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ID0816702500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/167 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 167. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. Juli 1979 Inhalt: Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche vom 10. September 1979 13317 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Energiepolitik nach dem Europäischen Rat und dem Weltwirtschaftsgipfel in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Narjes, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Lenzer, Dr. Waigel, Dr. Laufs, Gerstein, Kolb, Dr. Czaja, Dr. Probst, Engelsberger, Dr. Hubrig, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, von Hassel, Benz, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Sicherung der Energieversorgung und Zukunftsorientierung der deutschen Energiepolitik — Drucksache 8/2961 (neu) — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 5. April 1973 zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Abs. 1 und 4 des Vertrages vom 1. Juli 1968 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Verifikationsabkommen) (Ausführungsgesetz zum Verifikationsabkommen) — Drucksache 8/2779 — Schmidt, Bundeskanzler 13317 D, 13384 B, 13391 C Porzner SPD (Zur Geschäftsordnung gemäß § 34 GO) 13328 C Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 13329 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 13339 B Dr. Albrecht, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen 13348 A, 13390 D Genscher, Bundesminister AA 13352 B Dr. Narjes CDU/CSU 13354 C Schmidt (Wattenscheid) SPD 13359 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13364 C Dr. Hauff, Bundesminister BMFT 13370 B Dr. Biedenkopf CDU/CSU 13373 D Ueberhorst SPD 13378 B Zywietz FDP 13381 C Dr. Kohl CDU/CSU 13387 D Dr. Gruhl fraktionslos 13393 D Nächste Sitzung 13397 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13399* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juli 1979 13317 167. Sitzung Bonn, den 4. Juli 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 165. Sitzung, Seite 13231*: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist der Name „Müller (Remscheid)" einzufügen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Althammer 4. 7. Dr. Arnold 4. 7. Bayha 4. 3. Dr. Becher (Pullach) 4. 7. Frau Benedix 4. 7. Blumenfeld 4. 7. Dr. Böhme (Freiburg) 4. 7. Brandt 4. 7. Büchner (Speyer)* 4. 7. Conradi 4. 7. Fellermaier* 4. 7. Frau Dr. Focke 4. 7. Haberl 4. 7. Hauser (Krefeld) 4. 7. Dr. Haussmann 4. 7. Graf Huyn 4. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) 4. 7. Dr. h. c. Kiesinger 4. 7. Koblitz 4. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Köster 4. 7. Lintner 4. 7. Dr. Dr. h. c. Maihofer 4. 7. Dr. Meinecke (Hamburg) 4. 7. Dr. Müller** 4. 7. Müller (Remscheid) 4. 7. Neumann (Bramsche) 4. 7. Oostergetelo 4. 7. Picard 4. 7. Pieroth 4. 7. Rappe (Hildesheim) 4. 7. Rosenthal 4. 7. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 4. 7. Scheffler** 4. 7. Frau Schlei 4. 7. Dr. Schmitt-Vockenhausen 4. 7. Frau Schuchardt 4. 7. Dr. Schwencke (Nienburg)** 4. 7. Spilker 4. 7. Dr. Starke (Franken) 4. 7. Volmer 4. 7. Dr. Waffenschmidt 4. 7. Walkhoff 4. 7. Frau Dr. Walz 4. 7. Würzbach 4. 7. Dr. Wulff 4. 7.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Nein, ich möchte das jetzt zu Ende führen, Frau Präsidentin.
    In Wahrheit ist dies eine demokratische Herausforderung für uns alle, und ich habe das immer gesagt. Wenn wir Projekte der geplanten Art verwirklichen wollen, dann müssen wir die Menschen überzeugen. Ich habe sehr wohl notiert, daß der Herr Bundeskanzler heute gesagt hat, solche Vorhaben müßten für eine breite Mehrheit unserer Bevölkerung akzeptierbar sein und wir hätten hier eine Bringschuld an Information. Zu Gorleben kann ich nur sagen, daß die Bringschuld zunächst nicht erbracht worden ist. Aber auch hier kommen wir immer wieder auf denselben Punkt zurück. Wir haben nach meiner Erfahrung nicht die geringste Chance, unsere Bürger zu überzeugen, wenn nicht einmal die Parteien selber überzeugt sind.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)




