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ID0816701300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/167 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 167. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. Juli 1979 Inhalt: Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche vom 10. September 1979 13317 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Energiepolitik nach dem Europäischen Rat und dem Weltwirtschaftsgipfel in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Narjes, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Lenzer, Dr. Waigel, Dr. Laufs, Gerstein, Kolb, Dr. Czaja, Dr. Probst, Engelsberger, Dr. Hubrig, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, von Hassel, Benz, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Sicherung der Energieversorgung und Zukunftsorientierung der deutschen Energiepolitik — Drucksache 8/2961 (neu) — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 5. April 1973 zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Abs. 1 und 4 des Vertrages vom 1. Juli 1968 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Verifikationsabkommen) (Ausführungsgesetz zum Verifikationsabkommen) — Drucksache 8/2779 — Schmidt, Bundeskanzler 13317 D, 13384 B, 13391 C Porzner SPD (Zur Geschäftsordnung gemäß § 34 GO) 13328 C Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 13329 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 13339 B Dr. Albrecht, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen 13348 A, 13390 D Genscher, Bundesminister AA 13352 B Dr. Narjes CDU/CSU 13354 C Schmidt (Wattenscheid) SPD 13359 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13364 C Dr. Hauff, Bundesminister BMFT 13370 B Dr. Biedenkopf CDU/CSU 13373 D Ueberhorst SPD 13378 B Zywietz FDP 13381 C Dr. Kohl CDU/CSU 13387 D Dr. Gruhl fraktionslos 13393 D Nächste Sitzung 13397 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13399* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juli 1979 13317 167. Sitzung Bonn, den 4. Juli 1979 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 165. Sitzung, Seite 13231*: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist der Name „Müller (Remscheid)" einzufügen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Althammer 4. 7. Dr. Arnold 4. 7. Bayha 4. 3. Dr. Becher (Pullach) 4. 7. Frau Benedix 4. 7. Blumenfeld 4. 7. Dr. Böhme (Freiburg) 4. 7. Brandt 4. 7. Büchner (Speyer)* 4. 7. Conradi 4. 7. Fellermaier* 4. 7. Frau Dr. Focke 4. 7. Haberl 4. 7. Hauser (Krefeld) 4. 7. Dr. Haussmann 4. 7. Graf Huyn 4. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) 4. 7. Dr. h. c. Kiesinger 4. 7. Koblitz 4. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Köster 4. 7. Lintner 4. 7. Dr. Dr. h. c. Maihofer 4. 7. Dr. Meinecke (Hamburg) 4. 7. Dr. Müller** 4. 7. Müller (Remscheid) 4. 7. Neumann (Bramsche) 4. 7. Oostergetelo 4. 7. Picard 4. 7. Pieroth 4. 7. Rappe (Hildesheim) 4. 7. Rosenthal 4. 7. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 4. 7. Scheffler** 4. 7. Frau Schlei 4. 7. Dr. Schmitt-Vockenhausen 4. 7. Frau Schuchardt 4. 7. Dr. Schwencke (Nienburg)** 4. 7. Spilker 4. 7. Dr. Starke (Franken) 4. 7. Volmer 4. 7. Dr. Waffenschmidt 4. 7. Walkhoff 4. 7. Frau Dr. Walz 4. 7. Würzbach 4. 7. Dr. Wulff 4. 7.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dollinger?


Rede von Dr. Werner Dollinger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundesminister, in meiner Erklärung heißt es allerdings auch:
Es ist zu bedauern, daß es nicht gelungen ist, über eine allgemeine Erklärung hinaus eine gemeinsame Strategie der Industrieländer zur Sicherung des nach wie vor steigenden Energiebedarfs ihrer Volkswirtschaften zu entwickeln.
Würden Sie mir das bestätigen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Diesen Punkt habe ich soeben mit dem Hinweis — entschuldigen Sie, Sie haben recht — auf Ihre nationale Kritik ansprechen wollen. Im übrigen, Herr Dollinger, ist dies sicherlich nicht ganz richtig. Denn gemeinsame Einsparziele bis zum Jahre 1985, gemeinsame Überprüfungsveranstaltungen, ob diese Einsparziele erreicht werden, sowie eine gemeinsame Überprüfung der Spot-Märkte durch die Einführung eines weltweiten Registers sind schon strategische Gesichtspunkte, die uns auf 1 dieser Gipfelveranstaltung ein gutes Stück weitergebracht haben. Jeder, meine Damen und Herren, der von einem solchen Gipfel handfeste Entscheidungen in Einzelfällen wünscht, frage sich bitte vorher, wie solche Entscheidungen auf dem Hintergrund und im Zusammenhang mit einer liberalen marktwirtschaftlichen Welthandelsordnung aussehen könnten.

    (Beifall bei der FDP)

    Aber ich sagte schon: Unterschiedliche Stellungnahmen von Ihnen sind nichts Neues. Herr Ministerpräsident Strauß hat uns soeben gesagt, im Bundesrat habe es zwei grundlegende unterschiedliche familienpolitische Vorstellungen gegeben, die dort aufeinandergestoßen seien. Wenn ich richtig zähle, waren es vier: eine der Koalition und drei der CDU/CSU-Fraktion, die sich in Fragen der Familienpolitik deutlich darstellten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — KrollSchlüter [CDU/CSU]: Sie haben auf jeden Fall falsch gezählt!)

