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ID0815701600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/157 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 12504 A Ansprache des Präsidenten Carstens . . 12501 A Dankesworte von Vizepräsident Frau Renger 12503 C Wahl des Präsidenten Dr. Kohl CDU/CSU 12504 C Präsident Stücklen 12505 B, C Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten Zur Geschäftsordnung Porzner SPD 12506 B Spitzmüller FDP 12506 C Dr. Jenninger CDU/CSU 12506 D Absetzung des Punktes 2 von der Tagesordnung nach § 24 Abs. 2 GO 12507 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Europapolitik — Drucksachen 8/2452, 8/2787 — in Verbindung mit Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum Oktober 1978 bis März 1979) — Drucksache 8/2760 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Blumenfeld, Dr. van Aerssen und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Beteiligung der Europäischen Gemeinschaft an den Friedensbemühungen in Nahost — 10-Punkte-Programm - - Drucksache 8/2817 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Verbesserung der Lage im Libanon — Drucksachen 8/2321, 8/2837 — Dr. Klepsch CDU/CSU 12507 C Brandt SPD 12515 B Dr. Bangemann FDP 12522 C Genscher, Bundesminister AA . . 12529 D, 12540 A von Hassel CDU/CSU 12536 C Friedrich (Würzburg) SPD 12540 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 Jung FDP . . . . 12544 B Dr. Aigner CDU/CSU 12546 D Matthöfer, Bundesminister BMF 12551 A Frau Dr. Walz CDU/CSU 12553 C Blumenfeld CDU/CSU 12555 C Dr. Gruhl fraktionslos 12557 C Seefeld SPD 12559 C Kunz (Berlin) CDU/CSU 12561 D Dr. von Dohnanyi, Staatsminister AA . . 12563 A Dr. van Aersen CDU/CSU 12564 A Dr. Müller-Hermann CDU/CSU 12567 B Hoffmann (Saarbrücken) CDU/CSU . . . 12568 C Dr. Früh CDU/CSU 12571 B Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 12572 D Dr. Gradl CDU/CSU 12574 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2899 — Willms, Senator der Freien Hansestadt Bremen 12521 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht — Drucksache 8/2451 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/2885 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Möller, Nordlohne, Niegel, Dr. Dollinger, Dr. Jahn (Münster), Dr. Schneider, Dr. Waffenschmidt, Link, Metz, Sauter (Epfendorf), Dr. Jenninger, Rawe, Dr. Kunz (Weiden) Tillmann, Carstens (Emstek) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbaugesetzes — Drucksache 8/1970 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Drucksache 8/2885 — Dr. Möller CDU/CSU 12576 A Waltemathe SPD 12578 A Kolb CDU/CSU 12580 B Gattermann FDP 12582 B Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 12584 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1975 über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt — Drucksache 8/2087 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2825 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/2799 (Anlage 1) — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Gemeinschaftspatent und zur Änderung patentrechtlicher Vorschriften (Gemeinschaftspatentgesetz) — Drucksache 8/2087 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2825 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/2799 (Anlage 2) — . . 12586 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften, Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes — Drucksache 8/2356 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der, Geschäftsordnung — Drucksache 8/2703 — Beschlußempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses — Drucksache 8/2684 — 12587 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Anderung des Bundeswahlgesetzes — Drucksachen 8/2682, 8/2757, 8/2806, 8/ 2306 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2909 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksachen 8/2881, 8/2903 — in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 III Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes — Drucksache 8/1716 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2881 — Krey CDU/CSU 12588 B Wittmann (Straubing) SPD 12590 B Dr. Wendig FDP 12591 D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 8/2710 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2908 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2888 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des vorzeitigen Ruhestandseintritts von Schwerbehinderten Beamten und Richtern — Drucksache 8/2656 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2908 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2888 — Berger (Herne) CDU/CSU 12594 B Brandt (Grolsheim) SPD 12596 B Dr. Wendig FDP 12597 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag vom 9. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Autobahnzusammenschluß im Raum Basel und Weil am Rhein — Drucksache 8/2592 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2865 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2836 — . l 2597 D Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 32/78 — Zweite Erhöhung des Zollkontingents 1978 für Bananen) — Drucksachen 8/2537, 8/2852 — . . . . 12598 A Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Aufhebbare Siebzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - - Drucksachen 8/2564, 8/2853 — 12598 C Nächste Sitzung 12598 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12599*A Anlage 2 Alphabetisches Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundestagspräsidenten teilgenommen haben 12599*B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 12501 157. Sitzung Bonn, den 31. Mai 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 1. 6. Alber 1. 6. Dr. Barzel 1. 6. Dr. Becher (Pullach) 1. 6. Bindig 1. 6. Dr. Böhme (Freiburg) 1. 6. Büchner (Speyer) ** 31. 5. Carstens (Fehmarn) 1. 6. Eymer (Lübeck) 1. 6. Fellermaier * 1. 6. Gscheidle 31. 5. Handlos 1. 6. Hofmann (Kronach) 1. 6. Dr. Holz ** 1. 6. Dr. Hüsch 1. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) 1. 6. Dr. h. c. Kiesinger 1. 6. Dr. Klepsch * 1. 6. Koblitz 1. 6. Dr.-Ing. Laermann 1. 6. Lampersbach 1. 6. Lücker * 1. 6. Milz ** 31.5. Müller (Remscheid) 1. 6. Neuhaus 1. 6. Picard 1. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 1. 6. Frau Schlei 1. 6. Sieglerschmidt 1. 6. Dr. Starke (Franken) 1. 6. Graf Stauffenberg 1. 6. Dr. Todenhöfer 1. 6. Dr. Vohrer ** 1. 6. Dr. Wittmann (München) 1. 6. Wohlrabe 1. 6. Zeitler 1. 6. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments **) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Alphabetisches Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundestagspräsidenten teilgenommen haben Adams Dr. Ahrens Dr. Aigner Dr. Althammer Amling Amrehn Angermeyer Dr. Apel Anlagen zum Stenographischen Bericht Arendt Dr. Arnold Augstein Baack Bahr Dr. Bangemann Dr. Bardens Batz Baum Dr. Bayerl Bayha Dr. Becker (Frankfurt) Becker (Nienberge) Frau Benedix Benz Frau Berger (Berlin) Berger (Herne) Berger (Lahnstein) Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Biermann Dr. von Bismarck Dr. Blüm Blumenfeld Böhm (Melsungen) Dr. Bötsch Frau von Bothmer Brandt Brandt (Grolsheim) Braun Breidbach Broll Brück Buchstaller Büchler (Hof) Bühler (Bruchsal) Dr. von Bülow Burger Buschfort Dr. Bußmann Carstens (Emstek) Carstens (Fehmarn) Collet Conrad (Riegelsberg) Conradi Dr. Corterier Cronenberg Curdt Dr. Czaja Frau Dr. Czempiel Frau Dr. Däubler-Gmelin Damm Daubertshäuser Dr. Diederich (Berlin) Dr. von Dohnanyi Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Dr. Dübber Dürr 12600* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 Egert Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers (Bielefeld) Eimer (Fürth) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engelhard Engelsberger Engholm Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti Ertl Esters Dr. Evers Ewen Ey Feinendegen Fiebig Frau Fischer Dr. Fischer Flämig Frau Dr: Focke Francke (Hamburg) Franke Franke (Hannover) Dr. Friedmann Friedrich (Würzburg) Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Funcke Gärtner Gallus Gansel Gattermann Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Genscher Dr. George Gerlach (Obernau) Gerstein Gerster (Mainz) Gerstl (Passau) Gertzen Dr. Geßner Gierenstein Glombig Glos Gobrecht Dr. Gradl Grobecker Grüner Grunenberg Dr. Haack Haar Haase (Fürth) Haase (Kassel) Haberl Dr. Häfele Haehser Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Hammans Hanz Frau Dr. Hartenstein Hartmann Hasinger von Hassel Hauck Dr. Hauff Hauser (Bonn-Bad Godesberg) Hauser (Krefeld) Dr. Haussmann Helmrich Henke Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Heyenn Höffkes Hölscher Höpfinger Dr. Hoffacker Hoffie Frau Hoffmann (Hoya) Hoffmann (Saarbrücken) Dr. Holtz Hoppe Horn Dr. Hornhues Horstmeier Frau Huber Dr. Hubrig Frau Hürland Huonker Dr. Hupka Graf Huyn Ibrügger Immer (Altenkirchen) Dr. Jaeger Jäger (Wangen) Jahn (Marburg) Dr. Jahn (Münster) Jaunich Dr. Jenninger Dr. Jens Dr. Jentsch (Wiesbaden) Dr. Jobst Josten Jung Junghans Jungmann Junker Kaffka Frau Karwatzki Katzer Kiechle Kirschner Kittelmann Klein (Dieburg) Dr. Klein (Göttingen) Klein (München) Dr. Klepsch Klinker Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 12601* Dr. Köhler (Duisburg) Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster Dr. Kohl Kolb Konrad Krampe Dr. Kraske Kratz Kraus Dr. Kreile Kretkowski Dr. Kreutzmann Krey Krockert Frau Krone-Appuhn Kühbacher Kuhlwein Kunz (Berlin) Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen Lambinus Landré Lange Dr. Langguth Dr. Langner Lattmann Dr. Laufs Dr. Lauritzen Leber Lemmrich Lemp Lenders Dr. Lenz (Bergstraße) Lenzer Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Link Lintner Löffler Löher Dr. Luda Ludewig Luster Lutz Manning Mahne Dr. Dr. h. c. Maihofer Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Dr. Marx Frau Matthäus-Maier Matthöfer Mattick Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Meininghaus Dr. Mende Menzel Merker Dr. Mertes (Gerolstein) Metz Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Mischnick Möhring Möllemann Dr. Möller Dr. Müller Müller (Bayreuth) Müller (Berlin) Müller (Mühlheim) Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt) Müller (Wadern) Dr. Müller-Emmert Dr. Müller-Hermann Müntefering Nagel Dr. Narjes Nehm Neumann (Bramsche) Neumann (Stelle) Frau Dr. Neumeister Niegel Dr. Nöbel Nordlohne Offergeld Oostergetelo Frau Pack Paintner Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Petersen Pfeffermann Pfeifer Dr. Pfennig Pieroth Frau Pieser Pohlmann Polkehn Porzner Prangenberg Dr. Probst Rainer Rapp (Göppingen) Rappe (Hildesheim) Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Renger Reuschenbach Dr. Riedl (München) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose 12602* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 Rosenthal Roth Rühe Russe Sander Sauer (Salzgitter) Sauter (Epfendorf) Saxowski Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schachtschabel Schäfer (Mainz) Schäfer (Offenburg) Dr. Schäfer (Tübingen) Dr. Schäuble Schartz (Trier) Schedl Scheffler Schetter Schirmer Schlaga Frau Schleicher Schluckebier Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg) Schmidt (Kempten) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Schmidt (Wuppertal) Dr. Schmitt-Vockenhausen Schmitz (Baesweiler) Schmöle Dr. Schmude Dr. Schneider Dr. Schöfberger von Schoeler Schreiber Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Luneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Frau Schuchardt Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) Schulte (Unna) Schulze (Berlin) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwencke (Nienburg) Dr. Schwenk (Stade) Dr. Schwörer Seefeld Seiters Sick Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spilker Spitzmüller Dr. Spöri Spranger Dr. Sprung Stahl (Kempen) Stahlberg Dr. Stark (Nürtingen) Dr. Stavenhagen Dr. Steger Frau Steinhauer Dr. Stercken Stockleben Stöckl Stommel Straßmeir Stücklen Stutzer Susset Sybertz de Terra Tillmann Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Frau Tübler Ueberhorst Dr. Unland Urbaniak Frau Verhülsdonk Vogel (Ennepetal) Vogelsang Vogt (Duren) Voigt (Frankfurt) Voigt (Sonthofen) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Walkhoff Waltemathe Walther Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber (Heidelberg) Dr. Weber (Köln) Wehner Weiskirch (Olpe) Weisskirchen (Wiesloch) Dr. von Weizsäcker Dr. Wendig Wendt Werner Dr. Wernitz Westphal Frau Dr. Wex Wiefel Wilhelm Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer (Mönchengladbach) Wimmer (Neuötting) Windelen Wischnewski Frau Dr. Wisniewski Wissebach Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 31. Mai 1979 12603* Wissmann Dr. de With Dr. Wittmann (München) Wittmann (Straubing) Dr. Wörner Wolfgramm (Göttingen) Wolfram (Recklinghausen) Baron von Wrangel Wrede Würtz Würzbach Wüster Dr. Wulff Wurbs Wuttke Wuwer Zander Zebisch Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Dr. Zumpfort Zywietz
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Egon Alfred Klepsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, eine kleine Vorbemerkung zu machen, die ich für wichtig halte. Die Anfrage, über die wir diese Debatte führen, datiert vom 3. Januar dieses Jahres und hat die Zeit der deutschen Präsidentschaft im Europäischen Rat in der zweiten Hälfte des Jahres 1978 zum Gegenstand. Heute haben wir den 31. Mai, und die halbjährige französische Präsidentschaft ist schon fast vorüber. Die Debatte hätte im Februar oder im März stattfinden müssen und hätte dann diesen Sinn gehabt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß. Sie diesen späten Termin gewählt haben, um die ernsthafte und detaillierte Debatte über die Präsidentschaft in eine andere Umwelt zu setzen. Wir haben uns diese Verspätung nicht gewünscht. Ich sage das nur vorab, weil man heute natürlich nicht mehr so tun kann, als ginge es allein um diese Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion und die Antwort darauf.
    Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel, daß der europäische Einigungsprozeß, der nach dem Kriege von den sechs damals beteiligten christlich-demokratisch geführten Regierungen ins Werk gesetzt wurde, seit einem Jahrzehnt ins Stocken geraten ist. Die damals wie heute von allen Christdemokraten in Europa gewollte, ja ersehnte Einigung Europas ist bis heute nicht erreicht. Das Ziel einer europäischen Union, die bis 1980 vollendet sein sollte, ist in eine fernere Zukunft gerückt. Trotzdem halten wir Christlichen Demokraten an diesem Ziel fest; denn damals wie heute galten und gelten die gleichen politischen Gründe und Motive für die Einheit Europas.
    Die christlich-demokratischen Parteien, die überall auf dem europäischen Kontinent nach Ende des Zweiten Weltkriegs als eine Antwort auf die totalitären Systeme des Nationalsozialismus und des Marxismus-Leninismus gegründet wurden, traten, basierend auf dem christlichen Bild vom Menschen und seiner Würde, entschlossen, seine Grund- und Menschenrechte in einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Ordnung zu sichern, mit dem Programm der Versöhnung zwischen den Völkern und den Menschen aller Schichten an.
    Wir erinnern uns dabei durchaus des Leidensweges unserer Partner in Ostmitteleuropa.
    Eine dauerhafte Friedensordnung war zu schaffen. Es war der Wille der Gründer der europäischen Einigungsbewegung, die Konfrontation der Völker Europas durch Zusammenarbeit zu ersetzen. Durch einen hohen Grad der Verflechtung wurden Kriege



