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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/145 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Inhalt: Gedenkworte zum 130. Jahrestag der Verabschiedung der Frankfurter Reichsverfassung 11559 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schachtschabel und Dr. Gradl . . 11560 C Wahl des Abg. Müller (Nordenham) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Enders zum stellvertretenden Mitglied im Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 11560 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 11560 C Erweiterung der Tagesordnung 11561 C Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 11673 B Beratung des Antrags der- Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 18. Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Gradl CDU/CSU 11561 D Dr. Emmerlich SPD 11565 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 11569 D Kleinert FDP 11575 C Schmidt, Bundeskanzler 11579 A Graf Stauffenberg CDU/CSU 11581 A Dr. Wendig FDP 11585 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 11590 B Waltemathe SPD 11593 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP 11596 A Dr. Mikat CDU/CSU 11601 C Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 11607 C Dr. Vogel (München) SPD 11611 C Engelhard FDP 11617 A Dr. Weber (Köln) SPD 11619 C Wissmann CDU/CSU 11622 A Oostergetelo SPD 11624 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 11625 D Frau Matthäus-Maier FDP 11627 C Blumenfeld CDU/CSU 11631 A Hartmann CDU/CSU 11633 B Hansen SPD 11635 B Helmrich CDU/CSU 11638 A Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 11639 C Dr. Schwarz- Schilling CDU/CSU 11642 B Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 11645 B Sieglerschmidt SPD 11647 A Josten CDU/CSU 11649 C Präsident Carstens 11575 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2708 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2707 — Krey CDU/CSU 11651 A Bühling SPD 11652 C Dr. Klepsch CDU/CSU 11654 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 11656 D Luster CDU/CSU 11657 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2453 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2697 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/2696 — Hölscher FDP 11658 C, 11660 C Burger CDU/CSU 11658 D Kratz SPD 11659 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 11661 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" und dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" — Drucksachen 8/2353, 8/2374, 8/2628 — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 11663 B Ueberhorst SPD 11664 D Dr.-Ing. Laermann FDP 11666 A Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 III Einrichtung einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Begutachtung technologischer und forschungspolitischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag — Drucksachen 8/1241, 8/2629 (neu) — Dr. Riesenhuber CDU/CSU 11667 B Stockleben SPD 11669 B Dr.-Ing. Laermann FDP 11670 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 17. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Steinenstadt und Ottmarsheim sowie über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Weil am Rhein und Hüningen — Drucksache 8/2437 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2686 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2642 — 11672 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Drucksache 8/2366 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2640 — 11673 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Februar 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über den Luftverkehr — Drucksache 8/2436 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2669 — 11673 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes — Drucksache 8/2646 — 11673 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit Drucksache 8/2645 — 11673 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/2665 11673 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Standortübungsplatzes Bad Vilbel an die Stadt Frankfurt — Drucksachen 8/2478, 8/2648 — 11674- A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken — Drucksachen 8/2558, 8/2649 — 11674 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/79 — Zollkontingent für Walzdraht 1. Halbjahr 1979) — Drucksachen 8/2536, 8/2632 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der Kapazität für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/2357, 8/2641 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/2513 Nr. 3, 8/2670 — . . 11674 C Beratung des Berichts der Bundesregierung über Möglichkeiten zur Umstellung des 7 b EStG auf ein anderes Förderungssystem — Drucksache 8/2554 — 11674 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes über steudrliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude auf das geltende Grunderwerbsteuerrecht und über die Überlegungen, die zur Reform des Rechts der Grunderwerbsteuer angestellt worden sind — Grunderwerbsteuerbericht — Drucksache 8/2555 — 11674 D Nächste Sitzung 11675 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11677* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 11559 145. Sitzung Bonn, den 29. März 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 144. Sitzung, Seite 11 405 A: In den Zeilen 10 bis 13 ist statt „ ... an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — mitberatend —" zu lesen: ,,... an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend —, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —" ; Seite 11 526 * D: In der Zeile 8 von unten ist statt „36" zu lesen: „38". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 30. 3. Dr. Althammer 30.3. Dr. Bangemann* 29. 3. Dr. Becher (Pullach) 30. 3. Frau Berger (Berlin) 30. 3. Blumenfeld ** 30. 3. Dr. Corterier ** 30. 3. Frau Erler 30. 3. Fellermaier * 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Friedrich (Würzburg) 29. 3. Genscher 30. 3. Dr. Hornhues 30. 3. Horstmeier 29. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 3. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *5) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Kiesinger 30. 3. Klinker 30. 3. Koblitz 30. 3. Lange * 30. 3. Leber 30.3. Lemp * 30.3. Lenzer 30.3. Dr. Müller *** 29.3. Müller (Mülheim) * 30. 3. Müller (Remscheid) 30. 3. Sauer (Salzgitter) 30. 3. Schmidt (München) * 30. 3. Schreiber* 30. 3. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 29. 3. Dr. Schwörer * 29. 3. Seefeld * 30. 3. Spitzmüller 30. 3. Stahlberg 30. 3. Dr. Starke (Franken) * 30. 3. Frau Tübler 30. 3. Dr. Vohrer *** 29. 3. Frau Dr. Walz 30. 3. Baron von Wrangel 30. 3. Wuwer 30.3. Ziegler 30. 3.
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    Rede von Friedrich Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ja, gerne.