    — Es können auch fünf gewesen sein; ich bitte um Entschuldigung.
    Meine Damen und Herren, weder Tokio noch Straßburg können als reine Kosmetikveranstaltungen dargestellt werden. Ich möchte diesen Irrtum ausräumen. Schon das Straßburger Globalziel mit dem Auftrag an die EG-Kommission, es zu überprüfen, kann nicht so eingeordnet werden. Dies gilt erst recht für Tokio. Natürlich wird zu berücksichtigen sein — dies haben wir ausdrücklich vorgesehen, und wir haben auch darum gebeten, daß es vorgesehen wird —, daß der Öleinfuhrbedarf der EG-Länder unterschiedlich hoch ist. Die Versorgungsstrukturen sind unterschiedlich, die Wachstumserwartungen und auch die Einsparpotentiale sind unterschiedlich. Niemand, meine Damen und Herren, kann die Bundesrepublik Deutschland durch hoheitlichen Akt daran hindern, in den nächsten Jahren so viel Erdöl zu importieren, wie sie das für richtig hält. Aber: Wir haben in Tokio die Einhaltung und Überwachung der Einsparziele — genauer gesagt: der Einfuhrziele — vereinbart. Wer sie überschreitet, wird sich rechtfertigen müssen und damit unter erheblichen politischen Druck geraten. Eine massive Mehrinanspruchnahme von Erdöl ist ganz sicherlich nicht vertretbar.
    Es kommt dabei im Ergebnis nicht auf akrobatische Zahlenspielerei für das Einsparziel an, sondern entscheidend ist die Richtung. Im Klartext: Wir stehen in .der Bundesrepublik nach Tokio und Straßburg vor der Aufgabe, eine Einsparpolitik, eine Politik zur Entwicklung von Alternativen zum Öl sowie der Substitution von 01 durch andere Energieträger, insbesondere durch Kohle, so zu verstärken, daß unser Öleinfuhrbedarf nicht über dem von 1978 liegt. Das heißt aber — in Zahlen ausgedrückt —, daß wir bei unseren derzeitigen Erwartungen hinsichtlich der Einfuhrziele des Jahres 1985 zehn bis zwölf Millionen Tonnen weniger Öl einführen können, als uns das zur Zeit vorschwebt. Diese Zahl, 12 Millionen Tonnen Öl weniger an Einfuhr, muß unsere Richtschnur sein.



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Die Beschlüsse von Tokio verpflichten die Bundesregierung nicht, nunmehr etwa die freie Handelspolitik für Öleinfuhren zu ändern. Wir werden weder entliberalisieren noch werden wir kontingentieren. Auch in Zukunft werden die Unternehmen keinem Einfuhrstopp unterliegen. Das Ziel von Tokio muß durch weniger Nachfrage erreicht werden. Wir haben mit der Politik des „weg vom U1" früher als andere Nachbarländer begonnen, nämlich schon 1973, also vor der Ölkrise. Wer das heute nicht mehr wahrhaben will, kann es im ersten Energieprogramm der Bundesregierung nachlesen.
    Wir haben diese Politik energisch und konsequent fortgeführt. Der Erfolg dieses konsequenten Weges läßt sich an Hand des Öleinsatzes in der Stromherstellung belegen. 1974 noch ist unser Strom zu 15 % auf der Basis von Öl erzeugt worden; 1978 betrug der Anteil bei uns nur noch 9 %, in den USA heute noch 17 %, in Frankreich 23 % und in Japan sogar 63 %. Ich glaube, daß diese Zahlen für sich sprechen, daß sie aber auch zeigen, daß der Spielraum für die Substitution von Öl in der Bundesrepublik geringer ist — eben weil wir schon länger eine konsequente Politik des Einsparens und des Ersatzes von Öl betreiben —, als das bei unseren Nachbarn der Fall ist. Man kann nicht jedesmal, Jahr für Jahr die gleiche Menge sparen. Das ist unmöglich. Wenn andere später mit dem Einsparen anfangen, sind sie heute selbstverständlich in der Lage, im Jahr 1979 und vielleicht auch 1980 bessere Einsparergebnisse aufzuweisen, als uns das möglich sein wird.

    (Kolb [CDU/CSU] : Aber es kostet immer mehr!)

    — Ich werde mich mit der Frage der Preise noch befassen. Nur, für uns ist es von Vorteil, daß wir den Verbrauch und die Einfuhr bei steigenden Preisen niedriger gehalten haben. Wir liegen, was die Einfuhren anbelangt, im Jahre 1978 niedriger als im Jahre 1973, wo die Konjunktur lief und wir noch keine Erdölkrise hatten. 1978, bei wieder anziehender Konjunktur, war unser Verbrauch geringer als 1973. Das ist ein sehr vorzeigbares Ergebnis.

    (Kolb [CDU/CSU] : Und die ersten vier Monate dieses Jahres?)

    — In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind die Erdöleinfuhren nicht gestiegen. Der Energieverbrauch ist gestiegen, insbesondere der Stromabsatz ist im ersten Quartal dieses Jahres um plus 9 % gestiegen. Das sei all denen in Erinnerung gerufen, die bei jeder Gelegenheit davon reden, wir hätten ungenützte Stromreserven und Stromkapazitäten. Ich sage das auch an die Adresse derjenigen, die jetzt befürchten, daß unsere Netze beim Betreiben von Heizgeräten im Winter 1979/80 durchbrennen könnten. Ich frage, ob es nicht gerade die waren, die noch vor wenigen Monaten gesagt haben, wir hätten ja viel zuviel Strom, wir brauchten keine neuen Kapazitäten für die Stromerzeugung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/CSU] : Die gab es aber nicht in der CDU/CSUFraktion!)