    Dr. Klepsch
    zwischen in einer Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten unmöglich.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Voraussetzung hierfür war die von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle weiter betriebene Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die europäische Einigung hat bis heute bewiesen, daß Frieden in der Welt realisierbar ist und daß auch sogenannte Erbfeindschaften überwindbar sind, sofern die Beteiligten nur wollen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Insofern gibt die Europäische Gemeinschaft ein Beispiel für ganz Europa und für die Welt.
    Dies ist zweifellos der größte Erfolg der europäischen Einigungsbewegung. Die Christlichen Demokraten sind stolz darauf, daß sie dies auch gegen den Willen anderer in Deutschland, den der SPD, ins Werk gesetzt haben.
    In bewußter Ablehnung von Kommunismus und Nationalsozialismus wurde Europa nicht auf deren Prinzipien, Vorherrschaft, Unterwerfung und Klassenkampf, sondern auf Partnerschaft gegründet. Wir sind dabei von der Einsicht Begleitet worden, daß die großen Probleme unserer Zeit nur auf der Grundlage einer geistig-sittlichen Ordnung des menschlichen Zusammenlebens gelöst werden können. Neben dem christlichen Bild vom Menschen und seiner Würde bildet für uns der Grundsatz der Solidarität die Basis. Die Familie ist für uns die Grundform menschlichen Zusammenlebens und deshalb zu schützen und zu fördern.
    Das Prinzip der europäischen Einigung ist gleichberechtigte Zusammenarbeit in gemeinsamen demokratisch legitimierten Institutionen mit für alle gleich verbindlichen Normen. Auf dieser Basis sind alle europäischen Staaten aufgerufen, eine umfassende Europäische Gemeinschaft zu bilden. Das offene Europa, das wir in den Verträgen fixiert haben, steht jedem europäischen Staat zum Beitritt frei, der bereit ist, die gleichen Rechte und Pflichten zu übernehmen und eine freiheitlich-demokratische Grundordnung in diese Gemeinschaft einzubringen. Es steht deshalb auch allen Ländern in Ostmitteleuropa offen, die zu der großen europäischen Kulturfamilie gehören und einen wertvollen, nicht wegdenkbaren Teil der europäischen Geschichte und Kulturgegemeinschaft darstellen. Auch diesen Ländern ist die Offerte des Zutritts zu dieser Gemeinschaft in gleicher Weise gemacht. Wir bedauern, daß etwa das große polnische Volk, das in seiner Geschichte und in seinem Beitrag zur europäischen Entwicklung so Bedeutsames geleistet hat, heute nicht in diese Gemeinschaft eintreten kann.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    Diesen Völkern muß heute aber klar gesagt werden:
    Wir waren bei der Gründung der Gemeinschaft
    ebenso entschlossen, wie wir es heute sind, für sie
    den Weg unter diesen beiden Voraussetzungen, die ich genannt habe, jederzeit offenzuhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist für uns eine bedeutsame Entwicklung, wenn der Besuch von Papst Johannes Paul in Polen jetzt unterstreicht, wie eng diese Verflechtung mit dem polnischen Volk für die europäische Kulturgemeinschaft ist.
    Wir übersehen auch nicht, daß die Bürgerrechtsbewegungen in Ostmitteleuropa — so verfolgt und bekämpft sie auch werden — der Ausdruck eines großen Willens sind, Anschluß an die Tradition einer freiheitlich-rechtsstaatlichen europäischen Kulturgemeinschaft zu halten bzw. zu gewinnen.
    Wir sind eine Gemeinschaft, die allen demokratischen Staaten Europas offensteht. Daher begrüßen wir auch den jetzt vollzogenen Beitritt Griechenlands zur Europäischen Gemeinschaft. Wir begrüßen ebenso die bevorstehende Mitgliedschaft Spaniens und Portugals. Vor wenigen Tagen hat der griechische Ministerpräsident Karamanlis mit der Gemeinschaft den Beitrittsvertrag unterzeichnet. Wir hoffen, daß er in der dafür vorgesehenen Frist in Kraft tritt. Wir verzeichnen aber auch, daß dieser Beitritt in Griechenland leider auf den erbitterten Widerstand der griechischen Sozialisten gestoßen ist. Sie haben dem Beitritt nicht zugestimmt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Leider wahr! Sie hetzen ja auch die Bauern auf!)

    Ich möchte aber ganz eindeutig hervorheben: Für uns ist es ein großer Schritt, daß Griechenland —die Wiege der Demokratie in Europa — in den europäischen Verbund eintritt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es war die feste Überzeugung Konrad Adenauers, daß angesichts der Machtverhältnisse, wie sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg ergeben haben, und angesichts der massiven Präsenz der Sowjetunion in Osteuropa für die Bundesrepublik und die anderen europäischen Staaten keine Alternative zur politischen und wirtschaftlichen Einigung Westeuropas gegeben war, sofern sie Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in ihren Ländern sichern wollten.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die seitherige Entwicklung hat ihm recht gegeben. Die Länder der Europäischen Gemeinschaft sind frei geblieben, und ihre Ordnung und ihre Freiheit sind die Hoffnung derer, die in Europa in Unfreiheit leben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gleichzeitig wurde der besonderen Situation Deutschlands und der Lage Berlins auch in den Römischen Verträgen mehrfach Rechnung getragen. Die deutsche Frage wurde offengehalten, und die Bundesrepublik findet in ihrem Bemühen um die Wiedervereinigung Unterstützung bei ihren westeuropäischen Partnern.
    So wurde in dem von allen europäischen Christlichen Demokraten getragenen Programm der Europäischen Volkspartei zur Frage Berlins festgestellt: Berlin ist ein Teil der Europäischen Gemeinschaft



    Dr. Klepsch
    und bleibt ein Prüfstein für die wirkliche Entspannung in Europa.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Die Christlichen Demokraten in Frankreich, Italien, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Irland tragen in gleicher Weise diese Position wie die deutschen Christlichen Demokraten. In dem Programm, was wir den Wählern zur europäischen Direktwahl vorlegen, ist klar ausgeführt: Das Recht auf Selbstbestimmung aller Völker einschließlich des deutschen bleibt für uns ein Grundsatz europäischer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben solche klaren Festlegungen in den Programmen der anderen Parteigruppierungen, die sich für die europäische Direktwahl bewerben, vermißt.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört! — Zuruf von der FDP: Das ist doch nicht wahr!)

