Rede:
ID0814507800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. der: 2
    2. Wir: 1
    3. fahren: 1
    4. in: 1
    5. Aussprache: 1
    6. fort.: 1
    7. Das: 1
    8. Wort: 1
    9. hat: 1
    10. Herr: 1
    11. Abgeordnete: 1
    12. Josten.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/145 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Inhalt: Gedenkworte zum 130. Jahrestag der Verabschiedung der Frankfurter Reichsverfassung 11559 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schachtschabel und Dr. Gradl . . 11560 C Wahl des Abg. Müller (Nordenham) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Enders zum stellvertretenden Mitglied im Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 11560 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 11560 C Erweiterung der Tagesordnung 11561 C Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 11673 B Beratung des Antrags der- Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 18. Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Gradl CDU/CSU 11561 D Dr. Emmerlich SPD 11565 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 11569 D Kleinert FDP 11575 C Schmidt, Bundeskanzler 11579 A Graf Stauffenberg CDU/CSU 11581 A Dr. Wendig FDP 11585 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 11590 B Waltemathe SPD 11593 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP 11596 A Dr. Mikat CDU/CSU 11601 C Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 11607 C Dr. Vogel (München) SPD 11611 C Engelhard FDP 11617 A Dr. Weber (Köln) SPD 11619 C Wissmann CDU/CSU 11622 A Oostergetelo SPD 11624 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 11625 D Frau Matthäus-Maier FDP 11627 C Blumenfeld CDU/CSU 11631 A Hartmann CDU/CSU 11633 B Hansen SPD 11635 B Helmrich CDU/CSU 11638 A Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 11639 C Dr. Schwarz- Schilling CDU/CSU 11642 B Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 11645 B Sieglerschmidt SPD 11647 A Josten CDU/CSU 11649 C Präsident Carstens 11575 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2708 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2707 — Krey CDU/CSU 11651 A Bühling SPD 11652 C Dr. Klepsch CDU/CSU 11654 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 11656 D Luster CDU/CSU 11657 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2453 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2697 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/2696 — Hölscher FDP 11658 C, 11660 C Burger CDU/CSU 11658 D Kratz SPD 11659 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 11661 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" und dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" — Drucksachen 8/2353, 8/2374, 8/2628 — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 11663 B Ueberhorst SPD 11664 D Dr.-Ing. Laermann FDP 11666 A Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 III Einrichtung einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Begutachtung technologischer und forschungspolitischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag — Drucksachen 8/1241, 8/2629 (neu) — Dr. Riesenhuber CDU/CSU 11667 B Stockleben SPD 11669 B Dr.-Ing. Laermann FDP 11670 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 17. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Steinenstadt und Ottmarsheim sowie über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Weil am Rhein und Hüningen — Drucksache 8/2437 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2686 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2642 — 11672 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Drucksache 8/2366 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2640 — 11673 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Februar 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über den Luftverkehr — Drucksache 8/2436 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2669 — 11673 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes — Drucksache 8/2646 — 11673 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit Drucksache 8/2645 — 11673 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/2665 11673 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Standortübungsplatzes Bad Vilbel an die Stadt Frankfurt — Drucksachen 8/2478, 8/2648 — 11674- A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken — Drucksachen 8/2558, 8/2649 — 11674 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/79 — Zollkontingent für Walzdraht 1. Halbjahr 1979) — Drucksachen 8/2536, 8/2632 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der Kapazität für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/2357, 8/2641 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/2513 Nr. 3, 8/2670 — . . 11674 C Beratung des Berichts der Bundesregierung über Möglichkeiten zur Umstellung des 7 b EStG auf ein anderes Förderungssystem — Drucksache 8/2554 — 11674 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes über steudrliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude auf das geltende Grunderwerbsteuerrecht und über die Überlegungen, die zur Reform des Rechts der Grunderwerbsteuer angestellt worden sind — Grunderwerbsteuerbericht — Drucksache 8/2555 — 11674 D Nächste Sitzung 11675 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11677* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 11559 145. Sitzung Bonn, den 29. März 1979 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 144. Sitzung, Seite 11 405 A: In den Zeilen 10 bis 13 ist statt „ ... an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — mitberatend —" zu lesen: ,,... an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend —, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —" ; Seite 11 526 * D: In der Zeile 8 von unten ist statt „36" zu lesen: „38". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 30. 3. Dr. Althammer 30.3. Dr. Bangemann* 29. 3. Dr. Becher (Pullach) 30. 3. Frau Berger (Berlin) 30. 3. Blumenfeld ** 30. 3. Dr. Corterier ** 30. 3. Frau Erler 30. 3. Fellermaier * 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Friedrich (Würzburg) 29. 3. Genscher 30. 3. Dr. Hornhues 30. 3. Horstmeier 29. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 3. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *5) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Kiesinger 30. 3. Klinker 30. 3. Koblitz 30. 3. Lange * 30. 3. Leber 30.3. Lemp * 30.3. Lenzer 30.3. Dr. Müller *** 29.3. Müller (Mülheim) * 30. 3. Müller (Remscheid) 30. 3. Sauer (Salzgitter) 30. 3. Schmidt (München) * 30. 3. Schreiber* 30. 3. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 29. 3. Dr. Schwörer * 29. 3. Seefeld * 30. 3. Spitzmüller 30. 3. Stahlberg 30. 3. Dr. Starke (Franken) * 30. 3. Frau Tübler 30. 3. Dr. Vohrer *** 29. 3. Frau Dr. Walz 30. 3. Baron von Wrangel 30. 3. Wuwer 30.3. Ziegler 30. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hellmut Sieglerschmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich sehe nicht ein, daß man hier zweierlei Maß einführt.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : 15 Minuten Redezeit haben wir die ganze Zeit gehabt!)

