Rede von
Klaus-Jürgen
Hoffie
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte über den Bundeshaushalt 1980, mit der die Opposition — insgesamt gesehen — den Bundestagswahlkampf ebenso früh wie auch — für jedermann offenkundig — mißglückt eröffnet hat, konnte sicher nicht ausbleiben, daß der furor bavaricus seine Schatten nun auch auf den Bereich der Verkehrs- und Postpolitik wirft.
Aber, meine Damen und Herren, zumindest das, was der Kollege Schröder hier vorgetragen hat, ist sicher nicht zum Nennwert zu nehmen. Denn wenn man einmal die rollenspezifisch sicher verständlichen, aber allzu durchsichtigen Übertreibungen und Dramatisierungen abstreicht, dann zeigt sich, daß eigentlich keine schwerwiegenden und tiefgreifenden Divergenzen in der Verkehrs- und, wie wir wissen, auch in der Postpolitik zwischen Regierung und Opposition bestehen. Das wird auch immer wieder dadurch bestätigt, daß wir im zuständigen Fachausschuß des Deutschen Bundestages bei nun wirklich der ganz überwiegenden Mehrheit der Problemstellungen zur Verkehrs- und Postpolitik einmütige Beschlüsse fassen. Darüber sollte — trotz Ihres sicher notwendigen wahltaktischen Slaloms auf der verkehrspolitischen Piste und Ihres unverkennbaren Auftrages, auch in diesem Bereich nach Kräften zu kritikastern — ebensowenig hinweggetäuscht werden wie über die Tatsache, daß die Regierung und die Koalitionsfraktionen einen grundsoliden Kurs steuern. Also, meine Damen und Herren von der Opposition, bauen wir keine Pappkameraden auf, noch dazu, wenn der für diese Debatte nur knappe Zeitrahmen ein fraktionsübergreifendes Einvernehmen indiziert und man hier politisch gar nicht so arg im Streit liegt, wie das aus der Sicht der Opposition
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heute vielleicht wünschenswert wäre, und das in einem Bereich, in dem es um Sachgebiete wie Verkehr und Post geht, die für jeden Bürger tagtäglich von augenfälliger und erfahrbarer Bedeutung und Auswirkung sind und jeden einzelnen unmittelbar berühren. Es handelt sich um Sachbereiche, bei denen der einzelne Bürger sehr genau werten kann, ob das, was die Regierung hier verantwortet, was sie vorhat, was sie tut, vernünftig ist oder nicht. Da hat es dann wenig Sinn — Herr Schröder, und Sie haben es ja schon weitgehend eingesehen, wenn man einmal die Debatten der vergangenen Jahre betrachtet —, zu glauben, den Bürger von dieser Stelle aus da oder dort verunsichern oder für dumm verkaufen zu können. Insofern ist Ihr neuer Stil schon durchaus auf der richtigen Linie.
An der Schwelle der 80er Jahre ist nach Auffassung der Freien Demokraten sicher eine gewisse Umorientierung der Verkehrspolitik zwangsläufig, weil sie in einer Zeit knapper und teurer werdender Energiemittel und wachsenden Umweltbewußtseins bei ihren Rahmenbedingungen in verstärktem Umfang Gesichtspunkte des Umweltschutzes und der Energieeinsparung zu berücksichtigen hat.
Die FDP begrüßt deshalb ganz ausdrücklich, daß der gerade von der Bundesregierung vorgelegte Bundesverkehrswegeplan '80 diesen Bedingungen Rechnung trägt. Die dort postulierte Priorität des Neu- und Ausbaus des Streckennetzes der Deutschen Bundesbahn wird von uns ebenso mitgetragen wie die sehr vernünftige Zurückbindung der Straßenbauvorhaben und der Verzicht auf neue Binnenwasserstraßenprojekte. Aber dennoch ist sichergestellt, daß durch diese Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland die weltweit beispielhafte Verkehrsinfrastruktur als Rückgrat unserer immens arbeitsteiligen, mobilen und kommunikationsabhängigen Wirtschaft und Gesellschaft nicht nur erhalten bleibt, sondern auch qualitativ weiterentwikkelt wird. Der Vorrang für stadtkerneentlastende Ortsumgehungen, die Beseitigung schienengleicher Bahnübergänge und die Betonung von Maßnahmen der Verkehrssicherheit sind deutliche Ausweise dafür.
Wir werden 1980 nun doch noch das für eine humane Umwelt ganz eminent wichtige Verkehrslärmschutzgesetz verabschieden können, nachdem es der FDP nach stetigem und sehr hartnäckigem. Bemühen gelungen ist, einen nun von allen Bundestagsparteien getragenen Vorschlag auszuarbeiten, der eine massive Verbesserung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bringt, der aber gleichwohl nicht den Rahmen des finanziellen Möglichen sprengt.