    — Ich lasse mich gern berichtigen, wenn Sie es mir aus dem Programm vortragen.
    Ein weiteres Motiv der europäischen Einigung war und ist, daß die Grenzen der Völker nicht mehr abschließen und trennen sollen. Die Öffnung der Grenzen ist der Grund dafür, daß die Menschen in Europa leichter zueinanderfinden, aber auch dafür, daß die Europäische Gemeinschaft heute den größten Binnenmarkt der Welt darstellt. Dies hat zusammen mit einer freiheitlich angelegten Gesellschafts-
    und Wirtschaftsordnung sowie dem Fleiß der Bürger zu einer ungeahnten Mehrung des Wohlstands für alle in Europa geführt. Daher ist die sozialistische Parole von einem angeblichen Europa der Konzerne und einem gegen die Interessen der Arbeitnehmer gerichteten Europa eine haltlose Unwahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die wirtschaftliche Stärke hat Europa die Chance gegeben, auch in Zukunft einen angemessenen Platz in der Weltpolitik einzunehmen. Sie hat uns in den Stand gesetzt, die Verpflichtung der Solidarität mit jenen wahrzunehmen, die in der Entwicklung noch viel vor sich haben, den Ländern der Dritten und Vierten Welt. Solidarität und die aktive Hilfe für jene können ja nur auf der Basis dieser erfolgreichen Zusammenarbeit gedeihen. Nur so stehen uns die Möglichkeiten und die Mittel zur Verfügung, die es gestatten, dieser unserer Solidaritätsverpflichtung gerecht zu werden.
    Konsequent zu Ende gedacht, bedeuten die angeführten Motive für einen stärkeren Zusammenschluß der europäischen Staaten, daß am Ende dieses Prozesses ein europäischer Bundesstaat mit den zugehörigen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Institutionen stehen muß. Aus diesem Grunde haben wir auch seit langem auf die Direktwahl zum Europäischen Parlament gedrungen. Unsere Konzeption zur Vollendung der Union in der Europäischen Volkspartei ist die der ChristlichDemokratischen Union in gleicher Weise. Die Europäische Volkspartei, der europäische Zusammenschluß der Christlichen Demokraten, hat in einem gemeinsamen Programm auch dieses gemeinsame Europakonzept für alle Wähler in gleicher Weise in jedem Land der Gemeinschaft zur Diskussion gestellt und festgelegt. Das Europa, das wir wollen, ist freiheitlich, demokratisch, pluralistisch, föderativ und garantiert die Vielfalt in Europa.

    (Dr. Corterier [SPD]: Das Paradies! — Gegenruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU] : Nein, die Vielfalt ist nicht das Paradies! Aber Sie wollten mal das Paradies auf Erden errichten!)

    — Wir sind die letzten, Herr Kollege Corterier, die die Nationen in einem Einheitsbrei untergehen lassen wollen. Wir wissen sehr wohl, wie die europäische Kulturgemeinschaft dieser ihrer Aufgabe gerecht werden soll. Aber wenn Sie es sagen, daß die Aufzählung dieser fünf Grundpositionen das Paradies beschreibt, so glaube ich, daß Sie in diesem Fall

    (Zuruf von der SPD: Recht haben!)

    eigentlich nur bestreiten, was wir uns z. B. als Grundkonzept für die Gestaltung der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Verwirklichung dieses Zieles geschieht nicht von selbst, sondern muß in einem politischen Prozeß mit gemeinsamer Anstrengung erkämpft werden.
    Daher bieten wir Ihnen wie auch schon in der Vergangenheit Zusammenarbeit und permanenten Informationsaustausch an, und zwar bei allen Initiativen, die der europäischen Einigung dienen. Wir sind gern bereit, mit Ihnen auf allen vorwärts führenden Feldern zusammenzuarbeiten, um das große Ziel, das wir uns alle gesetzt haben, so bald wie möglich näherzurücken.
    Aber dieses Angebot an Zusammenarbeit schließt auch die Kritik an Ihrer Europapolitik ein, wie sie von Ihnen bisher betrieben worden ist. Zwischen Ihren wohltönenden Ankündigungen nach Gipfelkonferenzen und Ihren tatsächlichen politischen Aktivitäten, Initiativen und dem Vollzug dieser Ankündigungen liegen Welten. Für Sie ist, so scheint es, die televisionsträchtige Form und Art der Ankündigung einer Initiative wichtiger als ihre Ausführung.

    (Reddemann sein!)

    Sie sehen Fortschritte in der europäischen Integration und reklamieren sie für sich, während in Wirklichkeit in erster Linie nur Stagnation vorhanden ist. Die Diskrepanz zwischen Wort und Wirklichkeit ist vielleicht auch der Grund dafür, daß wir diese Debatte so spät führen.
    Nehmen wir als Maßstab zur Beurteilung Ihrer Europapolitik die Beschlüsse der Sitzungen der Regierungschefs im Oktober 1972 — da war noch der Kollege Brandt dafür zuständig — und im Dezember 1974 in Paris. Zumindest an der zweiten Konferenz war Bundeskanzler Schmidt als Regierungschef



    Dr. Klepsch
    maßgeblich beteiligt und damit auch in vollem Umfang verantwortlich. Damals wurden in einem 37 Punkte umfassenden Schlußkommuniqué die Vorstellungen der Regierungschefs zur europäischen Einigung entwickelt. Der Zeitpunkt kam nicht von ungefähr; denn damals hatten wir die erste Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft um England, Dänemark und Irland. Alle Beteiligten waren sich darüber klar, daß es in der Gemeinschaft zu großen Schwierigkeiten führen müsse, wenn man die Gemeinschaft nur in der Zahl der Quadratkilometer vergrößerte.
    Alle waren sich darüber klar — deshalb kam es auch zu den von mir zitierten Beschlüssen —, daß die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft, die weitere Einigung zur politischen Union erfolgen müßten. Man hat erst gesagt „vorher", dann hat man gesagt „gleichzeitig", und schließlich hieß es „kurz danach". Ich will gern einräumen: Kurz danach kamen auch diese Beschlüsse von 1974.
    Unter anderem wurde die Wirtschafts- und Währungsunion zum wiederholten Male angekündigt. Der Beginn der politischen Union wurde auf den 1. Januar 1980 festgelegt. In diesem zahlreiche, alle Fragen umfassenden, wirklich weiterführenden Programm haben wir eine Fülle von Punkten.
    Wenn wir jetzt den Strich ziehen und darunter nachsehen, was aus der Verwirklichung geworden ist, so bleiben eigentlich nur drei Sachen übrig: Erstens — das will ich nicht geringschätzen — haben wir die verspäteten Direktwahlen zum Europäischen Parlament. Zweitens bleibt uns der Tindemans-Bericht übrig, den alle Regierungen grundsätzlich gebilligt haben, dessen einzige Konsequenz jedoch bis heute, fast vier Jahre nach seiner Vorlage, ist, daß jährlich bei den Gipfelgesprächen über die Ausführung berichtet wird und daß das, was an Ausführung zu vermelden ist, gemessen an dem Papier und an den Beschlüssen der Regierungschefs, kaum wahrnehmbar ist. Drittens bleiben uns die Sitzungen des Europäischen Rats übrig, der seine selbst gestellten Aufgaben bisher nicht erfüllt hat. Der Europäische Rat hatte sich die Aufgabe gestellt, der Initiator, der Weiterführer, derjenige Körper zu sein, der die Ideen in Beschlüsse faßt, die dann von den Regierungen ausgeführt werden sollen.
    In Ihrer Antwort auf die Große Anfrage stellen Sie deshalb den Europäischen Rat auch als eine neue politische Autorität dar. Dies steht völlig im Gegensatz zu dem, was Bundeskanzler Schmidt erst kürzlich mit Blick auf die Erfolglosigkeit der bisherigen Gipfelkonferenzen und im Gegensatz zur bisherigen Praxis im März dieses Jahres meinte. Er sagte nämlich, daß der Europäische Rat nicht geschaffen wurde, um Absichtserklärungen zu äußern, auch nicht um Beschlüsse zu fassen, sondern daß es um eine Art Meinungsaustausch auf höchster Ebene gehe. Mit der Ankündigung und dem Anspruch, mit denen diese Institution antrat, und dem kläglichen Resümee, das Bundeskanzler Schmidt heute über dessen Wirken zieht, können wir nur feststellen: Auch auf diesen dritten übriggebliebenen Punkt kann man nicht rekurrieren, wenn man von Weiterführung der europäischen Einigungspolitik sprechen will.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Offenbar besteht in der Bundesregierung keine einheitliche Meinung über den Europäischen Rat. Aber das ist ja auch meines Erachtens gar kein Wunder, weil dieser Rat ein Fremdkörper im Gefüge der europäischen Institutionen geblieben ist.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP] : Oh, oh!)

    — Selbstverständlich, gnädige Frau! Es gibt keine Institutionalisierung dieses Gremiums in Form von Verträgen, und es fehlt jede demokratische Kontrolle dieses Körpers.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP])

    — Sehr gut, gnädige Frau! Darauf kommen wir gleich zu sprechen.
    Darüber hinaus hat er das Initiativrecht der Kommission weiter ausgehöhlt und die Arbeit des Ministerrats in vielen Fällen paralysiert. Eigentlich wurden durch den Rat nur die Entscheidungsprozesse verlängert. Es gab noch eine Tafel mehr, über die die Berge von Papier geschoben wurden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Die Stagnation in Europa heute ist in der Hauptsache eine Krankheit der Entscheidungsstrukturen und der Entscheidungsmechanismen.

    (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Speziell beim Ministerrat!)

    Nehmen wir als ein weiteres Beispiel aus der Beantwortung der Großen Anfrage, wie Sie Initiativen für sich beanspruchen, die als solche keine von Ihnen sind, und wie Sie Fortschritte sehen, wo sie kaum vollziehbar sind. Sie reklamieren die Volkswahl, die Direktwahl des Europäischen Parlaments, als einen großen Erfolg, als Ihren Erfolg. Aber wenn man weiß, daß die Volkswahl von Anfang an in den Verträgen festgelegt war,

    (Dr. Bangemann [FDP] : Von seiten der Christlich-Demokratischen Union!)

    — richtig! —, dann haben wir eine sehr, sehr lange Zeit auf die Durchsetzung dieser Institution warten müssen. Wenn ich das in Bezug setze zu den 1974er Gipfelbeschlüssen und den genauen Daten, die damals gefaßt wurden, dann haben wir eine mehr als sehr große Verspätung.
    Aber ich habe ja gesagt — ich möchte auch etwas Gutes sagen —, das ist das, was von den 74er Beschlüssen übriggeblieben ist. Deshalb ist die europäische Direktwahl der einzige Hebel, der unsheute von diesen damaligen Beschlüssen verblieben ist, um die europäische Einigung voranzubringen. Ich sage das mit allem Ernst, weil es das völlige Desaster der Anstrengungen der Regierungschefs auch in anderen Feldern unterstreicht.
    Meine Damen und Herren, natürlich sind noch andere gute Vorsätze auf diesem Gipfel ausgesprochen worden, z. B. die Erweiterung der Kontroll-



    Dr. Klepsch
    und der Kompetenzrechte des Europäischen Parlaments. 1974 haben Sie das — in wohltönende Worte gegossen — festgelegt. Ich glaube, daß wir heute auf einer ganz anderen Ebene über diese Fragen diskutieren.
    Aber lassen Sie mich zu zwei anderen Beispielen etwas sagen, die Ihnen ganz sicher Klarheit verschaffen.
    Bundeskanzler Schmidt beansprucht für sich das Europäische Währungssystem. In Beantwortung der Großen Anfrage behaupten Sie, das sei ein Beitrag zur Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion.

    (Zuruf von der SPD: Stimmt!)