    Wir haben in den letzten Jahren durch vielfältige Maßnahmen — neben dem Industriebereich — auch auf den Bereich der privaten Haushalte eingewirkt. Wir haben im EG-Ministerrat auf Vorschlag der deutschen Seite die freiwillige Kennzeichnung der Haushaltsgeräte bezüglich des Stromverbrauchs beschlossen. Wir haben die Wärmedämmung für Neubauten und das 4,35-Milliarden-Programm zur Isolierung bestehender Gebäude beschlossen. Wir haben die Verbraucheraufklärung verstärkt. Wir haben am 16. Mai 1979 die Ihnen bekannten weiteren Beschlüsse zur Energieeinsparung beschlossen. Schließlich noch einmal: Wir haben schon vor fünf Jahren die Bemühungen, 01 zu sparen, begonnen, während manche unserer Partner damit erst vor wenigen Monaten angefangen haben. Ich sage das nicht als Vorwurf, sondern als Feststellung. Das Ergebnis der Kabinettsitzung vom Montag, das Ihnen der Bundeskanzler dargelegt hat, ist Ausdruck dieser langfristig angelegten, besonnenen und konsequenten Einsparpolitik.
    Es ist kein Geheimnis, daß in dieser Kabinettsitzung über verschiedene Einsparmaßnahmen und über unterschiedliche Ansätze der Einsparpolitik diskutiert wurde. Ich halte das für selbstverständlich; denn nur an unterschiedlichen Auffassungen kann sich die Überzeugungskraft der eigenen Argumente beweisen. Wenn der Ministerpräsident Strauß das Beispiel vom Minenhund gebracht hat
    — das mich im übrigen an einige faule Witze aus der Zeit des Nordafrikafeldzuges erinnert —, so sage ich Ihnen: Das geht schon deswegen nicht, weil ich keineswegs bereit bin — er weiß das —, dem Kollegen Hauff in irgendeiner Form den Vortritt zu lassen. Er kann gar nicht vor mir einhergehen; dann gehen wir schon gemeinsam auf die Minen.

    (Katzer [CDU/CSU]: Da freut er sich aber!)

    — Sie freuen sich auch, Herr Katzer; hervorragend.
    Meine Damen und Herren, der eingesetzte Kabinettsausschuß ist nun wahrlich kein Akt der Verzweiflung, wie Herr Strauß das zu bezeichnen beliebte.

    (Zuruf von der SPD: Wo ist er denn?)

    — Er ist nicht da. Das haben wir früher auch schon erlebt. Es hat sich insofern vom Bundestagsabgeordneten zum Ministerpräsidenten nichts geändert: Rede abliefern und verschwinden. Das ist das alte Lied.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Warten Sie doch erst einmal ab! Er kommt schon wieder!)

    — Irgendwann kommt er wieder; das kennen wir auch. Das Szenarium, der Auftritt, das ist alles dasselbe wie früher.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wo ist denn der Herr Bundeskanzler?)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    — Ich antworte hier auf den Herrn Ministerpräsidenten Strauß.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Der Bundeskanzler hat aber auch geredet!)

    — Der Bundeskanzler kennt meine Darlegungen und meine Ansicht. Wir sind auch meistens einig; Sie werden es kaum glauben. Insbesondere in dieser Frage sind wir einig.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Für Herrn Strauß sind Sie nicht interessant!)

    Dieser Kabinettsausschuß wird mit aller Sorgfalt die Vorschläge prüfen, die schon vorliegen und die uns noch vorgelegt werden. Ich bitte die CDU/ CSU, von dieser Einladung und von dieser Anregung Gebrauch zu machen. Wir werden auch — ich sage das für meine Partei — in diesen Kabinettsausschuß die Einsparvorschläge des FDP-Bundesparteitages einbringen, und sie werden dort zur Diskussion stehen.

    (Beifall bei der FDP)

    Aber an den Bundesrat richte ich erneut die Frage, ob wir noch einmal den Versuch machen können, über die Abschaffung verbrauchsfördernder Stromtarife miteinander zu reden, oder ob er uns wieder scheitern lassen will.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es hat doch nicht an uns gelegen, daß der Stromtarif II nicht zum Zuge gekommen ist, sondern er ist im Bundesrat gescheitert.
    Ich habe mit Interesse gehört, daß der einzige Vorschlag, zu dem Herr Ministerpräsident Strauß Stellung genommen hat, der Vorschlag einer Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer gewesen ist. Mir scheint, daß aus diesen Darlegungen, die ich mit begrenzter Sicht für durchaus logisch vertretbar halte, die notwendige Weitsicht für die strukturellen Veränderungen in der deutschen und internationalen Wirtschaft nicht abzulesen ist.
    Wir werden auch regionalpolitisch in. der Folge dieser Energiepreisentwicklung über andere Vorstellungen, andere Modelle, andere Zusammenhänge nachzudenken haben. Wir können nicht eine Energiepolitik und eine energieeinsparungspolitisch sinnvolle Maßnahme wie die Umlegung dieser Steuer auf die Mineralölsteuer gleich an den regionalpolitischen Einwendungen aus dem ländlichen Raum, die ich nicht vom Tisch wische, über die nachgedacht werden muß, scheitern lassen, sondern wir müssen Auswege suchen, wie wir die damit verbundenen Probleme lösen können.
    Nur: Diese Auswege, meine Damen und Herren, können eben nicht ausschließlich so aussehen, daß es hier zu einer neuen Dauersubvention kommt. Das fällt genauso in das Kapitel der nicht möglichen zweiten Umverteilung von Kaufkraft, die bei den OPEC-Ländern gelandet ist und die der Herr Bundeskanzler im Zusammenhang mit tarifpolitischen Erwägungen und Gesprächen erwähnt hat. Es bedarf deswegen längeren Nachdenkens und gründlicher Diskussion und nicht des Abschmetterns mit vordergründig einleuchtenden, beim
    zweiten Nachdenken aber nicht mehr überzeugenden Argumenten.
    Im übrigen muß ja wohl zugegeben werden — und das fehlte mir bei der zwar bekundeten liberalen marktwirtschaftlichen Haltung, die Herr Strauß hier vorgetragen hat —, daß die deutschen privaten Haushalte ihren Einsparbeitrag angesichts der explosionsartigen Verteuerung des leichten Heizöls heute und im nächsten Winter ohnehin schon leisten und leisten werden.
    Wir wissen, daß gesamtwirtschaftliche Interessen und das Interesse des einzelnen in einer marktwirschaftlichen Ordnung nicht jederzeit übereinstimmen. Aber hohe marktwirtschaftliche Preise für ein knappes Gut erleichtern diese Übereinstimmung. Die volkswirtschaftliche Notwendigkeit, Energie zu sparen, wird auch zum Vorrang des einzelnen Bürgers im eigensten Interesse, nämlich Geld zu sparen.
    Ich glaube nicht daran — ich sage das ganz offen —, daß man auf die Dauer mit dem bloßen Appell — nachhaltig, langanhaltend — „Du mußt Energie sparen, weil das ein knappes Gut ist" die notwendigen Ergebnisse erreichen kann. Die Kombination von Preis, dadurch bedingtem Einsparwillen am eigenen Geldbeutel und Aufforderung, die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten zu sehen, das, so glaube ich, ist der Weg, der uns als einziger bleibt und den wir nicht vermeiden können

