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ID0814504400

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    Plenarprotokoll 8/145 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Inhalt: Gedenkworte zum 130. Jahrestag der Verabschiedung der Frankfurter Reichsverfassung 11559 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schachtschabel und Dr. Gradl . . 11560 C Wahl des Abg. Müller (Nordenham) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Enders zum stellvertretenden Mitglied im Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 11560 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 11560 C Erweiterung der Tagesordnung 11561 C Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 11673 B Beratung des Antrags der- Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 18. Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Gradl CDU/CSU 11561 D Dr. Emmerlich SPD 11565 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 11569 D Kleinert FDP 11575 C Schmidt, Bundeskanzler 11579 A Graf Stauffenberg CDU/CSU 11581 A Dr. Wendig FDP 11585 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 11590 B Waltemathe SPD 11593 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP 11596 A Dr. Mikat CDU/CSU 11601 C Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 11607 C Dr. Vogel (München) SPD 11611 C Engelhard FDP 11617 A Dr. Weber (Köln) SPD 11619 C Wissmann CDU/CSU 11622 A Oostergetelo SPD 11624 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 11625 D Frau Matthäus-Maier FDP 11627 C Blumenfeld CDU/CSU 11631 A Hartmann CDU/CSU 11633 B Hansen SPD 11635 B Helmrich CDU/CSU 11638 A Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 11639 C Dr. Schwarz- Schilling CDU/CSU 11642 B Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 11645 B Sieglerschmidt SPD 11647 A Josten CDU/CSU 11649 C Präsident Carstens 11575 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2708 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2707 — Krey CDU/CSU 11651 A Bühling SPD 11652 C Dr. Klepsch CDU/CSU 11654 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 11656 D Luster CDU/CSU 11657 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2453 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2697 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/2696 — Hölscher FDP 11658 C, 11660 C Burger CDU/CSU 11658 D Kratz SPD 11659 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 11661 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" und dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" — Drucksachen 8/2353, 8/2374, 8/2628 — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 11663 B Ueberhorst SPD 11664 D Dr.-Ing. Laermann FDP 11666 A Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 III Einrichtung einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Begutachtung technologischer und forschungspolitischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag — Drucksachen 8/1241, 8/2629 (neu) — Dr. Riesenhuber CDU/CSU 11667 B Stockleben SPD 11669 B Dr.-Ing. Laermann FDP 11670 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 17. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Steinenstadt und Ottmarsheim sowie über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Weil am Rhein und Hüningen — Drucksache 8/2437 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2686 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2642 — 11672 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Drucksache 8/2366 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2640 — 11673 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Februar 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über den Luftverkehr — Drucksache 8/2436 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2669 — 11673 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes — Drucksache 8/2646 — 11673 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit Drucksache 8/2645 — 11673 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/2665 11673 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Standortübungsplatzes Bad Vilbel an die Stadt Frankfurt — Drucksachen 8/2478, 8/2648 — 11674- A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken — Drucksachen 8/2558, 8/2649 — 11674 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/79 — Zollkontingent für Walzdraht 1. Halbjahr 1979) — Drucksachen 8/2536, 8/2632 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der Kapazität für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/2357, 8/2641 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/2513 Nr. 3, 8/2670 — . . 11674 C Beratung des Berichts der Bundesregierung über Möglichkeiten zur Umstellung des 7 b EStG auf ein anderes Förderungssystem — Drucksache 8/2554 — 11674 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes über steudrliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude auf das geltende Grunderwerbsteuerrecht und über die Überlegungen, die zur Reform des Rechts der Grunderwerbsteuer angestellt worden sind — Grunderwerbsteuerbericht — Drucksache 8/2555 — 11674 D Nächste Sitzung 11675 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11677* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 11559 145. Sitzung Bonn, den 29. März 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 144. Sitzung, Seite 11 405 A: In den Zeilen 10 bis 13 ist statt „ ... an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — mitberatend —" zu lesen: ,,... an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend —, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —" ; Seite 11 526 * D: In der Zeile 8 von unten ist statt „36" zu lesen: „38". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 30. 3. Dr. Althammer 30.3. Dr. Bangemann* 29. 3. Dr. Becher (Pullach) 30. 3. Frau Berger (Berlin) 30. 3. Blumenfeld ** 30. 3. Dr. Corterier ** 30. 3. Frau Erler 30. 3. Fellermaier * 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Friedrich (Würzburg) 29. 3. Genscher 30. 3. Dr. Hornhues 30. 3. Horstmeier 29. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 3. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *5) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Kiesinger 30. 3. Klinker 30. 3. Koblitz 30. 3. Lange * 30. 3. Leber 30.3. Lemp * 30.3. Lenzer 30.3. Dr. Müller *** 29.3. Müller (Mülheim) * 30. 3. Müller (Remscheid) 30. 3. Sauer (Salzgitter) 30. 3. Schmidt (München) * 30. 3. Schreiber* 30. 3. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 29. 3. Dr. Schwörer * 29. 3. Seefeld * 30. 3. Spitzmüller 30. 3. Stahlberg 30. 3. Dr. Starke (Franken) * 30. 3. Frau Tübler 30. 3. Dr. Vohrer *** 29. 3. Frau Dr. Walz 30. 3. Baron von Wrangel 30. 3. Wuwer 30.3. Ziegler 30. 3.