Die Freien Demokraten hatten guten Grund, zum Schutze unserer durch Verkehrslärm in vielfach unerträglicher Weise geplagten Bürger die hohen Lärmgrenzwerte des Regierungsentwurfs abzulehnen und in dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren für wirklich spürbare Verbesserungen zu kämpfen. Gleichwohl hatten wir alle Verständnis für die zögernde Haltung unseres Koalitionspartners, der ja aus grundsätzlichen, finanzpolitischen Erwägungen glaubte, weitere Verbesserungen des Gesetzes für nicht durchführbar halten zu können. Aber die neue FDP-Variante, den Sanierungszeitraum von 15 auf 20 Jahre zu strecken, die Hausbesitzer dabei zu einer 25 %igen Eigenbeteiligung heranzuziehen und den Lärmschutz generell auf die Wohnungen zu beschränken, erlaubt es, bei gerade auch für die Kommunen vertretbarer Mehrbelastung von jährlich etwa 50 Millionen DM den Lärmschutz bei bestehenden Straßen schon bei einer um die Hälfte reduzierten Lärmbelastung und bei neu zu bauenden Verkehrswegen bei um ein Drittel geringerem Lärmaufkommen vorzusehen.
Dadurch hat die FDP einen weiteren Beweis ihrer Standfestigkeit, ihrer Glaubwürdigkeit in der Umweltpolitik erbracht und ihre programmatische Aussage eingelöst,
die von ihrem Bundesparteitag zuletzt in Mainz 1979 so formuliert war — Herr Kollege Lemmrich, hören Sie gut zu, denn Sie wollten nicht einmal eine Verbesserung, sondern Sie haben gesagt, selbst das, was der Regierungsentwurf vorlegt, ist für Sie gerade noch darstellbar, und Sie sollten deshalb kein Schattenboxen veranstalten — —
Meine Damen und Herren, ich sage nochmals: damit sind wir unseren Aussagen treu geblieben. Der Bundesparteitag der FDP in Mainz 1979 hat formuliert: Der Wähler wird den Erfolg der Umweltpolitik der FDP daran messen, wie sie das städtische Verkehrslärmproblem und seine weitreichenden Auswirkungen in den Griff bekommt. Das Verkehrslärmproblem ist deshalb das zentrale Problem der Umweltpolitik, weil fast die ganze Bevölkerung als Verursacher und zugleich als Betroffene daran beteiligt ist.
Aber sosehr wir uns um Schallschutz durch bauliche Maßnahmen, durch bessere Straßenbeläge, bessere Reifenprofile, durch Verkehrs- und Stadtplanung , durch Verkehrsberuhigung und neue Transport- und Verkehrsleitsysteme bemühen, entscheidend wird am Ende unsere Umweltqualität durch die Lärmminderung an der Quelle beeinflußt. Gerade hier ist die technologisch so führende deutsche Automobilindustrie dringend aufgefordert, im wohlverstandenen Eigeninteresse ihren Beitrag zum Lärmschutz zu liefern, indem sie durch konstruktive Maßnahmen die Emission der Automobile praktisch absenkt.
Wir Freien Demokraten jedenfalls vertrauen darauf, daß die Eigenverantwortlichkeit der Industrie auch in diesem Bereich manifest wird, damit der Staat von reglementierenden Maßnahmen, die ja nur im europäischen Gleichtakt möglich sind, absehen kann. Damit könnte einerseits die Chance für eine bessere Umwelt voll genutzt, andererseits aber auch einmal mehr bewiesen werden daß es zwischen Ökonomie und Ökölogie keine unüberbrückbaren
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Gegensätze geben muß. Das gilt auch für eine spürbare Absenkung der Giftmengen im Abgas unserer Autos und für die Konzentration aller Kräfte in der Industrie auf die Entwicklung energiesparender Motoren. Ich will das schon Erreichte überhaupt nicht verkleinern. In einer Zeit, aber, in der Menschen im Weltall unterwegs sind, von Atomenergie versorgt werden, sich rühmen, die Gesellschaft computergerecht aufbereiten und Kommunikation grenzenlos herstellen zu können, klingt es doch wie Hohn und ist es in Wahrheit auch mehr als eine Herausforderung an die Technik und an technologischen Sachverstand, daß unsere im Prinzip doch so simplen vier Räder, die wir mit unseren Automotoren in Bewegung setzen, die eingegebene Energie zu nicht mehr als gerade 20 % nutzen und der Rest einfach durch den Auspuff gejagt wird. Hier liegt eine der größten Aufgaben für die Zukunft von Wirtschaft und Technik, von deren Fähigkeiten es abhängen wird, ob wir uns in Zukunft noch ebenso frei und individuell als Verkehrsteilnehmer werden bewegen können, oder welche sich anderenfalls ergebenden Zwänge die Verkehrspolitik künftig beherrschen werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, neben diesen eher grundsätzlichen und allgemeinen Bemerkungen zur Verkehrspolitik will ich gerne kurz auf das eingehen, was der Kollege Schröder hier zur Bundesbahnpolitik gesagt hat. Mein Kollege Merker wird das ergänzen. Ich glaube schon, daß zu beobachten ist,-daß der alljährliche Angriff auf die Bahnpolitik der Regierung eine inzwischen ebenso halbherzige wie auch unglaubwürdige Pflichtübung der Opposition geworden ist, weil auch sie keine Möglichkeiten aufzeigen kann, die Bahn zu sanieren, die inzwischen die Hälfte des Verkehrsetats verfährt und im nächsten Jahr aus der Bundeskasse fast soviel benötigt, wie für Forschung und Technologie, Bildung und Wissenschaft und für die Entwicklungshilfe insgesamt ausgegeben werden soll.