    (Beifall bei der FDP — Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    International wie national taucht angesichts der Herausforderung an den Mineralölmärkten immer wieder die Frage auf: kann man diesen Kräften des Marktes vertrauen, oder versprechen administrative Eingriffe bessere und wirkungsvollere Lösungen? Diese Frage dürfen wir nicht nur für die augenblickliche Situation, sondern wir müssen sie auch in mittel- und langfristiger Perspektive zu beantworten suchen. Vor allem die spekulativ überhitzten Preisentwicklungen an den Spotmärkten für 01 haben in jüngster Zeit anscheinend d e n Ratgebern Auftrieb gegeben, die nicht nur diese Probleme mit dirigistischen Eingriffen lösen möchten. Staatliche Höchstpreise, verbindliche Importquoten, Zuteilung und Bewirtschaftung werden als schnellwirkende Patentrezepte angeboten.
    Bevor ich mich zu dieser Fragestellung äußere, möchte ich vorab überhaupt keinen Zweifel daran lassen, daß ein massiver weiterer Produktions- und Mengenausfall in den Förderländern uns in eine Lage bringen kann, in der wir um alles dieses nicht mehr herumkommen. Ein zweites Iran — Herr Ministerpräsident Strauß hat von „marginalem Produktionsausfall" gesprochen. Da müssen ihm die Zahlen nicht geläufig sein: 7,5 Millionen Barrel pro day war die Normalproduktion in Persien. 3,1 sind es heute. Das ist die halbierte Produktion des zweitgrößten Erdölproduzenten. Wer das „marginal" nennt, der muß schon einen guten Schluck nehmen, wenn er in solchen Größenordnungen so redet.

    (Beifall bei der FDP)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Wenn uns dies erneut ausfällt, dann werden wir am drastischen Krisenmechanismus der Internationalen Energieagentur nicht vorbeikommen. Dann wird es zu internationaler Zuteilung von Erdöl kommen. Dann werden früher oder später auch in der Bundesrepublik Zuteilung, Bewirtschaftung und Bezugscheine unvermeidlich. Ich sollte besser sagen: dann w ü r den — um mich klar und unmißverständlich auszudrücken — diese Eingriffe unvermeidlich. Denn dies ist nicht die Situation, vor der wir heute stehen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wer verteilt denn die Benzingutscheine?)

    Wir befinden uns in voller Übereinstimmung, was die Einschätzung der Lage betrifft, mit der Internationalen Energieagentur, für die ihr Exekutivdirektor Ulf Lantzke vor wenigen Tagen erklärt hat, daß wir bei weitem nicht so weit sind, von einem solchen wirklichen Krisenfall zu reden. Ich möchte dies hier sehr nachdrücklich unterstreichen. Die Zahlen zur Versorgungslage, die der Energieagentur jeden Monat von den Mineralölgesellschaften gemeldet werden, belegen das. In die Mitgliedsländer IEA sind im ersten Vierteljahr 1979 2,1 %, im zweiten Vierteljahr 3,8 % mehr Rohöl und Mineralölprodukte geflossen als in den Vergleichszeiträumen 1978. Der Verbrauch ist demgegenüber nur um 0,6 bzw. 1,3 % gestiegen. Es besteht kein akuter Grund zur Beunruhigung.
    Aber gewiß bleibt auf den Olmärkten derzeit manches im dunkel. Deshalb brauchen wir in der. gegenwärtigen Situation vor allem mehr Transparenz, mehr Offenlegung von Zahlen, von Fakten. Die Bundesregierung hat es deshalb begrüßt, daß in Tokio auch Maßnahmen vereinbart wurden, die dazu beitragen sollen, die Vorgänge an den Ölmärkten durchsichtig zu gestalten. Es war die Bundesregierung, die sich in der EG und in Tokio für eine weltweite Registrierung der Preise an allen Spotmärkten eingesetzt hat. Denn eine Beschränkung nur auf Rotterdam hätte unausweichlich zur Folge gehabt, daß das Ölangebot auf andere Märkte ausgewichen wäre. Daran können wir angesichts unserer Abhängigkeit vom Rotterdamer Markt nun wahrlich kein Interesse haben.
    Auch wegen dieser Abhängigkeit kann ich unter kurzfristigen Aspekten dirigistischen Vorschlägen, deren Befolgung das Öl nicht billiger, wohl aber knapper machen würde, nichts Positives abgewinnen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Bisher hat mir jedenfalls noch niemand erklären können, warum bewirtschaftetes Öl; warum staatliche Zuteilung zu einer besseren, billigeren und gerechteren Versorgung führen sollte. Im Zweifel ist das Gegenteil der Fall.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nun ist der Ruf nach dem Staat, nach schnellen und harten Maßnahmen natürlich sehr geeignet, um sich leicht im populären Lichte frischer Aktivität und politischer Entscheidungsfreudigkeit zu sonnen. Das macht sich gut. Auf den ersten Blick scheint es gar nicht so einfach, gegenüber solchen Forderungen marktwirtschaftliche Standfestigkeit zu beweisen. Auf den zweiten Blick wird man aber erkennen: Vorschnelle Entscheidungen führen zu wenig befriedigenden Ergebnissen, und der Ruf nach dem „Knüppel des Gesetzgebers" — der Bundeskanzler hat diese Formulierung gewählt, ablehnend — ist nicht durchdacht, und er wird die gewünschten Ergebnisse nicht bringen.