    Ministerpräsident Dr. Albrecht (Niedersachsen)

    Solange die SPD in Bonn sagt, wir brauchen unbedingt die Wiederaufarbeitung, und die SPD in Hannover und in ganz Niedersachsen sagt, wir wollen auf keinen Fall eine solche Wiederaufarbeitung, solange die SPD als große Regierungspartei also mit zwei Zungen spricht, besteht überhaupt keine Chance dafür, daß sich die politischen Verhältnisse im Lande verbessern.
    Dies ist die Lage, und es bleibt für uns zu erörtern, welche Konsequenzen sich aus dieser Lage ergeben. Für die Landesregierung sind zwei Anliegen vorrangig. Das eine ist, daß die deutschen Kernkraftwerke sicher entsorgt werden. Das zweite ist, daß die im. Atomgesetz verankerte Entsorgungskopplung nicht so gefaßt werden darf, daß wir eines Tages vor der Blockade eines großen Teils unserer Elektrizitätsversorgung stehen. Die niedersächsische Landesregierung verlangt von der Bundesregierung nicht — ich habe das ausdrücklich noch einmal bestätigt —, daß sie auf die Option der Wiederaufarbeitung verzichtet. Ich will gern hinzufügen: Es entspricht meiner persönlichen Meinung, daß wir schlußendlich doch zu dieser Lösung des Entsorgungsproblems kommen müssen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    Aber die Landesregierung empfiehlt der Bundesregierung, ihr Entsorgungskonzept zu erweitern, damit wir nicht plötzlich vor einer Wand stehen. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen gemacht, und ich habe mit Interesse gesehen, daß der Bundesparteitag der FDP diese Vorschläge weitgehend übernommen hat.
    Diese Vorschläge bestanden erstens darin, daß man zunächst einmal zwischenlagert — der FDP-Parteitag hat das akzeptiert —, damit wir aus dem Zeitdruck herauskommen und auch die technischen Entwicklungsarbeiten weiter vorantreiben, können.
    Wir haben zweitens gefordert, daß man die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten über die Wiederaufarbeitung und die Endlagerung nach Wiederaufarbeitung zu Ende führt. Das braucht ohnehin noch zehn Jahre Zeit. Parallel dazu sollen die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die direkte Endlagerung ohne Wiederaufarbeitung weitergeführt werden. Es ist zwar richtig, daß diese direkte Endlagerung zur Stunde nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht; aber das ist kein Grund, die Voraussetzungen dafür nicht zu schaffen. Wir haben uns bisher kaum Mühe gegeben, Forschungsarbeiten für die direkte Endlagerung zu betreiben, und deshalb ist es höchste Zeit, daß dies geschieht. Ich habe mich gefreut, zu sehen, daß in Bremen von der FDP auch diese Untersuchung alternativer Entsorgungstechnologien, wie es dort heißt, gefordert wird.
    Drittens haben wir gesagt, daß wir aktiv und sofort das vorbereiten müssen was letztlich für die Entsorgungskopplung ausschlaggebend ist, und das ist das Endlager. Dafür sind die Tiefbohrungen erforderlich. Die Landesregierung hat jetzt dank ihrer Entscheidung die Schlußfolgerung ziehen können, daß die Tiefbohrungen in Gorleben beginnen. Wir können jetzt hoffen, daß sich diese Tiefbohrungen unter tragbaren innenpolitischen Umständen vollziehen.
    Meine Damen und Herren, dies ist in der Tat schon eine beachtliche Annäherung. Ich habe den Gesprächen zwischen der Bundesregierung und der niedersächsischen Landesregierung entnommen, daß auch die Bundesregierung prinzipiell bereit ist, diesen Weg zu gehen. Eine große Meinungsverschiedenheit bleibt: Die Landesregierung hat bisher feststellen müssen, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, die Entsorgungsdefinition im Atomgesetz zu ändern. Wir meinen, daß sich hieraus große Risiken für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ergeben. Nach einer sorgfältigen Analyse des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg sind wir der Meinung, daß es notwendig ist, eine Erweiterung — nicht Veränderung, Erweiterung! — der Entsorgungsdefinition vorzunehmen, die Zwischenlager in die zulässige Entsorgung für mehrere Jahre einzubeziehen und dann auch die Möglichkeit der direkten Endlagerung anzusprechen.
    Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum sich die Bundesregierung weigert, an das Atomgesetz heranzugehen. Ich mag nicht unterstellen, daß das Prestigegesichtspunkte sind, daß man etwas, was man früher einmal beschlossen hat, nicht ändern will. Nein, ich glaube, daß die Antwort woanders zu suchen ist. Ich meine, daß die innere Zerstrittenheit der Regierungskoalition so groß ist,

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Genauso ist es!)

    daß sie es nicht mehr wagen kann, irgendwo Hand an das Atomgesetz zu legen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hierzu müssen wir von seiten der Opposition und von seiten der deutschen Bundesländer sagen: Daran darf doch nicht die deutsche Energieversorgung scheitern! Wir dürfen doch nicht riskieren, daß eines Tages die Gerichte sagen, auf Grund eurer Entsorgungsdefinition ist die Entsorgung nicht gewährleistet, und daß wir deshalb zu einem Baustopp für alle weiteren Kernkraftwerke und — in einer zweiten Phase — zur Abschaltung auch bestehender Kernkraftwerke kommen! Mir liegt deshalb daran,

    (Wehner [SPD] : Eine Komödie zu spielen!)

    heute vor diesem Hohen Hause zu Protokoll zu geben, daß die Landesregierung nachdrücklich verlangt, daß die Entsorgungsdefinition erweitert wird, und daß, wenn dies nicht geschieht, die Bundesregierung — und nur die Bundesregierung! — dies eines Tages zu verantworten haben wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In Wahrheit, meine Damen und Herren, läuft das alles auf denselben entscheidenden Punkt hinaus: Es kommt nicht darauf an, was die Bundesregierung hier verkündet, es kommt nicht auf die geschriebenen Programme an, es kommt darauf an, daß in der politischen Wirklichkeit die Aktionseinheit wiederhergestellt wird. Und hier ist der Bun-



    Ministerpräsident Dr. Albrecht (Niedersachsen) deskanzler gefordert, und hier sind auch Sie gefordert, Herr Wehner, hier ist Herr Brandt gefordert, den man im allgemeinen nur oberhalb der Wirklichkeit thronen sieht.

    (Wehner [SPD] : Sie sind ein Komödiant! — Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Unerhört! — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Er ist getroffen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Es braucht Sie nicht zu beschweren, Herr Wehner, ob ich ein Komödiant bin oder nicht. Aber wenn Sie hier Ihre Arbeit leisten und dafür sorgen würden,

    (Wehner [SPD] : Was heißt hier „würden"? — Konrad [SPD] : Das können Sie doch gar nicht beurteilen!)

    daß auch die SPD in Deutschland in der Energiepolitik wieder mit einer Stimme spricht, dann hätten Sie der Bundesrepublik Deutschland einen Dienst erwiesen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen, Herr Genscher.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU: Porzner, Porzner! — Seiters [CDU/CSU] : Herr Wehner, das ist die Komödie, die hier gespielt wird!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehöre der Bundesregierung inzwischen fast zehn Jahre an

    (Zuruf von der CDU/CSU: Viel zu lange!)

    und habe niemals in einer Parlamentsdebatte — es sei denn zu einer Regierungserklärung — das Wort ergriffen, bevor nicht die Redner der ersten Runde des Parlaments gesprochen hatten. Der Beitrag des Herrn Ministerpräsidenten Albrecht zwingt mich indessen dazu, heute von dieser Regel im Sinne der Klärung der Verhältnisse in diesem Lande abzuweichen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Bei Herrn Strauß war das genauso!)

