Rede von
Lothar
Löffler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zweite Nachtragshaus-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 177. Sitzung. — Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1979 13909
Löffler
halt ist ein Dokument der Sparsamkeit, weil die Bundesregierung und der Haushaltsausschuß sowie dieses Parlament es so wollen, nicht, weil die CDU/ CSU-Fraktion gebohrt hat. Ich habe nämlich von Ihrem Bohren nichts gespürt. Vielleicht haben Sie mit dem Finger gebohrt. Wie das heißt, wenn man mit dem Finger in einem ganz bestimmten Organ bohrt, brauche ich hier in diesem Hause nicht darzulegen. Bohren Sie nicht so viel, sondern sorgen Sie lieber dafür, daß die Anträge, über die Sie hier sprechen, ordnungsgemäß auf dem Tisch liegen.
In drei Punkten möchte ich den Willen zur Sparsamkeit, wie er in diesem Nachtragshaushalt zum Ausdruck kommt, darlegen und begründen.
Erstens. Die geschätzten Steuermehreinnahmen von ca. 2,3 Milliarden DM werden nicht für neue Aufgaben verwandt, sondern dienen dazu, die Nettokreditaufnahme zu senken.
Zweitens. Die im Nachtragshaushalt vorgesehenen Mehrausgaben in Höhe von 1,4 Milliarden DM werden durch Einsparungen an anderen Stellen des Haushaltes gedeckt.
Drittens. Darüber hinaus hat der Haushaltsausschuß Ermächtigungen. in Höhe von 570 Millionen DM zurückgenommen, da diese Mittel mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr nicht mehr abfließen werden. Dieser Betrag dient ebenfalls zur Verminderung der Nettokreditaufnahme.
Die neue Nettokreditaufnahme liegt jetzt bei 28 370 000 000 DM. Faktisch dürfte sie noch niedriger sein, da wir auf diese Nettokreditaufnahme nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen aus den Vorjahren in Höhe von 4 Milliarden DM angerechnet haben. Das ist — insgesamt gesehen — ein günstiges Ergebnis.
Dieses günstige Ergebnis konnte aber nur deshalb erzielt werden, weil die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Monaten positiv verlaufen ist. Ohne die Arbeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses geringschätzen zu wollen, muß einmal unterstrichen werden: Das Verdienst an der maßvollen Zurückführung der Schuldenaufnahme liegt in erster Linie in der lückenlosen Finanzpolitik der letzten Jahre begründet. Diese Finanzpolitik ist darauf ausgerichtet, unserer Wirtschaft zum Wachstum zu verhelfen. Mit welchen einzelnen Maßnahmen dieses Ziel verfolgt wurde, braucht hier nicht noch einmal erläutert zu werden. Das haben wir in vielen Haushaltsberatungen und in zahlreichen Wirtschaftsdiskussionen hier in diesem Saal dargelegt.
Wer den letzten Monatsbericht der Deutschen Bundesbank zur Hand nimmt, kann sich dort anhand von nüchternen Zahlen und Fakten von dem Erfolg dieser in sich logisch geschlossenen Finanzpolitik überzeugen. Die Zahlen, die dort wiedergegeben sind, sind um so gewichtiger, als sie von einer neutralen, zu strenger Sachlichkeit verpflichteten Einrichtung stammen. Wären wir in den vergangenen Jahren den haushaltspolitischen Vorstellungen der Opposition gefolgt,
sähe unsere konjunkturelle Landschaft, lieber Herr Kollege Carstens, mit Sicherheit anders aus — nämlich schlechter,
sehr geehrter Herr Stavenhagen. Auf eine Beschreibung der gegenwärtigen konjunkturellen Situation kann hier verzichtet werden; das kann nachgelesen werden, z. B. im Bundesbank-Bericht, der mit dem Satz beginnt — ich zitiere —:
Der konjunkturelle Aufschwung in der Bundesrepublik hat sich in den letzten Monaten mit ungeschwächter Dynamik fortgesetzt, obgleich die drastischen Verteuerungen im Energie- und Rohstoffbereich die Wirtschaft der Bundesrepublik und auch die der wichtigen Partnerländer belasten.
