Rede von
Ludwig
Gerstein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein. Bei der Kürze der Redezeit bitte ich um Verständnis dafür, daß ich das nicht kann.
Die Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, vor allem die Einführung einer Sanierungsklausel, durch die der Ersatz alter Anlagen durch neue, umweltfreundliche Anlagen begünstigt wird, ist für die Umstellung auf Kohle von großer Wichtigkeit. Es ist bedauerlich, daß hier durch das Festhalten der Bundesregierung an dem völlig falschen Belastungsmodell wertvolle Zeit verstreicht. Ich meine, die Bundesregierung ist sich sozusagen selber auf einer wichtigen Teilstrecke der Energiepolitik zugunsten der Kohle und weg vom 01 außerordentlich im Wege. Eine abgewogene Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die den Belangen des Umweltschutzes und einer offensiven Kohlepolitik gerecht wird, ist daher dringend geboten.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eine Zahl nennen. Zur Zeit werden in der Bundesrepublik Deutschland jährlich noch 22 Millionen Tonnen schweres Heizöl verbraucht. Diese Menge stellt im Grunde ein Substitutionspotential von etwa 32 Millionen Tonnen SKE Wärmeerzeugung oder nach Konversion 17 Millionen Tonnen Benzin und Dieselöl dar. Diese Menge — man wird nicht alles umstellen können — ist insofern hochinteressant, weil uns eine solche Umstellung auch eine Reihe von Importen vom Rotterdamer Markt ersparen könnte und weil diese Direktsubstitution mit einem relativ geringen Aufwand durchführbar wäre, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür besser wären, als sie zur Zeit sind. Man könnte darüber hinaus bei der Ausschöpfung dieses Substitutionspotentials, das im schweren Heizöl liegt, Zeit gewinnen, um die schwierige — der Bundeswirtschaftsminster hat darauf hingewiesen — Verfahrens- und Standortsuche für die erforderlichen kommerziellen Großanlagen zur Kohleveredelung sehr sorgfältig und mit Nachhalt betreiben zu können.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen und komme zum Schluß: Aus der mehr defensiven Kohlepolitik, die allein durch eingeschränkte Kapazitätsnutzung, eine begrenzte Kapazitätserhaltung und die Sicherung von Arbeitsplätzen gekennzeichnet war, muß der Übergang zu einer offensiven Kohlepolitik gefunden werden. Zu einer solchen Kohlepolitik gehören als wesentliche Elemente: erstens Maßnahmen zur vollen Kapazitätsnutzung einschließlich einer aufbauenden Belegschaftspolitik, zweitens Überlegungen zur Kapazitätserweite-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15253
Gerstein
rung, drittens Förderung der Direktsubstitution von schwerem Heizöl durch Kohle, viertens Förderung der neuen Technologien in der Kohleveredelung, fünftens Regelungen im Anschluß an das Dritte Verstromungsgesetz — wenn Sie so wollen: ein Viertes Verstromungsgesetz —, die gewährleisten, daß Steinkohle auch nach 1987 kostengünstig verstromt werden kann, sechstens die Freistellung von Braunkohle für die Veredelung durch Ablösung von Braunkohlestrom durch Kernenergie sowie siebtens die Sicherung des langfristig notwendigen Anteils der Bundesrepublik am Weltkohlemarkt.
Meine Damen und Herren, offensive Kohlepolitik ist eigentlich die Umsetzung der Erkenntnisse, die der Wirtschaftsminister auf der Konferenz der Energieminister in Paris in folgende Formulierung gekleidet hat. Er hat gesagt:
Wir können nicht länger mit verbalen Verpflichtungen, sondern nur noch mit spezifischen Anstrengungen weiterkommen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, solche spezifischen Anstrengungen im Sinne einer offensiven Kohlepolitik zu unternehmen.