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    Rede von Dr. Hubert Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte hat mir einen Auspruch, den der Sprecher der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Herr Galinski, vor wenigen Tagen getan hat, ins Gedächtnis zurückgerufen: daß es in der fast 30jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nur wenige Probleme gegeben habe, die so viele kontroverse Diskussionen hervorgerufen hätten wie jetzt die Frage der Verjährung nationalsozialistischer Mordtaten. Gleichwohl, meine ich, wäre es falsch, unsere Entscheidung nur unter diesen Gesichtspunkt zu stellen. Müssen wir nicht vielmehr fragen — und zwar aus dem Verständnis unseres Grundgesetzes heraus —, ob uns das Leben nicht so heilig ist, daß Mord — gleichgültig ob es sich um den Kindermörder oder um den Mörder eines Taxifahrers oder um den terroristischen Mörder oder um den Nazi-Mörder handelt —, durch Berufung auf Verjährungsvorschriften nicht einfach ungesühnt bleiben darf?
    Wir können rechtlich nicht unterscheiden — damit komme ich gleich zu Ihnen, Herr Professor Maihofer — zwischen Mord, begangen durch Nationalsozialisten, und Mord, begangen von anderen. Es geht uns doch nicht um Rache, sondern es geht darum, daß wir das höchste Rechtsgut des Menschen, nämlich das Leben, entsprechend diesem Rang auch in das Bewußtsein unseres Volkes hineintragen.
    Deswegen, Herr Kollege Lenz, möchte ich Sie bitten, einmal Ihre Frage von vorhin zu überlegen, ob es in unserer Rechtsordnung noch höhere Rechtsgüter als das Leben gibt. Sie haben die Freiheit des einzelnen, die Freiheit der Religion erwähnt. Aber ist denn diese Freiheit nicht überhaupt erst dann möglich, wenn es die Freiheit des Menschen gibt?
    Herr Kollege Engelhard, wenn wir schon die absolute Gerechtigkeit nicht erreichen können, wie Sie eben betont haben, müssen wir dann nicht wenigstens danach streben, die größtmögliche Gerechtigkeit zu erreichen? Dürfen wir denn bei dem Streben nach diesem Ziel resignieren, wenn wir das Ziel einer größtmöglichen Gerechtigkeit z. B. durch dieses Gesetz jetzt wenigstens mitgestalten können?



    Dr. Weber (Köln)

    Meine Damen und Herren, ich habe die Debatten vor 15 Jahren hier in diesem Hause nicht miterleben können. Aber ich war entsetzt über ein Wort des damaligen Justizministers Dr. Ewald Bucher, der gesagt hat: „Wir müssen uns daran gewöhnen, mit Mördern zu leben." Ich fand das ein schreckliches Wort, weil dieser Zustand unerträglich war und ist.
    Deshalb, Herr Kollege Erhard, ist es für mich genauso erschreckend, daß Sie heute vormittag gesagt haben: besser ein Schuldiger, der frei herumläuft, als 50 Freisprüche. Nein, und wenn nur ein Schuldiger nach Ablauf der Verjährungsfrist sich hier frei bewegen und sich vielleicht noch seiner Taten rühmen könnte, wäre es für unser Land eine Schande und für uns alle eine defätistische Einstellung, wenn wir glaubten, wir könnten nicht mehr tun und einfach einen Schlußstrich darunter ziehen.