    — Gut.
    Meine Damen und Herren, man muß erkennen, daß der Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe von einem bestimmten Punkt an unmenschlich wird. Ich sage hier ausdrücklich: Das gilt für mich auch für NS-Verbrecher, wo immer sie derzeit, in Deutschland oder anderswo, einsitzen.
    Hier ist verschiedentlich über die Fragwürdigkeit der Verfahren bei wachsendem zeitlichen Abstand von der Tat gesprochen worden. Ich komme darauf nur noch einmal zurück, weil der Kollege Lenz in diesem Zusammenhang geäußert hat, die Justiz habe bei diesen NS-Gewaltverbrechensprozessen ihre Pflicht getan. Ich will weiß Gott nicht das Gegenteil behaupten. Aber verehrte Kollegen, man muß, wie ich meine, doch ein wenig differenzierter an eine solche Behauptung herangehen. Wir haben uns an eine ganze Reihe von Prozessen zu erinnern, bei denen erst der Bundesgerichtshof am Ende repariert hat, was die zuständigen Schwurgerichte zum Teil in einer — wie auch aus den Urteilsbegründungen des Bundesgerichtshofes hervorgeht — unglaublichen Weise judiziert hatten. Daß solche Entscheidungen in der Bundesrepublik möglich waren, wie sie zum Teil getroffen worden sind, schmälert ein bißchen den Ruhm der Justiz in diesem Zusammenhang. Man sollte dies an einem solchen Tage wie heute nicht verschweigen.
    Sicher ist auch das richtig, was über die Belastung der Zeugen in diesen NS-Gewaltverbrechensprozessen gesagt worden ist. Wer Gelegenheit gehabt hat, mit ihnen zu tun zu haben — ich habe zwar nicht als Anwalt, aber persönlich in vielen Fällen diese Gelegenheit gehabt —, weiß, wie schlimm es für diese Menschen, die ja ihr ganzes Leben lang von dem schrecklichen Geschehen, das sie erlebt haben, gezeichnet sind, ist, wenn die Wunde wieder aufgerissen wird. Aber gerade diese Menschen wären doch in der Regel die allerletzten, die sagen würden: Nun macht Schluß und laßt Verjährung eintreten!
    Sicherlich — das ist jedenfalls meine Überzeugung — werden nur wenige Verfahren nach Eintritt der Verjährung hinzukommen, und wahrscheinlich werden es noch weniger sein, die erfolgreich, d. h. mit einer Verurteilung abgeschlossen werden können. Weder die Verjährung noch die Unverjährbarkeit würden hier also zu einem nennenswert anderen Ergebnis führen. Wenn jemand so argumentiert, wie ich es hier getan habe, stellt sich die Frage: Warum dann das Eintreten für die Unverjährbarkeit von Mord? Vielleicht doch — ich nehme das ganz bewußt noch einmal auf — wegen des Drucks aus dem Ausland? Ich möchte feststellen, weil das in der öffentlichen Diskussion — nicht hier und heute in diesem Hause — eine Rolle gespielt hat, daß diese Unterstellung für die Verfechter der Unverjährbarkeit von Mord genauso beleidigend ist, wie es die Unterstellung gegenüber den Vertretern der Verjährung ist, sie wollten Nazimörder schützen. Nein, es darf keinen Druck geben bzw. man darf, wenn es einen Druck geben sollte, ihm nicht nachgeben.
    Man muß aber natürlich verstehen, daß insbesondere in den Ländern, in denen Menschen von NS-



