Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hält man im Rahmen des gesamten Etats mit einem Volumen von 215 Milliarden DM nach den Schwerpunkten Ausschau, wie sie sich auch in den Einzeletats niederschlagen, so kann
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15165
Zywietz
man ganz einfach feststellen, daß der erste Platz vom Arbeits- und Sozialbereich eingenommen wird, daß aber gleich danach auf Platz 2 das Verteidigungsressort mit einem Ausgabevolumen von 38 Milliarden DM rangiert. Wenn man nach NATO-Kriterien rechnet, ist der Verteidigungsetat mit 47,5 Milliarden DM mit dem Arbeits- und Sozialetat fast gleichauf.
— Nicht so voreilig, Herr Kollege Würzbach. Wir haben noch einen Moment Zeit für die Aussprache.
Es folgen dann der Verkehrsetat und der Etat für Jugend, Familie und Gesundheit. Gewichtet man, so kann man sagen, daß der Verteidigungsetat auf Platz 2 20 % des Gesamtetats ausmacht. Die ersten beiden Etats nehmen 45 %, die ersten vier Etats zusammen 60 % des Finanzvolumens, über das wir hier im Rahmen unserer Haushaltsberatungen sprechen, ein.
Mit diesen 20 % liegen wir bei einem Vergleich mit den Beiträgen der anderen NATO-Staaten an zweiter Stelle.
Ich meine, diese Zahlen sind ausreichender Beleg dafür, daß wir für die notwendige Verteidigungsfähigkeit in diesem Haushalt auch die notwendigen Finanzmittel bereitstellen.
Wir haben mit diesem Einzelplan in Umfang und Struktur einen richtig bemessenen Beitrag für die Sicherheit unserer Bundesrepublik im NATO- System erbracht.
Ich möchte hinzufügen, daß jeder Einzeletat in diesem Haushalt seinen Beitrag zur notwendigen Konsolidierung erbringen muß. Wer, Herr Kollege Hauser, diese Zahlen zur Kenntnis nimmt, der muß doch wohl sagen, daß wir die notwendige Verteidigung in keiner Weise vernachlässigen. Wie man zu der Formel: Bedrohung stärker, Ausgaben geringer, und als Schlußfolgerung daraus zur Ablehnung dieses Haushalts kommen kann, ist mir eigentlich unbegreiflich.
Wie die Verteidigungspolitik die notwendigen Aufgaben erfüllt, läßt sich am Zahlenspiegel des Etats ablesen. Über 23 Kapitel des Einzelplans oder, wenn man so will, über zwei Schwerpunktbereiche besteht ja Einigkeit, nämlich den Betriebs- und Personalkostenblock mit etwa 68 % — diese Relation besteht schon über einem längeren Zeitraum — und über den investiven Anteil mit etwa 30 bis 31 %, ebenfalls gemessen über einen längeren Zeitraum. In diesen beiden Schwerpunktbereichen haben wir ein Paket in Höhe von 276 Millionen DM geschnürt, das zur Verbesserung der Situation der Soldaten in der Bundeswehr beitragen soll.
— Auch „Päckchen" können schwer sein. Auf jeden Fall lohnt es sich, sie zu öffnen; es ist eine ganze Menge darin: der Zeitausgleich, Zulagen und für die Zeitsoldaten eine Gahaltszahlung von Anfang an, um in der Kürze der Zeit nur die wesentlichen Punkte zu nennen, Kollege Würzbach. Ich glaube, das ist schon sehr ansehnliches „Päckchen", insbesondere für diese Jahreszeit.
Aber viel wichtiger ist vielleicht der Blick auf die Ausgaben für die Ausrüstung und auf die Aufwendungen der Streitkräfte für moderne Waffen. Hierfür sollen 8,6 Milliarden DM aufgewendet werden; das ist eine Steigerung von 7 %. Wir halten das für eine sehr aussagekräftige Steigerungsrate. Man sollte das Ganze nicht so sehr auf die Absichtsbekundung verengen, einen Zuwachs von 3 % sicherzustellen. Das ist eine hilfreiche Leitidee, aber machen wir daraus doch keine Ideologie und keinen Zahlenfetischismus.