Rede von Gerhard Jahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Vogel, könnten Sie in diesem Zusammenhang versuchen, vielleicht auch eine Antwort auf die Frage zu geben, ob Ihr Hinweis auf rechtshistorische Entwicklungen und Bindungen — als solche empfinden Sie diese ja wohl — angesichts des ungeheuerlichen Maßes an Unrecht, das in diese rechtshistorische
Entwicklung ja wohl auch hineinfällt und das eine angemessene Antwort erfordert, eigentlich ausreicht?

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    Rede von Friedrich Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Jahn, ich habe mit dem Hinweis darauf begonnen, daß diese Debatte als eine Debatte für oder gegen die Verjährung von Mord generell geführt wird. Dies wollen wir doch einmal festhalten, weil ich der Auffassung bin, daß die Debatte so genau falsch geführt wird.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Wir sind dabei, wegen einer Frage in einem geschichtlichen Augenblick eine Entwicklung über Bord zu werfen, von der ich — dabei bleibe ich — sagen möchte: Es ist eine rechtspolitische Errungenschaft, daß es die Verjährung bei uns in Deutschland gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Vielleicht komme ich in einem anderen Zusammenhang auf das, was Sie angesprochen haben, noch zurück.
    Ich meine jedenfalls, daß die derzeitige Diskussion uns gar keinen Anlaß gibt, die generelle Frage nach der Verjährbarkeit oder Nichtverjährbarkeit von Mord aufzuwerfen. Insoweit sind wir heute auch in einer anderen Entscheidungssituation als 1969. Damals wurde über die Frage im Zusammenhang mit den Überlegungen zur Großen Strafrechtsreform diskutiert und entschieden. Diejenigen, die damals dabeigewesen sind, können sich an diesen Vorgang noch genau erinnern.
    Der einzige Anlaß, weshalb wir heute über diese Frage diskutieren — daran kann doch keiner vorbeiargumentieren —, ist, daß am 31. Dezember dieses Jahres NS-Verbrechen, die den Tatbestand des Mordes erfüllen, verjähren. Das ist der einzige Grund.

    (Wehner [SPD]: Das ist ja wohl auch ein Grund!)

    — Herr Kollege Wehner, wer wäre auf die Idee gekommen, jetzt eine Grundsatzdiskussion über die Frage auszulösen, ob Mord verjähren soll oder nicht und ob wir das, was rechtshistorisch bei uns gewachsen ist, ändern sollen, wenn es diesen Termin des 31. Dezember dieses Jahres nicht gäbe?

    (Wehner [SPD]: Es war so gewachsen, daß es zwischen 1933 und 1945 plötzlich ausgesetzt hat! Machen Sie doch nicht diese Sprüche!)

    — Herr Kollege Wehner, Sie können mich in dieser Frage nicht provozieren. Das möchte ich Ihnen sehr deutlich sagen.

    (Wehner [SPD] : Das verstehe ich! Sie sind selbstsicher!)