    Sieglerschmidt
    Gewaltverbrechen betroffen worden sind, diese Frage mit großer Anteilnahme, ja, mit Leidenschaft diskutiert wird. Ich will hier eine Bemerkung zu dem machen, was der Kollege Stauffenberg und andere Kollegen gesagt haben, nämlich daß man einigen dieser Länder das Recht absprechen müsse, mit dieser Sorge und Leidenschaft zu diskutieren. Ich möchte diejenigen Kollegen, die so denken, dringend davor warnen, sich die Sache zu einfach zu machen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Wir lesen Solschenizyn!)

    — Auch der macht es sich manchmal zu einfach. Wir wissen alle von Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern. Wir wissen aber auch, daß dort in einem unglaublichen Ausmaß Morde stattgefunden haben, gerade auch in Polen und in der Sowjetunion. Wir können weder den Vertretern dieser Länder noch gar ihren Bürgern das Recht absprechen, ihre Anteilnahme an dieser Diskussion hier zu zeigen.

    (Beifall bei der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Wenn es um die Anteilnahme geht, haben wir auch nichts dagegen!)

    Schließlich ist das auch in den Diskussionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und des Europäischen Parlaments sehr deutlich zum Ausdruck gekommen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Über Kriegsverbrechen wurde dort geredet!)

    — Dabei ging es nicht nur um Kriegsverbrechen, Herr Kollege Erhard

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Aber auch!)

    — Sie müssen die Entschließung einmal genau lesen —,

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das habe ich!)

    sondern auch um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, was in der in Europa üblichen Umschreibung das mit umgreift, was bei uns geschehen ist, auch wenn es bei uns rechtlich so nicht verwendbar ist.
    Ich bedauere sehr, daß ich zum Schluß kommen muß; aber ich beuge mich natürlich der Entscheidung des Präsidenten.
    Bei dieser Situation, wie ich sie beschrieben habe, ist für mich ein moralisches Argument entscheidend, nämlich die Situation der Opfer und der Hinterbliebenen. Man kann diesen Menschen — ich habe viele Verbindungen mit ihnen gehabt und habe auch heute noch welche — sagen: Ob Verjährung eintritt oder nicht, ändert an der Verurteilung von NS-Gewaltverbrechern kaum etwas, oder wenig. Dies ist nicht der entscheidende Punkt. Es geht darum, daß sich die übergroße Anzahl dieser Menschen tief verletzt fühlen würde, wenn Verjährung einträte. Dies ist für mich Grund genug, um für ein Gesetz einzutreten, das rechtlich einwandfrei verhindert, daß diesen Menschen das zugefügt wird, was ich soeben beschrieben habe. Das gilt nicht nur für jene Älteren, die wie ich jene Zeit erlebt und manche von uns auch durchlitten haben, sondern auch die Jüngeren, die diese Zeit nicht bewußt erlebt haben, sind hier in der Pflicht.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Josten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johann Peter Josten