    Kurt Schumacher hat — in völlig anderem Zusammenhang — auf dem zweiten Parteitag nach der Wiederbegründung der Sozialdemokratischen Partei gesagt — ich zitiere —:
    Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und Ehrlichkeit. Aber die technokratische und geradezu kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel führt zum Gegenteil.
    Ich will damit sagen, daß wir uns in dieser Verjährungsfrage doch nicht im kriegswissenschaftlichen Stil auf formale oder vermeintliche rechtsstaatliche Positionen zurückziehen sollten, daß wir nicht sagen dürfen: Es gibt ein Rechtsinstitut der Verjährung seit 100 Jahren, das ist für uns unantastbar, wenn wir davon überzeugt sind, daß unser Grundgesetz und unser Gewissen eine andere Regelung von uns fordern.
    Was soll denn der Hinweis — wiederum von Herrn Kollegen Erhard — auf die Zahl der Verurteilungen und die unterschiedliche Rechtsanwendung zwischen deutschen Gerichten und früheren Besatzungsgerichten? Darum geht es doch nicht. Wir können doch nicht sehenden Auges Unrecht ungesühnt lassen, bloß weil andere etwas anderes oder, Falsches getan haben.
    Es geht doch auch nicht darum, Herr Kollege Engelhard, ob die Angeklagten 64 oder 65 Jahre alt sind, sondern es geht einfach darum, Schuld festzustellen und Schuld zu sühnen. Es geht darum, daß wir uns nicht auf vermeintliche Rechtspositionen zurückziehen dürfen, wenn wir davon überzeugt sind daß unser Grundgesetz, daß unser Gewissen, unser Gerechtigkeitssinn von uns eine Regelung erfordern, die dem unsäglichen Leid auch heute noch, soweit das mit irdischen Mitteln möglich ist, den Schuldigen eine Sühne angedeihen läßt.
    Meine Damen und Herren vom Rechtsausschuß: Vor wenigen Tagen hatten wir eine Diskussion mit einer Gruppe jüdischer Mitbürger, die zum größten Teil aus den Vereinigten Staaten auf eigene Kosten hier in die Bundesrepublik gekommen sind. Die haben uns nicht haßerfüllt angesehen, die haben auch keinen kollektiven Schuldvorwurf gegen uns erhoben. Im Gegenteil, sie haben den Willen zur Aussöhnung beschworen, dabei aber auch ein sichtbares Zeichen für unseren Aussöhnungswillen, nämlich den Verzicht auf die Verjährung, gefordert. Deswegen ist Ihre Schlußfolgerung falsch, daß das Ausland eine Nichtaufhebung der Verjährung möglicherweise mißverstehen könne. Nein, das Ausland muß eine solche Entscheidung von uns, wenn sie anders ausfallen würde, als der Antrag meiner politischen Freunde es fordert, mißverstehen. Es muß davon ausgehen, wir wollten das, was man als Vergangenheit bezeichnet, nicht bewältigen.
    Meine Damen und Herren, weil Sie gesagt haben, dieses Gesetz berühre Rechtstraditionen, an denen nicht gerüttelt werden sollte, möchte ich ein Wort des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann anführen, das dieser am. 24. Mai 1974 anläßlich des 25jährigen Bestehens des Grundgesetzes gesagt hat. Er sagte:
    Es wäre das Ende aller Politik, wenn Bestehendes nur noch verwaltet, aber nicht mehr verbessert würde.
    Deshalb sind auch diese amerikanisch-jüdischen Bürger zu uns gekommen: um uns zu sagen, daß wir unsere Gesetze notfalls auch ändern müssen, um dem außerordentlichen Charakter dieser Verbrechen Rechnung zu tragen, wenn die Rechtsordnung ihre zentrale Funktion nicht verlieren soll. Die Ansicht, Herr Kollege Vogel von der Opposition, 1965 und 1969 seien alle Argumente ausgetauscht worden und wir könnten das Ergebnis von damals heute nicht mehr ändern, ist doch nicht, wie Sie es bezeichnet haben, der Weisheit letzter Schluß. Wir haben uns in anderen Fällen, in denen uns das Handeln von außen, von Terroristen in viel stärkerem Maße aufgezwungen worden ist, ja auch nicht gescheut, mit strafrechtlichen und strafprozessualen Sanktionen zu reagieren.