— Denen, die an der Erstellung dieser Zahlen mitgewirkt haben, kann nur der Rat erteilt werden, über ihren Bereich einmal sehr solide Rechenschaft zu geben. Ich glaube, da können wir bestehen. Ein Aufstocken von Verteidigungsetats, wie das in einigen Ländern geschieht, durch einen gesteigerten Personalaufwand, d. h. durch Gehaltsaufwendungen, die in der Vergangenheit verweigert worden sind und die jetzt sprunghaft nachgeholt werden, stellt keine adäquate Steigerung der Verteidigungsfähigkeit dar. Das muß doch wohl in diesem Zusammenhang modifiziert betrachtet werden.
Ich möchte noch ganz kurz auf einige Einzelthemen eingehen, die hier schon zum Teil angesprochen worden sind, die vielleicht aber auch noch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus der einen oder anderen Ergänzung bedürfen.
Da stellt sich einmal die Frage der Energiekosten im Zusammenhang mit diesem Etat. Hierbei handelt es sich um ein Grundsatzproblem, das sich durch alle Einzeletats hindurchzieht und das nicht nur den öffentlichen Bereich insgesamt, sondern auch den privaten Bereich belastet. Wir meinen, daß kein Etat grundsätzlich davon ausgenommen sein kann, einen Beitrag zur rationellen Energieverwendung zu erbringen. Sicher haben wir auch Besonderheiten, die im Rahmen der einzelnen Ansätze berücksichtigt wurden. Wir begrüßen aber den Einsatz eines Energiebeauftragten, von dem wir viel erhoffen. Die einfache Formel — die in der Vergangenheit benötigte Energiemenge multipliziert mit den neuen Preisen ergibt den Haushaltsansatz — ist auch für den Verteidigungsetat nicht akzeptabel, weil damit die Vorbildfunktion für den öffentlichen Bereich insgesamt nicht erfüllt wird. Ich möchte aber im Gegensatz zu dem, was der Sprecher der Opposition gesagt hat, unterstreichen und damit unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, daß die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr durch den vorliegenden Haushaltsansatz in diesem Bereich voll gewährleistet ist.
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Noch ein kurzes Wort zu dem in den Ausschußberatungen und in den Berichterstattergesprächen intensiv erörterten Thema des Flugzeugs der 90er Jahre. Im Etat 1979 waren dafür 25 Millionen DM vorgesehen. In der Tat haben wir im Etat eine Kürzung von 71 Millionen DM auf 31 Millionen DM vorgenommen. Wir meinen allerdings auch, daß uns schon eine kursorische Betrachtung der Erfahrungen mit der Behandlung von Entwicklungsaufwand, von Forschungsaufwand bei anderen Projekten — Stichwort MRCA — zu einer solchen Vorsicht im Zeitablauf und einer größeren parlamentarischen Transparenz und Kontrolle kommen läßt.
— Wir wissen sehr wohl, daß sich am Ende aus dem, was im Etat in einzelnen Punkten ausgewiesen wird, sehr schnell eine selbst nach vorn entwickelnde Sachzwangabfolge ergibt, an deren Ende nachher Größenordnungen von 15 Milliarden DM für dieses Anschaffungsprogramm stehen. Allein diese Größenordnungen und die bisherigen Erfahrungen mit dem parlamentarischen Verfahren raten hier zur Vorsicht und Umsicht.
Davon sind wir überzeugt, Herr Kollege Haase. Sie können nachher Ihre 15 Minuten verwenden, um die Meinung der Opposition zu diesem Thema darzulegen.
