Herr Kollege Carstens, die vorherige Information, für die ich dankbar bin, kann doch in keiner Weise den schlechten Stil wiedergutmachen, der sich darin ausdrückt, daß jemand aus Bayern hier anreist, sich in einer solchen Art und Weise über den Haushalt und den zuständigen Minister äußert und dann, wenn der Bundesminister der Finanzen Gelegenheit hat, hier Stellung zu nehmen, nicht anwesend ist, sondern zu diesem Thema eine Pressekonferenz gibt.
Ich kann nun langsam die Gefühle von Herrn Kohl verstehen. Ich kann mich nur freuen, daß ich von Herrn Strauß völlig unabhängig bin und durch ihn in keiner Weise beeinflußt werde.
Insofern sehe ich das mit großer innerer Ruhe. — Ich bedanke mich für Ihre Anwesenheit, Herr Kollege Windelen.
Ich erinnere daran, daß wir im Regierungsentwurf 1979 noch eine Neuverschuldung von über 35 Milliarden DM angesetzt haben. Diese 35 Milliarden DM
15194 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979
Bundesminister Matthöfer
haben wir ja nicht irgendwie gegriffen, sie sind nach sorgfältiger Diskussion auch mit der Bundesbank und in Anwesenheit von zwei Vertretern der Bundesbank eingesetzt worden. Ich erinnere daran, daß es uns gelungen ist, daß wir flexibel genug waren, im Laufe auch nur eines Jahres auf 24, 25 Milliarden DM zurückzugehen. Das heißt, unsere Feststellung, daß die Kreditaufnahme des Bundes eine Funktion unserer Vollbeschäftigungspolitik ist und nicht durch Haushaltszwänge verursacht ist, ist richtig. Wir haben uns nicht in die Lage bringen lassen und wir werden uns auch durch Sie nicht in die Lage bringen lassen, auch nur eine D-Mark mehr Kredit aufnehmen zu müssen, als zur Sicherung der Beschäftigung in unserem Lande unabweisbar erforderlich ist.
Unsere wirtschaftliche Lage ist die beste seit fünf Jahren. Die rege Investitionstätigkeit der Unternehmen und die kräftige Baunachfrage sind Hauptstützen der Konjunktur. Die Ausfuhr und die Aufträge aus dem Ausland wachsen weiter, auch wenn sich die Leistungsbilanz vor allem durch die Verteuerung der Ölimporte verschlechtert hat.
Herr Kollege Carstens, Sie machten eine Bemerkung über die Leistungsbilanz und verwiesen darauf, daß sie jetzt zum erstenmal seit 15 Jahren defizitär sei. Sie halten das offenbar für schädlich.
Ich darf Sie auf die Ausführungen des Herrn Präsidenten der Bundesbank in Ihrer Anwesenheit im Haushaltsausschuß verweisen. Der Präsident der Bundesbank hat mehrfach öffentlich geäußert — das hätte man nachlesen können —, daß er, genauso wie der Bundesfinanzminister, keinen Anlaß zur Besorgnis sehe, weil sowohl die Exporte als auch die Importe als Folge des Konjunkturaufschwungs bei uns und in anderen Ländern kräftig gestiegen sind. Es ist doch nicht richtig, daß die Ausfuhren zurückgegangen sind. Es ist doch nicht richtig, daß die Auftragseingänge trotz aufgewerteter D-Mark zurückgegangen wären.
Wir haben eine leistungsfähige Wirtschaftsstruktur mit geschaffen, die sich jetzt bewährt und die sich in Zukunft, auch in den 80er Jahren, bewähren wird. Die Hauptursache der defizitären Entwicklung, so sagte der Präsident der Bundesbank in Ihrer Anwesenheit, Herr Carstens, liegt in der Ölpreisentwicklung, die die Bundesrepublik allerdings nach aller Voraussicht besser wird verkraften können als andere Länder und auch die meisten ihrer Handelspartner.
Das Gesetz zur Förderung von Stabilität und Wachstum der Wirtschaft, das wir damals in der Großen Koalition nach dem großen Zusammenbruch von 1966 gemacht haben, als Sie den Wahlsieger von 1965, Herrn Professor Erhard, Ihren Bundeskanzler, in die Wüste geschickt haben, weil er mit dem Finanzierungsdefizit im Haushalt nicht fertig werden konnte — —
— Wenn Sie mich fragen, wie groß das war, dann zeigt das, wie unsicher Sie mit Zahlen sind. Wir haben ja schon gestern festgestellt, daß Sie offenbar nicht in der Lage sind, Zahlen zu behandeln. Sie wollen doch wohl nicht bestreiten, daß Herr Professor Erhard, der Wahlsieger von 1965, kein Jahr später von Ihrer Fraktion gestürzt worden ist, weil er nicht in der Lage war, mit den Haushaltsproblemen fertig zu werden. So war das doch wohl.
Ich bestehe ja nur darauf, falls ein Historiker zuhören sollte.