    Lassen Sie mich aus der Enzyklika von Papst Johannes Paul II. „Redemptor hominis" einen Satz zitieren. Es heißt da:
    Die Menschenrechtserklärung hat gewiß nicht nur das Ziel, sich von den furchtbaren Erfahrungen des letzten Weltkrieges zu distanzieren, sondern sollte auch eine Grundlage für eine solche ständige Revision der Programme, Systeme und Regime schaffen, die unter diesem einzigen grundlegenden Gesichtspunkt zu geschehen hat: dem Wohl des Menschen, d. h. der Person in der Gesellschaft.
    Aber, meine Damen und Herren, wie wollen wir denn zu dieser Revision kommen, wenn wir nicht bereit sind, diese Person in der Gesellschaft als oberstes Gut zu schützen? Wollen wir denn, weil es Morde, auch politische Morde auch in anderen Ländern heute noch gibt, nicht sagen, daß wir die menschliche Würde bei allem unserem Handeln obenanstellen? Wollen wir das nicht durch ein sichtbares Zeichen zum Ausdruck bringen?
    Ich meine, wir sind verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, damit sich solche entsetzlichen Vorgänge und Zeiten, in denen Menschen nur noch als verwert-



    Dr. Weber (Köln)

    bare oder vernichtbare Masse angesehen wurden, nicht wiederholen. Wir würden eine Chance versäumen, wenn wir nicht den Mut hätten, eine Lösung anzustreben, die unsere Vorstellungen von der Würde des Menschen dauerhaft schützt und diese Würde auch nicht durch Zeitablauf weniger wert sein läßt. Es geht also nicht um die Bewältigung der Vergangenheit, sondern darum, wie dieses Volk, wie wir alle zu uns selbst stehen.
    Meine Damen und Herren, es ist angeführt worden, es sei mit unserer Rechtsordnung, mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar, die Verjährungsvorschriften für Mord in Wegfall kommen zu lassen. Darf ich Sie fragen, ob es für den Mörder einen Vertrauensgrundsatz gibt, ob der Mörder, der auf die Verjährung vertraut, ein Recht darauf hat, in seiner Kalkulation nicht enttäuscht zu werden? Eine solche Kalkulation kann doch nicht schutzwürdig sein, wenn jemand für 20 oder 30 Jahre untertaucht, außer Landes geht, in der Erwartung, der Strafverfolgung zu entkommen. Am allerwenigsten aber verdient dieser Mörder den Schutz der Verfassung.
    Deswegen hat der Bundesgerichtshof völlig zu Recht ausgeführt — ich darf hierzu zitieren —:
    Die Länge der gesetzlichen Verjährungsfrist ist nichts, worauf der Täter, der das Strafgesetz verletzt, einen unabänderlich verfechtbaren Anspruch gegen den Staat besäße. Ihre spätere gesetzliche Verlängerung verletzt das Gebot rückwirkender Bestrafung nicht.
    An anderer Stelle heißt es:
    Durch eine Verlängerung der Verjährungsfrist würde die Strafbarkeit nicht neu begründet, sondern nur ein der Durchsetzung des fortbestehenden Strafanspruchs entgegenstehendes Hindernis beseitigt.
    Hier geht es also gar nicht um ein unzulässiges Rückwirkungsverbot, sondern lediglich um die Beseitigung eines Prozeßhindernisses.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das ist unbestritten, Herr Kollege!)

    Wenn wir die Verjährungsvorschriften bei Mord aufheben, dann nutzen wir nur den Spielraum aus, den uns das oberste Gericht in Strafsachen selber aufgezeigt hat.