    (Dr. Freiherr S pies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Woher kommt er denn? Doch von der SPD!)

    — International und national, Herr von Spies, kommt er aus vielen Ecken. Wir haben im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft einen erheblichen Abwehrkampf führen müssen, um das z. B. auf diesem Gebiete bleibenzulassen. Wenn Sie ihn dort bekommen, ist er bei unserer Importabhängigkeit hier nicht mehr vermeidbar.
    Ich erinnere an eine vergleichbare Situation in der Geschichte der Bundesrepublik, nämlich die Rohstoffkrise während des Koreakrieges. Auch damals wurde gegen heftigen Widerstand die richtige Entscheidung durchgesetzt.
    Ich wiederhole: Ohne Zweifel heißt das volkswirtschaftliche Gebot der Stunde, Energie und vor allem 01 rationeller und sparsamer zu verwenden. Die Frage bleibt, wie die Umsetzung dieses Gebotes auf den einzelnen wirkungsvoll zu erreichen ist: durch eine Flut von Gesetzen, die hier eine Beschränkung, dort eine Auflage diktieren, oder indem individuelles Interesse in freiwilliger Selbstbeschränkung mit der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit zur Deckung gebracht wird. Ich bin überzeugt, daß dies der Weg ist, den wir mit aller Konsequenz einschlagen müssen.
    Dieser Weg ist aber nicht denkbar ohne die Signalfunktion der Preise. Erst über sie wird ein bewußter sparsamer Energieverbrauch zu einer sinnvollen rationalen Entscheidung des einzelnen. Ich habe keinen Zweifel, daß es auch ohne den Holzhammer staatlicher Gebote und Verbote zu einer freiwilligen Veränderung der individuellen Verhaltensweisen kommen wird.
    Wer in diesen Tagen die Heizkostenabrechnung des vergangenen Winters erhält und die inzwischen erfolgten Preissteigerungen mit einkalkuliert, erhält eine äußerst drastische Anregung zur Energieeinsparung. Er sollte wissen, daß er seinen Energieverbrauch bereits durch Senkung der Temperatur seiner Raumheizung um 1 Grad Celsius um 5 °/o senken kann.
    Den Autofahrern, die den Benzinpreissteigerungen entgegenwirken wollen, braucht man keine staatlichen Fahrverbote zu verordnen. Energie- und preisbewußte Autofahrer brauchen nur an einem Wochenende im Monat freiwillig auf das Autofahren zu verzichten. Die Benzineinsparungen, die sich auch im Geldbeutel auswirken, betragen bei die-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    sem Autofahrer im Schnitt ca. 10 % oder 120 DM im Jahr.

    (Kolb [CDU/CSU] : Was kostet das Auto mehr?)

    — Das Auto kostet deswegen nicht mehr.
    Wenn der Fahrer eines Mittelklassewagens, der bisher auf der Autobahn durchschnittlich 130 Stundenkilometer gefahren ist, 30 Stundenkilometer weniger fährt, spart er auch ohne staatliche Regelung jährlich 15 % Kraftstoff. Das sind bei den gegenwärtigen Benzinpreisen rund 200 DM.
    Wer in diesen Tagen eine Urlaubsreise mit dem Auto antritt, sollte ein benzinsparenderes Tempo fahren. Mancher Autofahrer könnte bei entsprechendem Fahrverhalten die bisherigen Benzinpreissteigerungen auffangen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch die Minister!)

    — Das ist richtig. Ich sagte „mancher", Sie können auch sagen: „Alle Autofahrer".
    Auch die Hausfrauen können Energiepreissteigerungen im Haushalt entgegenwirken. Wer die Waschmaschine — und das kommt nicht selten vor
    — zweimal nur halbvoll lädt, zahlt doppelt soviel Strom, als wenn sie einmal voll beladen ist.
    Schließlich ist Sparen auch im gewerblichen Bereich möglich und nötig. Nur ein tatsächliches Beispiel aus der Praxis: Ein Holzverarbeitungsbetrieb konnte durch Umstellung seiner Eichenholztrocknung und Einbau einer Wärmepumpe mit einem Investitionsaufwand von 145 000 DM eine Öleinsparung von 120 000 Litern jährlich erzielen. Das bedeutet bei heutigen Ölpreisen eine Einsparung von 60 000 bis 70 000 DM und eine Kapitalrücklaufzeit von nur zwei Jahren.
    Meine Damen und Herren, ich bin Ihnen für die Aufmerksamkeit, mit der Sie auch diesem Teil der Ausführungen zugehört haben, dankbar. Ich hatte, offen gestanden, nicht ganz damit gerechnet.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Warum denn? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Warum denn nicht?)

