Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eine solche Debatte zum Wirtschaftshaushalt dient ja auch zur Unterscheidung der Fraktionen. Ich finde das gut so. Wir durften heute morgen hier einen kleinen Mini-Strauß, nämlich Herrn Glos, erstmalig in Aktion erleben.
Auf Grund seiner heftigen Angriffe gegen den Bundeswirtschaftsminister hatten wir die ganze Mittagspause über damit zu tun, den Minister im Amt zu halten. Es war schwierig, ihn zu halten. Ich bitte, ihn in Zukunft wirklich etwas zu schonen. Wir brauchen ihn dringend.
Nachdem ich meiner verehrten Kollegin Frau Simonis zugehört habe, würde ich sagen: Sie hat noch einen kleinen Koffer aus Berlin hierhin mitgebracht in die Wirtschaftsdebatte. Ich glaube, beides dient dazu, daß wir Freien Demokraten zeigen können, wo unsere Linie ist.
Ich möchte, weil die Zeit knapp ist, nur auf einige zentrale Punkte dieses Wirtschaftshaushalts zu sprechen kommen. Der erste ist die Energievorsorge. Hier hat Herr Glos — wir wissen das auch aus der Berichterstattung — bemängelt, daß wir in der Frage der Rohölbevorratung unvorsichtig vorgegangen seien.
Ich möchte dazu drei Anmerkungen machen.
Erstens. Es handelt sich um Steuergelder, und deshalb halte ich es für wichtig, daß sie nur dann eingesetzt werden, wenn wir wirklich günstig kaufen können. Das war nicht der Fall.
Zweitens. Wie steht es denn um die europäische Solidarität und um die von Ihnen beschworene Solidarität mit den Amerikanern, wenn die Deutschen jetzt freies 01, das zum Beispiel auch aus dem Iran kommt, für deutsche Zwecke einkaufen? Ich halte deshalb den Angriff in dieser Frage nicht für geeignet.
Drittens. Gemeinschaftsaufgabe. Alle Jahre wieder, auch hier, haben wir den traditionellen Weihnachtserhöhungsantrag. Hier würde ich nur sagen: Masse ist nicht gleich Qualität. Wir sollten wirklich einmal in eine differenzierte Diskussion über die Effizienz von Strukturpolitik eintreten.
Dann hätten wir die Möglichkeit, mit dem Volumen, das wir haben — und das ist nicht gering —, bedeutend mehr zu machen. Solange die Opposition und die Bundesländer nicht bereit sind, sich über Neuabgrenzungsfragen, über Fragen der Erfolgskontrolle, zu einigen, werden auch die Fraktionen der Koalition nicht bereit sein, hier jährlich 50 Millionen DM einfach draufzulegen.
Vielleicht sollten wir auch nicht vergessen — ich sehe da Herrn Warnke, und das ist gut —, daß wir zu einer wesentlichen Änderung beim 9. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe gekommen sind, was ich
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15229
Dr. Haussmann
gerade aus baden-württembergischer Sicht sehr begrüße. Danach soll nämlich in Zukunft die Zulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen sowie für ganz bestimmte Investitionen im Energiebereich nicht mehr auf die Förderungshöchstsätze angerechnet werden. Das halte ich für eine wesentliche Verbesserung; sie wird letzten Endes auch zu einer höheren Effizienz führen.
Einen weiteren Schwerpunkt dieses Haushalts bilden ohne Zweifel Mittelstandsfragen. Mein Kollege Wurbs wird nachher noch sehr viel detaillierter darauf zu sprechen kommen. Mir liegt nur daran, zwei Dinge zu betonen.
Ich bin etwas stolz darauf, daß wir dieses Forschungs- und Entwicklungsprogramm für kleine und mittlere Betriebe soviel besser ausstatten konnten. Das zeigt, daß es bereits im ersten Jahr ein sehr großer Erfolg ist. Das zeigt, daß der Weg der Opposition, wie es damals angesprochen wurde, nämlich über steuerliche Vergünstigungen zu gehen, heute noch nicht so wirksam wäre wie ein direktes Zuschußprogramm das ist gar keine Frage —, von der Komplizierung des Steuerrechtes, Herr Waigel, ganz abgesehen. Das Programm wird hervorragend angenommen: fast 5 000 Anträge, sehr unbürokratische Abwicklung. Ich freue mich, daß 90 Millionen aufgestockt werden. Herr Waigel fragt: Von wem? Ich stelle fest: überdurchschnittlich von baden-württembergischen Unternehmen. Mich persönlich freut es, daß 25 % dieser Fördermittel dort landen. Das ist ein Zeichen, daß die mittelständische Industrie dort sehr forschungs- und innovations-freudig ist.
Deshalb hätte ich mir auch gewünscht, daß gerade das Bundesland Baden-Württemberg uns bei dieser Mittelstandspolitik stärker unterstützt. Es ist ein Witz, daß gegen das Existenzgründungsprogramm damals mit einer Verfassungsklage gedroht wurde, die überhaupt die Zuständigkeit des Bundes für diese Mittelstandsförderung in Frage stellt, etwa nach dem Motto, daß wir einen Föderalismus praktisch nicht nur in der Bildungspolitik, sondern auch in der Mittelstandspolitik bekommen, nachdem Baden-Württemberg und Bayern ja bereits vorangehen und in verschiedenen Auslandsmärkten mit eigenen Akquisiteuren antreten. Das halte ich für eine Verfremdung unserer Wirtschaftspolitik. Ich freue mich deshalb, daß die baden-württembergische Landesregierung ihre Verfassungsklage nicht wahrgemacht hat, sondern inzwischen dabei ist, Herr Stavenhagen, ein Programm zu kopieren, eine Eigenkapitalhilfe, wie der Bund sie jetzt zahlt, auf Landesebene aufzubringen.