    Es wäre falsch, meine Damen und Herren, wenn wir leugneten, daß bei unserem Gesetzentwurf auch weltanschauliche oder moralische Vorstellungen Einfluß nehmen konnten. Dürfen wir uns denn aber wundern, wenn der polnische Justizminister noch am Tag vor dieser Debatte auf die Leiden seines Volkes hingewiesen hat? Und dürfen wir uns wundern, daß er die unbefristete Verfolgung der hitlerfaschistischen Verbrechen verlangt? Ich meine, nicht. Vielmehr haben all diese Menschen bei uns und im Ausland einen Anspruch darauf, daß wir nicht ermüden, Mörder zu verfolgen und als den Mittelpunkt unserer Rechtsordnung diese Gerechtigkeit auszubilden versuchen.
    Meine Damen und Herren, wenn wir die Verjährung für Mord aufheben, dann deckt sich die rechtsstaatliche Betrachtungsweise, wie sie von den obersten Bundesgerichten für zulässig erachtet worden ist, mit den Anforderungen der Gerechtigkeit, mit der das Recht só weit wie möglich in Einklang gebracht werden muß.
    Diejenigen, die sagen, die Aufhebung • der Verjährung für Mord störe den Rechtsfrieden, müssen doch umgekehrt fragen, ob wir selber und besonders die Opfer von Mördern in Frieden leben können, wenn sie wissen, daß die Mörder noch unter uns sind. Das bedeutet nicht, daß wir den Resozialisierungsgedanken aus dem Strafrecht verdrängen. Aber die Strafe verfolgt auch den Zweck, die Rechtsordnung, die wir uns durch das Grundgesetz selber gegeben haben, zu verteidigen und allgemein der Begehung von Straftaten entgegenzutreten.
    Auch der Zeitablauf darf entgegen der Meinung der Opposition kein Hinderungsgrund sein, Verfahren gegen Mörder durchzuführen. Die Zeit zwischen Tat und Verurteilung steht vor allem der Sühne nicht entgegen. Auch Dauer und Umfang der Verfahren dürfen keinen Hinderungsgrund für die Abwicklung von NS-Verfahren sein. Wir haben auch in anderen Bereichen Mammutverfahren. Wollen wir davor denn kapitulieren? Wir wissen genau, daß den wegen Zeitablaufs manchmal' schwer aufklärbaren Verbrechen zahlreiche andere, sehr gut aufklärbare gegenüberstehen, zumal durch Fortschritte in der Technik in den letzten Jahrzehnten die Methoden der Kriminalistik ständig verbessert worden sind. Gerade die großen Prozesse der letzten Jahre zeigen, daß Zeugenaussagen auch nach langer Zeit noch durchaus verläßlich erscheinen. Umgekehrt können Straftaten schon nach kurzer Zeit völlig unaufklärbar sein. Alle denkbaren Fälle liegen zu verschieden, als daß die Frage der Aufklärbarkeit im Einzelfall zu einer allgemeinen, vernünftigen Bestimmung der Verjährungsfrist auch nur einen entscheidenden Punkt beitragen. könnte.
    Lassen Sie mich zum Abschluß noch auf zwei Punkte eingehen. Unser Staat hat eine Verpflichtung, auch die Opfer und Hinterbliebenen zu schützen, die gebrandmarkt von dieser Verfolgung leben. Der Hinweis, sie wollten sich nicht mehr als Zeugen zur Verfügung stellen, um das Unrecht zu sühnen, ist falsch. Für jeden Betroffenen, auch für das Mädchen, das geschändet worden ist, ist es natürlich eine Qual, im Strafverfahren seinem Täter gegenüberzutreten und das Schreckliche erneut zu erleben. Genauso ist es für diese Zeugen in NS-Verfahren auch. Deswegen können wir auf die Durchführung dieser Verfahren nicht verzichten.
    Ein Wort noch zu Herrn Professor Maihofer! Herr Professor Maihofer, Ihr Vorschlag — ich bitte Sie, das zu überlegen —, zu einer differenzierten Verjährungsregelung zu kommen, wirft erhebliche Bedenken auf, nicht nur bezüglich des Art. 3 des Grundgesetzes. Denn die Ahndung des Mordtatbestandes schützt das Leben schlechthin. Der Rechtsgüterschutz ist doch qualitativ und nicht quantitativ. Auch eine Häufigkeit von Rechtsgutverletzungen in der NS-
    Zeit kann nicht zu einer unterschiedlichen Schwere



    Dr. Weber (Köln)

    einer Mordtat führen. Die Häufigkeit mag ein Argument für die Verfolgungsintensität und die Verfolgungsfrist sein, sie kann aber kein Argument für den Tatbestand selber sein. Hier gilt: Mord ist Mord. Mord kann nach der Tendenz unseres Grundgesetzes nicht verjähren, wenn wir den Menschen als den Mittelpunkt ansehen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wissmann.