Die Freien Demokraten haben, wie Sie wissen, bereits vor Jahr und Tag ein sehr unpopuläres Konzept vorgelegt, für das uns viel Zivilcourage attestiert worden ist. Für von uns als notwendig angesehene Umstrukturierungen, die letztlich auch Änderungen des Grundgesetzes erfordern, fehlen uns aber die Mehrheiten, Herr Kollege Schröder, nicht nur auf der linken Seite des Hauses, sondern auch auf Ihrer Seite, nämlich bei der CDU/CSU.
So sind auch Bestrebungen, Teilbereiche aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herauszulösen — wie sie unter dem Stichwort der Trennung von Fahrweg und Betrieb diskutiert worden sind —, aus wohlerwogenen Gründen vorerst nicht realisierbar. Dazu fehlt auch seitens der Oppositionsfraktion der notwendige Konsens.
Dieser notwendige Konsens sollte aber zumindest dort vorhanden sein, wo es gilt, die fast 44 Milliarden DM Investitionen zügig zu realisieren, mit denen in den nächsten zehn Jahren die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn verbessert werden soll. Dieses Geld, sehr viel Geld, ist sicher nicht nur für den Fall hoffentlich nicht eintretender Energiekrisen, die stärker zur Eisenbahnalternativen zwingen würden, gut angelegt, sondern ganz grundsätzlich, weil die Deutsche Bundesbahn überhaupt nur im Wettbewerb bestehen kann, wenn sie über eine bessere Infrastruktur verfügt. Von daher gilt es, die Investitionsvorhaben auch überall dort schnell zu realisieren, wo die grüne Schizophrenie
so weit reicht, daß man sich — wofür ich durchaus noch Verständnis haben könnte — nicht nur neuen Straßenbauten und dem wachsenden Individualverkehr entgegenstemmt, sondern auch gleichzeitig den Neubaustrecken der Bundesbahn, die im Vorstellungsbild mancher grüner Veränderer mehr Verkehr von der Straße übernehmen sollte. Diesen schillernden Widerspruch logisch aufzulösen, ist schier unmöglich.
Lassen Sie mich in den zwei Minuten, die mir verbleiben,
noch zwei Sätze zur Postpolitik anfügen, weil ich nachher aus zeitlichen Gründen auf eine weitere Wortmeldung verzichten muß. Es ist sicher ganz unstreitig, daß sich die Deutsche Bundespost unter sozialliberaler Verantwortung zu einem wirtschaftlich erfolgreichen und technologisch führenden Dienstleistungsunternehmen entwickelt hat. Das wird auch hier niemand wegdiskutieren können.
Die FDP hält eine kundenfreundliche und flächendeckende Postversorgung auch künftig für unabdingbar. Aber ich möchte einen Punkt herausgreifen. Künftig wird es eine Vielzahl neuer Kommunikationsdienste geben. Bei ihrer Einführung wird die FDP sehr genau darauf achten, daß marktwirtschaftliche Grundsätze nicht verletzt werden, daß die Deutsche Bundespost in Monopolbereichen ihre Rechte restriktiv ausnutzt
und sich in allen übrigen Geschäftsbereichen jeweils nur dann betätigt, wenn ein öffentliches Interesse besteht und andere Anbieter keine ausreichende Versorgung sicherstellen. Beim Ausbau bestehender und der Einrichtung neuer Telekommunikationsdienste werden wir versuchen, sicherzustellen, daß sich die Deutsche Bundespost in ihrer Unternehmenstätigkeit auf die hierfür erforderlichen Fernmeldenetze konzentriert und davon absieht, als Alleinanbieter der neuartigen Fernmeldeendgeräte tätig zu werden. Ich glaube, die Bundesregierung ist auch auf diesem Wege.
Die Einzelpläne für die Geschäftsbereiche Verkehr sowie Post- .und Fernmeldewesen sind Ausdruck einer unstreitig vernünftigen, bürgernahen
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und effizienten Politik. Die FDP stimmt beiden Haushalten zu.