Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Hauser, im Gegensatz zu Ihrer sehr pessimistischen Darstellung, die Sie vom Verteidigungshaushalt gegeben haben, möchte ich von diesem Platz aus ganz deutlich feststellen: Die Sicherheitspolitik der sozialliberalen Koalition hat eine solide finanzielle Basis.
Sie wissen ganz genau, daß die Beratungen im Haushaltsausschuß das auch gezeigt haben.
— Der Verteidigungshaushalt 1980, Herr Kollege Damm, ist sichtbarer finanzielller Ausdruck des politischen Wollens, uns von niemandem fremden Willen aufzwingen zu lassen.
Entgegen den Unkenrufen, die soeben auch der Kollege Hauser vorgetragen hat — und ich gehe davon aus, daß der Kollege Haase das anschließend auch noch tun wird --, besteht bei dieser erheblichen finanziellen Leistung, die wir erbringen, die Gewißheit, daß wir unseren Beitrag im Rahmen des westlichen Verteidigungsbündnisses erfüllen, dabei jedoch nicht überziehen. Zum einen bleibt die Bundeswehr fähig, zusammen mit den Bündnispartnern unsere Freiheit vor äußerer Bedrohung zu schützen. Zum anderen gibt uns das funktionierende Konzept der NATO die Chance, die Verhandlungen über Rüstungskontrollmaßnahmen und Rüstungsbegrenzungen fortzuführen.
Aber auch der Verteidigungshaushalt muß sich im Jahr 1980, wenn der Gesamthaushalt konsolidiert wird, den Notwendigkeiten fügen.
Nur im Rahmen eines ausgewogenen Gesamthaushaltes kann die Erfüllung aller Staatsausgaben gewährleistet werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, die ständige Beschwörung noch höherer Verteidigungsausgaben ist nach meiner Auffassung schädlich, selbst wenn sie, wie soeben durch Sie, Herr Hauser, erneut geschehen, mit vermeintlich guten Argumenten vorgetragen wird.
Erstens wird der Überschätzung der Wirtschaftskraft unseres Landes durch unsere Partner Vorschub geleistet. Zweitens wird den Soldaten und zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr unterschwellig eingeredet, nur wegen der mangelnden Bereitschaft der Bundesregierung werde die personelle und materielle Ausrüstung der Bundeswehr vernachlässigt.
Sicherheitspolitik hat eben nicht nur die eine Dimension „mehr Waffen durch mehr Geld"; wir müssen auch die ökonomische Dimension sehen, d. h. die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes, die erst die Grundlage für eine wirksame Verteidigungsfähigkeit und Verteidigungsbereitschaft der Menschen schafft. Und die sollten wir nicht aus dem Auge verlieren.
Herr Kollege Hauser, Sie haben die Problematik der 3 % angesprochen. Ich will nur noch einmal die Zahlen wiederholen. Im Bundeshaushalt 1980 sind rund 48 Milliarden DM für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien vorgesehen. Das sind 2 Milliarden DM oder 4,8 % mehr als in diesem Jahr. Dieser Aufwuchs in einem Bundeshaushalt, der im Zeichen
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15163
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der Konsolidierung steht, ist nach meiner Auffassung beträchtlich.
Selbstverständlich — das muß man ehrlicherweise zugeben — deckt ein bestimmter Teil nur die Preissteigerungsrate ab. Aber — das sollten wir auch sagen — Sinn des NATO-Beschlusses — eine reale Steigerung der Verteidigungsausgaben im Bereich von jährlich 3 % anzustreben — ist es, mit mehr Geld mehr Verteidigungskraft zu erreichen.
Der Indikator von plus 3 % führt rein rechnerisch und zahlenmäßig bei den NATO-Mitgliedsländern natürlich zu ganz unterschiedlichen Entwicklungen. Ich will Ihnen noch einmal deutlich machen, welche Gefahren darin bestehen, das rechnerisch, buchhalterisch zu sehen.
Es besteht nämlich erstens die Gefahr, daß die Ausgaben um ihrer selbst willen geleistet werden, ohne daß dadurch die Verteidigungsfähigkeit erhöht wird.
— Natürlich, verehrter Herr Kollege Wörner. Ich glaube das einfach deshalb, weil wir es ja in einigen NATO-Partnerländern immer wieder erleben, daß dort Gehaltssteigerungen vorgenommen werden, die mit der Steigerung der Verteidigungsfähigkeit überhaupt nichts zu tun haben.
