Rede von
Hans-Günter
Hoppe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, Franz Josef Strauß hat allenfalls eine Aphorismen- und Pointen-Show geliefert. Der Blick in die Vergangenheit hat keine Lösungsmodelle für die Zukunft hervorgebracht.
Die Finanzpolitik mit ihrer Verschuldensproblematik ist in der Tat ein ernstes Thema. Aber die von Franz Josef Strauß aufgestellte Behauptung, diese Regierung habe auf Stabilitätspolitik überhaupt verzichtet, ist einfach absurd. Auf diesen Punkt werde ich noch eingehend zurückkommen.
Der Kollege Barzel hat dann einen Ausflug in die Deutschlandpolitik gemacht. Nun, an der Deutsch-
15098 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
Hoppe
landpolitik kann man sich natürlich trefflich reiben. Es liegt in der Sache selbst begründet,
daß wir uns mit unbefriedigenden Verhältnissen herumschlagen müssen, nämlich mit den Folgen der Teilung unseres Landes. Daraus kann naturgemäß niemals Zufriedenheit erwachsen.
Was uns Freie Demokraten allerdings grundsätzlich von der Opposition unterscheidet, ist unsere hartnäckige Bereitschaft, um jeden praktischen Fortschritt im deutsch-deutschen Alltag zu ringen.
Die deutschlandpolitischen Anmerkungen der Opposition aber schwankten wieder einmal zwischen nationaler Akklamation und bedrückender Realitätsferne. Die CDU/CSU, die zur Zeit ihrer Regierungsverantwortung den absoluten Stillstand in der Deutschlandpolitik bevorzugt hat, tritt jetzt im anklagenden Ton vor die Bundesregierung, wenn sich die Machthaber in Ost-Berlin aus Angst vor inneren Erschütterungen auf eine harte Linie zurückziehen, wenn sie Vertragsverstöße riskieren oder von den in Helsinki vereinbarten Prinzipien nichts mehr wissen wollen. Mit unserer Kritik gegenüber einer auf den Freiheitsrechten der Bürger herumtrampelnden DDR-Führung werden wir auch in Zukunft nicht hinter dem Berg halten. Wir wollen aber nicht den Eindruck erwecken, als ob es in der Macht der Bundesregierung läge, das jeweilige Fehlverhalten der DDR unverzüglich aus der Welt zu schaffen. Wir haben nicht die Möglichkeit der unmittelbaren Einflußnahme. So schwer es auch fällt und so mühsam es für uns ist: Nur wenn wir die Grenzen unserer Politik genau beachten, werden wir im deutsch-deutschen Verhältnis zu weiteren Fortschritten kommen. Es werden immer nur kleine Fortschritte sein können, aber ihre Summe macht den Erfolg der Politik aus.
Das hat vor wenigen Wochen auch Bundespräsident Karl Carstens sehr deutlich herausgestellt, als er in Berlin erklärte:
Die Ostverträge, das Viermächteabkommen über Berlin und der Grundlagenvertrag mit der DDR haben eine neue Lage für Berlin geschaffen. Auch für die kommenden Jahre werden wir neben politischer Klugheit und festem Willen ein hohes Maß an Geduld brauchen.
Sein Wort in Ihr Ohr, meine Damen und Herren von der CDU/CSU.
Was der Kollege Barzel zu den Ausführungen zu sagen hatte, die Professor Jens auf dem SPD-Parteitag in Berlin gemacht hat, schien mir auch nicht gerade geglückt. Die Kritik von Professor Jens war zwar maßlos überzogen — der Rhetoriker ist da offenbar mit sich selbst durchgegangen —, aber Maßlosigkeit sollte man nicht mit Maßlosigkeit beantworten. Dem Kollegen Barzel ist, wie mir scheint, der Drahtseilakt mißlungen, den er hier an dieser Stelle gewagt hat.
So wirkt denn vieles bei der Opposition krampfhaft und aufgesetzt. Manches davon erklärt sich wohl als eine Reaktion auf die hauseigenen Probleme. Monatelang war die Opposition einem Prozeß der Zerfaserung ausgesetzt. Nun, nachdem sie die drohende Katastrophe der Auflösung dadurch abgewehrt hat, daß sie sich dem Druck der CSU beugte, hat sie offenbar das verständliche Bedürfnis, irgendwo Pflöcke einzuschlagen. Dieser Aktionismus, zunächst von der CSU gegen die CDU inszeniert, hat nun die ganze Union ergriffen.
Am Anfang stand die nackte Drohung mit der Veränderung der Parteienstruktur. Dann folgte der Angriff gegen die Einheitsgewerkschaft. Schließlich kam es zu jener Kampagne zur Vergiftung des politischen Klimas durch die versuchte Gleichsetzung von Sozialdemokratie und Nationalsozialismus. Danach wurde zum Kulturkampf um die Schule geblasen. Jede Verständigung in der Schulpolitik wurde von Bayern fast unmöglich gemacht.
Auch darauf ging die CDU mit Ausnahme des Kultusministers Remmers, der dafür seinen Preis gezahlt hat, ergeben ein.