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— Das ist überhaupt kein Lottospiel, sondern darüber ist in verschiedenen Ausschüssen mehr als ausführlich gesprochen worden. Ich hatte das Vergnügen, an einigen Ausschußsitzungen teilzunehmen. Auf Grund meines Kenntnisstandes wage ich zu sagen, es sollte mit etwas mehr Vorsicht und Umsicht vorgegangen werden. Wir werden das Ziel erreichen, das uns vor Augen steht.
Vielleicht können wir dieses Ziel etwas direkter, mit weniger finanziellem Verschnitt und nicht unter solchen eklatanten Sachzwängen erreichen.
Im übrigen findet sich auch im Haushalt wieder, daß wir im Baubereich — der Kollege Haase hat die besonders im Baubereich stark steigenden Preise angesprochen — etwas zur Streckung raten.
Zwei Sätze noch zur angesprochenen Bürokratisierung. Ich bin relativ neu in der Aufgabe des Berichterstatters und Mitrevisors,
aber ich hoffe, ich bin von der fachlichen Betrachtung her nicht so verengt wie Sie manchmal, Herr Kollege Damm, was ich aus Ihren Zwischenrufen entnehme. Ein bißchen ökonomische Betrachtung ist für jeden großen Etat, auch für den Verteidigungsetat, gut. Ein Stück mehr Ökonomie und ein Stück mehr Betrachtung durch Innenrevisore, wie sie die Maizière-Kommission auf den Weg gebracht hat, was vielleicht mit Beratern von außen anzureichern wäre, wäre für jede große Organisation und auch für diese förderlich.
Wir alle respektieren den guten Einstieg in die Thematik, möchten aber ermuntern, die Initiativen in diesem Sinne zu verlängern.
Die Beratungen haben im einzelnen deutlich gemacht, daß durch gute Ansätze durch noch ökonomischere Verhandlungen, beispielsweise hinsichtlich der Informationsträger mit Datenverarbeitungsfirmen, manches noch genauer zu kalkulieren ist. Wir würden dann für die Summe, die hier ausgewiesen ist, mehr Leistung erhalten und damit mehr Verteidigungsbereitschaft haben. Damit würden wir genau Ihrem Petitum entgegenkommen. Aus Ihrer Argumentation müßten Sie das unterstützen, was ich gesagt habe.
Es ist deutlich geworden, daß mit den Geldbeträgen für Ausrüstung, für die Soldaten, für die Mitarbeiter schlechthin, von seiten der FDP-Fraktion die große Bedeutung der Verteidigungsfähigkeit und der hohe Stellenwert dieses Etats eindeutig unterstrichen worden ist. Wir sehen diesen Einzeletat immer in Parallelität mit unseren politischen Bemühungen um Entspannung und Abrüstung.
Als dritten Punkt möchte ich hinzufügen, daß der Gesamteindruck für den Berichterstatter ist, daß die Ansätze, wirtschaftlichem Denken noch stärker zum Durchbruch zu verhelfen, intensiv weitergeführt und weitergepflegt werden müssen. Ich meine, man sollte auch manchmal überlegen — ich scheue mich nicht, das zu sagen —, und zwar vielleicht nicht nur bei diesem Etat, sondern insgesamt, ob wir von dieser ungleichgewichtigen Ausgangsposition parlamentarischer Einzelkämpfer oder kleiner Gruppenkämpfer gegenüber Bataillonen von Referenten und Argumenteuren seitens der Exekutive nicht ein wenig abkommen können, damit es nicht drei Berichterstatter in diesen Gesprächen mit 100 Personen zu tun haben.
Ich würde das als einen kleinen Schritt zu mehr Gleichgewicht zwischen Legislative und Exekutive betrachten.
Abschließend möchte ich aber hinzufügen, daß dieser Etatentwurf nach unserem Eindruck sehr genau kalkuliert worden ist und daß sich die Handschrift eines früheren Finanzministers und Staatsse-
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kretärs aus dem Finanzbereich hier sehr wohltuend ausdrückt.
Wir möchten dies ausdrücklich unterstreichen und auch Dank für die in jeder Hinsicht große Auskunftsbereitschaft und Kooperation des Hauses sagen.