Lieber Kollege Schmitz, ich war überzeugt, man könne diese Erhöhung gewähren. Ich habe aber auch vorgetragen, welche vorrangigen finanzpolitischen Gründe die Mehrheit in unseren Arbeitsgruppen zu einer anderen Überzeugung gebracht hat. Denen schließe ich mich an.
Der zweite Schwerpunkt, die Strukturpolitik, die sich ja im wesentlichen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe vollzieht, wird lediglich um einen Prozentsatz von 2,5 % oder 35 Millionen DM verbessert. Gleichzeitig ist die letzte Rate des Zukunftsinvestitionsprogramms in Höhe von 220 Millionen DM im Haushalt enthalten.
In diesem Zusammenhang stellt sich dem Ernährungsausschuß und auch mir die Frage, in welcher Form insbesondere das Dorf erneuerungsprogramm, das ja im Zukunftsinvestitionsprogramm enthalten ist, nach Auslaufen dieses Programms im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe weitergeführt wird oder nicht. Es gibt diesbezüglich Beschlüsse des Ernährungsausschusses, die ich unterstütze. Daran müssen wir festhalten, auch wenn wir sehen, daß angesichts der Finanzlage im allgemeinen nicht alles, was wünschenswert ist, auch sofort verwirklicht werden kann.
Ich muß in diesem Zusammenhang meinen Dank an den Kollegen Haehser, den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, zum Ausdruck bringen. Er hat in besonderer Weise dafür gesorgt, daß unser gemeinsamer Wunsch, die forstliche Jungbestandspflege in die Gemeinschaftsaufgabe aufzunehmen, erstmalig erfüllt wurde. Dafür danke ich dem Kollegen.
— Er hat sich sachkundig gemacht. Weil es ihm einleuchtete, war er dafür.
Der Punkt Einkommenspolitik wird zwar als dritter Schwerpunkt in diesem Einzelplan aufzuführen sein, aber — da muß ich nun dem Kollegen Schmitz ebenfalls widersprechen — Einkommenspolitik findet nicht in erster Linie in diesem Einzelplan statt, sondern hier nur am Rande. Im wesentlichen findet Einkommenspolitik über die Rückflüsse aus Brüssel statt, wie sie in der Anlage E nachgewiesen werden.
Wenn man die Zahlen betrachtet, dann stellt man Überraschendes fest. Im Jahre 1976 hatten wir einen Soll-Ansatz von 2,70 Milliarden DM; im Jahre 1980 haben wir einen Soll-Ansatz von 7,29 Milliarden DM. Das heißt: In fünf Jahren haben wir eine Steigerung der Rückflüsse aus Brüssel zugunsten der deutschen Landwirtschaft in Höhe von 270 % zu verzeichnen. Dies ist nach unserer Überzeugung zu 85 bis 90 % einkommenswirksam für die deutsche Landwirtschaft. Minister Ertl hat ja seinerzeit dafür gesorgt, daß dieser Teilbereich überhaupt aus dem Einzelplan 10 ausgegeliedert wurde, damit er nicht mehr direkt über den Bundeshaushalt läuft. Dies war sicher vernünftig, aber auf der anderen Seite ist es genauso vernünftig, zu sehen, wie die Einkommenssituation der Landwirtschaft durch diese Rückflüsse in erheblichem Maße Jahr für Jahr stabilisiert wird.
Wenn man diesen Anteil noch einmal etwas genauer untersucht, dann stellt man fest, daß 4,35 Milliarden DM für die Finanzierung des Milchmarktes im weitesten Sinne vorgesehen sind. Das sind 59%. Da sieht man, welch eine große Rolle die Milchmarktproblematik in unseren Betrieben spielt und wie problematisch deswegen die Überschußsituation auf diesem Sektor ist. Will man nun, wie zum Teil von berufsständischer Seite verlangt wird, auf der einen Seite Preiserhöhungen über die Inflationsrate hinaus und Erhaltung der Marktordnungen auf der anderen Seite, dann ist auch deutlich, daß es im Augenblick darum geht, zwei kaum mehr zu vereinbarende Dinge dennoch zusammenzuhalten. Zwei kaum mehr zu vereinbarende Dinge deswegen: wenn man Preiserhöhungen über die Inflationsrate hinaus etwa auf dem Milchsektor — wenn der Markt es hergibt — durchsetzen wollte, hätte dies ja zur Folge, daß man bei den eigenen Einnahmen der EG sofort an die Obergrenze stößt und daß die weitere dauerhafte Finanzierung nicht mehr gewährleistet ist. Nach Modellrechnungen des Bundesfinanzministers ergibt sich, daß bei Zuwachsraten von 6 auf dem Agrarsektor nur noch 7,8 % Zuwachsraten im übrigen Sektor des EG-Haushalts finanziert werden können, wenn man im Rahmen des Anteils von 1 % an der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage bleiben will, und wir haben ja im Sommer gemeinsam beschlossen, darin bleiben zu wollen. Infolgedessen ist es von äußerster Dringlichkeit, daß gerade auf dem Gebiet der Milchüberschüsse nun nicht mehr nur geredet, sondern auch tatsächlich gehandelt wird.
Ich orientiere mich in dem, was ich nun sage, an dem, was der Vorsitzende des Ernährungsausschusses Dr. Martin Schmidt in einer Presseveröffentlichung als seine Vorstellungen dargestellt hat.
Erstens. Die Interventionspreise für Butter und Milchpulver werden auch 1980 nicht erhöht.
Zweitens. Es wird eine Mitverantwortungsabgabe von mindestens 2% des Richtpreises erhoben; die Ausnahmen müssen begrenzt bleiben.
15266 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Simpfendörfer
Drittens. Es wird glaubhaft angekündigt, daß die Mitverantwortungsabgabe weiter erhöht wird, wenn die Milchanlieferung weiter steigt.
Viertens. Die Rücklieferung von Magermilch zu Futterzwecken wird großzügig unterstützt.
Fünftes. Die Mittel aus der Mitverantwortungsabgabe sind für die Verbilligung von Milcherzeugnissen zur Förderung des Absatzes einzusetzen.
Wenn sich aus einem solchen Programm soziale Härten und Schwierigkeiten ergeben, dann müssen sie auf andere Weise gelöst und finanziert werden; sie können nicht über den Markt und Preismechanismus gelöst und finanziert werden.
Meine Damen und Herren, Ehrlichkeit ist in dieser Frage notwendig. Es gibt wenig Spielraum für aktive Preispolitik. Ich warne in diesem Zusammenhang vor einer Doppelstrategie: hier in Bonn dafür zu sein, daß die Einnahmen der EG — einschließlich der 1 %-Mehrwertsteuer-Grundlage — begrenzt bleiben, daß aber gleichzeitig dann in den Ländern nach einer aktiven Preispolitik gerufen und der Berufsstand in solchen Forderungen auch noch unterstützt wird. Dies wäre unglaubwürdig.