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    Plenarprotokoll 8/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 Inhalt: Nachruf auf den ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Carlo Schmid 15177A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung 15177 D Telegramm der deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union an den Schiitenführer Ayatollah Khomeini . . . 15221 D Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/3378 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/3393 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/3397 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 15178A Grobecker SPD 15185A Gärtner FDP 15188B Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 15193 B Dr. Schäuble CDU/CSU 15205 D Westphal SPD 15208 C Frau Matthäus-Maier FDP 15212 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/3379 — Glos CDU/CSU 15215 B Frau Simonis SPD 15222 C Dr. Haussmann FDP 15228 B Dr. Biedenkopf CDU/CSU 15231 D Reuschenbach SPD 15238 B Dr. Graf Lambsdorff BMWi 15241 B Gerstein CDU/CSU 15250A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 15253 B Wurbs FDP 15256A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 Dr. Warnke CDU/CSU 15257 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 15259A Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/3387 — 15222 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/3380 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . 15261 C Simpfendörfer SPD 15264A Zywietz FDP 15266 C Ertl, Bundesminister BML 15268 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/3382, 8/3430 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/3383 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 15270C Müller (Nordenham) SPD . . . 15272D, 15283A Hoffie FDP 15274 C Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/ CSU 15277A Curdt SPD 15278 D Merker FDP 15281 A Feinendegen CDU/CSU 15282 C Dr. Friedmann CDU/CSU 15283 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP 15285 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/3389 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 15288 B Frau Traupe SPD 15290 B Gattermann FDP 15293 C Dr. Schneider CDU/CSU 15295 D Müntefering SPD 15298 B Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 15300 B Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/3377 — Dr. Friedmann CDU/CSU 15302 C Dr. Emmerlich SPD 15304A Engelhard FDP 15305 B Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 15306A Nächste Sitzung 15307 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15309* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15177 192. Sitzung Bonn, den 12. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber* 14. 12. Dr. Apel 12. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. Gallus 14. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Dr. h. c. Kiesinger 12. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lücker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. _ Dr. Möller 12. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Dr. Pfennig * 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld * 14. 12. Sieglerschmidt * 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik * 14. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Warten wir ab,

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    dann spreche ich zu dem Punkt an der Stelle, wo Sie ihn vorlegen werden, o. k.?

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dann bitte ich aber, sich nicht aufzuregen, wenn der Bundesfinanzminister bei jedem Antrag auf Erhöhung der globalen Minderaufgabe laufend ans Mikrophon tritt. In Ordnung? —

    (Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Sie versuchen, das alles unter den Tisch zu schieben! Sie machen das kaputt mit dieser Art von Reden!)

    — Aha: „Sie machen das kaputt"!

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Also ich stelle fest, Sie haben Ihre Ankündigung, mit echten Kürzungsvorschlägen in den Haushaltsberatungen etwas zu einer sparsameren Haushaltsführung beizutragen, nicht erfüllen können. Wir sehen deshalb — —

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Sie lesen doch die Protokolle gar nicht! Was wollen Sie denn?)

    — Doch, ich lese die Protokolle. Ich sitze ja auch jetzt hier wie gestern. Sie können nicht wissen, daß ich hier immer sitze, weil Sie gestern nicht immer da waren; aber ich lese selbstverständlich die Protokolle.


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wäre es vielleicht möglich, daß der Herr Minister erst einmal zusammenhängend etwas darlegt und Sie sich dann zu Wort melden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Beifall bei der CDU/CSU)


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    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich finde es sehr erstaunlich, daß die Herren Zwischenrufer jetzt auch noch klatschen,