    Herr Kollege Albrecht, wir haben in einer für unser Land historischen Stunde verantwortungsvoll zusammengearbeitet. Ich denke, daß wir damit unserem Lande gemeinsam einen Dienst geleistet haben. Mein persönlicher Respekt vor Ihrem Verhalten damals ist in keiner Weise beeinträchtigt. Was Sie aber heute vorgetragen haben, war der Versuch, nach der Devise „Haltet den Dieb" zu handeln.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Kolb [CDU/CSU] : Wo sitzt denn der Dieb? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich sage Ihnen: Ich teile Ihren Respekt vor den
    Sorgen der Bürger in jener Gegend, in der das Ent-
    sorgungslager errichtet werden soll, in jener Gegend, in der die Wiederaufbereitungsanlage errichtet werden soll, dort, wo die Tiefbohrungen stattfinden sollen. Ich teile Ihren Respekt vor der Sorge der dort wohnenden Menschen. Aber weil ich diesen Respekt teile, erwarte ich auch von Ihnen, daß Sie Respekt vor denjenigen haben, die in den Regierungsparteien, auch wenn sie nicht dort wohnen, ebenfalls Sorgen wegen der Probleme haben, die dort entstehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — KrollSchlüter [CDU/CSU] : Das ist nicht das Thema! Sie sprechen mit zwei Zungen!)

    Wenn wir schon über Mehrheitsverhältnisse auf Parteitagen sprechen, dann bitte ich, daß Sie klar und eindeutig wiedergeben, was der Parteitag der FDP mit welcher Mehrheit beschlossen hat. Nicht mit zwei oder drei Stimmen Mehrheit, sondern mit einer satten Zweidrittelmehrheit hat unser Parteitag unser Programm beschlossen.

    (Beifall bei der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    — Da mögen Sie lachen, Herr Kollege, weil das nicht in Ihr Konzept paßt. Es paßt nicht in das Konzept, uns die Verantwortung dafür aufzuerlegen, daß in Niedersachsen jetzt Probleme für die nationale Energieversorgung entstanden sind.

    (Beifall bei der FDP — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    In der Frage der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland tragen wir alle, ganz gleich, welcher Partei wir angehören, eine gemeinsame nationale Verantwortung.

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Sehr richtig!)

    Wir tragen sie als Parteien, wir tragen sie als Abgeordnete, wir tragen sie als Bundesregierung, und wir tragen sie als Landesregierungen. Da kann sich die Bundesregierung nicht — und sie wird es nicht tun — mit Hinweis auf eine Landesregierung herausreden. Aber es kann sich auch keine Landesregierung mit Hinweis auf die Bundesregierung herausreden. Es kann sich auch keine Regierung, weder im Bund noch im Land, mit dem Hinweis auf das Verhalten ihrer jeweiligen Opposition herausreden.

    (Beifall bei der FDP)

    Wohin hätten wir denn in den letzten zehn Jahren kommen sollen, wenn wir jedesmal das unterlassen hätten, wogegen Sie in diesem Parlament gestimmt haben?

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/CSU] : Wie ist es denn mit der Änderung des Atomgesetzes? — Kolb [CDU/CSU]: Art. 74, Herr Genscher!)

    Was von dieser Debatte ausgehen muß, wenn sie einen Nutzen haben soll, ist die Erklärung der Bereitschaft, daß die Verfassungsorgane dieses Landes — die Bundesregierung, die Landesregierungen und die zur Entscheidung berufenen gesetzgeben-



    Bundesminister Genscher
    den Organe, also auch Bundesrat und Bundestag — zusammenwirken, um die ohne Zweifel vorhandenen Mehrheiten für die Sicherstellung der nationalen Energieversorgung einzusetzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Herr Kollege, können Sie nicht wenigstens einmal zuhören, wenn jemand aus dem anderen Lager etwas sagt, weil er sich Sorgen darum macht, ob dieses Land seine Energieversorgung auch wirklich garantieren kann?