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben insgesamt heute eine gute Aussprache gehabt. Ich glaube auch, daß das Niveau dieser Aussprache ein Gewinn für unser Parlament ist.
    Ich möchte noch auf einige Aussagen von Kollegen und damit auch auf die erste Beratung der hier vorliegenden Anträge eingehen. Wir alle gehen davon aus, daß es sich hier um eine Gewissensentscheidung handelt. Der Respekt vor der Meinung des anderen — das wurde heute öfter betont — sollte zwar immer selbstverständlich sein; manche Zuschriften, die wir erhalten haben, zeigten jedoch mangelndes Verständnis bei Bürgern unseres Volkes. In vielen Fällen stellte ich fest, daß es an der mangelnden Information lag.
    Wie bereits Dr. Gradl heute vormittag bei der Begründung des Gruppenantrags erwähnte, darf kein Unterschied zwischen verschiedenen Morden gemacht werden, also auch nicht zwischen Mord an Juden oder Mord an irgend jemand anderem. Leider sind die Kollegen, die für eine Verjährung sind, kaum auf diesen Punkt eingegangen. Ein ehemaliger Parlamentarier schrieb mir vor Wochen u. a. — ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten —:
    Wenn vor vielen Jahren auch der Mord in die Verjährung von 30 Jahren einbezogen wurde, so waren damals andere Verhältnisse. Mord, gemessen an den heutigen Morden, war eine Vereinzelung, während ja heute der Mord zum täglichen, ja, man kann fast sagen: zum stündlichen Geschehen gehört. Die Begründungen, die einzelne Abgeordnete und auch sonstige Politiker für die Beibehaltung der Verjährung angeben, sind durchweg abwegig und treffen nicht zu.
    Der Mord an seinem Mitmenschen ist etwas so Furchtbares, daß eine Verjährung für diese Tat nicht menschlich, sondern sogar unmenschlich ist. Nur diese Strafandrohung auch noch nach 30 oder 40 Jahren unterstreicht dieses furchtbare Geschehen und bleibt ein Unruheherd, der sicherlich in manchen Fällen zur Besinnung, zur Reue und zur Umkehr führt. Die Verjährung bewirkt genau das Gegenteil.
    Soweit dieser Brief.
    Mir wurde in vielen Gesprächen besonders seit den furchtbaren Terroranschlägen der letzten Jahre oft die Frage gestellt: Will das Parlament nicht die Todesstrafe einführen? Ich habe wie fast alle meine Kollegen diese Frage verneint, bin jedoch mit vielen Bürgern der Meinung, daß ein Mord so