    — Wir hoffen das. Bis jetzt ist es nicht der Fall, sondern es ist bis jetzt ein Ansatzpunkt zu einem Unternehmen, in dessen Konzipierung wir schon einmal sehr viel weiter waren.

    (Zuruf von der SPD)

    — Richtig, es ist auch gehandelt worden — von den Leuten, die nachher nicht handelten. Ich beziehe mich ja gerade auf die Beschlüsse von 1972 und 1974, die diese Bundesregierung mitverantwortet hat, bei denen sie großartige Ankündigungen gemacht und dem deutschen Volk Klarheit darüber gegeben hat, wie sich die Wirtschafts- und Währungsunion nunmehr vollziehen werde. Das hat sie für sich reklamiert. Nur, daß wir heute, von einem sehr viel kleineren Ansatz ausgehend, wieder an derselben Stelle sind, berechtigt uns doch ein wenig, darauf hinzuweisen, daß das Vorhaben jetzt von sehr viel geringerem Gewicht ist, als es damals hatte.
    Heute ist das, was wir als Europäisches Währungssystem vor uns haben, vorläufig nur eine Art Währungsstützungssystem. Es ist noch lange keine Wirtschafts- und Währungsunion. Dazu bedarf es einer Abstimmung der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik aller Mitgliedstaaten; davon kann aber nicht die Rede sein. Entgegen Ihrer Einlassung in der Antwort auf die Große Anfrage fehlen nämlich die konkreten Stabilisierungsmaßnahmen in den europäischen Ländern. Im Anschluß an den Europäischen Rat in Bremen haben die europäischen Regierungen Stabilisierungsmaßnahmen ergriffen, die jedoch nicht abgestimmt waren; vielmehr erfolgen sie einzeln, in nationaler Verantwortung unkoordiniert.
    Meine Damen und Herren, ich möchte ganz klar sagen: Die Korrektur eines falschen Weges, den man vorher beschritten hatte, als man die Anstrengungen zur Herstellung der Wirtschafts- und Währungsunion aufgab, ist nicht Ihre Initiative. In Wirklichkeit waren es die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und nicht zuletzt eine Initiative der Christlich-Demokratischen Fraktion im Europäischen Parlament unter Federführung deutscher Abgeordneter, die Anfang des Jahres 1978 das Thema der Schaffung einer Zone fester Wechselkurse in Europa wieder in den Blickpunkt des politischen Interesses gerückt haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig! — Sehr wahr!)

    Ein weiteres Beispiel. Bei seiner Antrittsrede zur Übernahme der deuschen Präsidentenschaft erklärte der deutsche Außenminister vor dem Europäischen Parlament, die Bundesrepublik werde sich mit aller Kraft dafür einsetzen, bei der Erweiterung der Gemeinschaft um die drei südlichen Länder voranzukommen; noch bevor die Gemeinschaft größer werde, sollte damit begonnen werden, die institutionellen Möglichkeiten wahrzunehmen. Der Herr Bundesminister fragte in diesem Zusammenhang: Was hindert uns eigentlich daran, von den im Vertrag vorgesehenen Mehrheitsbeschlüssen Gebrauch zu machen,

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    um so die Beschlußfähigkeit des Rates zu sichern und zu erhöhen? — Auf diesem Wege haben Sie damals unsere volle und ohne Einschränkung gegebene Zustimmung gehabt. Die künftigen Mitglieder wollen nicht einer verwässerten, sondern einer starken und handlungsfähigen Gemeinschaft angehören. So haben wir diese Ankündigung begrüßt. Allerdings — das muß ich sagen — hat man sich dann bei den Beitrittsverhandlungen mit Griechenland auf die arithmetische Anpassung der Institutionen beschränkt und die Frage ihres guten Funktionierens völlig außer acht gelassen. Dieses Thema hätte aber ganz vordringlicher Behandlung zugeführt werden müssen.
    Jetzt sei noch ein letztes bezeichnendes Beispiel zitiert. In der Beantwortung unserer Großen Anfrage stellen Sie die Behauptung auf, daß verstärkt das Konzertierungsverfahren zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat angewandt worden sei. Ich will Ihnen sagen, wie die Konzertierung zwischen Parlament und Rat in Wirklichkeit ausgesehen hat.
    Im Juli 1978 hat das Europäische Parlament ein Konzertierungsverfahren für Verordnungen im Energieforschungsbereich eingeleitet. Im Oktober desselben Jahres antwortete der verantwortliche Minister, der deutsche Justizminister Vogel, die Verordnungen seien bereits offiziell angenommen und im Amtsblatt veröffentlicht worden. Das scheint mir eine merkwürdige Art zu sein, das Konzertierungsverfahren verstärkt anzuwenden. Vielleicht wollten Sie es nicht, vielleicht haben Sie es auch nur schlicht vergessen, es steht jedenfalls in einem erheblichen Gegensatz zur gegebenen Ankündigung.
    Dies sind nur wenige Beispiele, deren Zahl in vielfacher Hinsicht erhöht werden kann. Insgesamt muß man sagen: Große Ankündigungen und pressewirksame Gipfelkonferenzen — aber kreativ waren Sie nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben nichts gewagt, und Sie haben die Integration nicht wirklich vorangetrieben. Sie werden antworten, daß es schwierig ist, Europa voranzubringen und daß sich stets neun Regierungen auf ein gemeinsames Vorgehen einigen müssen.

    (Zuruf von der SPD)

    Das stimmt; und wir verkennen die Schwierigkeiten nicht.



    Dr. Klepsch
    Aber in den 50er und 60er Jahren sind die CDU/ CSU-geführten Regierungen trotz großer Schwierigkeiten und Widerstände mit Motor der Einigungsbewegung gewesen. Sie sind kreativ und initiativ gegenüber ihren Partnern aufgetreten. Konrad Ade, nauer, Heinrich von Brentano, Gerhard Schröder, Walter Hallstein haben Europa bewegt und nicht nur in kleinkrämerischer Manier um den augenblicklichen nationalen Vorteil gefeilscht und sich mit Interessengerangel begnügt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Diese Männer haben es auch verstanden — nicht zuletzt durch ihr Engagement —, den Gedanken der Einheit Europas in Deutschland wach und populär zu halten.
    Wenn man bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten wir bezüglich des Interesses unserer Bürger zu tun haben, um bei diesen Direktwahlen ihre Informationslücke zu decken, und wie reserviert auch ein Teil der überregionalen deutschen Presse dem Europagedanken gegenübersteht, dann ist das nicht zwangsläufig, sondern hat auch politische Gründe.
    Wer will schon dem Bürger verdenken, wenn er den Begriff „Europa" zunächst mit Brüsseler Bürokratie, also für ihn scheinbar mit Leerlauf, Unwirtschaftlichkeit und Verschwendung verbindet! Wie soll es der Bürger verstehen, daß auf dem Gipfeltreffen im Jahre 1974 — das waren nicht mehr Sie, Herr Brandt, das war Herr Schmidt — ein einheitlicher europäischer Paß beschlossen wurde! Im Jahre 1975 hat man den europäischen Bürgern mitgeteilt, daß dieser Paß am 1. Januar 1978 überall eingeführt werde.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Man hat dann fast ein Jahr gebraucht, um sich über die Farbe und die Sprachen auf dem Umschlag des Passes zu einigen. — Da sind sie. Aber, meine Damen und Herren, wo ist denn am 1. Januar 1978 dieser Paß in die Hände der europäischen Bürger gelangt? Wir haben nichts mehr davon gehört.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Er existiert nicht!)

    In der Antwort auf unsere Große Anfrage vermeidet man sorgsam, die Daten darzulegen. Wir finden dort eine ganz kümmerliche Ausrede dafür. Aber ich sage Ihnen, das ist etwas gewesen, was die ganze europäische Bürgerschaft als ein sichtbares Zeichen der Anstrengungen nach weiteren europäischen Einigungsbemühungen angesehen hat.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ein psychologisch wichtiges Argument!)

    Wer will dem Bürger seine Haltung in folgendem Fall verdenken? Der Rat hat im Frühjahr 1974 in Kopenhagen den Beschluß zur Errichtung einer Stiftung gefaßt, die Information über die Integration Europas verbreiten soll. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel hat er aber nicht bewilligt. Das ist einer dieser Als-ob-Beschlüsse, an denen die Praxis des Rats der Regierungschefs und des Rates reich ist. Man beschließt etwas, und nachher treten andere zusammen, die beschließen, es nicht
    auszuführen. Das eine wird groß in der Presse angekündigt, und das andere erscheint vielleicht auf Seite 7.
    Ähnlich ist es in der Regionalpolitik gewesen. Ständig hat man Beschlüsse gefaßt, aber niemals hat man wirklich die ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Das jetzige Europäische Parlament mußte es schließlich auf sich nehmen, in einer bitteren Auseinandersetzung mit dem Rat die notwendigen Mittel für die europäische Regionalpolitik durchzusetzen. Da sehen Sie die große Diskrepanz zwischen der Ankündigung und der Ausführung.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Wie immer!)

    Ich möchte an dieser Stelle ganz klar sagen, daß die fehlende Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Regionalpolitik, in der Wirtschafts- und vor allem in der Währungspolitik die Schwierigkeiten auf den schon integrierten Bereichen der europäischen Gemeinschaften erhöht hat. Die heutigen Schwierigkeiten im Falle des Agrarmarktes sind vor allen Dingen darauf zurückzuführen, daß diese Weiterentwicklung nicht erfolgt ist

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und daß wir in der Integration hinterherhinken und unsere eigenen Probleme multiplizieren. Nehmen Sie sich die Beschlüsse der Regierungschefs aus dem Jahre 1974 vor: Sie haben damals all das, was an Problemen auf uns zukommt, schon ganz richtig gesehen. Sie haben — angefangen von der Energiepolitik bis hin zu den Problemen auf dem Arbeitssektor — alle möglichen Schwerpunkte angesprochen. Aber es ist nichts anderes geschehen als das Einsetzen von immer neuen Arbeitsgruppen, das Verabreden von Konventikeln und die Entgegennahme von Berichten. Konkrete Maßnahmen stehen auf allen diesen Feldern weitgehend aus. Deshalb sind alle diese Probleme wieder Thema jeweils auch der nächsten Gipfelkonferenz.
    Was soll denn der Bürger davon denken, wenn schon heute, vor der Wahl, prominente Kandidaten der Sozialdemokratischen Partei verlauten lassen, daß sie im Europäischen Parlament nur ganz gelegentlich werden mitarbeiten können? Da sagt einer in einem Interview, er könne vielleicht zwei halbe Nachmittage pro Woche zur Verfügung stehen. So etwas sagt einer der Spitzenkandidaten.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Sehr gut, Herr Kollege! Siehe die Geschäftsordnungsdebatte von heute früh! — Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist billige Polemik!)

    — Herr Kollege Kohl, ich konnte nicht voraussehen, daß wir dieses exemplarische Beispiel vor Augen gehalten bekommen. Und wenn ich mir die Liste der Spitzenkandidaten ansehe, so ist diese Frage bei den meisten von ihnen zu stellen.