Zum zweiten. Die Länder, die in der Vergangenheit besonders geringe Leistungen erbracht haben, können ihren Aufwuchs natürlich leichter erfüllen. Zum dritten. Je höher bereits das Niveau der Verteidigungsausgaben ist, desto schwieriger werden weitere Steigerungen.
Ich meine, wir sollten aufpassen, daß die 3 %, die man nicht so sehen darf, als seien sie in einem speziellen Jahr zu erreichen, in der vor uns liegenden Zeit erfüllt werden.
Wenn wir zurückschauen, sehen wir, daß wir dieses Ziel in den letzten zehn Jahren erfüllt haben. Die Verteidigungsausgaben sind in den letzten Jahren real um 29 %, durchschnittlich pro Jahr um 3 %, gestiegen. Ich sage hier: Nicht alle Bündnispartner können von sich Gleiches behaupten.
Wer meint, unsere Verteidigungsleistungen seien zu niedrig, weil wir rein rechnerisch, nach heutiger Schätzung, das 3 %-Ziel nicht erreichen, muß sich fragen lassen, ob er bereit ist, eine Milliarde DM zu den Verteidigungsausgaben zuzulegen. Dann muß er auch ganz konkret sagen, woher dieser Betrag kommen soll.
Meine Damen und Herren, da von Ihnen, Herr Kollege Hauser, das taktische Kampfflugzeug der 90er Jahre angesprochen worden ist und der Kollege Haase sicher dazu noch etwas sagen will, darf ich hier einmal feststellen, daß wir, sollten wir uns für ein derartiges Flugzeug entscheiden, auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen müssen. Die Zahlen, die uns in diesem Zusammenhang vom Verteidigungsministerium genannt worden sind, bewegen sich innerhalb einer Bandbreite von 14 Milliarden DM bis 17 Milliarden DM. Planung und Entwicklung erfordern sicherlich einen Zeitraum von zehn Jahren.
Es ist deshalb zu begrüßen, daß die Bundeswehr frühzeitig damit beginnt, die technischen Möglichkeiten zu erkunden. Auch das kostet Geld. Wir haben im Haushalt des Jahres 1979 dafür schon 25 Millionen DM eingesetzt. Es ist für uns keine Frage, daß dieses Geld bereitgestellt werden muß. Aber es ist sehr wohl eine Frage, in welchem Umfang zu Beginn einer solchen Entwicklung dafür Finanzmittel verwendet werden sollen.
Im Regierungsentwurf waren 71 Millionen DM für 1980 vorgeschlagen. Wir haben für 1980 31 Millionen DM vorgesehen.
Bei langfristigen Entwicklungen, die naturgemäß schwer überschaubar sind, besteht immer die Gefahr, durch zu hohe Mittelansätze über das Ziel der ersten Erkundung hinauszuschießen.
Zu früh werden Optionen aufgegeben. Damit besteht dann auch die Gefahr, daß man sich auf eine einzige Möglichkeit festlegt und später Fehler nicht mehr korrigieren kann.
Sie wissen alle, daß wir uns das eine oder andere Mal schon etwas zu weit vorgewagt haben. Das Parlament wird in solchen Fällen vor vollendete Tatsachen gestellt.
Deshalb sind wir der Meinung, daß zunächst ein weiterer, behutsamer Schritt mit einem Ansatz von 31 Millionen DM angemessen ist. Wir werden, wenn diese Summe ausgegeben ist, die Ergebnisse prüfen. Mit einem solchen Vorgeben werden keine Möglichkeiten verbaut. Es kann auch keine Rede davon sein, daß wir damit die deutsche Luftfahrtindustrie und ihre Arbeitsplätze in Schwierigkeiten bringen.
Wir wollen, daß das Parlament die Möglichkeit hat, jeweils nach überschaubaren finanziellen Teilschritten über den Fortgang des Gesamtprogramms zu entscheiden. Ich füge hier hinzu: Nur so kann das
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Risiko finanzieller Fehlentwicklungen eingegrenzt werden.
Herr Kollege Hauser, wie uns das Haus erklärt hat, ist es richtig, daß die Gesamtsumme des Ansatzes „Forschung und Entwicklung" zurückgeht. Der erste große Generationswechsel in der Bundeswehr ist vollzogen. Wir brauchen in diesem Jahr in dem Bereich etwas weniger Geld.
