)

    über den Kündigungsschutz unterhalten müssen. Denn es gibt Schutzbestimmungen, die im Grunde genommen kein schützendes Dach mehr darstellen für diejenigen, die draußen stehen. Sie wissen selbst, daß uns viele arbeitslose Schwerbehinderte dringend darum bitten, ihnen durch Auflockerung des Kündigungsschutzes wenigstens eine Chance zu geben, einmal wieder mit dem Berufsleben, mit der Arbeit anfangen zu können.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das müssen Sie auch Ihrem Koalitionspartner sagen! — Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Sagen Sie das dem Herrn Urbaniak, der hat das noch nicht gemerkt!)

    Ich hoffe, daß wir dies ohne parteipolitische Polemik in einer sachlichen Form diskutieren können.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Herr Hölscher, da würde ich allerdings die Blickrichtung etwas ändern, nämlich in Richtung SPD!)

    Von großer Bedeutung ist — hier sehe ich persönlich das Problem der Zukunft —, wie wir dem durch Einführung neuer Produktionsmethoden immer deutlicher werdenden rasanten technischen Wandel — z. B. EDV-Einstieg in die Verwaltung — nach einem zeitlich sicher wohltuenden Verzögerungseffekt begegnen können. Aber dies können wir nicht, indem wir den Unternehmen etwa über Lohnkostenzuschüsse eine Scheinbeschäftigung ermöglichen. Ich glaube, das kann auch nicht in unserem Sinn sein. Sondern wir müssen — da gebe ich Ihnen recht — einmal überprüfen, ob das Arbeitsförderungsgesetz, aber nicht nur das Arbeitsförderungsgesetz, sondern auch der Bereich der Berufsbildung nicht nur vom Gesetzgeberischen, sondern auch vom Mittelumfang her verbessert werden müssen, um prophylaktisch das Risiko, einen unsicheren Arbeitsplatz zu haben, zu mildern. Hier müssen wir sicher sehr schnell Konsequenzen aus Entwicklungen ziehen, die sich vor zwei Jahren zum Teil noch nicht abzeichneten. Vor zwei Jahren war es eigentlich undenkbar, daß ein individuell erscheinender Brief gar nicht mehr individuell entsteht, sondern unter Verwendung von Mikroprozessoren letzten Endes anonym, maschinell angefertigt wird. Ich hoffe, wir können hier zusammenarbeiten.
    Aber eines — das möchte ich abschließend sagen
    — sollten wir nicht tun: Wir sollten eine noch so verständliche parteipolitische Auseinandersetzung in der Offentlichkeit oder auch in diesem Hause nicht auf dem Rücken derer austragen, für die Arbeitslosigkeit nicht nur ein materielles Problem, sondern auch das Problem einer kaum zu ertragenden psychischen Belastung ist.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Ich schicke auch Ihnen die Studie!)

    — Herr Kollege Müller, das werfe ich Ihnen vor. Weil wir wissen, daß gerade die Reaktion z. B. auf diesen eintretenden technischen Wandel nicht allein in das Ermessen und die Kompetenz eines Parlaments und einer Bundesregierung gestellt ist, sollten wir aufhören, hier schwarzweißzumalen, sondern gegenüber allen hierfür Verantwortlichen — und das ist nicht nur die Bundesregierung, das sind nicht nur wir als Parlament, sondern das sind auch die Tarifvertragsparteien — unseren Einfluß geltend machen, daß im Interesse des Abbaus der strukturellen Arbeitslosigkeit auch langfristige Konzepte gefunden werden, die unser Wirtschaftssystem eben nicht als ein System der Reparaturschlosserei er-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15331
    Hölscher
    scheinen lassen, sondern als ein sozial eingebundenes System, bei dem die gleichen langfristigen Pläne, die wir z. B. im Bereich der Innovationsförderung aufstellen, auch für den sozialen Bereich gelten.
    Das sollten wir nach Möglichkeit gemeinsam tun.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)