Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur regionalen Wirtschaftspolitik.
Die Haushaltsansätze für die regionale Wirtschaftspolitik sind seit Jahren auf das Nullwachsturn abonniert, was den Regelansatz anlangt.
Das bedeutet eine Entwertung durch eine inflationäre Entwicklung in den letzten sieben Jahren. Ein Teilausgleich — aber nicht mehr als ein Teilausgleich — ist durch Sonderprogramme und Verpflichtungsermächtigungen gelungen. Dieser Teilausgleich ist unzulänglich. Bereits in der Mitte des laufenden Jahres waren bei den Landeswirtschaftsministerien die Mittel größtenteils erschöpft, die zur Neuschaffung von Arbeitsplätzen hätten dienen sollen. Mangels Masse können die Fördermöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. Die Fördersätze stehen heute größtenteils nur auf dem Papier.
Trotz dieser Unzulänglichkeit hat die Bundesregierung im Haushaltsentwurf 1980 die Titelgruppe „Regionale Wirtschaftsförderung" um 50 Millionen DM gekürzt, und zwar durch ersatzlosen Wegfall eines Teiles des Zukunftsinvestitionsprogrammes.
Was heißt das im Klartext? Das heißt, daß im Jahre 1980 100 Millionen DM weniger von Bund und Ländern für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gemeinschaftlich aufgebracht werden sollen, als das im vergangenen Jahr der Fall gewesen ist.
Der Bundesfinanzminister hat vorhin eindringlich die Meinung vertreten, daß die Strukturprobleme an Ruhr und Saar vordringliche Aufmerksamkeit beanspruchen. Die Union hat sich der Mitwirkung bei der Lösung dieser Strukturprobleme nicht entzogen. Auch dieser Haushalt enthält neue, zusätzliche Mittel in der Größenordnung von über 500 Millionen DM, hauptsächlich zur Beseitigung dieser Strukturprobleme, herbeigeführt durch eine lange sozialliberale Mißwirtschaft in der Strukturpolitik an der Ruhr.
Diese Probleme sollen jetzt gelöst werden.
Nur, 500 Millionen DM zusätzlich an Rhein und Ruhr und gleichzeitig nach dem Willen der Bundesregierung und der Koalition eine Kürzung der Mittel für die strukturschwachen Gebiete um 100 Millionen DM gegenüber dem Ist dieses Jahres verträgt sich nicht nur nicht miteinander, sondern das ist unerträglich.
Wir haben nämlich nicht nur eine Fürsorgepflicht für die Menschen an Rhein und Ruhr und an der Saar, wir haben alle miteinander genau dieselbe Fürsorgepflicht für die Menschen im Emsland, in Eifei und Hunsrück, im Hochschwarzwald und im Zonenrandgebiet von Flensburg bis nach Passau.
Frau Simonis, von dem, was Sie zur Begründung dieser Kürzung angeführt haben, hat aber wirklich nichts gestimmt. Ich nenne den ersten Punkt. Sie haben den Ländern die Ausweitung der Fördergebiete vorgeworfen. Ja, wissen Sie denn nicht, daß kein einziger Quadratmeter Fördergebiet ausgeweitet werden kann, ohne daß die Bundesregierung, d. h. die jetzige Koalitionsregierung ihre Zustimmung dazu gegeben hat?
Sie haben dann davon gesprochen, daß zusätzliche Mittel erst in Frage kämen, wenn unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit gegeben sei. Ich nehme an, Sie haben sich versprochen. Sie haben bei diesem Passus Ihre Ausführungen ja wie ein Maschinengewehr geredet. Aber wenn ich zu Ihren Gunsten unterstelle, Frau Kollegin Simonis, Sie hätten statt unterdurchschnittliche überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit gemeint, stimmt es immer noch nicht. Denn wissen Sie nicht, daß die Arbeitslosigkeit nur eines der Kriterien ist und daß im Gegenteil unsere vorausschauende Strukturpolitik darauf abgestellt ist, gerade zu vermeiden zu suchen, daß überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit in einem der strukturschwachen Gebiete entsteht? Es reicht ja gerade, daß sie einkommensschwach sind, es reicht ja gerade, daß sie infrastrukturschwach sind. Sie müssen doch nicht zusätzlich noch verlangen, daß sie überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit haben, daß erst
15258 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Dr. Warnke
das Kind in den Brunnen gefallen ist, wenn wir mit der Strukturverbesserung helfen wollen.
Sie haben drittens gesagt, die Länder weigerten sich, einer Erfolgskontrolle zuzustimmen. Ich muß sagen, Graf Lambsdorff war wirklich Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle, als er sich mit diesen Argumenten von Ihnen nicht auseinandergesetzt hat. Jedermann, der sich auch nur ein bißchen damit befaßt
— auch jede Dame, die es wollte, könnte es wissen —, weiß, daß Bund und Länder im Planungsausschuß und in den Unterausschüssen aufs engste, vertrauensvollste und erfolgreich zusammenarbeiten, um eine Erfolgskontrolle zu gewährleisten.
Viertens, Frau Simonis, haben Sie gesagt: Die Länder stellen im Planungsausschuß den Antrag, die Mittel zu erhöhen und denken sich: Die Deppen da oben, die werden es schon zahlen. Jetzt darf ich einmal fragen: Wer sind denn die „Deppen"? Sind die „Deppen" diejenigen Länder, und zwar sowohl christlich - demokratisch / christlich - sozial - regierte als auch SPD /FDP-regierte, die den Antrag gestellt haben? Oder sind die „Deppen" vielleicht die Kommunen, die Gewerkschaften, die Wirtschaft in den Fördergebieten, die diese Erhöhung fordern? Oder sind die „Deppen" vielleicht die Abgeordneten der Opposition, die hier auch einen Entschließungsantrag vorgelegt haben? Oder sind die „Deppen" diejenigen Ihrer Koalitionsfraktionen, die mit uns gemeinsam im innerdeutschen Ausschuß und im Wirtschaftsausschuß beschlossen haben: Die Mittel müssen erhöht werden?