Im Betriebsbereich muß leider auch die Bundeswehr die Preissteigerungen im Energiesektor hinnehmen. Wir haben im Haushaltsausschuß einvernehmlich 175 Millionen DM für Betriebsstoffe und Heizöl dazugelegt. Dieser Betrag stammt aus dem Gesamthaushalt.
Im Personalbereich wird der erste Schritt zur Realisierung der neuen Heeresstruktur mit der Schaffung von 488 neuen Soldatenstellen und 1 000 Wehrübungsplätzen getan. Es ist sicher nur ein erster Schritt, aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich will hier noch ganz kurz die Besoldungsverbesserung für Soldaten ansprechen, die von besonderer Bedeutung ist. Ich halte es für eine gute Sache, daß die Konsolidierung des Haushalts nicht zu Lasten der Menschen geht, die in der Bundeswehr dienen.
Denn die Sicherheit hat vor allem auch eine im weitesten Sinne soziale Dimension — nicht im Sinne von sozialen Geschenken, sondern im Sinne der materiellen Anerkennung von Leistungen, die unsere Soldaten und die zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr Tag für Tag erbringen.
Im Hinblick auf die Fürsorge und Betreuung in den Streitkräften möchte ich feststellen, daß wir einen außerordentlich hohen Stand erreicht haben. Wir müssen aber immer wieder feststellen, daß in einzelnen Bereichen noch Mängel und Lücken im Gesamtsystem vorherrschen. Deshalb haben wir die Absicht, auch in den künftigen Jahren entsprechende Verbesserungen vorzusehen.
Ich halte es für ganz wesentlich, daß wir in den nächsten Jahren folgende Prioritäten setzen: Wir müssen zum einen das Problem der beschwerlichen Konsequenzen von Versetzungen lösen, die es im Bereich der Bundeswehr gibt. Eine großzügigere Trennungsgeldpraxis kann zur Lösung beitragen. — Wir müssen bei den Zulagen etwas tun. — Wir müssen bei der Unterbringung der Soldaten in den einzelnen Standorten noch mehr tun, obwohl wir dort in den letzten Jahren für die Verbesserung der Unterkünfte sehr viel Geld investiert haben. — Wir müssen aber auch, ähnlich wie wir es im Haushaltsausschuß diskutiert haben, spätestens im Jahre 1981 den Wehrsold anpassen.
Zum Schluß ein sehr wesentliches Problem: Der Verwendungs- und Beförderungsstau muß beseitigt werden.
Ich darf an dieser Stelle noch einmal die Bitte an die Bundesregierung äußern, daß die sozialen Maßnahmen, die wir im Haushaltsausschuß einvernehmlich beschlossen haben, durch entsprechende Gesetzesvorlagen im kommenden Jahr frühzeitig und rechtzeitig hier ins Parlament eingebracht werden, damit die Betroffenen im kommenden Jahr auch noch etwas davon haben.
Meine Damen und Herren von der Opposition, mich schockiert besonders Ihre Aussage, daß Sie diesem Verteidigungshaushalt erneut Ihre Zustimmung versagen.
— Lieber Herr Kollege Damm, ich habe mir einmal sagen lassen, wie sie am 10. Oktober im Verteidigungsausschuß abgestimmt haben. Sie haben von den 17 Kapiteln 11 einstimmig angenommen, bei vier Kapiteln mit jeweils einer Stimmenthaltung und bei einem Kapitel mit einer Gegenstimme votiert.
— Im Haushaltsausschuß — um dies hinzuzufügen
— haben sich die Kollegen Hauser und Haase letztlich nicht anders verhalten, wenn ich das richtig sehe. Sie haben keine größeren Erhöhungsanträge gestellt. Deshalb verstehe ich Ihre Haltung hier im Plenum nicht und sage: Die Opposition hat sich im Verteidigungsbereich jedenfalls schlicht abgemeldet.
— Lieber Herr Kollege Haase, wir werden uns im Jahre 1980 im Land umsehen, wie Sie Ihr Verhalten den Bürgern mit und ohne Uniform erklären.
Lassen Sie mich für die SPD-Bundestagsfraktion feststellen: Unsere Verteidigungsausgaben sind angemessen und zugleich solide finanziert. Wir geben das Geld dort aus, wo wir es unmittelbar und dringend für unsere Verteidigungskraft benötigen. Damit können wir unsere Aufgaben im Bündnis erfüllen. Die Sozialdemokraten stimmen dem Einzelplan 14 vollinhaltlich zu.