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    Rede von Matthias Wissmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren ist viel über Parteienverdrossenheit, über Skepsis gegenüber dem Parlamentarismus, auch in der jungen Generation, gesprochen worden. Ich möchte als Neuling in diesem Parlament feststellen, daß nach meinem Eindruck die moralische und politische Qualität dieser Debatte gezeigt haben, daß das Parlament sehr wohl auch kritisch fragenden jungen Leuten mit den sehr unterschiedlichen Positonen, die hier vertreten worden sind, überzeugende Antworten geben kann.
    Ich möchte hier nicht in erster Linie unter rechtspolitischen oder juristischen Gesichtspunkten sprechen. Für meine eigene Urteilsbildung war die entscheidende Frage maßgebend: Was müssen wir tun, um sicherzustellen, daß es nie wieder einen Unrechtsstaat — von unserem Boden aus geschaffen — gibt? Wir sind uns einig im Abscheu gegenüber jenen Verbrechen, die damals geschehen sind. Wir sind uns darin einig, daß nie wieder ein Willkürstaat geschaffen werden darf und daß der Staat nie wieder die Möglichkeit haben darf, Menschenrechte mit Füßen zu treten. Aber die Frage ist doch: Wie wollen wir erreichen, daß wir möglichst vielen jungen Leuten, die ja das Glück haben, in einem freien Staat aufzuwachsen, die die Bedingungen einer Diktatur nie aus eigener Erfahrung erahnen konnten, klarmachen, daß man für diesen freien Staat kämpfen muß? Meine große Sorge ist, daß wir die große politische Aufgabe der Aufarbeitung unserer Geschichte, des Lernens aus den Erfahrungen unserer Vergangenheit auf die Justiz abladen und damit verdrängen könnten.
    Die Bestürzung über Holocaust hat doch gezeigt, daß erst die Schilderung eines Einzelschicksals Menschen aufrührt und bewegt, und die Reaktion auf Holocaust hat auch gezeigt, daß hier ganz offensichtgelungen ist, was Tausende von Verfahren trotz der intensiven Arbeit zur Vorbereitung dieser Verfahren, trotz einer 10- bis 12jährigen Dauer nicht bewirkt haben. Meine Damen und Herren, im Blick auf die junge Generation frage ich mich, ob in einer Situation, zu der hier heute eigentlich von allen Seiten gesagt wurde, daß eine Aufhebung der Verjährungsfrist in den dann noch zur Ermittlung anstehenden Fällen aller Voraussicht nach aus Mangel an Beweisen zum Freispruch oder zur Einstellung führen würde, ein Freispruch aus Mangel an Beweisen oder eine Einstellung des Verfahrens — wie gesagt, gerade im Blickwinkel junger Leute, juristisch ungeschulter Menschen — nicht eher den Eindruck der Rechtfertigung, nicht eher den Eindruck eines Freibriefs als den Eindruck der Verarbeitung unserer Geschichte erweckte. Ich frage mich daher, ob Prozesse mit 70- oder 80jährigen, vielleicht sogar Mitleid erheischenden Angeklagten die unmenschliche Brutalität der Geschichte nicht eher vernebeln als offenbaren.
    Meine Damen und Herren, deswegen meine ich, daß es ganz wichtig ist, daß wir, wie immer wir zum Institut der Verjährung stehen, darüber aufklären, daß Verjährung nicht etwa Begnadigung heißt, nicht Verzeihen heißt, nicht Amnestie heißt, sondern nur heißt: Grenze der Strafverfolgung dort, wo das Risiko neuen staatlichen Unrechts beginnt.