    Josten
    abscheulich ist, daß eine Verjährung dieses Verbrechen verwischt und verharmlost. Wir müssen daher durch eine klare Entscheidung auf die Ungeheuerlichkeit eines Mordes hinweisen, zumal es bei diesem Verbrechen keine Wiedergutmachung gibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Der Kollege Dr. Gradl sprach auch von der Gewaltkriminalität und den Gefahren, die durch viele Druckerzeugnisse entstehen. Ich möchte hier unsere Aufmerksamkeit auch auf • verschiedene Fernsehsendungen richten. Es ist oft furchtbar und schrecklich, was wir heute an schlechten Fernsehprogrammen bis in die letzte Stube erleben, und viele von uns wissen um den ungeheuren Schaden, der durch schlechte Filme, besonders durch Gewalt zeigende Filme entsteht. Ich glaube, darüber müssen wir uns bei einer anderen Gelegenheit noch einmal unterhalten.
    Die heute von einzelnen Kollegen aufgeführten Schwierigkeiten, die bei Gerichtsverfahren bestehen, die erst nach vielen Jahren stattfinden, bestreitet niemand, auch niemand von unserer Gruppe. Da gibt es keine Meinungsverschiedenheit. Nur ist es für viele Bürger unvorstellbar, daß sich etwa ein Mörder nach 30 Jahren ungestraft seiner Verbrechen rühmen kann.
    Ich habe in der Fraktionssitzung der CDU/CSU am 6. Februar 1979 an folgendem Beispiel auf diese unmögliche Situation hingewiesen, so wie es viele Mitbürger sehen: Ein Mörder, der überführt wird, erhält seine verdiente Strafe. Ein Mörder, der sich freiwillig stellt, wird ebenfalls bestraft. Der unbekannte Mörder, der bereits 30 Jahre in Freiheit lebt, könnte sich nach der Verjährung seiner Untat noch rühmen. Das darf nicht sein.
    Nur wenn Mord generell nicht verjährt, werden solche peinliche Situationen vermieden. Es ist nicht auszuschließen, daß unbekannte Mörder sich auf Grund dieser gesetzlichen Regelung besinnen und dem Richter stellen.
    Mehrere Kollegen erwähnten die früheren Abstimmungen. Ich gehören zu den Kollegen, die 1965 und auch im Juni 1969 einer Verlängerung der Verjährungsfrist bei Mord zugestimmt haben. Sicherlich wäre es besser gewesen, schon vor 15 Jahren die Entscheidung zu treffen, die wir jetzt anstreben. Zu dieser konsequenten Haltung konnten wir uns damals noch nicht durchringen. Das gebe ich offen zu. Nun hat jeder von uns die Möglichkeit, nach sorgfältiger Prüfung zu einer Gewissensentscheidung zu kommen, deretwegen er sich später keinen Vorwurf zu machen braucht.
    Ein Wort zur Vergangenheit. Zu der heutigen sachlichen Aussprache muß man, glaube ich, diesen Gedanken noch vortragen. Wir alle in diesem Hause verurteilen die Verbrechen des Dritten Reichs. Dr. Klein sprach von der Gedenkstätte in Jerusalem. Jeder ist erschüttert, der diese Gedenkstätte kennenlernt. 1961 besuchte ich mit einer Schar junger Menschen Israel und auch diese Gedenkstätte für die ermordeten Juden. Wir legten Blumen auf die Gußplatten mit den Namen ehemaliger Konzentrationslager. Ich sprach für unsere Gruppe nur einen Satz: „Wir bitten die Lebenden und die Toten um Verzeihung". Junge Israelis sagten uns: „Wir haben verziehen, aber wir können nicht vergessen" — welche menschliche Größe angesichts der schrecklichen Taten, die sie oder ihre Eltern erlebten!
    Wir müssen aus der Vergangenheit lernen. Hier möchte ich ein Wort bezüglich der Zukunft sagen. Graf von Stauffenberg sagte viele Sätze, denen wir — wie auch bei vielen anderen Rednern selbstverständlich — alle im Bundestag zustimmen. Aber Kollege Stauffenberg hat auch auf eine Zukunftsaufgabe hingewiesen, zu der uns die Ermordeten verpflichteten, nämlich ja zu diesem demokratischen Rechtsstaat zu sagen. Dazu sagen wir alle ja. Nur glaube ich, daß wir auch die Aufgabe haben, alles zu tun, damit Mörder, die in der Vergangenheit oder in unserer Zeit so viel Leid über Mitbürger brachten, ihre verdiente Strafe bekommen.
    Kollege Benno Erhard sagte heute vormittag: „Letzte Gerechtigkeit wird es auf Erden nicht geben." Dr. Schwarz-Schilling sprach vorhin mit Recht: „Glaubhaft kann Deutschland nur sein, wenn es zu seiner Geschichte steht."

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Tun wir alle!)

    — Wir alle, lieber Herr Dr. Mertes, können nur hoffen, daß in der Schule nicht nur von den Griechen und von den Römern, sondern auch von unserer neuesten Geschichte mehr gelehrt wird. Dann entsteht mehr Verständnis auch für das, was wir jetzt anstreben.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem Satz des sozialen Priesters Adolf Kolping schließen:
    Wohlan, wenn es heißt, eintreten für das Recht, selbst wenn wir nichts gewinnen sollten als die Ehre und das Bewußtsein erfüllter Pflicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD)