Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, die es vorhin hier über die Präsenz gegeben hat. Wir erleben immer wieder, daß die Minister und auch die vielen Staatssekretäre hier nur sehr schwach vertreten sind,
und wir regen uns darüber nicht auf. Ich bin selbst-
verständlich gern bereit, hier über Wirtschaft zu re-
den, ohne daß der Herr Bundeskanzler anwesend ist. Ich verstehe nicht, warum der Herr Kollege Westphal über Steuern nur mit dem bayerischen Ministerpräsidenten reden will. Ich glaube, wir müssen hier die Kleiderordnung einhalten. Ich werde mich an diese Kleiderordnung halten.
Der ursprüngliche Entwurf des Haushalts des Bundeswirtschaftsministers, so, wie er dem Ausschuß zugeleitet worden ist, wies eine Gesamtsumme von 5,4 Milliarden DM aus. Das bedeutete eine Steigerungsrate von 6,3 %. Aus den Haushaltsberatungen ging der Haushalt mit einer Summe von 5,678 Milliarden DM hervor, was einer darin enthaltenen Steigerungsrate von 11,3 % entspricht. Herr Kollege Hoppe hat den Haushaltsentwurf ganz zuletzt bei der Bereinigungssitzung noch etwas verändert. Er hat das vorhin angesprochene Instrument der globalen Minderausgabe genutzt. Er hat einen Einzelhaushalt mit einer globalen Minderausgabe von 70 Millionen DM versehen. Er hat damit eigentlich gezeigt, daß der Bundeswirtschaftsminister diesen Haushalt nicht besonders sorgfältig aufgestellt hat. Ansonsten würde dieser Betrag irgendwo fehlen, und es wäre nicht möglich gewesen, dies zuletzt, so aus der hohlen Hand heraus, zu tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, während der Haushaltsberatungen kam noch ein Betrag von 253 Millionen DM für die Erhöhung der Kokskohlebeihilfe hinzu, die jetzt insgesamt über 1 Milliarde DM beträgt. Dieser Betrag soll Wettbewerbsnachteile für die deutsche Stahlindustrie ausgleichen, die entstehen, weil deutsche Kokskohle statt billiger Importkohle zur Rohstahlerzeugung verwendet wird. Insgesamt betragen die Ausgaben des Bundes für die Kohle, einschließlich Kohlepfennig, mehr als 5 Milliarden DM, davon allein 2,6 Milliarden DM im Einzelplan 09.
Ebenso haben wir alle gemeinsam im Haushaltsausschuß eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 186,7 Millionen DM für die Sanierung des Eschweiler Bergwerks-Vereins beschlossen, der ohne Finanzhilfe der öffentlichen Hand zur Schließung seiner Zechen gezwungen wäre. Die CDU/CSU hat dies selbstverständlich mitgetragen, weil wir der deutschen Steinkohle einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag, allerdings nicht den einzigen Beitrag, für unsere nationale Energieversorgung zugestehen.
Der Beitrag der deutschen Steinkohle zur Versorgung wird in den nächsten Jahren sicher weiter steigen. Trotz starker Ölpreiserhöhungen wird dies allerdings — und darüber müssen wir uns im klaren sein — zu noch höheren Subventionsleistungen aus der Bundeskasse führen.
Ebenso einmütig — und dafür bedanke ich mich herzlich bei den Kollegen Berichterstattern — ist es gelungen, entsprechend unserem Antrag die Zuschüsse zu Personalaufwendungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich kleiner und
15216 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Glos
mittlerer Unternehmen um 90 Millionen DM über den ursprünglichen Ansatz hinaus zu erhöhen und gleichzeitig die Zweckbestimmung zu erweitern. Wir haben zwar ursprünglich eine andere Form gewollt, aber, nachdem dieses Programm so da ist und sehr rege angewendet worden ist, müssen wir verhindern, daß es zu einem unguten Windhund-Verfahren kommt. Wir müssen erreichen, daß alle Firmen, die einen Antrag stellen, auch entsprechend bedient werden.