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, was hier von diesem Beitrag ausgehen soll, ist das Angebot zu einer energiepolitischen Kooperation von Bundesregierung und Landesregierungen. Da wollen wir kein Schwarzer-Peter-Spiel in Gang setzen, da wollen wir Gemeinsamkeiten dort, wo sie da sind, nicht verdecken, sondern deutlich machen: Zur Pflicht in der Politik gehört es, daß man Gegensätze nicht verkleistert. Die Offentlichkeit muß wissen, wo jeder steht. Die Offentlichkeit muß erkennen können, was Parteien trennt. Aber es gehört auch zur Verantwortung der Politiker, daß dort, wo Überzeugungen gemeinsam sind, diese gemeinsamen Überzeugungen auch dann ausgesprochen werden, wenn ein Stück Auseinandersetzungsmöglichkeit auf diese Weise verlorengeht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Dr. von Bismarck [CDU/CSU])

    — Ich biete hier, Herr Kollege von Bismarck, eine Kooperation an, nicht mehr.
    Ich hätte mich — ich sage es noch einmal — zu diesem Teil überhaupt nicht gemeldet, wenn nicht ein Parteitag meiner Partei in dieser Weise in die Diskussion eingeführt worden wäre. Wir wollen in der Tat als Bundesregierung wissen, ob alle Länder
    — der Kollege Albrecht hat ja dargelegt, in wie vielen Ländern die CDU die Regierungschefs stellt
    — bereit sind, dem Vorschlag des Bundeskanzlers zu folgen, Zwischenlager zu errichten. Das wäre auch ein praktischer Ausdruck der Bereitschaft, die Verantwortung gemeinsam zu tragen. Das machte es auch leichter, den Menschen das Risiko der friedlichen Nutzung der Kernenergie verständlich, aber auch erträglich zu machen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — KrollSchlüter [CDU/CSU]: Darum geht es!)

    Vielleicht können wir dazu eine Antwort bekommen.
    Meine Damen und Herren, ich möchte gern noch eine andere Frage stellen.

    (Seiters [CDU/CSU]: Tun Sie das!)

    Ich möchte fragen, ob die Kollegen der CDU/CSU und auch die hier vertretenen Landesregierungen, gleichviel wie sie zusammengesetzt sind, einer Formulierung zustimmen könnten, die etwa lautet: „Die Regierungen von Bund und Ländern werden in gemeinsamer Verantwortung" — ich betone: „in gemeinsamer Verantwortung" — „das Ziel eines
    integrierten Entsorgungskonzepts aufrechterhalten und gleichzeitig parallel alternative Entsorgungstechnologien untersuchen. Angesichts der Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung ist auch die Möglichkeit zu erörtern, bei der Verwirklichung eines integrierten Entsorgungskonzepts schrittweise vorzugehen."
    Meine Damen und Herren, ist das nicht ein verantwortungsvolles Angebot? Könnte nicht diese Debatte ein Anlaß sein, dazu eine Klärung herbeizuführen, die dann Grundlage einer gemeinsamen nationalen Energiekonzeption und einer nationalen Energiepolitik sein könnte?

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Lenzer [CDU/CSU])

    Die Bundesregierung hat sich gegenüber dem Land Niedersachsen niemals ihrer Verantwortung entzogen. Herr Ministerpräsident Albrecht wird sicher zugestehen, daß das Verwaltungsabkommen, das er für notwendig hielt, wie die Bundesregierung es für notwendig hielt, nach gründlichen Beratungen zustande gekommen ist. Das zeigt, daß die Bundesregierung nicht nur Worte in Parlamentssitzungen gebraucht, sondern daß sie Taten dort vollbringt, wo sie erwartet werden.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Von „schießen" hat bei uns niemand gesprochen, und schießen will niemand. Ich denke, daß wir auf allen Seiten dieses Hauses das feststellen können, was hier Herr Ministerpräsident Albrecht zum Ausdruck gebracht hat.
    Als ich mich zur Wort meldete, meine Damen und Herren, war der Grund eigentlich ein gänzlich anderer. Ich hätte deshalb auch eine Stunde später sprechen können. Ich wollte etwas zu den Bemerkungen sagen, die Herr Ministerpräsident Strauß zur internationalen Situation und ihrer Bedeutung für den Frieden in Europa, den Frieden im Nahen Osten und damit auch für die Entwicklung unseres Landes und die Energieversorgung gemacht hat.
    Ich teile Ihre Auffassung, Herr Ministerpräsident, daß wir im Nahen Osten in einer außerordentlich kritischen Situation stehen. Es ist ein Vorzug, daß sich die Nahostpolitik der Bundesregierung in Übereinstimmung mit ihren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft befindet. Wir müssen uns der Tatsache bewußt sein, daß in diesen Wochen und Monaten die Ländern -des Nahen Ostens an die Staaten der Europäischen Gemeinschaft Erwartungen für eine aktive Rolle im Friedensprozeß herantragen, weil sie wissen, daß es nur den einen Frieden gibt: für Europa und für den Nahen Osten.
    Wir haben durch die Beitrittsverhandlungen mit Griechenland, Portugal und Spanien drei weitere südeuropäische Länder in der Gemeinschaft. Damit sind wir mit dem Mittelmeerraum noch näher verbunden. Es ist keine Übertreibung, zu sagen, daß der Frieden des Nahen Ostens unser Frieden ist und daß unser Frieden auch der Frieden des Nahen Ostens ist.