    (Seefeld [SPD] : Sie haben keine! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Aber Sie haben welche!)

    — Herr Kollege Seefeld, was immer Sie jetzt sagen,
    Sie können selber die Interviews der betreffenden



    Dr. Klepsch
    Kollegen nachlesen, in denen sie diese Aussagen in Ihnen nahestehenden Blättern gemacht haben. Schöne Kandidaten, vor allen Dingen schöne Spitzenkandidaten, die die Arbeit gar nicht leisten wollen, für die sie gewählt zu werden wünschen!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist deshalb verständlich, daß der Bürger der Art und Weise, wie Europapolitik bei uns betrieben wird, müde wird. Aber es ist wichtig, festzustellen, daß das nachlassende Interesse an Europa, gerade auch in der Bundesrepublik Deutschland, Hand in Hand geht mit der Zeit, während der Sie Verantwortung als Regierung in diesem Lande tragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Buchstaller [SPD]: Das ist doch großer Blödsinn!)

    Woran soll sich denn der Bürger orientieren?

    (Wehner [SPD]: An Ihnen nicht!)

    Gibt es seit der Regierungsübernahme von SPD und FDP ein regierungsamtliches Papier, eine programmatische Äußerung von Ihrer Seite, aus der sich ergibt, wie die Bundesregierung die zukünftige Gestalt Europas ansieht? Solch ein Konzept hat die Bundesregierung nicht vorgelegt. In einer doch sonst so programmwütigen Partei wie der Ihren, Herr Kollege Wehner, ist das erstaunlich. Alle wesentlichen europapolitischen Initiativen dieser Jahre stammen von Christdemokraten,

    (Wehner [SPD]: Nach jeder Richtung und alles durcheinander!)

    z. B. der Werner-Bericht. Er war die Grundlage des Beschlusses über die Einrichtung der Wirtschafts-und Währungsunion, die Sie dann nicht vollzogen haben. Oder nehmen Sie den Tindemans-Bericht. Es war doch eine Mehrzahl sozialdemokratischer und sozialistischer Regierungschefs, die einen christlichen Demokraten beauftragte,

    (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : So war es!)

    einen Bericht über die weitere Möglichkeit der politischen Einigung Europas vorzulegen. Er hat das auch fristgerecht gemacht.

    (Dr. Bangemann [FDP] : Als Regierungschef wurde er beauftragt!)

    — Selbstverständlich, Herr Kollege Bangemann, er wurde als Regierungschef beauftragt. Er hat sich dieser Pflicht innerhalb eines Jahres entledigt und seinen Bericht fristgerecht vorgelegt. Die Regierungschefs haben ihn alle gut gefunden; sie haben ihn grundsätzlich gebilligt. Die Publizistik hat gesagt, man müsse diesem Bericht bescheinigen, daß er sowohl realistisch als auch realisierbar sei.

    (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Dann ist nichts mehr geschehen!)

    Aber damit war auch die ganze Kraft der Regierungschefs schon verbraucht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Leider wahr! — Zuruf des Abg. Seefeld [SPD])

    — Ich habe Ihnen doch schon gesagt, wer da in der Mehrzahl war.
    Sie treiben Ihre Europapolitik mit der linken Hand. Die beinahe dreimonatige Verspätung, mit der das Währungssystem, dieser Ansatz von Währungssystem in Kraft gesetzt wurde, das wir begrüßt haben, zeigt, mit welch geringer Aufmerksamkeit und welch geringer Sorgfalt die Europapolitik betrieben wird, welchen Stellenwert sie ganz offensichtlich hat. Ganz offenbar beruht die Verspätung des Inkraftsetzens des Währungssystems auf massiven Fehleinschätzungen des Bundeskanzlers hinsichtlich der Währungsprobleme in der Agrarwirtschaft und hinsichtlich der Bedeutung, die Frankreich ihnen beimißt; das ist doch ganz klar.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Dabei hätte er das doch wissen müssen! Er telefoniert doch ständig mit Frankreich! Da erfährt man doch so etwas!)

    Wenn jemand sagt, er habe das Ganze gemacht, und vergißt eine so wichtige Sache, dann muß ich doch fragen, ob die nötige Sorgfalt aufgewandt wurde.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Am 17. März erst!)

    Fragt man, warum die europäische Einigung so wenig konsequent verfolgt wird, obwohl Sie doch bei jeder Festrede beteuern, ein wie klarer Verfechter Sie seien, so liegen einige der Gründe meines Erachtens klar zutage. Sie haben Ihre Kräfte vielleicht anders eingeteilt. Sie haben die Ostpolitik seit 1969 einseitig, ausschließlich bevorzugt. Ihr personeller und sachlicher Einsatz lag auf diesem Felde.
    Ich möchte an dieser Stelle diese Politik nicht nach Erfolg oder Mißerfolg bewerten; aber zweifellos hat die Integration Westeuropas, die Entwicklung und Festigung der Europäischen Gemeinschaft, darunter gelitten. Dieser Sachverhalt kann nicht bestritten werden. Man braucht nur entsprechende Äußerungen von Ihrer Seite heranzuziehen, etwa daß Herr Bahr 1972 klar gesagt hat, selbstverständlich entscheide er sich dafür; sie umfasse den ungeheuren Fortschritt nach Osteuropa und zu den osteuropäischen Völkern, während das andere — gemeint war die Westintegration — nur um den Preis der Abkehr zu haben sei. So steht es in einem Protokoll eines Gesprächs mit Günter Gaus. Er hat gesagt, er sei eher bereit, auf die Politische Union in Westeuropa zu verzichten, als auf bessere Beziehungen mit Osteuropa. Auch der Bürgermeister Koschnick hat noch im Herbst 1978 die Bundesregierung aufgefordert, die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Politischen Union nicht mehr zu betreiben, weil das zu einer entsprechenden Verhärtung im Ostblock führen würde.
    Aber nicht nur die Ostpolitik, sondern vor allen Dingen das Verhältnis zu Ihren europäischen sozialistischen Genossen, verbietet Ihnen eine aktive Integrationspolitik. In den letzten Wochen und Monaten, in denen im Vorfeld der Europawahl den Bürgern das Thema Europa seit langer Zeit wieder bewußt wird, stellen sie wie manche Politiker an Hand von Wahlprogrammen und Wahlaussagen mit Erstaunen fest, daß einflußreiche politische Kräfte in Europa ein vereinigtes Europa offensichtlich gar nicht wollen. Das gilt insbesondere für starke Teile



    Dr. Klepsch
    der dänischen, der französischen und britischen Sozialisten. Das gilt auch für die Gaullisten und für die mit den französischen Sozialisten eng zusammenarbeitenden französischen Kommunisten. Diese ablehnende Haltung finden wir aber nicht nur bei den Sozialisten innerhalb der Gemeinschaft, wir finden sie auch bei den Sozialisten der beitrittswilligen Länder. Ich habe gerade vorhin darauf Bezug genommen, daß Griechenland gegen die Stirmmen der Sozialisten beigetreten ist. Die letzte gemeinsame Konferenz der sozialistischen Parteien dieser Länder in Athen hat zum Boykott der Europäischen Gemeinschaft aufgerufen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Daß diese Differenzen in Ihrem Lager bestehen, sieht man konkret daran, daß in allen Parteiverlautbarungen grundsätzlich etwas anderes und Gegensätzliches steht, je nach dem, ob es die SPD allein oder im Verbund mit ihren Genossen äußert, daß es die Sozialisten im Gegensatz zu den Christdemokraten bisher nicht zu einer gemeinsamen Partei auf europäischer Ebene geschafft haben,

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    daß sie trotz propagandistischer Vorankündigung kein gemeinsames Wahlprogramm für die Europawahl vorgelegt haben, sondern eine ganze Reihe nationaler, einander sogar widersprechender Programme den Wählern zur Auswahl stellen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! — Das muß man mal laut sagen!)

    Schaut man sich bestimmte sozialistische Parteien in Europa an, so werden diese Differenzen noch deutlicher.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Die werden nie Europäer!)

    Ich denke nur an die Labour Party. Ich könnte Ihnen sehr viele interessante Beispiele nennen, will das aber im Hinblick auf die mir zur Verfügung stehende Zeit unterlassen.
    So müssen wir heute von der Tatsache ausgehen, daß ein gewichtiger Teil der europäischen Sozialisten Europa nicht will und teilweise den derzeit erreichten Integrationsstand rückgängig machen will. Kann man da erwarten, daß Sie die nötige starke Initiative von der Bundesregierung entwickeln lassen können? Sie werden ja schon häufig genug von der Sozialistischen Internationale wegen Unzuverlässigkeit gescholten. So kann man vielleicht vermuten, daß Sie in vielen politischen Maßnahmen, die zu treffen waren, auch den Konflikt mit den Genossen gescheut haben.
    Vor diesem Hintergrund fragen wir uns: Wie wird die Zusammenarbeit im künftigen Europäischen Parlament aussehen? Der Wahlgang von 180 Millionen Bürgern gibt dem Europäischen Parlament ein neues und anderes Gewicht. Die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit, sich stärker zu profilieren, werden den Parteimeinungen im Parlament ein größeres Gewicht als bisher geben. Aber auch die Regierungsparteien der Mitgliedstaaten werden sich stärker an
    den Positionen ihrer nationalen Parteifamilien mes-lassen lassen müssen. Auf der einen Seite wird eine christlich-demokratische Fraktion stehen — mit einem einheitlichen Programm und mit dem einheitlichen Willen, die Einigung Europas weiter zu betreiben.

    (Zuruf des Abg. Seefeld [SPD])

    Auf der anderen Seite werden Sie in einem etwas zerstrittenen Haufen stehen, Herr Kollege Seefeld, der sich nicht darüber im klaren ist, ob er sich an Europa beteiligen will und, wenn ja, wie.

    (Zuruf des Abg. Seefeld [SPD])

    Sie werden mir entgegenhalten, daß die politische Auseinandersetzung und die Klärung der gegensätzlichen Positionen ein Hauptzweck des Parlaments sein müssen. Da gebe ich Ihnen recht. Aber es muß für eine erfolgreiche Parlamentsarbeit einen Grundkonsens zwischen den demokratischen und politischen Kräften über den Sinn und Zweck der Einigungsbewegung herrschen.
    Und da sehe ich große Schwierigkeiten vor uns. Diese Differenzen in der Sozialistischen Internationale zwingen Sie zu einem unehrlichen Spiel im Wahlkampf. Genau wie in anderen Bereichen der Politik verfolgen Sie eine Doppelstrategie. Innerhalb der Bundesrepublik bekräftigen Sie in Ihren Reden und in Ihrem Programm den uneingeschränkten Willen zur Schaffung eines einheitlichen Europas. Treffen Sie sich jedoch mit Ihren sozialistischen Genossen gemeinsam im Ausland, so hört sich das ganz anders an. Dort machen Sie deutliche Vorbehalte gegen die weitere Integration.
    Man darf ja mal fragen: Warum lassen Sie nicht den Herrn Mitterand hier auftreten und erläutern, wie er sein sozialistisches Europa meint? Warum bitten Sie nicht den Herrn den Uyl hierher, damit er uns sagt, was er von uns Deutschen hält?