    Wir alle sind uns doch, glaube ich, ebenfalls darin einig, daß Vergessen und Verharmlosen niemals eintreten dürfen. Wir müssen im Gegenteil dafür sorgen, daß niemand verharmlost oder vergißt. Aber das beste Mittel gegen Vergessen und Verharmlolung ist doch ein waches Geschichtsbewußtsein. Wenn Golo Mann davon spricht, wir hätten es gerade auch in der jungen Generation mit einer wachsenden Geschichtsmüdigkeit zu tun, wenn vor kurzem ein Gymnasiallehrer anläßlich einer Unterrichtsstunde über die 40jährige Wiederkehr der Reichskristallnacht erzählte, daß nur ein Drittel seiner Schüler eine Vorstellung von dem damals Geschehenen gehabt habe, oder wenn wir, um einen anderen Bereich totalitärer Herrschaft zu nennen, aus einer Umfrage wissen, daß rund 50 % der Menschen, vor allem der jungen, überhaupt nicht mehr wissen, was der 17. Juni eigentlich bedeutet, meine ich, viel wichtiger als die Diskussion um dieses Rechtsinstitut ist es, seitens aller Parteien und gerade auch in den Ländern dafür zu sorgen, daß Jugendlichen die Zusammenhänge, die Ursachen unserer Geschichte wieder verdeutlicht werden. Ich fürchte, daß ein Abladen auf die Gerichte das Gegenteil bewirkt, nämlich Verdrängung und nicht Verarbeitung.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Matthöfer [SPD] : Das eine schließt das andere doch nicht aus!)

    Meine Damen und Herren, ich bin dafür, daß wir — gemeinsam, Herr Matthöfer — diese geschichtliche Aufarbeitung vornehmen, und ich persönlich meine, daß ein Abladen auf die Justiz, die ihre Aufgabe kaum bewältigen könnte — wir sprachen vorhin von den Beweisschwierigkeiten, wir sprachen von den überlangen Prozessen, wir sprachen von dem Alter der Angeklagten —, daß eine solche Verdrängung eher das Gegenteil dessen bewirkt, was wir gemeinsam wollen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Wir müssen deshalb dafür sorgen, daß unsere Geschichte in den Schulen, durch bessere Informationen in den Massenmedien, durch ein Darstellen der Einzelschicksale so verabeitet wird, daß wir ge meinsam aus den Erfahrungen lernen; denn nur ein Volk, das seine Geschichte kennt, kann seine Zukunft in Freiheit gestalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)





    Wissmann
    Deswegen möchte ich diese Debatte bewußt dazu benutzen — damit mit dieser Debatte und der Diskussion über die Verjährung der Themenzusammenhang nicht verdrängt wird —, uns gemeinsam auf die Notwendigkeit anzusprechen, gerade auch in den Schulen mehr für eine vorurteilsfreie Information über unsere Geschichte zu tun. Mehr und besserer Geschidrtsunterridit, das ist eine Aufgabe.
    Ein Zweites und Bundespräsident Scheel hat es
    1976 vor dem Historikertag gesagt —: Gerade auch die Geschichtswissenschaft sollte einsehen, daß sie sich viel mehr als bisher um die Gestaltung der Schulbücher kümmern muß und dabei deutlich machen muß, daß Geschichte nicht nur die- zwölf bösen Jahre umfaßt, sondern daß deutsche Geschichte helle und dunkle Seiten hat und daß man aus den Erfahrungen beider Seiten unserer Geschichte für die Zukunft lernen muß.
    Meine Damen und Herren, ich will noch einen Punkt ansprechen, der die Glaubwürdigkeit unseres Argumentierens in die junge Generation hinein betrifft. Wenn wir überzeugend für den Wert des Rechtes in einem freien Land wirken wollen, meine ich, ist es besonders wichtig, daß wir ein mit guten Gründen gesetztes Recht ernst nehmen und nicht den Eindruck zulassen, daß dieses Recht unter Gesichtspunkten der Opportunität geändert werden kann.
    Ich respektiere jeden, der hier und anderswo aus moralischen und rechtlichen Gründen für die Aufhebung der Verjährung eintritt. Aber, meine Damen und Herren — und gelegentlich, nicht heute, aber anderswo, ist dies der Fall gewesen —, wer im Gegensatz dazu nur unter Gesichtspunkten der Wirkung nach außen gesetztes Recht ohne gute Gründe ändert, muß sich fragen lassen, ob er durch eine solche Verhaltensweise der Glaubwürdigkeit dieses Rechtsstaates und seines Parlaments gerade in der jungen Generation dient.

    (Beifall bei der CDU/CSU)