    Ich meine jedenfalls, daß niemand hier — ich sage es noch einmal — so tun sollte, als habe er die bessere moralische Position für sich. Auch bei Zwischenfragen sollte in diesem Parlament nie-



    Vogel (Ennepetal)

    mand so fragen, als habe er diese bessere Position auf seiner Seite.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Der Schiedsrichter sind Sie — in eigener Sache! — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : 1931 hat er noch anders gesprochen!)

    Herr Kollege Maihofer hat Überlegungen angestellt, von denen ich zunächst einmal sagen möchte, daß sie im Ansatz ehrlicher als die Diskussion sind, die im übrigen über die Frage der Verjährbarkeit oder Unverjährbarkeit von Mord geführt wird. Ich meine, daß es sich lohnt — ich kann Herrn Kollegen Maihofer nichts vorwegnehmen —, sich auch im weiteren Beratungsgang mit diesen Überlegungen des Kollegen Maihofer auseinanderzusetzen. Sie haben für sich, daß konsequent eine Linie weitergeführt wird, die einer Entscheidung des Deutschen Bundestages im Jahre 1969 entspricht. Damals hat der Deutsche Bundestag entschieden, daß Völkermord, d. h. ein Verbrechen, das den Tatbestand des § 220 a des Strafgesetzbuchs erfüllt, nicht verjährt. Das ist der Anknüpfungspunkt für Herrn Kollegen Maihofer. Er muß uns nur hilfreich sein, Bedenken auszuräumen, die sich hier auftun können.
    Herr Kollege Maihofer, wir müssen bei solchen Überlegungen den Verdacht vermeiden, es könne sich hier um ein Sondergesetz für bestimmte Tätergruppen handeln. Dies ist ein rechtsstaatliches Erfordernis. Dies müssen wir klar „abklopfen", und wir müssen uns auch mit der Frage auseinandersetzen, ob dies nicht eine Umgehung des im Strafrecht geltenden Rückwirkungsverbots ist; denn zu unserem Strafrecht gehört es, daß es einige eherne Grundsätze gibt, an denen wir nicht rütteln können, wenn der Rechtsstaat bei uns nicht Schaden leiden soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dazu gehört auch die strikte Einhaltung des Rückwirkungsverbotes, weil wir sonst nämlich Unrecht begehen. Diese Bedenken werden auszuräumen sein, und ich wäre Ihnen sehr dankbar, Herr Kollege Maihofer, wenn Sie in Ihren Ausführungen auch dazu einiges sagen könnten, um uns zu zeigen, ob hier möglicherweise eine Brücke ist, die es uns möglich macht, die Frage, die sich konkret jetzt stellt, zufriedenstellend zu beantworten, ohne daß wir die Frage der Verjährbarkeit von Mord insgesamt heute anders als 1969 entscheiden.
    Im übrigen hat mir noch niemand die Frage beantwortet, warum wir heute — das ist eine so allgemeine Fragestellung — zwar den Mord, aber nicht den Totschlag für unverjährbar erklären wollen. Diese Frage kann mir niemand schlüssig beantworten. Wer hier A sagt, muß, wie ich meine, auch bereit sein, B zu sagen.
    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich etwas anderes ansprechen, wo ich aus eigener Erfahrung meine, in dieser Debatte etwas beitragen zu können. Ich habe in meinem früheren Beruf als Richter einige Jahre mit der Entschädigung von NS-Opfern als Entschädigungsrichter zugebracht. Ich bin Strafrichter im Schwurgericht gewesen, habe
    als Strafrichter im Schwurgericht im Jahre 1960 einen großen KZ-Prozeß gehabt, wo die Ärzte des Konzentrationslagers Sachsenhausen auf der Anklagebank saßen, ich habe einen Judendeportationsprozeß gehabt. Ich meine, daß das eine Erfahrung ist, die man eigentlich haben sollte, wenn man eine letztgültige Antwort auf die hier gestellten Fragen geben will.
    Ich kann niemandem von Ihnen die erdrückende Atmosphäre in einem solchen Prozeß vermitteln, wo eine unmenschliche Vergangenheit für die zur Gegenwart wird, die an diesem Prozeß beteiligt sind, wo die Vergangenheit für die Täter, für die Opfer, für die Richter, für die Staatsanwälte und für die Verteidiger in die Gegenwart hineingeholt wird. Man muß das erlebt haben, wenn in einem solchen Prozeß plötzlich die Schergen von gestern ihren Opfern gegenüberstehen und die Opfer ihren Schergen von gestern gegenüberstehen und in ihnen das, was sie an Grauen erlebt haben, wieder aufbricht. Solche Prozesse werden von' denen, die daran beteiligt sind, nicht geführt, sondern solche Prozesse werden erlitten. Daran muß, wie ich meine, jeder denken, der hier ohne einen solchen Realitätsbezug redet.
    Und dann muß man auch wissen, in welcher Situation sich die Gerichte, die Richter befinden, wenn sie auf der einen Seite um das Grauen wissen, das in einem Konzentrationslager tagtäglich war, und wenn sie auf der anderen Seite wegen der Beweisschwierigkeiten nicht in der Lage sind, den Täter zu identifizieren und festzustellen, ob der, der dort als Angeklagter vor ihnen sitzt, der Täter ist, inzwischen 20, 25, 30 oder 35 Jahre älter als zu der Zeit, als er in einem solchen Konzentrationslager gewesen ist.
    Herr Kollege Erhard hat heute morgen diese Frage angesprochen: Gibt es denn überhaupt eine Chance, heute noch in diesen Prozessen der Wahrheit auf die Spur zu kommen, die Wahrheit herauszufinden? Und wie ist denn eigentlich, ohne daß wir der Wahrheit auf die Spur kommen können, Gerechtigkeit gegenüber den Tätern und Gerechtigkeit gegenüber den Opfern möglich? Und welche Chance hat denn das Gericht wirklich, bei der Suche nach Wahrheit ein hohes Maß an Wahrheit zu ermitteln und die belastenden und — was ja auch seine Pflicht ist — die entlastenden Tatumstände festzustellen? Dies gehört doch wohl zu einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren.
    Was am Schluß für die Richter in einem solchem Prozeß übrigbleibt, kann ich Ihnen aus eigenem Erleben sagen: Es ist ein schlechtes Gewissen beim Urteil, ein schlechtes Gewissen in dem Bewußtsein, weder die Wahrheit gefunden zu haben noch in der Lage gewesen zu sein, dem, was dort geschehen ist, wirklich gerecht zu werden — ich sage noch einmal: gegenüber dem Täter und auch gegenüber dem Opfer.
    Der Richter, dem wir das alles weiterhin zumuten wollen, erlebt und durchlebt die Begrenztheit menschlicher Wahrheitssuche und die Begrenztheit irdischer Gerechtigkeit. Er kann dabei eigentlich nur demütig werden.



