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    Plenarprotokoll 8/145 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Inhalt: Gedenkworte zum 130. Jahrestag der Verabschiedung der Frankfurter Reichsverfassung 11559 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schachtschabel und Dr. Gradl . . 11560 C Wahl des Abg. Müller (Nordenham) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Enders zum stellvertretenden Mitglied im Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 11560 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 11560 C Erweiterung der Tagesordnung 11561 C Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 11673 B Beratung des Antrags der- Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 18. Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Gradl CDU/CSU 11561 D Dr. Emmerlich SPD 11565 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 11569 D Kleinert FDP 11575 C Schmidt, Bundeskanzler 11579 A Graf Stauffenberg CDU/CSU 11581 A Dr. Wendig FDP 11585 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 11590 B Waltemathe SPD 11593 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP 11596 A Dr. Mikat CDU/CSU 11601 C Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 11607 C Dr. Vogel (München) SPD 11611 C Engelhard FDP 11617 A Dr. Weber (Köln) SPD 11619 C Wissmann CDU/CSU 11622 A Oostergetelo SPD 11624 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 11625 D Frau Matthäus-Maier FDP 11627 C Blumenfeld CDU/CSU 11631 A Hartmann CDU/CSU 11633 B Hansen SPD 11635 B Helmrich CDU/CSU 11638 A Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 11639 C Dr. Schwarz- Schilling CDU/CSU 11642 B Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 11645 B Sieglerschmidt SPD 11647 A Josten CDU/CSU 11649 C Präsident Carstens 11575 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2708 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2707 — Krey CDU/CSU 11651 A Bühling SPD 11652 C Dr. Klepsch CDU/CSU 11654 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 11656 D Luster CDU/CSU 11657 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2453 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2697 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/2696 — Hölscher FDP 11658 C, 11660 C Burger CDU/CSU 11658 D Kratz SPD 11659 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 11661 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" und dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" — Drucksachen 8/2353, 8/2374, 8/2628 — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 11663 B Ueberhorst SPD 11664 D Dr.-Ing. Laermann FDP 11666 A Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 III Einrichtung einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Begutachtung technologischer und forschungspolitischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag — Drucksachen 8/1241, 8/2629 (neu) — Dr. Riesenhuber CDU/CSU 11667 B Stockleben SPD 11669 B Dr.-Ing. Laermann FDP 11670 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 17. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Steinenstadt und Ottmarsheim sowie über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Weil am Rhein und Hüningen — Drucksache 8/2437 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2686 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2642 — 11672 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Drucksache 8/2366 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2640 — 11673 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Februar 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über den Luftverkehr — Drucksache 8/2436 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2669 — 11673 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes — Drucksache 8/2646 — 11673 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit Drucksache 8/2645 — 11673 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/2665 11673 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Standortübungsplatzes Bad Vilbel an die Stadt Frankfurt — Drucksachen 8/2478, 8/2648 — 11674- A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken — Drucksachen 8/2558, 8/2649 — 11674 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/79 — Zollkontingent für Walzdraht 1. Halbjahr 1979) — Drucksachen 8/2536, 8/2632 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der Kapazität für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/2357, 8/2641 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/2513 Nr. 3, 8/2670 — . . 11674 C Beratung des Berichts der Bundesregierung über Möglichkeiten zur Umstellung des 7 b EStG auf ein anderes Förderungssystem — Drucksache 8/2554 — 11674 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes über steudrliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude auf das geltende Grunderwerbsteuerrecht und über die Überlegungen, die zur Reform des Rechts der Grunderwerbsteuer angestellt worden sind — Grunderwerbsteuerbericht — Drucksache 8/2555 — 11674 D Nächste Sitzung 11675 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11677* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 11559 145. Sitzung Bonn, den 29. März 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 144. Sitzung, Seite 11 405 A: In den Zeilen 10 bis 13 ist statt „ ... an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — mitberatend —" zu lesen: ,,... an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend —, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —" ; Seite 11 526 * D: In der Zeile 8 von unten ist statt „36" zu lesen: „38". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 30. 3. Dr. Althammer 30.3. Dr. Bangemann* 29. 3. Dr. Becher (Pullach) 30. 3. Frau Berger (Berlin) 30. 3. Blumenfeld ** 30. 3. Dr. Corterier ** 30. 3. Frau Erler 30. 3. Fellermaier * 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Friedrich (Würzburg) 29. 3. Genscher 30. 3. Dr. Hornhues 30. 3. Horstmeier 29. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 3. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *5) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Kiesinger 30. 3. Klinker 30. 3. Koblitz 30. 3. Lange * 30. 3. Leber 30.3. Lemp * 30.3. Lenzer 30.3. Dr. Müller *** 29.3. Müller (Mülheim) * 30. 3. Müller (Remscheid) 30. 3. Sauer (Salzgitter) 30. 3. Schmidt (München) * 30. 3. Schreiber* 30. 3. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 29. 3. Dr. Schwörer * 29. 3. Seefeld * 30. 3. Spitzmüller 30. 3. Stahlberg 30. 3. Dr. Starke (Franken) * 30. 3. Frau Tübler 30. 3. Dr. Vohrer *** 29. 3. Frau Dr. Walz 30. 3. Baron von Wrangel 30. 3. Wuwer 30.3. Ziegler 30. 3.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Anlaß meines Beitrags ist der von Herrn Kollegen Gradl und sechsundzwanzig weiteren Mitgliedern des Hauses unterzeichnete Antrag, welcher heute morgen in eindrucksvoller Weise begründet worden ist, der zum Zwecke der Aufhebung der Strafverfolgungsverjährung für Verbrechen des Mordes einen Beschluß des Bundestages erreichen will, mit dem die Bundesregierung beauftragt werden soll, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
    Den Antragstellern und dem Bundestag insgesamt ist dabei offensichtlich bewußt, daß vor einem Jahrzehnt eine damalige Bundesregierung eine solche Vorlage an das Parlament gerichtet hat. Ihnen ist sicherlich auch das Schicksal der damaligen Vorlage durchaus vor Augen.
