Rede von
Dr.
Richard
von
Weizsäcker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Einen Augenblick bitte, Herr Abgeordneter. Ich darf die Damen und Herren bitten, Platz zu nehmen, soweit sie dieser Aussprache folgen wollen, oder sonst ihre Geschäfte lieber außerhalb des Saales zu besorgen, damit wir mehr Aufmerksamkeit für den Redner bekommen.
Hauser (CDU/CSU): Abgesehen von den beiden großen Ausgabenpositionen Wohngeld und Wohnungsbauprämien, für die jeweils über 900 Millionen DM vorgesehen sind,
sind — wie im Vorjahr — die Titelgruppen Förderung des Städtebaues mit ca. 450 Millionen DM, Förderung des Wohnungsbaues im Rahmen des Eigentumsprogramms mit ca. 580 Millionen DM, Förderung der Modernisierung von Wohnungen mit ca. 140 Millionen DM, Förderung des Wohnungsbaues für Aussiedler mit Darlehen wie auch mit Zuschüssen in Höhe von 260 Millionen DM sowie die Vergabe von Darlehen an die Länder zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues mit ca. 450 Millionen DM bemerkenswert.
Wie gesagt: In diesem Haushalt ist wenig Bewegung. Der Zuwachs der für die Bauförderung zur Verfügung stehenden Mittel beträgt ca. 4 %. Setzt man das in Relation zu den galoppierenden Baupreisen, der enormen Steigerung auf diesem Gebiet, muß man feststellen, daß im Jahre 1980 weniger an Wohnungsbau aus diesem Haushalt bewirkt werden kann als in den Vorjahren.
Die dem sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel sind deshalb auch wenig geeignet, Entscheidendes zu bewirken oder zu bewegen. Sie sind dazu von Jahr zu Jahr weniger geeignet.
Sie sind außerdem auch auf Grund der eingegangenen Verpflichtungsermächtigungen auf Jahre hinaus weitgehend blockiert. Auch eine neue Regierung — das ist die Konsequenz, die sich daraus ergibt — könnte deshalb die Mittel weitgehend nur dazu verwenden, die von der alten Regierung eingegangenen Verpflichtungsermächtigungen abzudekken.
So sind, um ein Beispiel zu nennen, allein in der Titelgruppe 02 im Kap. 25 02, Förderung des Wohnungsbaues im Rahmen des Eigentumsprogramms, die Verpflichtungsermächtigungen für den Zeitraum ab 1981 auf nicht weniger als 17,23 Milliarden DM angewachsen bei einem Haushaltsansatz, der unter 500 Millionen DM liegt.
Unter diesen Umständen kann es nicht verwundern, wenn die politische Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition sich weniger auf dem Gebiete des Haushalts als auf dem Gebiete der Wohnungsbaupolitik schlechthin abspielt. Deshalb
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15289
Hauser
kann ich es mir auch ersparen, im Detail auf die Haushaltszahlen einzugehen, in denen, wie gesagt, wenig Bewegung war und zu denen ich im vergangenen Januar ausführlich Stellung genommen habe; ich kann darauf verweisen.
In der Wohnungsbaupolitik aber müssen wir feststellen, daß die seit Jahren zu beklagende Entwicklung des unzureichenden Neubaus von frei finanzierten Mietwohnungen sich fortsetzt. Sie setzt sich fort, weil ihre Ursachen anhalten: zu wenig Renditeerwartungen und zu viel Marktreglementierung.
Dafür ist der öffentlich geförderte Wohnungsbau weiterhin zum Preisführer im Wohnungsbau geworden. Während ein Teil der heutigen Mieter im sozialen Wohnungsbau inzwischen nach Gesetz und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht mehr gerechtfertigt preiswerte Sozialwohnungen den wirkenthält, erfahren sozial schwache Mitbürger vielfach nicht die Förderung, die der Zielsetzung des sozialen Wohnungsbaus entspricht und deren sie bedürfen. In Ballungsgebieten nimmt die Zahl der Wohnungssuchenden wieder zu. Insbesondere junge Familien stehen bei der Wohnungsbeschaffung vor immer größeren Schwierigkeiten.
Zusammenfassend ist folgendes festzustellen. Die Wohnungsbaupolitik befindet sich in einer Sackgasse. Nur die Mobilisierung bedeutender Kapitalien privater Natur kann die ausreichende Wohnraumversorgung in naher und ferner Zukunft sichern und die festgefahrene Wohnungsbaupolitik wieder in Bewegung bringen.
Dazu bedürfte es jedoch einer wesentlich stärkeren Einschaltung der Marktkräfte durch eine maßvolle Liberalisierung des Mietrechts. Dafür aber sind Sie, meine Damen und Herren von der SPD, offenbar um keinen Preis zu gewinnen,
wie sich dies bei den Beratungen über die Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vor 14 Tagen einmal mehr deutlich gezeigt hat. Dort gab es ja Vorschläge, die Sie abgelehnt haben. Es war der Kollege Paterna, der namens der Fraktion der SPD bei der zweiten Beratung dieses Entwurfes des Bundesrates die Auffassung vertrat, die Forderung nach Auflockerung der Bindungen für öffentlich geförderte Wohnungen sei sachlich nicht begründet, und Sie seien auch gegen das Ziel, den Bestand an Sozialwohnungen allmählich in marktwirtschaftliche Verhältnisse zu überführen.
