Rede von
Dr.
Horst
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme zu einem dritten Punkt. Wir haben im Bundeskanzleramt ähnlich wie in einigen anderen Ministerien die Funktion eines Parlamentarischen Staatssekretärs, der dort etwas anspruchsvoller als Staatsminister beim Bundeskanzler bezeichnet wird. Nun sehe ich unseren alten Freund Wischnewski hier nicht mehr auf der Regierungsbank, aber ich muß ihm noch ein kurzes Nachwort zu seiner Tätigkeit als Staatsminister beim Bundeskanzler widmen, wobei ich nicht in den Verdacht geraten will, daß ich etwa seine großen — das meine ich durchaus ernst — Verdienste im Zusammenhang mit Mogadischu in Frage stellen möchte.
Aber es hat in der jüngeren Vergangenheit einen Vorfall gegeben, der uns etwas nachdenklich gestimmt hat. Ich meine das Auftreten und die Rolle, die der Herr Staatsminister beim Bundeskanzler im Zusammenhang mit der Entführung auf dem Köln /Bonner Flughafen gespielt hat.
Ich will hier gar nicht im einzelnen untersuchen, in welchem Ausmaß er dabei seine Zuständigkeit gegenüber den zuständigen Organen der Polizei überschritten hat. Was mich und was uns in der Opposition ein wenig verwundert, um nicht zu sagen: irritiert hat, war
jene Bemerkung, die Herr Staatsminister a. D. Wischnewski von sich gegeben hat, nachdem jener kritische Bericht der Kölner Polizei veröffentlicht wurde. Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 27. November — ich zitiere wörtlich — hat Wischnewski zu diesem Bericht, den vier Kölner Polizeibeamte erstellt hatten, erklärt, „er könne sich ja vorstellen, daß an jenem Tag die Kölner Polizei ein bißchen frustriert gewesen sei, weil sie nicht zum Einsatz gekommen sei".
Ich finde, daß diese Äußerung ein bemerkenswerter Ausfluß von Arroganz
gegenüber den notwendigen Aufgaben und Pflichten unserer Polizei darstellt
und daß auch ein Staatsminister beim Bundeskanzler nicht das Recht hat, in dieser Weise in die Kompetenzen der zuständigen Organe einzugreifen und, wenn darauf hingewiesen wird, in dieser arroganten Art und Weise die zuständigen Polizeibeamten abzukanzeln, die nicht anderes als ihre Pflicht getan haben bzw. tun wollten.
Lassen Sie mich nun zu einem weiteren Punkt kommen.
Der Haushaltsausschuß des Bundestages — Herr Kollege Löffler, ich begrüße das — hat dem Bundeskanzleramt in diesem Jahr einstimmig keine neuen Stellen zur Verfügung gestellt. Der Haushaltsausschuß des Bundestages hat damit deutlich gemacht, daß das Bundeskanzleramt nach seiner Auffassung personell überbesetzt ist, was wir hier in den Haushaltsberatungen wiederholt angesprochen und deutlich gemacht haben.
Ich mache darauf aufmerksam, daß zu Zeiten Konrad Adenauers, Ludwig Erhards und Kurt Georg Kiesingers, als in diesem Kanzleramt noch solide Politik gemacht wurde,
die Hälfte der Mitarbeiterzahl ausreichte, um gute Politik zu machen, während heute die doppelte Zahl noch nicht einmal ausreicht um eine halbwegs hinlängliche Politik zu gestalten
Das Bundeskanzleramt muß auch wieder, wenn es seine eigentliche Funktion als Führungs- und Leitzentrale der deutschen Politik wahrnehmen will, ein kleines, aber schlagkräftiges und personell entsprechend besetztes Instrument der Bundesregierung werden, und es darf keine Ansammlung von Nebenministerien sein, wie wir es jetzt verzeichnen müssen.
In diesem Sinne spiegelt das Bundeskanzleramt sinnbildlich jene Entwicklung wider, die sich seit 1969 in allen Bundesministerien, kennzeichnend für die gesamte Politik dieser Bundesregierung, vollzogen hat. Es hat eine gewaltige Personalaufblähung stattgefunden, die Ausgaben haben sich vervielfacht, ohne daß dabei etwas Besseres herausgekommen ist. Das Bundeskanzleramt ist in diesem Sinne
15048 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
Schröder
Sinnbild einer Finanzpolitik, die nicht sorgfältig auf das Geld des Steuerzahlers achtet, die es mit vollen Händen ausgibt. Und weil das Bundeskanzleramt auch in diesem Sinn ein schlechtes Vorbild für die gesamte Finanz- und Haushaltspolitik und allgemeine Politik dieser Bundesregierung ist, lehnen wir den Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ab.