Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Diesen Vorgang kenne ich nicht.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15217
Glos
Ich habe die Information, daß dort nichts getan worden ist. Ich kenne den Fall nicht. Wir müßten uns anhand des konkreten Einzelfalles darüber unterhalten.
Der Bundeswirtschaftsminister hat ja reichlich Erfahrungen mit sanierungsbedürftigen Unternehmen sammeln können. So wurde z. B. in die bundeseigene DIAG, die ja zum ERP-Sondervermögen gehört und die damit dem Bundeswirtschaftsminister unterstellt ist, 1,1 Mrd. DM hineingepumpt, ohne daß die Arbeitsplätze dort gehalten wurden oder bis jetzt eine dauerhafte Gesundung dieses Unternehmens erreicht worden ist.
Die Pleite der Baufirma Beton- und Monierbau AG, bei der der Bund mit 50 Millionen DM Steuergeld als Bürge hängenbleibt
— bekanntlich wurde diese Firma in einer Nacht-
und-Nebel-Aktion im Eilverfahren mit einer Bundesbürgschaft versehen —, — —
Sie haben recht, diese Sünde hat hauptsächlich der Bundeskanzler zu verantworten, nicht der Bundeswirtschaftsminister. Wir wissen alle, daß der Bundeskanzler mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden die- ser Firma, Herrn Mommsen, befreundet war. Es gibt einfach keine andere Erklärung als Druck von oben dafür, daß man ein Prüfungsverfahren betreffend eine so wichtige Bürgschaft in dieser Höhe in drei Tagen abschließen kann,
— in drei Stunden; Herr Kollege Haase, ich bedanke mich —, daß man in drei Stunden eine Bonität feststellen kann,
während man sonst, wenn eine kleine Firma einen Kreditantrag stellt, Monate und Jahre prüft und den Antrag über hundert Behördenstellen laufen läßt, bis man endlich zu einer Entscheidung kommt.
Der Bundeswirtschaftsminister hat ja, vertreten durch seine Staatssekretäre Grüner und Schlecht, hier im Plenum des Deutschen Bundestages im nachhinein die Verantwortung für diese faule Sache übernommen. Herr Minister, es ist sicher sehr ehrenvoll, sich manchmal im nachhinein aus Solidarität vor seine Beamten zu stellen, wenn sie einmal Fehler gemacht haben. Dies ist mutig und verdient Respekt. Wenn man sich aber vor den Bundeskanzler und vor den Bundesfinanzminister stellt, so ist dies keine Frage des Mutes oder keine Frage der Solidarität, sondern eine Frage des nackten politischen Überlebens.
Wir sind jedenfalls sehr gespannt, was im Zuge der
Ermittlungen um die Vorgänge bei dieser Pleitefirma und ihrer Hausbank, der Westdeutschen Landesbank, noch für Querverbindungen aufgedeckt werden.
Leider verdienen nicht alle Ansätze in diesem Haushaltsplan gleichermaßen unser Lob. Deswegen muß ich, so leid es mir tut, auch ein paar kritische Bemerkungen dazu machen.
400 Millionen DM, die zur Verstärkung der Ausgaben im Kohlebereich deklariert sind, dienen in Wirklichkeit der direkten Entlastung des Landeshaushaltes von Nordrhein-Westfalen und hätten in diesem Einzelplan nichts zu suchen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" spricht hier mit Recht von einem dubiosen Haushaltsansatz. Dieses Wahlgeschenk an Herrn Ministerpräsidenten Rau, das übrigens für drei Jahre vorgesehen ist und somit 1,2 Milliarden DM kosten wird, hat Herr Matthöfer seinen Oberbürgermeistergenossen im Ruhrgebiet versprochen, als er ihnen die Zustimmung zur Abschaffung der beschäftigungsfeindlichen Lohnsummensteuer abgetrotzt hat. Weil man dann hinterher ratlos war, wie man Mittel verschieben soll, ohne daß dies groß auffällt, hat man den Haushalt des Wirtschaftsministers dafür gewählt. Dieser Posten hat hier nichts verloren. Er gibt ein falsches Bild von der Größenordnung der Energiemaßnahmen und der Kohlehilfe insgesamt. Graf Lambsdorff hat mit seiner Zustimmung dazu die Rolle einer unseriösen Briefkastenfirma übernommen, die nur gegründet wird, um Geld zu verschieben.
— Das lehnen sie ab.