    Bundesminister Genscher
    Die Lage in der Türkei hat deutlich gemacht, daß nicht nur die Mitgliedschaft dieses Landes in der NATO, sondern allein seine innere Stabilität von Bedeutung für die Stabilität in der ganzen Region ist. Ich stehe hier nicht an, dem Herrn Kollegen Kiep für seine verdienstvollen Bemühungen zu danken, eine vernünftige Lösung zur wirtschaftlichen Stärkung der Türkei herbeizuführen oder mindestens mit Tatkraft zu fördern.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Die Bundesregierung bemüht sich mit ihren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft, aktiv zur Lösung des Nahostkonfliktes beizutragen. Unsere Vorstellungen darüber, wie eine umfassende, gerechte und damit dauerhafte Lösung des Nahostproblems aussehen sollte, haben wir mit unseren EG-Partnern beraten. Wir haben sie in der gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom Juni 1977 niedergelegt. Wir haben unlängst eine neue Erklärung zur Siedlungspolitik und zu anderen Fragen abgegeben. Es geht jetzt entscheidend darum, daß wir unseren ganzen Einfluß dafür einsetzen, daß die Einheit des arabischen Lagers wiederhergestellt werden kann, weil nur dann eine umfassende, von allen akzeptierte Friedensregelung erreicht werden kann, eine Friedensregelung, die auch Ägypten wieder mit seinen arabischen Brudervölkern zusammenführen wird, und eine Friedensregelung, die das Existenzrecht Israels auf Dauer garantiert.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das ist das Ziel deutscher und europäischer Nahostpolitik. In dieser Frage wollen wir mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten.
    Ich habe die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten Strauß heute dahin verstanden, daß er im Prinzip einer solchen Politik seine Zustimmung geben kann. Er hat kritisiert, daß sich der Bundeskanzler — so habe ich das jedenfalls verstanden — zu einzelnen Fragen dieses Problems nicht näher geäußert hat, hat aber gleichzeitig auch festgestellt, daß es sich um so komplizierte und delikate Fragen handelt, daß sie einer öffentlichen Erörterung nicht zugänglich sind.
    Herr Ministerpräsident, ich mache Ihnen das Angebot, diese Fragen der Nahostpolitik im Auswärtigen Ausschuß des Deutschen Bundestages, im Auswärtigen Ausschuß des Bundesrates und, wenn es gewünscht wird, auch am Freitag dieser Woche bei der Zusammenkunft des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder zu besprechen.

    (V o r sitz : Vizepräsident Dr. von Weizsäcker)

    Ich wiederhole, was ich am Anfang gesagt habe: Eine lebendige Demokratie lebt davon, daß Gegensätze nicht verkleistert, sondern offengelegt werden. Aber Parlamentarier und Politiker würden ihre Pflicht versäumen und frevelhaft handeln, wenn sie dort, wo Übereinstimmung vorhanden ist, diese Übereinstimmung nicht auch der Offentlichkeit deutlich machten. Mir scheint, an dieser Stelle ist das der Fall. Das deutlich zu machen war Ziel
    meines Beitrages. Ich wäre dankbar, wenn das für die Offentlichkeit festgehalten werden könnte und der Offentlichkeit verständlich geworden wäre.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)