    (Beifall bei der SPD)

    erst falsche Zwischenrufe machen, dann eine Antwort bekommmen und anschließend klatschen, wenn man sagt, der Redefluß wird unterbrochen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir gestatten würden, hier meine Gedankengänge in aller Ruhe zu entwickeln.
    Wir haben jetzt mit zunehmender Kapazitätsauslastung, mit zunehmender Preissteigerung bei den
    15202 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
    Bundesminister Matthöfer
    Importen in der Tat zunehmendes Gewicht auch auf die Inflationsbekämpfung zu legen. In den ersten zehn Monaten lagen die Verbraucherpreise um 4,1 % über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Ohne die Verteuerung von außen ware die Preisentwicklung für eine Konjunkturphase, wie wir sie jetzt haben, verhältnismäßig normal.
    Ich möchte dem Abgeordneten Grobecker zustimmen, daß es in diesen Wochen insbesondere darauf ankommt, Preisdisziplin zu halten, damit nicht für die Lohnforderungen im nächsten Jahr ein berechtigter Grund geschaffen wird, wieder umzuverteilen zugunsten der Arbeitnehmer. Wenn die Unternehmen jetzt nicht Preisdisziplin halten — das gilt für die Bundesunternehmen ebenso wie für die privaten Unternehmen —, dann werden die Gewerkschaften das in der Lohn- und Gehaltskampagne im Frühjahr nächsten Jahres mit Recht anführen können.
    Entscheidend wird es sein, inländische Preisauftriebskräfte, die sich über das Überwälzen der Ölpreise hinaus bemerkbar machen, wirklich unter Kontrolle zu halten. Wir müssen klarmachen, daß es nicht möglich ist, entweder vom Bundesfinanzminister oder aus den Gewinnspannen der Unternehmer, das herauszuholen, was aus dem deutschen Einkommenskreislauf verschwunden ist, weil wir 12 oder 14 Milliarden DM mehr für dieselbe Menge Öl an die OPEC-Staaten oder an die multinationalen Ölkonzern zahlen. Das ist aus dem Einkommenskreislauf verschwunden und kann nicht von woanders hergeholt werden, weil sich sonst entweder die Preise entsprechend erhöhten oder sich der Bundesfinanzminister nach anderen Einnahmequellen umsehen müßte.
    Dies wird auch weitgehend begriffen. Aber es muß auch begriffen werden, daß die ölpreisbedingten Steigerungen nicht als Vorwand zur Steigerung von Preisen über die Kostensteigerung hinaus benutzt werden dürfen. Dies wird entscheidend sein.
    Die private Investitionstätigkeit dürfte auch 1980 weiterhin die Hauptantriebskraft der Wirtschaft bleiben. Eine weiterhin positive Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung wird sich auch nachfragestützend auswirken. Wir müssen die hierin liegende Chance zum Abbau der Neuverschuldung nutzen, um für die Möglichkeiten eines von außen kommenden Rückschlags die finanzpolitischen Handlungsmöglichkeiten des Staates zu erhalten und zu erweitern.
    Die Bürger dieses Landes und insbesondere die Arbeitnehmer brauchen angesichts der weltwirtschaftlichen Ungewißheiten, die wir ja alle sehen können, einen starken, finanziell soliden und handlungsfähigen Staat. Das ist der Grund, warum wir uns auf Ihre Steuersenkungsvorschläge für das Jahr 1980 nicht einlassen konnten.
    Auf der anderen Seite stehen wir selbstverständlich vor dem Problem, die in unserem Steuersystem begründeten ungewollten Steuerbelastungsverschiebungen bei der Lohn- und Einkommensteuer zu korrigieren, soweit das gesamtwirtschaftlich zu vertreten ist.
    Der Herr bayerische Ministerpräsident hat hier gestern im Ton der Entrüstung darauf hingewiesen, daß das gesamte Lohnsteueraufkommen im nächsten Jahr um mehr als 12 % steige. Darüber kann ich mich nur sehr verwundert zeigen, denn in den Zeiten, als er Bundesfinanzminister war, sah das ja einigermaßen traurig aus. Ich will Ihnen das einmal vorlesen. Wir hatten 1967 — die Weichen wurden 1966 gestellt; das hatte er nicht zu verantworten — eine Steigerung von 2,6 %. Aber 1968, als er einen Haushalt vorlegte

    (Hasinger [CDU/CSU]: In der Großen Koalition!)

    — in der Großen Koalition — und die Steuern erhöhte, stieg das gesamte Lohnsteueraufkommen um 12,9 %.

    (Hasinger [CDU/CSU]: Seit Sozialdemokraten in der Regierung sind, gibt es eine derartige Entwicklung!)