    (Seefeld [SPD]: Haben wir schon oft gemacht!)

    Warum fragen Sie nicht Herrn Wedgewood Benn,

    (Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU] )

    worum es denn nach seiner Auffassung bei der europäischen Einigung und der europäischen Wahl geht? Es hätte uns sehr interessiert. Wir haben unsere ausländischen Partner in dieser Wahlauseinandersetzung nicht zu verstecken brauchen.
    In Ihrem Europaprogramm von Köln haben Sie deutlich gemacht, daß Sie sich entweder auf Ihre sozialistischen Partner in Europa und deren marxistische Denkvorstellungen zubewegen wollen oder aber — wie es die künftige Kollegin Wiczorek-Zeul gesagt hat — daß Sie — das kann ja sein — dort Ihr wahres Programm und Ihre wahre politische Position ausgedrückt haben. Ich überlasse es Ihnen, uns darüber reinen Wein zu geben. Aber eines ist klar: daß wir in dieser europäischen Wahl eine Entscheidung zu treffen haben, welchen Weg die Bürger in Europa eingeschlagen wissen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Klepsch
    Ich weiß nicht, wie Sie in Zukunft mit dem Widerspruch leben können, in dem Sie sich jetzt befinden. Aber es ist Ihre Aufgabe, ihn zu lösen.

    (Seefeld [SPD] : Sagen Sie doch etwas über den Widerspruch!)

    Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Die politische Einigung Europas angesichts der europäischen Direktwahl mit neuen Initiativen weiterzuführen und das direkt gewählte Europäische Parlament in den Mittelpunkt bei der Lösung dieser für unsere Zukunft entscheidenden Aufgabe zu stellen, ist uns ein vorrangiges Ziel und keine Nebensache. Wir werden uns unserer Verantwortung nicht entziehen. Die europäische Integration darf nicht zurückgeschraubt werden. Sie muß vielmehr weiterentwickelt werden. Gemeinsam werden wir, das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente, für diese Aufgabe, aber auch für die Aufgabe der demokratischen Kontrolle der Macht, die heute auf der europäischen Ebene noch nicht ausreichend etabliert ist, kämpfen müssen, damit die getroffenen Maßnahmen und die zu treffenden Entscheidungen für den Bürger transparent sind. Die Kommission muß sich wieder stärker auf ihre im Vertrag vorgezeichnete Funktion und Rolle konzentrieren. Gemeinsam mit Parlament und Ministerrat sollten wir uns dafür einsetzen, die Einigungspolitik voranzubringen.
    Lassen Sie mich mit einem Wort von Konrad Adenauer schließen:

    (Wehner [SPD] : Das wird gut! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das steht Ihnen gut!)

    Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele, aber sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Ich darf zwei Vorbemerkungen machen. Die erste hätte ich gerne in Anwesenheit des neugewählten Präsidenten gemacht. Ich hätte ihm gerne auch von dieser Stelle aus meine guten Wünsche ausgesprochen und ihm auch gesagt, daß ich gerne mit Kollegen der anderen Parteien noch einmal darüber nachdenken möchte, ob es eine Möglichkeit gibt, den Vorschlag, den er gemacht hat, zu verwirklichen, daß es auch für Politiker zumindest einmal im Monat ein von der Politik freies Wochenende geben sollte. Wir sind uns sicher einig: bis zum 10. Juni läßt sich das nicht verwirklichen, wie wir gerade eben auch aus der Rede meines Herrn Vorredners haben entnehmen können.
    Die zweite Vorbemerkung ist folgende: Ich muß, ohne zuviel Zeit darauf zu verwenden, der willkürlichen Geschichtsdeutung meines Herrn Vorredners widersprechen. Ich will das härtere Wort „Geschichtsklitterung" vermeiden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sagte: willkürliche Deutung der Geschichte. Wissen Sie, wenn man in Sachen Europa so sehr das Erstgeburtsrecht für sich in Anspruch nimmt, dann muß man sich entgegenhalten lassen: Im Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands stand nicht erst nach .dem Zweiten Weltkrieg, sondern stand bereits 1925 im Heidelberger Programm: „Wir sind für die Vereinigten Staaten von Europa."

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn man dem gefolgt wäre, wenn dieser Politik in Deutschland und anderswo gefolgt worden wäre, wäre Europa der Zweite Weltkrieg erspart geblieben.

    (Beifall bei der SPD — Wehner [SPD] : Das hat ja sogar Konrad Adenauer gesagt! — Gegenrufe von der CDU/CSU)

    Zum anderen: Nicht erst 1925, sondern 1871 ist der Mann, der damals an der Spitze der frühen, jungen kleinen Sozialdemokratie stand, August Bebel, ins Gefängnis gegangen, weil er gegen die Annektion Elsaß-Lothringens war.

    (Beifall bei der SPD)

    Das war nicht nur der „Traum der wenigen", um auch von mir aus Konrad Adenauer zu zitieren, Herr Klepsch, sondern das war das Leiden der wenigen. Wenn man denen gefolgt wäre, die damals für ihre Überzeugung so eingetreten sind, dann wäre schon der Erste Weltkrieg vermieden worden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU] : Darum geht es doch nicht! Es geht doch nicht um August Bebel! Es geht doch um Ihre Politik der letzten 30 Jahre! — Weitere Zurufe von. der CDU/CSU — Gegenrufe von der SPD)

    Wenn es nun um die letzten Jahre geht, verehrter Herr Kollege Kohl, dann habe ich an der Rede des ersten Sprechers der Union in dieser Debatte vor allem folgendes auszusetzen: Er bringt die Bewertung von, wie er sagt, Gipfelkonferenzen — das heißt seit einigen Jahren „Europäischer Rat" —, die Bewertung der Konferenzen der Regierungschefs und des Ministerrats, der Außenminister also, durcheinander und stellt dem keine faire objektive Bewertung des eigenen deutschen Standpunktes in diesen Jahren entgegen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies halte ich für nicht in Ordnung, zumal nicht, wenn man die Bürger orientieren will, um was es jetzt geht.
    Wir bestreiten doch nicht, Herr Klepsch, daß sich andere auf ihre Weise bemüht haben, aber die Erweiterung von sechs auf neun ist 1969 unter unserer Verantwortung und durch unser maßgebliches Mitwirken zustande gekommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was die Bedeutung des 74er Gipfels angeht, den Sie erwähnt haben, so rechne ich es der Bundesregierung hoch an, so maßgeblich daran mitgewirkt zu haben, die Europäische Gemeinschaft nicht scheitern zu lassen; denn diese Gefahr bestand an-



    Brandt
    gesichts der weltwirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich damals auftürmten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte — das werden Sie verstehen — mich nicht weiter so sehr an die Rede des Kollegen Klepsch anlehnen, sondern mich auf die beiden Drucksachen beziehen, die uns vorliegen. Das ist die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU, und es ist der Bericht der Bundesregierung vom 19. April 1979. In diesem Bericht heißt es in der linken Spalte der ersten Seite — ich zitiere, Herr Präsident, wenn ich das darf —:
    Die Direktwahlen werden zu der notwendigen Demokratisierung des Europäischen Einigungsprozesses und damit zu neuen Anstößen für das Einigungswerk über eine enge Beteiligung der Bürger führen.
    Also, ich weiß nicht recht. Wenn man einmal den Zwischenteil des Satzes herausläßt, heißt es: Die Direktwahlen werden zu der notwendigen Demokratisierung führen. Das ist mir zu optimistisch formuliert und zu sehr so, als ob man auf einen Automatismus setzt. Mir würde es schon reichen, wenn wir als Bundestag sagten: Hier geht es um eine neue Chance, nicht um etwas, das jetzt gewährleistet ist. Aber eine Chance ist auch schon etwas, und die darf man sich nicht entgehen lassen.
    Wenn ich aber den zweiten Teil des Satzes in den Bericht der Regierung einbeziehe, nämlich daß die Direktwahlen — wie es dort heißt — damit zu neuen Anstößen für das Einigungswerk über eine enge Beteiligung der Bürger führen werden, dann soll das wohl heißen: zu neuen Anstößen für das Einigungswerk, damit oder so daß oder indem — ich stelle anheim — die Bürger enger oder stärker beteiligt würden. Ich sage das deshalb, weil der Umgang mit der deutschen Sprache auch in europäischen Zusammenhängen von Belang bleibt.
    Ich bleibe im übrigen bei meiner Einschätzung — ich deutete es eben an —: Wir haben es mit einer neuen Chance zu tun, daß die Diskussion über die Zukunft Europas, des sich immer noch mühselig, mühsam genug zusammenfindenden Europas, ein Stück weitergeführt werden kann, daß das direkt gewählte Europäische Parlament „zum Sprachrohr für die Vereinigung Europas" werden kann, um aus einem Aufsatz des Fraktionsvorsitzenden der SPD von heute früh zurückzugreifen.
    Für meine politischen Freunde sage ich folgendes: Wir möchten alles tun, damit die gebotene Chance, die ich nicht überschätzen, aber auch nicht unterschätzen darf, genutzt wird. Wir wollen uns bitte nichts vormachen: Viele in der Bundesrepublik wissen nicht — jedenfalls noch nicht —, worum es am 10. Juni 1979 geht. Manche meinen, sagen einem, schreiben einem, da werde eine überflüssige Institution geschaffen. Manche wissen also gar nicht — woran Herr Klepsch in Übereinstimmung mit uns erinnert hat —, daß es schon ein Europäisches Parlament gibt, wenn auch der Zahl nach halb so groß wie das, was jetzt kommt, und
    nicht direkt gewählt. Viele unserer Bürger wissen also auch nicht, daß die direkte Wahl zu gegebener Zeit schon in den Römischen Verträgen vorgesehen war.
    Andere glauben demhingegen, sagen einem in Diskussionen oder schreiben einem, da werde wohl nun eine verfassunggebende Versammlung zusammentreten; die werde wohl nun endlich eine Verfassung für die Europäische Gemeinschaft machen und eine Regierung bilden. Da gebietet es die Ehrlichkeit zu sagen, daß es darum jetzt nicht geht. Darum geht es in der Tat nicht.
    Wieder andere verwechseln die Europäische Gemeinschaft mit anderen Einrichtungen, mit anderen Organisationen. Die schönen Plakate der CDU mit den Flaggen tragen leider auch nicht zur Aufklärung bei. Die sehen sehr schön aus, mit der deutschen Flagge und mit der blauen Flagge mit den gelben Sternen. Das hat bloß nichts mit der Europäischen Gemeinschaft zu tun, sondern das ist die Flagge des Europarates in Straßburg.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Bei den so gestalteten Plakaten handelt es sich also gewissermaßen um die Einladung zu einer Feier, die gar nicht stattfindet.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Als ob der Europarat nichts mit der europäischen Einigung zu tun hätte!)

    — Die hat überhaupt nichts mit dem zu tun, worum die Wähler am 10. Juni sich zu äußern gebeten werden. Das wissen Sie ganz genau.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie daran einen Zweifel aufkommen lassen, so kann ich das nicht ernst nehmen.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Sie reden doch an der Sache vorbei, Herr Brandt!)

