Rede von
Ingrid
Matthäus-Maier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Entschuldigen Sie, die gelbe Lampe leuchtet schon. Bitte, geben Sie mir die Chance, meine Rede zu beenden.
Ein letztes Wort zu den nach meiner Ansicht völlig unakzeptablen Vorschlägen von Franz Josef Strauß. Er hat erneut die Einführung von Kinderfreibeträgen gefordert, was auch die Opposition im Bundestag mehrfach getan hat. Die Koalitionsfraktionen lehnen das entschieden ab.
Wir haben 1975 gemeinsam mit Ihnen die ungerecht wirkenden Kinderfreibeträge abgeschafft. Wir halten nichts davon, einen Familienlastenausgleich derart wieder einzuführen, daß diejenigen am meisten staatliche Vergünstigungen erhalten, die dieser staatlichen Vergünstigungen am wenigsten bedürfen.
Ein Weiteres. Franz Josef Strauß fordert die Angleichung der Vermögensaufstellung an die Werte der Ertragsteuerbilanz. Ich gehe davon aus, daß das, was entscheidend zur Vereinfachung in den Betrieben führen wird, nämlich die Angleichung der Vermögensaufstellung an die Ertragsteuerbilanz bei den Pensionsrückstellungen, in dem Steuerpaket der Koalition für 1981 vorhanden sein wird. Das kostet etwa 300 Millionen DM. Das aber, was Franz Josef Strauß fordert, nämlich die völlige Übernahme der Ertragsteuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung, ist schlicht nicht akzeptabel.
Nur an einem Beispiel will ich zeigen, warum wir das nicht akzeptieren können. Solange z. B. Sonderabschreibungen der Art existieren, daß man Schiffe in kürzester Frist abschreibt, so daß sie steuerlich mit null existieren, dieselben Schiffe aber gleichzeitig über die Weltmeere fahren — sie sind ja noch nicht verschrottet, sondern wohlgestaltet —, kann man doch nicht ernsthaft auf die Idee kommen, diese Schiffe in der Vermögensaufstellung mit null erscheinen zu lassen. Das würde doch zu enormen Verzerrungen führen. Von daher weisen wir diesen Vorschlag zurück.
Ein allerletztes Wort zur Forderung der FDP nach einem Kindergeldzuschlag, die Herr Genscher am Wochenende noch einmal wiederholt hat. Dieser Kindergeldzuschlag, den wir übrigens schon im Mai 1979 in unserem Kinderprogramm beschlossen haben, besagt folgendes. In den ersten sechs Lebensmonaten eines Kindes wird 300 DM monatlich auf das gewährte Kindergeld aufgeschlagen, um die finanzielle Belastung der Familie in diesen ersten Lebensmonaten des Kindes etwas erträglicher zu gestalten. Aber damit Sie sich, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht täuschen: Das hat nichts mit dem von Ihnen propagierten Familiengeld oder Erziehungsgeld zu tun, wie Sie es heute wieder beantragen.
— Entschuldigung, ich kann leider keine Zwischenfragen zulassen. Sie erschweren es mir aber sehr, wenn Sie ununterbrochen dazwischenrufen.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15215
Frau Matthäus-Maier
Das hat nichts mit Ihren Vorstellungen zu tun; denn Sie wollen mit Ihrer familienpolitischen Komponente Ihre gesellschaftspolitische Vorstellung von der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau in der Familie durchsetzen. Nach Ihrer Konzeption soll das Familiengeld nur die Familie erhalten, in der einer von beiden Elternteilen seine Erwerbstätigkeit aufgibt. Eine Vorschrift von seiten des Staates, die bestimmt, wie die Familien die Kinder erziehen, die Haushaltsführung, die Berufstätigkeit der Ehegatten organisieren, ist mit liberalen Vorstellung nicht vereinbar.
Wir sagen: Es gibt einen Zuschlag auf das Kindergeld, und was die betroffenen Familien damit machen — ob beide halbtags arbeiten gehen, ob sie beide weiter arbeiten und jemanden einstellen, ob einer halbtags arbeitet —, ist nach liberaler Vorstellung allein von den Familien zu entscheiden, nicht aber durch staatliche Maßnahmen vorzuschreiben. Von daher lehnen wir Ihren Vorschlag ab und hoffen, daß unser Vorschlag eines Kindergeldzuschlages eine Mehrheit erhält.