    Im Jahre 1969, nachdem Herr Strauß zwei Jahre Gelegenheit hatte, sich zu betätigen, stieg das gesamte Lohnsteueraufkommen um 22,5 %. 1970, nach drei Jahren des Finanzministers Strauß, stieg das gesamte Lohnsteueraufkommen um 29,7 %, um fast 30 %.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Und während Ihrer Amtszeit?)

    — Das will ich Ihnen gern sagen: 1978 um 1,4 % und 1979 um 3,8 %.

    (Frau Will-Feld [CDU/CSU]: Das hat auch etwas mit den Lohnsteigerungen zu tun!)

    In diesen 3,8 % sind auch noch die Auswirkungen der zunehmenden Beschäftigung — wir haben ja 400 000 neue Beschäftigte — und der zusätzlichen Überstunden und Sonderschichten, die gefahren werden, enthalten.

    (Hasinger [CDU/CSU]: Das sind die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit!)

    Das steckt alles in den 3,8 %. Abgezogen sind auch nicht, wie damals noch, die Auswirkungen des Kindergeldes. Fairerweise müßten Sie hiervon ja auch noch einmal das abziehen, was die Arbeitnehmer an Kindergeld bekommen, ja vielleicht sogar auch noch das Geld für den Mutterschaftsurlaub, weil das eine zusätzliche Leistung ist.
    In diesem Zusammenhang darf ich, Herr Kollege Carstens, ein Wort zu Ihrer Bemerkung sagen, die nicht arbeitenden Mütter in der Bundesrepublik würden vom Staat bestraft. Ich finde, es ist unerhört, wie Sie die tatsächliche Situation der arbeitenden Frauen behandeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Haben Sie noch nie etwas von Familiensplitting gehört? Wer zahlt denn die Steuern? Die arbeitenden Frauen vielleicht nicht? Wer zahlt denn die 17,5 Milliarden DM Kindergeld mit?

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen das Familiengeld?)

    — Wenn Sie sagen, die nicht arbeitende Frau werde in der Bundesrepublik bestraft, dann haben Sie un-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15203
    Bundesminister Matthöfer
    recht, weil die arbeitende Frau, wenn sie Mutter wird, die gesamte Steuerlast voll mitträgt, voll ihre Steuern zahlt. Deshalb kann sie ruhig, wenn sie ein Kind bekommt, eine gewisse Sonderleistung erhalten.

    (Abg. Carstens [Emstek] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Setzen Sie sich bitte. Ich habe Ihren Zwischenruf gehört. Ich habe überhaupt nichts gegen das Familiengeld. Ich wende mich jetzt ganz isoliert gegen Ihre unvertretbare und für uns auch unzumutbare Behauptung, bei uns würden die nicht arbeitenden Mütter vom Staat bestraft. Es ist unzulässig, so etwas zu sagen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe 19 Jahre lang der Industriegewerkschaft Metall treu gedient, was dazu geführt hat, daß ich immer noch mit meinen gewerkschaftlich organisierten Kolleginnen diskutiere. Unterhalten Sie sich doch einmal mit den arbeitenden Frauen, deren Männer auch arbeiten und die eben keinen Vorteil vom Familiensplitting haben, weil sie beide voll zahlen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Jenninger [CDU/CSU])

    — Die nicht arbeitenden Frauen zahlen aber keine Steuern, Herr Kollege Jenninger. Insofern ist es nicht richtig zu sagen, sie würden bestraft. Ich habe ja gar nichts gegen Ihr Familiengeld, wenn Sie eine solide Finanzierung vorweisen. Wir werden uns darüber ja, sobald das finanzierbar ist, unterhalten können. Ich wehre mich nur dagegen, daß man sagt, die nicht arbeitenden Mütter würden bei uns vom Staat bestraft.

    (Glos [CDU/CSU]: Das stimmt auch!)

    Das ist nicht richtig, weil die arbeitenden Frauen ihre volle Steuerlast tragen und mithelfen, das Kindergeld und alles andere zu finanzieren. Das will ich sagen und nichts anderes.