Damit ich nicht absichtlich falsch verstanden werde: Die CDU/CSU wendet sich nicht dagegen, daß jahrzehntelange Versäumnisse der nordrhein-westfälischen Landesregierung in der Strukturpolitik beseitigt werden und daß der Bund dabei hilft. Im Gegenteil, wir tragen alle Programme mit,
die in den verschiedenen Einzelplänen für das Ruhrgebiet vorgesehen sind. Hier beim Bundeswirtschaftsminister sind es neben den anfänglich erwähnten Kohlehilfen insbesondere die Mittel für Kohleverflüssigung und Kohlevergasung, Mittel für den Ausbau von Fernwärmeschienen und für den Bau von Kohleheizkraftwerken. Wir wollen, daß das Land an Rhein und Ruhr wieder zu einem blühenden Wirtschaftszentrum wird. Aber Geld dorthin zu verschieben, d. h. dies nicht auf saubere und transparente Art und Weise zu tun, hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack.
Ich bedaure sehr, Herr Bundeswirtschaftsminister,
daß Sie Ihren Namen für diese fragwürdige Transaktion hergegeben haben. Sie haben Ihrem Ruf als
15218 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Glos
Ordnungspolitiker damit sicher nicht genutzt. Der Lack bröckelt langsam ab.
Eine traurige Nachricht für die strukturschwachen Gebiete unseres Landes, besonders für das Zonenrandgebiet, ist die Entwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".
Der Ansatz wird in diesem Haushalt wiederum gegen unseren erbitterten Widerstand um 50 Millionen DM zurückgefahren, ein Zustand, mit dem wir uns im Interesse der Bürger in den benachteiligten Gebieten nicht zufriedengeben können. Wir haben dazu einen Entschließungsantrag vorgelegt. Herr Kollege Warnke wird hierzu noch ausführlicher Stellung nehmen.
Obwohl hier vor zwei Wochen schon ausführlich über die Energiepolitik diskutiert worden ist, muß ich mir, da der Haushalt des Wirtschaftsministers gleichzeitig der Haushalt des Energieministers ist, noch ein paar Bemerkungen dazu gestatten. Wir sind jedenfalls alle sehr gespannt, wie mit der Leerformel „Kernenergie nur zur Deckung des Restbedarfs", die mit sehr dünner Mehrheit auf dem SPD-Parteitag nach vorherigem großem Getöse beschlossen worden ist, künftig Energiepolitik gemacht werden soll.
— Kein Politiker, Herr Kollege Wehner, auch Sie nicht, und keine Behörde kann den Restbedarf an Energie, der durch Kernenergie gedeckt werden muß, genau beziffern. Der SPD-Wirtschaftssprecher Wolfgang Roth hat bereits vor dem Berliner Parteitagsspektakel die Katze aus dem Sack gelassen und im Südwestfunk erklärt:
Ich glaube, wenn man diesen Antrag des Parteivorstands, der nach aller Wahrscheinlichkeit eine Mehrheit finden wird, ernst nimmt, dann gilt, daß in den nächsten vier bis fünf Jahren kein neues Kernkraftwerk gebaut werden kann.
Trotzdem haben sich nur 58 % der Delegierten ihre Zustimmung zu diesem Antrag abpressen lassen.
Jetzt sagen Sie uns doch bitte anschließend, Herr Bundeswirtschaftsminister, Herr Energieminister, wie Sie mit dieser Entscheidung Ihrer Verantwortung, die Sie haben, gerecht werden wollen.
Halten Sie es für richtig, Herr Bundesminister, daß fünf Jahre lang kein Kernkraftwerk gebaut werden kann? Ich kenne persönlich Ihre Ansichten und Überzeugungen auf diesem Gebiet. Wenn Sie diese Überzeugungen nicht bald durchsetzen, müssen Sie die Konsequenzen ziehen. Sie tragen die Verantwortung für die Versorgung mit preiswerter und bezahlbarer Energie in den 90er Jahren. Die dafür notwendigen Entscheidungen müssen heute, nicht morgen oder übermorgen, getroffen werden.
— Die Frage ist beantwortet worden, Herr Kollege Reuschenbach. Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie auch die Antwort gehört.
Jedermann weiß doch, daß vom Entschluß zum Bau eines Kernkraftwerkes bis zu dessen Inbetriebnahme mehr als zehn Jahre vergehen.
Weil Sie gerade von Entsorgung reden, Herr Kollege Reuschenbach: Ich möchte auch hier den Herrn Bundeswirtschaftsminister fragen, wie er zu Zeitungsmeldungen steht, die gestern aufgetaucht sind und von einer Zeitung lanciert worden sind, die bestimmt nicht der Union nahesteht, nämlich der „Westfälischen Rundschau". Hier heißt es:
Die Bundesrepublik plant eine Beteiligung am Bau und Betrieb eines großen gemeinsamen nuklearen Entsorgungszentrums in der Sowjetunion.
Angeblich sei eine Delegation hier, die verhandle. Wollen wir es denn den Russen auch noch in die Hand geben, in Zukunft über unsere sichere Energieversorgung zu entscheiden,
nachdem sie uns jetzt durch Aufrüstung in unserer militärischen Sicherheit ständig weiter bedrohen? Ich hoffe, daß heute in der Debatte dazu ein klares Wort geredet wird.