Die Lage ist also alles in allem positiv zu beurteilen. Wenn man die Bundesregierung ansonsten für alles verantwortlich macht, auch für Dinge, für die sie die Verantwortung eigentlich nicht zu tragen hat, dann muß man fairerweise anerkennen, daß sie auch für diese positive Entwicklung verantwortlich ist, und ihr die Anerkennung dafür aussprechen.
Die positive Entwicklung führt zu höheren Steuereinnahmen. Herr zu Sayn-Wittgenstein ist heute auf dieses Thema nicht eingegangen. Dieses Thema haben wir ja hier schon häufig genug abgehandelt. Es liegt natürlich in der Logik einer antizyklischen Finanzpolitik, daß der Staat in Zeiten des wirtschaftlichen Niederganges oder der wirtschaftlichen Stagnation helfend eingreifen kann, auch wenn er sich dabei verschulden muß. Werden die Zeiten wieder besser, zieht sich der Staat aus seiner konjunkturellen Verantwortung im gebotenen Maße zurück
und benutzt die Steuermehreinnahmen zur Absenkung seiner Schuldenaufnahme, wie der Zweite Nachtragshaushalt beweist. Lieber Herr Kollege Stavenhagen, gucken Sie doch bitte einmal in die Unterlagen hinein. Das ist ein zusammenhängender ökonomischer Vorgang, der nicht willkürlich auseinandergerissen und einzeln betrachtet werden kann, wie es die Opposition mit ihren ständigen Hinweisen auf die erhöhten Steuern tut, die unsere Bürger angeblich zahlen müssen. Schließlich kann man den Staat nicht als Oberbuchhalter ansehen, der die großen volkswirtschaftlichen Konten führt. Die Verpflichtung des Staates für die Wohlfahrt seiner Bürger bringt es vielmehr mit sich, daß er als eine gestaltende Kraft diese volkswirtschaftlichen Konten positiv beeinflussen muß.
13910 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 177. Sitzung. — Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1979
Löffler
Dazu braucht er einen finanzpolitischen Spielraum, den die Opposition ihm am liebsten nehmen möchte.
Das ist nicht unsere Auffassung vom Staat. Ich wäre sehr interessiert, zu erfahren — ich werde es nur leider nicht mehr erleben —, ob das auch dann noch Ihre Auffassung wäre, wenn Sie die Regierung stellten, oder ob Sie sich dann nicht mehr zu unserer Haltung bekennen würden.
— Wie gesagt, lieber Herr Stavenhagen, ich bin zwar noch nicht allzu alt, aber ich erlebe es nicht mehr.
Ein bißchen ist das hier eine Geisterdebatte. Ich muß mich jetzt zu Anträgen äußern, die gar nicht vorliegen. Aber ich will es dennoch tun, denn Herr von Sayn-Wittgenstein hat sich alle Mühe gegeben, die Anträge zu begründen. Also soll er auch eine Antwort darauf bekommen.
Was die Rohölreserve anbelangt, so wissen wir, daß der . diesbezügliche Titel außerordentlich schwer richtig zu schätzen ist. Wir haben schon bei der Beratung des Haushaltsplanes um diesen Titel besonders intensiv gerungen. Wir haben 310 Millionen DM von diesem Titel heruntergenommen und einen Restbetrag von etwas über 200 Millionen DM stehenlassen. Wir haben geglaubt, daß kein Geld abfließen wird. Es ist jetzt doch etwas abgeflossen. An diesen Titel kann man nicht herangehen. Die Opposition hat sich ja im Haushaltsausschuß gegen eine Kürzung dieses Ansatzes gewandt, offensichtlich in Verkennung der Tatsachen. Jetzt wollen Sie den Titel gänzlich streichen. Das ist eine schnelle Drehung. Schnelle Drehungen sind beim Walzertanzen sehr beliebt, aber in der Haushaltspolitik völlig ungeeignet.