    — Ich freue mich über diesen Irrtum. Einige meiner Kollegen, meiner Mitarbeiter hatten gesagt: Das ist zu lang. Aber ich bin Ihnen dankbar dafür, weil wir uns klar sein müssen, daß wir, wenn wir freiwillige marktwirtschaftliche Lösungen wollen, Fall für Fall, Beispiel für Beispiel vortragen und erläutern müssen, um die Menschen im Lande zu überzeugen.

    (Beifall)

    Meine Damen und Herren, ich wünschte mir nichts sehnlicher in diesem Bereich als die Bereitschaft unserer Fernsehanstalten, der sehr sinnvollen Sendung „Der 7. Sinn" eine Sendung „Energie einsparen" an die Seite zu stellen.

    (Erneuter Beifall)

    Auch mittel- und langfristig kann ich das Heil nicht in einem komplizierten Gebäude von Geboten und Verboten sehen. Bei aller Notwendigkeit, beim
    Energiesparen staatliche Förderaktivitäten einzusetzen und noch schärfere Normen zur Eindämmung des Energieverbrauchs zu setzen, bei aller Unterstützung, die zur Nutzung von Alternativenergie notwendig ist, können wir auch hier die zentrale Funktion der Preise nicht übersehen.
    Hohe, d. h. staatlich nicht künstlich nach unten manipulierte Ölpreise — ich sage das all denen, die nach einer Senkung der Steuer fragen — veranlassen aber nicht nur zum Sparen, sie machen ja auch Investitionen in neuen Energiearten vielfach erst wirtschaftlich. Ich gestehe auch hier — mancher hört es nicht gern; auch in Tokio hat es nicht jeder gern gehört —, daß ich schon 1974 vieles für die floor-price-Idee des damaligen amerikanischen Außenministers übrig hatte. Diese Funktion des Preises, Investitionen wirtschaftlich zu machen, ist ein unschätzbarer Vorteil gegenüber gesetzlichen und bürokratischen Regelungen, denn auch in mittel- und langfristiger Perspektive könnte mit administrativen Beschränkungen und Verordnungen nur das an Energie verteilt werden, was zum behördlich fixierten Preis auf dem Markt ist.

    (Kolb [CDU/CSU] : Und was wir kontrollieren können!)

    Aber der Marktpreis sorgt nicht allein für einen wesentlich reibungsloseren Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage und gleichzeitig für eine ökonomisch rationale Verwendung; seine Funktion geht weiter. Er schafft — ich sage dies auch all denjenigen, die das bestreiten — auch in diesen Energiemärkten ein höheres Angebot, denn alternative Energien werden wettbewerbsfähig. Ich denke an Kohlevergasung und Kohleverflüssigung.
    Mit Recht hat der Herr Bundeskanzler — und ich schließe mich dem an — die deutsche Industrie aufgefordert, hier an großindustrielle Anlagen heranzugehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Diese werden von Tag zu Tag wirtschaftlicher. Ich denke an bisher unrentable Energievorkommen, die genutzt werden können, an Ölschiefer und Ölsände.
    Die Rohölverteuerung bringt nicht nur Nachteile für die internationale Wettbewerbsfähigkeit stark energieintensiver Produktionen mit sich, sie beinhaltet auch nicht zu übersehende Chancen, beachtliche Gewinne für Investitionen in Energieeinsparungsprojekten und Alternativenergien zu erzielen und damit den notwendigen Prozeß der Strukturanpassung an die teurere Energie möglichst reibungslos zu bewältigen.
    Meine Damen und Herren, diese Darlegungen dürfen nun aber nicht mißverstanden werden. Zwar haben wir Verständnis für die Überlegungen der Ölproduzenten — auch Herr Ministerpräsident Strauß hat dies vorhin angedeutet —, die ihr knapper werdendes Gut nicht länger zu billigen Preisen verschleudern wollen; aber keinesfalls billigen wir die sprunghaften, exorbitanten Preiserhöhungen vor allem einiger OPEC-Länder, die auf die Entwicklung der Weltwirtschaft und vor allem auf die