    Die gegenwärtige Bundesregierung hat bewußt bislang von einer solchen Vorlage abgesehen. Ich will versuchen, Ihnen die Gründe dafür zu erläutern, die vor Monaten erwogen und bei mehrfacher erneuter Erwägung beibehalten worden sind.
    Die sittlichen oder die ethischen oder die moralischen Argumente, auch die rechtspolitischen Argumente, 'die in der zu entscheidenden Frage für die gegensätzlichen Auffassungen geltend gemacht werden, berühren offensichtlich den Gewissensbereich jedes einzelnen von uns. Jeder muß für sich selbst den Konflikt verschiedener, auf allen Seiten sittlich begründeter Werturteile entscheiden. Die Meinungsbildung ist vor allem wohl aus diesem Grunde bisher nicht fraktionseinheitlich, sondern quer durch die Fraktionen verlaufen. In jeder Fraktion, in jeder Partei, im ganzen Volk, auch in der Bundesregierung gibt es im Ergebnis Befürworter und Gegner einer Aufhebung der Verjährung.
    In allerletzter Zeit haben bedeutende Repräsentanten der beiden großen Kirchen die Bedeutung der zu treffenden Gewissensentscheidung hervorgehoben und uns ihr Urteil dahin gehend erkennen lassen, daß gute und überzeugende Gründe für verschiedene Auffassungen sprechen können. Bei einer Frage von solcher moralischen Komplexität, bei einer Frage, in der Menschen wie Thomas Dehler oder Gustav Heinemann oder Ferdinand Friedensburg unterschiedlicher Ansichten waren, bei einer Frage, in der Adolf Arndt, um in diesem Zusammenhang nur vier hervorragende Mitglieder des Bundestages zu nennen — über das Entsetzen und den Abscheu dieser vier Männer gegenüber den Morden, um die es hier geht, kann auf der ganzen Welt keinerlei Zweifel bestehen! —, bis zu seinem Ende um die richtige Antwort gerungen hat, erscheint der Bundesregierung eine solche Art der Meinungsbildung, die dén einzelnen Abgeordneten in besonderer Weise dazu herausfordert, seine eigene Entscheidung in höchstpersönlicher Verantwortung zu treffen, nicht als ungewöhnlich, sondern als angemessen.
    Ebenso gerechtfertigt ist es dann aber auch, daß die Bundesregierung in diesem besonderen Fall von einer eigenen Vorlage Abstand nimmt. Ich füge in Klammern hinzu, daß die Bundesregierung natur lieh zu jedweder technischer und Formulierungshilfe zur Verfügung steht.
    Ich bitte Herrn Dr. Gradl und seine Kollegen —für die Bundesregierung sprechend —, diese Erwägungen, die ich noch etwas näher ausführen will, zu bedenken. Gerade in der Verjährungsfrage sollte es nicht darum gehen, für oder gegen eine Auffassung der Bundesregierung oder für oder gegen eine Vorlage der Bundesregierung zu stimmen. Es sollte nur darum gehen, im eigenen Gewissen einer schweren Verantwortung gerecht zu werden. Dieser Pflicht muß jeder für sich Genüge leisten, natürlich auch jedes Mitglied der Bundesregierung — natürlich auch der gegenwärtige Sprecher — als Abgeordneter des Bundestages.
    Es ist schon mehrfach an die Bundestagsdebatten der Jahre 1965 und 1969 zur Frage der Verjährung der Strafverfolgung von Mord erinnert worden, Debatten, die mich und wohl die weitaus meisten der damaligen Kollegen oder Zuhörer sehr bewegt und die im Ringen um die Probleme des Rechts und der Gerechtigkeit damals von dem Bemühen des Bundestags Zeugnis abgelegt haben, eine unserem Rechtsstaat, zugleich unserer unmittelbaren geschichtlichen Vergangenheit gemäße Lösung zu finden. Im Ergebnis ist das Ende der Verjährung für Mord zweimal hinausgeschoben worden.
