Rede von
Ingrid
Matthäus-Maier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wie kleinkariert das im Einzelfall konkret für uns Parlamentarier aussieht, mögen Sie daran ersehen, daß ich um 11 Uhr meinen Assistenten in die Bundespressekonferenz hetzen muß, damit er mir dann um 1/2 12 Uhr das Papier von Herrn Strauß hierher bringt, damit wir in dieser Debatte noch darauf eingehen können. Das ist schlicht und einfach eine Sache, die so nicht geht.
Da Herr Strauß es nicht für nötig hält, seine Vorstellungen hier vorzutragen, werde ich mir erlauben, wie es Herr Westphal schon begonnen hat, mich mit diesen Vorschlägen zu beschäftigen. Vielleicht erfahren Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dadurch auch, was er dort gesagt hat. Das wird Sie sicher freuen.
Die Koalition hat seit Wochen zur Frage der Konsolidierung der Haushalte einerseits und weiterer steuerlicher Entlastungen andererseits ganz klar gesagt: Wir stehen in den nächsten Jahren vor zwei Notwendigkeiten; zum einen werden wir die Nettoneuverschuldung herunterfahren müssen, zum anderen stehen wir bei einem Progressionstarif bei gleichzeitigen Geldentwertungsraten vor der Notwendigkeit, in bestimmten Abständen steuerliche Entlastungen vorzunehmen.
Wenn man vor zwei Notwendigkeiten steht, muß man einen Kompromiß schließen. Er sieht nach unseren Vorstellungen folgendermaßen aus: Im Jahre 1980 werden wir die Neuverschuldung abbauen, und im Jahre 1981 werden wir Entlastungsmaßnahmen für den Bürger vorsehen.
Wenn ich es richtig sehe, ist auch Herr Strauß lernfähig. Obwohl ich seine Vorschläge in Eile durchlesen mußte, habe ich festgestellt: Er moniert zwar, daß 1980 die von ihm geforderten Steuersenkungen nicht durchgesetzt werden, aber gleichzeitig ist er realistisch genug, sein entsprechendes Forderungspaket — mit einer Ausnahme — auf das Jahr 1981 zu beschränken. Das heißt, er hat sich den Forderungen der Koalition angeschlossen. Ich halte das für ein gutes Beispiel von Lernfähigkeit. Wir sind zweifellos einen Schritt weitergekommen.
Was fordert er nun im einzelnen? Er fordert eine Tarifkorrektur. Diese haben wir schon seit längerem angekündigt. Tiber die Höhe und die Einzelheiten wird man streiten. Er fordert weiter eine Anhebung des Weihnachtsfreibetrags. Sie werden sich erinnern, daß die Koalition eindeutig gesagt hat: Wir werden den Weihnachtsfreibetrag anheben, und zwar schon mit Wirkung ab Dezember 1980. Herr Strauß fordert die Anhebung des Weihnachtsfreibetrags für das Jahr 1979,
wie er sagt: „für das kommende Weihnachtsfest". Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor. Zum einen bedeutete das bereits für dieses Jahr Steuerausfälle in Höhe von etwa 1,2 Mrd. DM, die wir einfach nicht verkraften können. Zum anderen ist der Anrechnungszeitpunkt für den Weihnachtsfreibetrag 1979 schlicht und einfach vorbei.
Wollen Sie denn wirklich den letzten Arbeitnehmer wegen dieses Weihnachtsfreibetrags in den Lohnsteuerjahresausgleich des nächsten Jahres hineintreiben? Wir meinen: Es ist ehrlicher, sinnvoller und für jeden besser transparent, wenn wir dies für das Jahr 1980 vorsehen.