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Lage der nicht erdölproduzierenden Entwicklungsländer überhaupt keine Rücksicht nehmen.
    Wir, der Bundesaußenminister und ich, haben vor zehn Tagen in Saudi-Arabien Gespräche zu diesem Problemkreis geführt. Wir haben begrüßt, daß die saudiarabische Regierung in ihrer Erdölproduktion und in ihrer Preispolitik zu den Moderaten, zu den Einsichtigen zählt, die die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge und nicht nur ihre Verantwortung — das klingt sehr schön, das ist auch sehr gut —, sondern auch ihr eigenes Interesse an einer funktionierenden Weltwirtschaft sieht und sich danach ausrichtet. Wir haben das begrüßt. Ich denke, daß der Bundesaußenminister in dieser Debatte noch Gelegenheit haben wird, um zu dem, was der bayerische Ministerpräsident zu den außenpolitischen Problemen im Nahen Osten gesagt hat, Stellung zu nehmen.
    Wir übersehen nicht, meine Damen und Herren — das wäre ja auch töricht und unserer Verantwortung nicht gemäß —, daß diese Preisentwicklung den deutschen Verbraucher mit voller Härte trifft. Der Bundeskanzler hat dazu das Notwendige gesagt. Um Notfälle müssen wir uns kümmern. Dem Normalverbraucher und uns allen aber bleibt nichts anderes übrig, als einen größeren Teil unseres Einkommens als bisher für Energie aufzuwenden. Noch einmal: Das ist für viele bitter. Aber Darumherumreden hilft überhaupt nichts. Das ist die Realität des Jahres 1979, und es wird noch lange Realität für uns alle bleiben.
    Unsere Anstrengungen, Energie sparsamer und rationeller einzusetzen und neue Energiequellen zu entwickeln, werden uns ab 1985/90 eine deutliche Abkopplung der Zunahme des Energieverbrauchs vom gesamtwirtschaftlichen Wachstum bringen. Trotzdem müssen wir auch bei bescheidenen Wachstumsraten und allen Bemühungen um Öleinsparung davon ausgehen, daß unser Energieverbrauch — nach unserem heutigen Wissensstand — im Jahre 2000 um etwa ein Drittel höher sein wird als jetzt und daß die neuen Energien, wie z. B. Sonne, Wind und Erdwärme, nur einen um 5 % liegenden Anteil des Gesamtverbrauchs beisteuern können.
    Für dieses unverzichtbare Mehr an Energie ist die Kohle unumstritten eine tragende Säule. Unsere Politik, der deutschen Kohle trotz hoher Kostennachteile ihren angemessenen Platz zu sichern, werden wir konsequent fortführen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Mit direkten Schutzmaßnahmen und dem massiven Aufwand öffentlicher Mittel haben wir bereits in den vergangenen Jahren die Voraussetzungen für einen zunehmenden Einsatz deutscher Kohle in den kommenden Jahrzehnten geschaffen. Dabei werden auch die neuen Kohletechnologien zunehmende Bedeutung gewinnen, bei deren Entwicklung die Bundesrepublik Deutschland anerkannt führend ist. Meine Damen und Herren, die Anlagen Sassol I und II, die in Südafrika aus Kohle Benzin produzieren, beruhen auf deutschen Erfindungen, auf deutschen Konstruktionen. Das Stadium der Marktreife ist, wie ich glaube, in greifbare Nähe gerückt.
    Wir sind uns deshalb alle einig, daß künftig mehr Kohle eingesetzt werden soll und muß, und zwar auch mehr, als wir im Lande, selbst bei Steigerung unserer Erzeugung, bereitstellen können. Ich glaube deshalb, daß wir in Zukunft mehr als bisher Importkohle heranziehen müssen, um die in der Industrie eingesetzten Ölmengen durch wettbewerbsfähige Kohle allmählich zu ersetzen. Das ist der einzige Weg, durch den wir die in Straßburg und Tokio eingegangenen Verpflichtungen, nämlich im Jahre 1985 10 bis 12 Millionen t Öl weniger als bisher erwartet zu importieren, wirklich erfüllen können.
    In keinem anderen wesentlichen Verbrauchsbereich, weder beim Verkehr noch bei der Raumbeheizung, sind die notwendigen Einsparergebnisse in diesem Zeitraum erreichbar. Es muß für uns schlicht heißen: mehr 01 raus aus der Industrie, mehr Kohle in die Industrie.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es kommt hinzu, daß der Weltkohlemarkt in diesen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes verteilt wird. Das erinnert mich an die „Verteilung der Erde". Deshalb haben wir uns an der Ausarbeitung eines Kohle-Aktions-Programms in der Internationalen Industrieagentur und an der Formulierung des Gipfelkommuniqués in Tokio, daß ein weltweiter Kohlemarkt entwickelt werden muß, aktiv beteiligt.
    Meine Damen und Herren, wir wissen im übrigen eines: Auch Importkohle wird nicht so billig bleiben wie heute.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist das!)

    Ihr Einsatz kann Märkte für die künftige Verwendung auch deutscher Kohle erschließen und diese attraktiv machen. Der Bundeskanzler hat mit Recht auf eine uns vorliegende Anregung aus dem Bereiche des Steinkohlebergbaus hingewiesen. Aber um auch hier jedes Mißverständnis auszuschließen: Die deutsche Steinkohle behält ihren Platz. Ich bin überzeugt davon, daß angesichts der Entwicklung der Weltenergiepreise die Bedeutung der deutschen Steinkohle für unsere Versorgung wachsen wird. Es bleibt ebenso dabei, daß Importkohle, wie es der Bundeskanzler gesagt hat, nur dort in Frage kommt, wo importiertes Öl durch Kohle verdrängt werden muß.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Aber, meine Damen und Herren, Kohle kann heute und für die Zukunft kein Allheilmittel sein. Wollten wir die zusätzliche Nachfrage nach Strom allein mit Kohle decken, so müßten wir nach heutigen Einschätzungen im Jahre 2000, also schon in 20 Jahren, fünf- bis sechsmal soviel Kohle verstromen wie heute. Das würde Importmengen erfordern, die selbst bei optimistischer Einschätzung der Weltkohlemärkte sehr schwer zu beschaffen sein dürften und die uns überdies in eine neue unver-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    tretbare Importabhängigkeit bringen würden. Gegen eine so stark gesteigerte Verbrennung von Kohle — es wären zusätzlich 40 bis 60 Kraftwerke erforderlich — sprechen auch die Umweltbedenken, vor allem die noch gar nicht abzuschätzenden Gefahren der massierten Abgabe von Kohlendioxid.
    Damit, meine Damen und Herren, bin ich beim Thema Kernenergie. Ich habe mich zur Notwendigkeit des Einsatzes von Kernenergie schon so oft und so eindeutig geäußert — zuletzt in meiner Rede vor der IG Chemie in Hannover am 2. Mai dieses 'Jahres und auf dem Bundesparteitag der FDP in Bremen —, daß ich mich heute kurz fassen und feststellen kann:
    Erstens. Nach meiner Überzeugung ist der künftige wettbewerbsfähige Energiebedarf der Bundesrepublik ohne den Einsatz von Kernenergie nicht zu decken.
    Zweitens. Die Sicherheit der Bürger muß absoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen haben. In diesem Punkt hat uns Harrisburg geradezu bestätigt. Die hohen Sicherheitsauflagen für deutsche Reaktoren sind im übrigen ein positives Argument der deutschen Hersteller im internationalen Wettbewerb geworden.
    Drittens. Das integrierte Entsorgungskonzept muß aufrechterhalten bleiben. Endlagerung ohne Wiederaufbereitung ist nach derzeitigem Erkenntnisstand ökologisch nicht zu verantworten.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Es fällt mir auf, meine Damen und Herren, daß dieses Thema in der Großen Anfrage der Opposition sorgfältig ausgespart wird. Ich frage Sie deshalb zurück: Wie ist die Entscheidung des niedersächsischen Ministerpräsidenten zum integrierten Entsorgungskonzept mit den energiepolitischen Vorstellungen der CDU/CSU vereinbar?