Wir finden es auch sehr erfreulich, daß auf meinen Antrag hin die Mittel für die Auslandsmessen und für die Außenhandelskammern aufgestockt werden konnten. Hier kann man mit relativ geringen Mitteln echte Effizienz und echte Steigerung der Exportchancen und des Außenhandels erzielen und mittelständischen Firmen den Zugang zu diesen wichtigsten Märkten eröffnen.
Leider aber sind wir nicht durchgekommen, als wir eine Mehrheit dafür finden wollten, .den Titel „Förderung von Lehrgängen der überbetrieblichen beruflichen Bildung im Handwerk" auf den notwendigen Stand zu erhöhen.
Das deutsche Handwerk hat in den vergangenen Jahren eine große Ausbildungsbereitschaft bewiesen. Es hat z. B. im Jahre 1978 mehr als 600 000 jungen Menschen eine solide Ausbildung ermöglicht. Es hat ihnen damit das Schicksal der Arbeitslosigkeit erspart. Da dies gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die wir hinter uns haben, notwendig war, möchte ich an dieser Stelle dem gesamten deutschen Handwerk herzlich dafür danken.
— Herr Kollege Haase, das deutsche Handwerk hätte es verdient, wenn man diese Ausbildungsbereitschaft mit einer Aufstockung der Mittel belohnt hätte.
— Die FDP redet draußen in Sonntagsreden zwar immer anders, macht aber dann mit, wenn es darauf ankommt.
Wir kennen das aus dem Ausschuß.
Man hätte dem deutschen Handwerk einen Gefallen getan, wenn der Knüppel Ausbildungsabgabe endlich abgeschafft worden wäre. Statt dessen wird dieser Knüppel immer noch geschwungen, und Kollege Lutz von der SPD hat gesagt: Wir wollen den Knüppel im Sack behalten.
Erleichtert wurden uns die Haushaltsberatungen
— und hier bedanke ich mich ausdrücklich bei den Beamten, die das getan haben — zum einen durch ihre Informationsbereitschaft und zum anderen dadurch, daß die Anregungen meines Vorredners als Berichterstatter, des Kollegen Theo Waigel, aufgenommen worden sind und das Kap. 02 neugegliedert worden ist.
Insgesamt, Herr Bundeswirtschaftsminister, können Sie und Ihr Haus sich auf die CDU/CSU verlassen, wenn es darum geht, vernünftige Angebote und vernünftige Programme für die Wirtschaft und für den Mittelstand zu entwickeln und diese Programme dann auch durchzusetzen und mit entsprechenden Mitteln auszustatten.
Für uns ist die Erkenntnis nicht neu, daß man die Kuh, die man melken will, gut füttern muß und nicht schlachten darf. Viele SPD-Genossen, mit denen Graf Lambsdorff jetzt Umgang pflegen muß, haben früher noch mit Begriffen um sich geworfen wie „Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen", „Aktion gelber Punkt", „Profitgeier", „Unternehmer = Ausbeuter" usw. Der Druck der Verhältnisse, nicht die bessere Erkenntnis, hat Sie dazu gebracht, diese Vokabeln jetzt etwas wegzustecken, etwas weniger zu gebrauchen.
Mir erscheint auch sehr bemerkenswert, Herr Minister — und dafür bedanke ich mich bei Ihnen —, daß es Ihnen gelungen ist, die Bestrebungen von Finanzminister Matthöfer und der Gewerkschaften zurückzudrängen, den in Schwierigkeiten geratenen AEG-Konzern aus Steuermitteln zu sanieren. Das Konzept der Sanierung durch Banken und Industrie ist die ordnungspolitisch sauberere und bessere Lösung. Wer die freie Wirtschaftsordnung bejaht und die Funktion des Gewinns ausdrücklich anerkennt, der muß als Eigentümer auch für die Folgen wirtschaftlichen Fehlverhaltens einstehen.
Kleinere und mittlere Firmen bezahlen für schlechtes Wirtschaften und für daraus entstehende Verluste viel härter; wenn sie überschuldet sind, müssen sie den Gang zum Konkursrichter antreten, ohne daß dies von der Offentlichkeit groß beachtet wird. Niemand nimmt von den menschlichen Problemen Kenntnis, die bei Arbeitnehmern und Unternehmern durch solche Firmenzusammenbrüche im Mittelstand entstehen.