Ich erinnere mich nicht, daß ich das angeregt habe. Aber ich meine, Sie sollten in Ihren Diskussionsbeiträgen begründen, was Sie beantragen und wie Sie sich in der Abstimmung verhalten. Und dazu, muß ich sagen, sind Sie ein bißchen dünn gewesen, Herr Friedmann.
Übrigens haben Sie hier einen Antrag vorgelegt, die im Haushaltsplan vorgesehenen Mittel für die
Öfentlichkeitsarbeit zu kürzen. Dazu haben Sie nun überhaupt nichts gesgt.
Ich finde eigentlich, daß das doch das Mindeste ist, was man von Ihnen hätte erwarten können, zumal Sie nach meinen Informationen im Haushaltsausschuß eine Kürzung auf 700 000 DM und jetzt auf 500 000 DM beantragt haben und im Rechtsausschuß von einem derartigen Kürzungswunsch der Opposition keine Rede war.
Sie haben zur Rechtspolitik dieses Bundesjustizministers nicht Stellung genommen, und das entgegen Ihren bisherigen Gepflogenheiten.
Die Zeit reicht nicht aus, um die Rechtspolitik allgemein zu behandeln.
Da Sie aber die familienpolitische Diskussion offensichtlich zu forcieren versuchen, möchte ich zu dem Teil der Familienpolitik, der im Rechtsausschuß und im Justizministerium federführend behandelt wird, zum Familienrecht, eine kurze Bilanz ziehen.
Zunächst eine Bilanz Ihrer Regierungszeit. Entgegen dem Grundgesetz haben Sie das Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes nicht verwirklicht; das mußte für Sie das Bundesverfassungsgericht tun. Und als Sie nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dieses Gleichberechtïgungsgesetz gemacht hatten, mußte Ihnen das Bundesverfassungsgericht bescheinigen, daß Sie dabei gegen das Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes verstoßen haben — siehe Stichentscheid.
Entgegen dem Auftrag des Grundgesetzes haben Sie kein dem Grundgesetz entsprechendes Recht der nichtehelichen Kinder geschaffen. Das geschah erst unter dem sozialdemokratischen Justizminister Heinemann.
Sie erinnern sich auch — manchem ist das in Vergessenheit geraten —, daß Sie in einem Husarenritt im Rechtsausschuß den § 48 des Ehegesetzes so verändert haben, daß faktisch eine Ehescheidung aus § 48 nicht mehr möglich war.
Dazu in Stichworten unsere Bilanz: Wir haben das Nichtehelichenrecht geschaffen, wir haben ein neues Adoptionsrecht geschaffen, wir haben ein neues Eherecht geschaffen, wir haben das Gesetz über die erleichterte Abänderung von Unterhaltstiteln geschaffen, und wir haben die Unterhaltsvorschußkassen auf den Weg gebracht; schließlich haben wir das Sorgerecht verabschiedet.
Was das Sorgerecht anlangt, muß ich in Anknüpfung an die gestrige Rede von Herrn Kohl noch eines feststellen: Sie klammern sich an die Formulierung -- die Sie übrigens verfälscht wiedergeben, auf dem Umschlagdeckel des ersten Entwurfs —, es sei entgegen früheren Vorstellungen nicht mehr so, daß man davon ausgehen könne, die Kinder stünden un-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15305
Dr. Emmerlich
ter der herrschaftlichen Gewalt — oder so ähnlich — der Eltern oder der elterlichen Fremdbestimmung.
Wir haben das richtiggestellt; aber das ist gar nicht der Punkt. Wenn Sie diese alte Kamelle wie einen Dauerlutscher jahrelang in Ihrem Munde herumkauen,
dann haben Sie vielleicht die Chance, den Weltrekord im Dauerlutschen zu erzielen. Allerdings müssen Sie sich dann die Frage stellen, wo Ihr guter Geschmack bleibt, wenn Sie jahrelang auf einem solchen alten Gummi herumkauen
und nichts anderes — vor allen Dingen nichts am Gesetzeswortlaut Orientiertes — zu diesem Gesetzgebungsvorhaben vorzubringen haben.
Ich finde, daß die restaurative Ausrichtung der Rechtspolitik, insbesondere der Familienrechtspolitik, der Opposition an keiner Stelle so deutlich wird wie an Ihrer Haltung zum Sorgerechtsgesetz. Wir werden uns unter Aufrechterhaltung unseres Angebots, hier im Hause eine gemeinsame Rechtspolitik mit breiten Mehrheiten zustande zu bringen, nicht in der Fortsetzung der Linie unserer Rechtspolitik beirren lassen.