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Er wird es Ihnen gleich erklären! Er wird es Ihnen erklären!)

    Ich frage zweitens: Gibt es nach den jüngsten kritischen Äußerungen zu dieser Entscheidung aus München immer noch eine gemeinsame Kernenergiepolitik von CDU und CSU?

    (Zuruf des Abg. Konrad [SPD] — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Die hat es noch nie gegeben! — Unruhe)

    Nicht nur die Opposition, meine Damen und Herren, erwartet Antworten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Abwarten!)

    Auch wir möchten wissen, woran wir mit Ihnen sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Bei uns tragen Sie Eulen nach Athen, Herr Minister! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die eigene Fraktion macht Ihnen Schwierigkeiten!)

    — Auf den Vorwurf, meine Damen und Herren, ich trüge Eulen nach Athen, wäre mir die Antwort, ich trüge Eulen nach Hannover, am liebsten. Damit wäre ich sehr zufrieden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Konrad [SPD] : Nach Hannover müssen Sie Kekse tragen! — Kolb [CDU/CSU]: Warten Sie, dann werden Sie es gleich hören!)

    — Ja, ich warte gerne ab; selbstverständlich warte ich ab.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Machen Sie es kurz, dann hören Sie es schneller!)

    — Ich bin gleich am Ende, sie brauchen keine Sorgen zu haben.
    Der Kollege Narjes hat beklagt, daß die Öffentlichkeit das Ergebnis des FDP-Parteitages von Bremen zur Kernenergie zu positiv gewürdigt habe. Herr Narjes, ich sehe das nicht so. Ich verstehe Ihre Klagen darüber; Sie hätten das lieber anders gesehen. Aber ich sage: Wir haben kein enthusiastisches Ja zur Kernenergie gesagt. Sie wissen, ich habe das nie getan. Wir haben uns vielmehr zu ihrer Notwendigkeit bekannt.

    (Seiters [CDU/CSU] : Sie hätten aber gerne andere Telegramme geschickt!)

    Ich bin auch gern bereit — ich möchte dies hier ausdrücklich unterstreichen —, mit denen ernsthaft zu diskutieren, die meinen, es könne und müsse auch eine Option gegen Kernenergie geben.

    (Kolb [CDU/CSU] : Mit Herrn Eppler? — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit der Hälfte der FDP!)

    — Natürlich, auch mit Herrn Eppler.
    Ich muß nur, meine Damen und Herren, überzeugende Szenarien sehen, die mir dartun, daß diese Rechnung aufgeht. Diese Szenarien — und deswegen meine erste Feststellung, daß ich von der Notwendigkeit der Kernenergie überzeugt bin — habe ich allerdings bisher nirgendwo gesehen. Ich habe sie nicht bei einigen meiner eigenen Freunde gesehen; ich bestreite das gar nicht. Ich sehe sie nicht bei Herrn Eppler, der die außenwirtschaftlichen Zusammenhänge und zu meinem großen Erstaunen die entwicklungspolitischen Verpflichtungen — gerade der Herr Eppler! —

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    der Bundesrepublik übersieht. Ich sehe sie aber auch nicht bei Herrn Professor Pestel, Herr Albrecht, der Mitglied Ihrer Regierung ist und

    (Beifall bei der FDP)

    heute in der „Neuen Osnabrücker Zeitung" verkündet, man brauche weniger Kernenergie.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Das kann man heute nachlesen, sozusagen zur Einstimmung in unsere Debatte. All diese Szenarien überzeugen mich nicht. Sie sind unrealistisch, sie sind häufig wachstumsfeindlich,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Durch Wiederholungen wird das nicht besser!)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    sie nehmen keinerlei Rücksicht auf Entwicklungsländer, und sie nehmen auch keine Rücksicht auf unsere Wettbewerbssituation auf den Exportmärkten. In dieser Frage fühle ich mich dem Deutschen Gewerkschaftsbund außerordentlich nahe.

    (Beifall bei der FDP)

    Dieser sieht sehr wohl, warum er auch mit Rücksicht auf Arbeitsplätze seine kritische, aber im Prinzip positive und richtige Position einnimmt.
    Es besteht gegenwärtig keinerlei Anlaß, die Richtigkeit des seit Jahren wirksamen langfristig ausgerichteten Energieprogramms der Bundesregierung in Zweifel zu ziehen oder, wie es einige vorschnell möchten, gar über Bord zu werfen. Diese Politik hat uns seit 1974 — ich betone dies; wir waren ja schon einmal in einer ähnlichen Situation — vor echten Versorgungslücken verschont. Sie hat sich als richtig erwiesen. Wir werden sie fortsetzen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)