    Vor die Alternative gestellt, dem Europäischen Parlament zunächst mehr Rechte zu geben und es in einem zweiten Schritt direkt wählen zu lassen oder erst die Direktwahl durchzuführen und später die Befugnisse zu erweitern, hätte ich mich, wie meine politischen Freunde wissen, wie auch der Bundeskanzler weiß, für die erste Möglichkeit entschieden. Und ich habe mich so verhalten, als ich Regierungsverantwortung trug — übrigens auch gegenüber dem gutgemeinten, aber unsinnigen Vorschlag, den mir das Auswärtige Amt vor knapp zehn Jahren machte, man sollte doch einen Einstieg machen, indem man die Hälfte der Abgeordneten direkt wähle und die andere Hälfte durch die nationalen Parlamente entsenden lasse. Das war gut gemeint, aber es war ein falsches Modell für kleine Schritte.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Wer war damals der Außenminister?)

    Es hat jetzt keinen Sinn, über das Thema, das ich eben anklingen ließ, zu diskutieren. Politik besteht nicht darin, überholten Alternativen nachzujagen, sondern jetzt geht es allenfalls darum, einzuordnen, wie es dazu gekommen ist, daß die Re-



    Brandt
    gierungschefs im Europäischen Rat, die Vertreter der Regierungen im Europäischen Rat vor drei Jahren — ob sie sich dessen alle ganz bewußt waren oder nicht — gewissermaßen eine Art Flucht nach vorn angetreten haben.
    Jetzt gilt es — ich sage es als Abgeordneter genauso, wie ich es meine —, die Regierungen beim Wort zu nehmen und den in welchem Land auch immer unnötig Zögernden Beine zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich glaube, die europäisch Engagierten sollten sich darin einig sein.
    Dies wird leichter sein, wenn man sich auf ein durch Wahlen erteiltes europäisches Mandat berufen kann. Es geht um den jetzt möglichen Schritt.
    Es lohnt meiner Meinung nach nicht, darüber zu jammern, daß die europäische Entwicklung langsamer gegangen ist, als viele es sich wünschten und daß sie auch gerade bei uns in Deutschland Enttäuschung mit sich gebracht hat. Es geht jetzt darum, daß nicht wir, wir in der Bundesrepublik Deutschland, Europa enttäuschen, und zwar aus Mangel an Interesse oder aus Mangel aus Einsicht.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es gilt, meiner Meinung nach, zu erkennen, daß es doch einen — darf man das große Wort in den Mund nehmen? — historischen Einschnitt bedeuten wird,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    wenn zum erstenmal ein europäisches Organ unmittelbar aus dem souveränen Willen seiner Völker legitimiert wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Kraft dieses Organs wird von der Stärke der Legitimation abhängen. Wie groß die Chance der weiteren Entwicklung dieses Teils Europas ist, hängt also entscheidend davon ab, wie groß die Wahlbeteiligung am 10. Juni sein wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Niemand, der zu Hause bleibt, wird hinterher das Recht haben, sich darüber zu beklagen, daß es mit Europa nicht schnell und nicht gut genug vorangehe. Dieses Risiko es ist ein auf Europa bezogenes Risiko — gilt es sich bewußt zu machen, ebenso wie jenes, das sich aus einer bloßen Verlängerung des innenpolitischen Kampfes der Opposition kontra Koalition objektiv ergibt.
    In einigen europäischen Ländern besteht Wahlpflicht. Ich meine, unsere Bürger, die breiten Schichten unseres Volkes — die Arbeitnehmer, die Frauen, die Rentner, zumal aber die Jungen — sollten es nicht falsch verstehen, wenn ich sage: Es gibt, da es jetzt um Europa geht, bei uns zwar keine in der Verfassung und im Gesetz vorgeschriebene Wahlpflicht, wohl aber eine moralische Wahlpflicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich kann mir im übrigen zu eigen machen, was der CDU-Generalsekretär in der vorigen Woche an die Spitzen von ARD und ZDF geschrieben hat und
    was meiner Meinung nach auch für einen großen Teil der Presse gilt, die auch Herr Klepsch auf seine Art hier angesprochen hat. Ich stimme Herrn Geißler zu, wenn er sagt, daß die Europaberichtserstattung in Hörfunk und Fernsehen anläßlich der bevorstehenden Direktwahl nicht ausreichend sei. Ich stimme ihm zu, wenn er sagt, es bestehe die Gefahr, daß ein großer Teil der deutschen Bevölkerung — ich stelle anheim; Sie wissen, was gemeint ist — die Bedeutung dieser Wahl für die Zukunft unseres Landes noch nicht erkannt hat.
    Vergleiche, die ich selbst mit dem, wie man so sagt, staatlichen französischen Fernsehen angestellt habe, fallen auf diesem Gebiet nicht zu unseren Gunsten aus. Das staatliche französische Fernsehen tut mehr für eine lebendige Debatte und auch zur Darstellung dessen, was die einen und die zweiten und die dritten und dort auch die vierten zu diesem Vorgang zu sagen haben. Deshalb füge ich nur noch einen Satz hinzu, den hoffentlich die, die es angeht, richtig verstehen: Überheblichkeit ist weder überparteilich noch europäisch.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sagte, es bedarf der Orientierung der Bürger. Was bedeutet das im Zusammenhang mit den Rechten und Arbeitsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments? Es bedeutet, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, kein Vakuum, keinen Leerraum entstehen zu lassen, sondern die schon durch die Römischen Verträge gegebenen Rechte voll auszuschöpfen und sie so auszubauen, wie es sachlich geboten ist und im wesentlichen einvernehmlich, d. h. nicht durch Kraftakte, erreicht werden kann. In dieser Phase — und ich glaube, dies gilt generell — läßt sich die europäische Einigung nicht durch Kraftakte bewerkstelligen. Es geht vielmehr darum, die parlamentarischen Kontrollrechte auszuschöpfen und verstärkt wahrzunehmen und auch die Haushaltsrechte auszuschöpfen. Darauf, daß das Europäische Parlament inzwischen echte, wenn auch begrenzte Haushaltsrechte hat, weist die Regierung in der Antwort auf die Große Anfrage, Drucksache 8/2787, zutreffend hin.
    Es bedeutet weiter, sich an deutlichere Initiativrechte heranzuarbeiten, vom Mittel der Hearings auf europäischer Ebene angemessen Gebrauch- zu machen und den Dialog im Rahmen des intergouvernementalen außenpolitischen Zusammenwirkens — die Fachleute nennen dies EPZ; ich sage gleich noch meine Meinung über all diese schrecklichen Abkürzungen — so weiterzuentwickeln und wohl auch zu formalisieren, wie es auf der letzten Seite — es ist die Seite 12 — der Antwort der Regierung auf die Große Anfrage angedeutet wird. Hier kritisiere ich die Regierung nicht, sondern möchte ihr eher Mut machen, sich auf diesem Wege weiter zu bemühen, auch wenn sie sich in einer späteren Debatte in unsachlichen Beiträgen vorhalten lassen muß, sie sei auf diesem Wege noch nicht weit genug gekommen. Wir müssen die Regierung bitten, sich unverdrossen weiter zu bemühen.
    Es liegt in der Logik der Dinge, daß im Laufe der Zeit — aber sicher noch nicht in den ersten fünf



    Brandt
    Jahren, für die jetzt gewählt wird — aus dem Europäischen Parlament eines der beiden Organe werden wird, in denen und zwischen denen über europäische gemeinschaftliche Gesetze entschieden werden wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber die Ehrlichkeit den Wählern gegenüber gebietet, gleich hinzuzufügen, daß dieses — ich sagte es eben — länger dauern wird als eine fünfjährige Amtsperiode. Es wird — ich habe selber mal früher etwas anderes geglaubt — noch keine Konstituante geben, keine verfassungshemmende Versammlung. Und es wird, wo es um für vital gehaltene Fragen geht, ob es uns paßt oder nicht, weiter nur durch Konsens durch das Sich-Herausarbeiten an gemeinschaftliche oder gemeinsame Standpunkte ernsthaft vorangehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Absurd muß es andererseits erscheinen, wenn man in einigen Kreisen von Regierenden — ich sage jetzt nicht die Länder — meint, ein direkt gewähltes Parlament könne von der Entscheidung über seine eigenen Arbeitsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Das ist grotesk. Das wird sich ein direkt gewähltes Parlament nicht gefallen lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber auch hierbei darf niemand überfahren werden, und schon gar nicht der Kleinste und Schwächste.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Einverstanden!)

    Doch darf das Herumfahren nicht zu dem Mißverständnis führen, bei den Europa-Parlamentariern handle es sich um eine neue Art von Wanderarbeitern. Ich will den häßlicheren Ausdruck, der auch mit „Wander" beginnt, nicht in diese Debatte einführen.
    Besondere Bedeutung kann das Europäische Parlament schon in den nächsten Jahren dann erlangen, wenn es zum Forum für eine neue europäische Bewußtseinsbildung wird

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    und wenn über die gemeinsamen Aufgaben der vor uns liegenden Jahre, der 80er Jahre, so gesprochen und um sie so gerungen wird, daß es in der öffentlichen Meinung der europäischen Völker Spuren hinterläßt. Ich denke an den doch sehr nachdenklichen Satz, den der Bruder des Kollegen von Weizsäcker neulich in einem Brief festgehalten hat, der lautete: „Ich erwarte für die 80er Jahre schwere Krisen in der Welt und daher unserer Nation." Über mehrere Jahrzehnte sind die europäischen Einigungsbemühungen durch die fast ideologisch geführte Diskussion des Begriffs „Integration" belastet worden. Dabei hat es ein gerütteltes Maß von Wunschdenken gegeben und auch ein gerütteltes Maß an Unaufrichtigkeit, gerade auch in unserem Land. Denn hinter dem breiten Rücken des schon erwähnten französischen Staatspräsidenten General de Gaulle ließ sich trefflich über politische. Modellvorstellungen reden, deren Verwirklichungschancen gleich Null waren. Unsere Zeit ist nüchterner geworden. Nüchterheit, solange sie nicht in Resignation umschlägt, schadet der europäischen Sache nicht, sondern kann ihr nützen, kann ihr helfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich hielte es im übrigen für gut, wenn wir — dazu ist in der ersten Rede in dieser Debatte ja auch nicht eingeladen worden — auf neue Schlachten um den Begriff der Integration verzichteten.
    Überhaupt sollten wir uns bei der Benutzung einer Buchstaben- und Fachsprache, die für den Bürger immer weniger Sinn ergibt, mehr Zurückhaltung auferlegen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP) EWS und EPZ, Lomé und UNCTAD,


    (Reddemann [CDU/CSU] : AKP fehlt!) MBFR und KSZE


    (Abg. Dr. Narjes [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — ich möchte das jetzt zu Ende führen —, viele Bürger können damit überhaupt nichts anfangen.

    (Wehner [SPD] : Ds kann man wohl verstehen!)