    Vogel (Ennepetal)

    Es geht nicht darum, dem Gebirge an Schuld und Unheil, das hinter uns liegt — wie Adolf Arndt gesagt hat —, den Rücken zu kehren. Natürlich werden die Richter das ja noch viele Jahre tun müssen. Natürlich werden die Richter ihre Aufgabe weiterhin wahrnehmen. Und es ist auch ihre Pflicht, diese Aufgabe wahrzunehmen. Sie werden noch viele Jahre „kleine demütige Kärrner der Gerechtigkeit" sein.
    Aber Ludwig Raiser — um ihn noch einmal zu zitieren — hat doch recht, wenn er unter Berufung auf Adolf Jahn die Verjährung eine Schutzvorkehrung gegen die Gefahr des Justizirrtums und ein Menetekel vor der Hybris irdischer Justiz genannt hat.
    Meine Kolleginnen und Kollegen, uns steht es nicht zu, Jüngstes Gericht zu spielen. Justitia und Judicium, so hat Rainer Barzel 1965 in der Verjährungsdebatte hier gesagt, sind nicht dasselbe, und eine iustitia triumphans gibt es hier auf Erden schon gar nicht. Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns auch bescheiden bleiben, lassen Sie uns auch die christliche Tugend der Demut in dieser Frage fühlen. Die Verjährung verzichtet der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens wegen auf die letzte Gerechtigkeit. Derjenige, der einen solchen Standpunkt einnimmt und vielleicht andere durch einen solchen Standpunkt provoziert, kann nur die, die er provoziert, um Verzeihung bitten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)