Rede von
Dr.
Horst
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor der Einzelplan 04 in die große allgemeine politische Aussprache führt, gestatten Sie mir als Berichterstatter einige Anmerkungen zum Etat des Bundeskanzleramtes und zum Bundeskanzleramt selber. Wir haben uns als Berichterstatter — und im Haushaltsausschuß — in diesem Jahr mit einigen kritischen Vorgängen im Kanzleramt befassen müssen. Der Haushaltsausschuß hat einen abschließenden Bericht über den Neubau des Bundeskanzleramtes entgegengenommen und mußte in diesem Zusammenhang feststellen, daß dabei eine Fülle von kostenwirksamen Fehlplanungen und Fehlkonstruktionen vorgenommen worden waren.
Allein in der bisherigen Nutzungszeit des Neubaus mußten aus dem Etat des Bundeskanzleramtes 1,8 Millionen DM für notwendige Reparaturen zur Verfügung gestellt werden. Weitere Maßnahmen für eine halbe Million DM stehen noch vor der Tür. Der berühmte Kanzler-Vorplatz mußte, um eine vom Bundeskanzler persönlich gewünschte Plastik ihren ehrwürdigen Platz finden zu lassen, für 1,3 Millionen DM umgebaut werden.
Meine Damen und Herren, damit hat uns der über 100 Millionen DM teure Komplex allein an Folgekosten noch einmal 3,6 Millionen DM aus dem Haushalt gekostet. Auch an diesen Beispielen wird deutlich, insbesondere an den 1,3 Millionen DM für Umbaumaßnahmen am Vorplatz des Bundeskanzleramtes, wie wenig sorgfältig und sparsam mit den Steuergeldern umgegangen wird.
Meine Damen und Herren, es ist auch noch eines deutlich geworden, nämlich daß dieser Neubau des Bundeskanzleramtes sich in hohem Maße als nicht funktionsfähig erwiesen hat. Im Grunde genommen hat sich bestätigt, was wir damals schon an Kritik zum Ausdruck gebracht haben, daß dieser Neubau nichts anderes als ein Ausfluß der damaligen Ehmkeschen Reformgigantomanie war.
Aber nicht nur der äußere Bau, der Neubau des Bundeskanzleramtes, hat sich als fragwürdig und funktionsunfähig erwiesen. Auch das innere Klima — lassen Sie mich damit auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen — in diesem Neubau entspricht offensichtlich nicht dem, was man sich an Betriebsklima in der Leitungszentrale der deutschen Politik vorstellt und wünscht. Ich habe hier das Ergebnis einer Umfrage, die der Personalrat des Bundeskanzleramtes Anfang dieses Jahres durchgeführt hat und in der doch einige bemerkenswerte Ergebnisse zutage kommen, vor mir liegen.
Ich darf hier mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus diesem Ergebnis der Umfrage des Personalrats zum Thema Vertrauensverhältnis und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Bundeskanzleramt einmal wörtlich zitieren.
Es heißt dort:
Zur Personalabteilung und zur Leitung des Amtes besteht kein Kontakt. Noch nie hat sich jemand aus der Führungsspitze im Abteilungsbereich sehen lassen. Mangelnde menschliche Anteilnahme seitens der Personalabteilung und der Leitung des Amtes muß beklagt werden.
Übermäßige Geheimniskrämerei zeichnet die Personalpolitik aus. Das Personalreferat bringt bei totaler Überbesetzung nur eine mittelmäßige Leistung.
Jetzt kommt eine sehr bezeichnende Beurteilung: Im Amt herrsche eine Zweiklassengesellschaft, die Genossen seien die anderen. So steht es im Bericht des Personalrats.
Dieses Ergebnis wiederholt sich in bezug auf eine andere Frage, bei der es hieß:
Haben Sie den Eindruck, daß bei personellen Maßnahmen sachfremde Erwägungen eine Rolle spielen?
Lassen Sie mich Ihnen auch hier das Ergebnis zur Kenntnis bringen. Mit einer überwiegenden Mehrheit wird von den Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes die Frage bejaht, daß bei personellen Maßnahmen sachfremde Erwägungen eine Rolle spielen.
Lassen Sie uns der Frage nachgehen, welche sachfremden Erwägungen hier eine Rolle spielen. Ich darf wiederum aus dem Bericht des Personalrats zitieren, in dem es wörtlich heißt:
Wiederholt wird die Auffassung geäußert, daß persönliche Beziehungen zu Vorgesetzten oder dem Personalreferat, vor allem aber die Parteizugehörigkeit
— nämlich eine SPD-Patronage — das Weiterkommen erleichtern.
Ich glaube, diese Antworten machen überdeutlich, daß auch der innere Geist in der äußeren Fehlkonstruktion des Neubaus des Bundeskanzleramtes nicht so ist, wie man es von der Leit- und Führungszentrale der deutschen Politik eigentlich erwarten darf, daß hier ganz offensichtlich sachfremde, sprich: vor allen Dingen parteipolitische Erwägungen in der Personalpolitik eine wesentliche Rolle spielen.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15047
Schröder
Lassen Sie mich einen dritten Punkt ansprechen.
— Ich spreche hier nicht als Berichterstatter, aber ich schöpfe sozusagen aus den Kenntnissen des Berichterstatters, Herr Kollege.