Ich will noch einmal ausdrücklich jeder bewußten oder unbewußten Fehlinterpretation vorbeugen. Nicht jeder Mieter kann oder will Eigentum an seiner Wohnung erwerben. Für die Mieter, für die die Mietwohnung Mittelpunkt ihres Lebens ist, bleibt der gesetzliche Schutz vor nicht gerechtfertigten Kündigungen unabdingbar. Meine Damen und Herren, das Mietrecht darf aber der Erzielung kostendeckender Mieten auf die Dauer nicht im Wege stehen.
Mit großem Interesse habe ich von den elf Thesen Kenntnis genommen, die die FDP am 15. November 1979 zur Wohnungsbaupolitik vorgelegt hat. Auch Sie, meine Damen und Herren von der FDP, sind offenbar der Meinung, es sei an der Zeit, den Wohnungsmarkt schrittweise zu liberalisieren, was naturgemäß dazu führen muß, daß die Spaltung des Marktes in Sozialwohnungen mit Kostenmiete und frei finanzierte Wohnungen mit Vergleichsmiete langfristig überwunden werden muß.
Auch Sie neigen offenbar unserer Auffassung zu, der Staat solle eine angemessene Wohnungsversorgung durch die direkte Subjektförderung, insbesondere durch des Wohngeld, sicherstellen und die Objektförderung durch staatliche Baukredite auf soziale Zielgruppen konzentrieren. Nun denn, wir fordern Sie auf, diese Ihre zutreffenden Erkenntnisse mit uns gemeinsam zu verwirklichen. Geschieht dies nämlich nicht, dann wird in absehbarer Zeit eine katastrophale Situation im Wohnungsbau unvermeidbar.
Erstmals wurde im Haushaltsjahr 1980 mit der Förderung der Bauausstellung Berlin GmbH eine neue Position in den Bundeshaushalt aufgenommen. Wir befürworten den Gedanken, in der Tradition der großen internationalen Bauausstellungen in Berlin fortzufahren. Wir befürworten auch das Engagement des Bundes in dieser Einrichtung. Wir hätten es allerdings vorgezogen, wenn der Bund bereits in der Konzeptionsphase der internationalen Bauausstellung eingeschaltet worden wäre und von vornherein an der Gründung der GmbH beteiligt worden wäre. Einfluß und Interesse des Bundes hätten dann wirksamer gewahrt werden können. Wir warnen auch davor, einen Wasserkopf an Verwaltung mit einer Vielzahl hochdotierter Stellen aufzubauen. Wir erwarten, daß den Beschlußempfehlungen des Haushaltsausschusses, die wir insoweit gemeinsam gefaßt haben, zur Beschränkung dieser Apparatur gefolgt wird.
Was das Ausbauprogramm des Bundes in Bonn angeht, so gebe ich der Erwartung Ausdruck, daß die Vorarbeiten für den Neubau von Bundestag und Bundesrat zügig weitergeführt werden. Es wäre wünschenswert, daß der Startschuß für diese bedeutende Baumaßnahme noch in dieser Legislaturperiode fiele.
Als Abgeordneter der Bundeshauptstadt, aber auch namens meiner Fraktion bringe ich ferner den Wunsch vor, daß die vor dem Abschluß stehenden Verhandlungen zwischen Bund, Land und Bundeshauptstadt über die Erneuerung des Vertrages zum Ausbau der Bundeshauptstadt zu einem guten Ende kommen.
Auf den Schriftwechsel, Herr Minister, den wir in
dieser Sache hatten, sowie auf die Berichterstatter-
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gespräche und die Ausschußberatungen kann ich insoweit verweisen.
Auf die Bundesbaudirektion werden im Zusammenhang mit den neuen Großbauten — besonders in Bonn — hohe Anforderungen zukommen. Das zu erwartende Bauvolumen wird die bisherige Bautätigkeit an Bedeutung und Umfang weit überschreiten. Dafür bedarf die Bundesbaudirektion ausreichenden und qualifizierten Personals. Die negativen Erfahrungen, die beim Bau des Bundeskanzleramtes gemacht wurden, zwingen zu einer Überprüfung, ob die eingetretenen Fehler und die daraus resultierenden Schäden durch Mißmanagement, durch Personalmangel — —
— Frau Präsidentin, die rote Lampe leuchtet bereits. Eingedenk Ihrer Ermahnung von gestern abend bedaure ich sehr.
Es muß festgestellt werden, ob Mißmanagement, Personalmangel oder eine Mischung von beidem für diese Fehler oder Schäden verantwortlich ist. Falsch wäre es jedenfalls, das Personal der Bundesbaudirektion pauschal zu beschuldigen oder zu verurteilen.
Die Gesamtperspektive des Wohnungs- und Städtebaus ist negativ. Die Situation hat sich im vergangenen Jahr nicht verbessert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt daher den Etat des Bauministers ab.