    Wir Politiker sollten nicht den Eindruck aufkommen lassen, als bäten wir um Zustimmung zu etwas, zu dessen vernünftiger Erklärung und Erläuterung wir entweder nicht fähig oder nicht willens sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn ich es richtig sehe, stimmen wir bei allen sonstigen Unterschieden in diesem Haus im wesentlichen darin überein, daß jeder Versuch, die spezifischen historischen Traditionen unserer europäischen Völker zu mißachten und ein Europa zu errichten, in dem die Nationen ihre Identität verlören, zum Scheitern verurteilt wäre. Wir wollen — man kennt mich in Amerika gut genug, daß ich dies sagen kann — aus Europa keine schlechte Kopie der Vereinigten Staaten von Amerika machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Nicht der große, alles vermengende Schmelztiegel kann unser Ziel sein, sondern unser Ziel sollte sein das enge Zusammenwirken der den Menschen vertrauten Kulturen, Nationen und Regionen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber es wird sich meiner Meinung nach zunehmend zeigen, daß auch für Gigantomanie in Europa in Wirklichkeit nicht oder nicht mehr Platz ist, und daß es nicht der Europa gemäße Weg für die Zukunft sein kann, den USA, auf das Materielle konzentriert, bloß nachzueifern, wie das übrigens bei kommunistischen Staaten besonders ausgeprägt ist: auch so schöne große Häuser, auch so viele Autos, auch so viel Energievergeudung haben zu wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir deutschen Sozialdemokraten verstehen unsere Mitarbeit im künftigen, direkt gewählten Europäischen Parlament selbstverständlich auch als



    Brandt
    Auftrag, dort die besonderen deutschen Interessen zu vertreten, wo wir dies für richtig halten, so wie wir deutsche Interessen verstehen und wie wir sie interpretieren. Die Repräsentanten unserer Nachbarn werden es daran ihrerseits nicht fehlen lass en.
    Die Dänen sind zitiert worden. Natürlich werden diese — das gilt für die Kleineren natürlich etwas stärker als für die Größeren, von den Konservativen bis zu den Sozis, und wenn ein Kommunist gewählt wird, gilt es für ihn auch — zusammenhocken, wenn sie bestimmte dänische Interessen wahrnehmen wollen. Die Franzosen hocken alle zusammen, wenn sie französische Landwirtschaftsinteressen wahrnehmen wollen. Wir wollen dem nicht einfach nacheifern. Aber es ist keine Sünde wider den europäischen Geist, berechtigte deutsche Interessen geltend zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Für mich versteht es sich dabei von selbst, daß wir uns immer zu bemühen haben, zu einem Ausgleich der Interessen zwischen den europäischen Nachbarn zu kommen, jedenfalls dazu beizutragen, soweit uns das möglich ist. So wird den spezifischen Problemen im leider immer noch ärmeren Süden Europas auch weiterhin unsere besondere Aufmerksamkeit gelten.
    Übrigens bei der Gelegenheit: Europa beginnt jetzt zu Hause. Ich habe nicht ohne Grund in diesen Tagen, also soviel über das Grundgesetz gesprochen wurde, daran erinnert, daß mehr als ein Artikel aus dem ersten Abschnitt des Grundgesetzes auch für die europäischen und überhaupt für die ausländischen Arbeitnehmer und für ihre Familien und ihre Kinder Geltung haben, die hier unter uns leben,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    und daß man ihnen, den Ausländern, auch nicht zu nahe tritt, wenn man in aller Offenheit sagt: Freizügigkeit möchten wir in Zukunft gern noch mehr haben, im übrigen muß europäische Politik aber in den 80er Jahren bewußt dorthin gehen, daß Arbeit zu den Menschen kommt und nicht Menschen über einen Kontinent hinweg der Arbeit nachlaufen müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im Ineinandergreifen beider politischer Funktionen, also der Wahrnehmung eigener Interessen und des Arbeitens an gemeinsamen europäischen Interessen, liegt nach meinem Verständnis der spezifische Auftrag an den künftigen Europaparlamentarier, wenn wir jenseits von bürokratischen Langeweilern und angeblichen ökonomischen Sachzwängen ein Europa von Bürgern für Bürger, von Menschen für Menschen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein Europa der Zukunft muß natürlich auch ein soziales Europa sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieses Ziel lohnt sich zum Nachdenken und auch
    für die lebendige Auseinandersetzung zwischen
    uns dort und hier. Also, so meine ich, muß jeder
    nüchterne Beobachter der Vorgänge in unserem Lande manche jener Argumente als vordergründig empfinden, mit denen aus den Unionsparteien auf Stimmensuche im Europawahlkampf gegangen wird. Als ob das Aufwärmen der Parolen aus dem Jahre 1976, die schon damals ihre Wirkung — jedenfalls hinreichend — verfehlten, dem Charakter einer ersten europäischen Direktwahl gerecht werden könnte!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich empfehle den Kollegen das Buch eines der besten französischen Denker unserer Zeit; ich kann mich um so eher auf ihn berufen, als er kein Sozialist ist. Raymond Aron macht in seinem letzten Buch darauf aufmerksam, daß Wirklichkeitsverlust die eigentliche Krankheit Westeuropas sei. Dies gilt auch für manches, worum in der Bundesrepublik vordergründig gestritten wird.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Narjes [CDU/ CSU] : Und von Ihrem Kölner Parteitag!)

    Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihnen, verehrte Kollegen von der Union, Ihre Freunde z. B. in Belgien, in Holland oder auch in Italien wirklich glauben — uns sagen sie nämlich etwas anderes —, wenn Sie behaupten oder behaupten lassen, daß ausgerechnet die deutschen Sozialdemokraten Europa mit einem freiheitsfeindlichen Geist überziehen wollen. Das glauben sie doch alle nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die sagen uns dazu zu Recht etwas anderes. Die deutsche Geschichte zeugt, wie ich einleitend sagte, vom Gegenteil.
    Verfälschung von erwiesenem Freiheitswillen und Mißachtung der Opfer im Kampf gegen Unfreiheit sind der Sache nicht dienlich, unserem Land in Europa nicht würdig und im übrigen kein guter Dienst für diejenigen selbst, die entlang der aufgezeigten Linie argumentieren. Wer die programmatischen Aussagen der von Ihnen erwähnten sogenannten Europäischen Volkspartei nachliest — ich habe es natürlich getan, Herr Klepsch; Sie haben das hier eingeführt —, der sieht, daß es Ihren politischen Freunden um ganz andere, zum Teil durchaus vernünftige politische Ziele bei dieser Wahl geht. Hier ließe sich auch manches gemeinsam machen. Viele von Ihnen wissen das ganz genau und wollen es nur für den Hausgebrauch ein wenig verstecken, um ja nicht von dem Geist der Konfrontation herunter zu müssen, der inzwischen manchen — ich fürchte: allzu vielen — liebgeworden zu sein scheint.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich möchte unterstreichen: Die Vielfalt Europas, seiner Völker und ihrer Tradition, sein Reichtum an Ideen und Strömungen, dies alles muß zusammengeführt werden. Es ist kein europäisches, sondern ein chinesisches Wort, aber trotzdem ein auf Europa anzuwendendes: Laßt viele Blumen blühen! Dieses Wort gilt gerade für Europa. Unser Kontinent läßt sich nicht über einen Einheitsleisten schlagen — und wenn Sie es genau wissen wollen: weder über einen christdemokratischen noch über einen sozialistischen. Dies sage ich auch meinen



    Brandt
    Freunden in anderen Ländern und habe deswegen zuweilen Streit mit ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer Europa über einen Einheitsleisten schlagen will, der schadet der europäischen Idee. Und wer Spaltertendenzen aus der Bundesrepublik nach Europa tragen will — von uns aus —, der schadet nicht nur Europa, sondern auch dem deutschen Namen in Europa.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Auch wenn die Unionsparteien das nicht wollen — und ich unterstelle, sie wollen es nicht —: Die Resonanz ihres Europawahlkampfes ist nicht europäisch und dient auch nicht der deutschen Sache in Europa.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Im übrigen, wer sich nur noch im Kampf gegen die Koalition, die diese Regierung trägt, einig ist, der übertreibt ja auch ein bißchen, wenn er sich noch „Union" nennt. Für die Bundesrepublik mag das gerade noch ausreichen, für Europa ist es ungenügend.
    Ich habe eben auf dieses Programm der EVP Bezug genommen. Nun sagen Sie: Aber die Sozialisten, die bösen Sozialisten, was die in anderen Ländern machen!

    (Dr. Klepsch [CDU/CSU] : Ich habe nicht „die bösen" gesagt!)

    — Gut, Sie haben nicht „die bösen" gesagt, sondern nur gemeint;

    (Wehner [SPD] : Sozialisten sind an und für sich böse!)

    ich weiß das wohl zu schätzen. — Aber, Herr Kollege Klepsch, das verdiente doch — wenn ich die Zeit hätte, die ich jetzt nicht habe —, ernsthaft sehr differenziert zu werden. Sie können hier nicht guten Gewissens behaupten, daß Felipe Gonzalez in Spanien und der neue Oberbürgermeister von Madrid, Tierno Galvan, nicht überzeugte Europäer wären; die haben deswegen sogar schon gelitten, als noch andere an der Macht gewesen sind.

    (Beifall bei der SPD) Das können Sie doch nicht bestreiten!

    Sie können mir doch andererseits nicht die PASOK in Griechenland anrechnen. Ich rechne Ihnen doch auch nicht eine Partei in einem südamerikanischen Land an, die dort für faschistisch gehalten wird und sich „christdemokratisch" nennt.

    (Dr. Klepsch [CDU/CSU] : Welche meinen Sie denn?)

    — Ich bleibe in Europa. Die PASOK ist Mitglied weder der Sozialistischen Internationale

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Richtig!)

    noch des Bundes der Sozialdemokratischen Parteien in der Gemeinschaft. Im übrigen hat Herr Papandreou, an den Sie sich dann wenden müßten — aber er kann hier nicht antworten —, gesagt, er
    strebe für sein Land eine norwegische Lösung an. Das muß man als einen Standpunkt gelten lassen.

    (Dr. Klepsch [CDU/CSU] : Welche südamerikanische christdemokratische Partei haben Sie denn eben gemeint?)

    Oder nehmen Sie Frankreich. Was soll es denn, hier an diesem heutigen Tage ein völlig falsches Bild zu malen? In Wirklichkeit ist es so: Der große Teil der französischen Sozialisten steht in der Auseinandersetzung mit den Kommunisten und verteidigt Deutschland gegen das Wiederaufleben antideutscher Ressentiments,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    die dort durch Kommunisten und Gaullisten gleichermaßen gepflegt werden. Was in der Mitte die Giscardisten — mit einem kleinen Einsprengsel von Christdemokraten — tun, das tut der große Teil der demokratischen Sozialisten dieses unseres wichtigsten Nachbarlandes. Ich bin mit denen nicht in jeder Frage einer Meinung, die sind untereinander unterschiedlicher Meinung, aber was soll diese schematische, völlig fehlgezeichnete Darstellung der französischen Lage im Deutschen Bundestag?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)