    Doch denke ich, daß man mit dem Abgeordneten Dr. Gradl heute feststellen muß: Wir können nicht ausschließen, daß aus der Zeit vor 1945 noch weitere Täter ermittelt oder, wie Sie gesagt haben, präsentiert werden.
    Die Beschäftigung mit dieser Frage im ganzen Land und jedenfalls auch unsere Diskussion heute zeigen die Ernsthaftigkeit, mit der dieses Problem in Deutschland behandelt wird. Diese Ernsthaftigkeit ist entscheidend darin begründet, daß wesentliche moralische, wesentliche rechtliche Prinzipien in einer Spannung zueinander stehen, die nur sehr schwer und keineswegs restlos aufgelöst werden kann.
    Ich habe wegen dieser moralischen Dimension unserer bevorstehenden Entscheidung vor einem guten Vierteljahr, am 9. November 1978, in der Synagoge in Köln den Rat, die Beteiligung anderer Menschen, auch anderer Institutionen öffentlich erbeten. Wir können ja als Gesetzgeber diese Entscheidung nicht treffen, ohne gehört zu haben, was alle, die wie wir selbst von dieser Frage innerlich betroffen sind; empfinden, was sie urteilen, was sie



    Bundeskanzler Schmidt
    uns raten. Wir wollten wissen, was unsere jüdischen Mitbürger, was unsere Kirchen, was unsere Nachbarvölker, was die Menschen in Israel und in anderen Teilen der Welt zu diesem Dilemma sagen.
    Meine damalige Bitte um Rat ist in großem Maße erfüllt worden, zuletzt heute morgen noch durch das American Jewish Committee. Wir haben Ratschläge aus unserem eigenen Land, wir haben Ratschläge aus dem Ausland erhalten, die für die eine wie für die andere Position moralische und rechtliche Gründe vortragen. Überwiegend sprachen sich diese Ratschläge für die Aufhebung der Verjährung aus.
    Die Entscheidung, die wir — nicht die Ratgeber — zu treffen haben,. führt uns in die Grundfragen von Schuld und Sühne, von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, von Sinn und Zweck staatlichen Strafens, vom Grundverständnis unseres Rechtsstaats.
    Von diesem Platz aus hat in der Debatte 1965 Thomas Dehler gesagt — ich zitiere —:
    Die staatliche Strafgewalt ist begrenzt. Auch insoweit ist der Staat nicht Herr des Rechts, sondern an das gesetzte Recht gebunden. Auch wenn es peinvoll ist, auch wenn es unserem Gefühl widerstrebt: Der Staat kann seine Strafgewalt nicht nachträglich auf abgeschlossene Tatbestände ausweiten.
    Dieser Gedanke hat heute sein großes Gewicht ebenso wie damals. Ebenso müssen die Gedanken auch heute ins Gewicht fallen, die damals Adolf Arndt in die folgenden Worte gekleidet hat — ich zitiere —:
    Je später es in der Zeit wird, um so beklagenswerter wird die Rolle der Opfer werden, die einst von den Mördern gepeinigt wurden und die jetzt von der Zeugenaufgabe gepeinigt werden, nach Jahrzehnten noch Aussagen zu machen, die unsere menschliche Gedächtniskraft übersteigen. Ebenso wird es den Richtern immer weniger möglich werden zu erkunden, was die Wahrheit war. Die unerträgliche Folge sind Freisprüche und Strafen, die wie Verspottung wirken.
    Trotz solch schwerwiegender Erwägungen, die wir alle mindestens seit der Debatte der Jahre 1964/65 schon kennen, trete ich selbst für die Aufhebung der Verjährung ein. Ich habe aus Respekt vor der uns aufgegebenen Gewissensentscheidung und ich habe mit Bedacht auf mein staatliches Amt davon abgesehen, meine persönliche Haltung frühzeitig öffentlich in die gegenwärtige Debatte einfließen zu lassen.
    Meine persönliche Auffassung gründet sich darauf, daß die bewußte Vernichtung von Menschenleben unter den Umständen des Mordes durch Zeitablauf gewiß nicht ungeschehen gemacht werden kann, daß sie im Gedächtnis der Menschen nicht verlöschen wird, auch ja nicht verlöschen soll, daß wir nicht wissen, welche Mordtaten noch offenbar
    werden, und daß wir uns gleichzeitig allerdings auch dessen bewußt sind, daß unsere Gerichte gegenüber dem Ausmaß der Verbrechen, die zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft begangen worden sind, nur bitter wenig zur Sühne beitragen können.
    Doch wenn sich in den nächsten Jahren herausstellt, daß Mordtaten noch zu sühnen sind, auch gesühnt werden können, müssen wir dann für einen solchen Fall nicht die Möglichkeit des Strafverfahrens offenhalten? Wäre es nicht — anders als ein Vorredner heute morgen gemeint hat — eine geradezu unerträgliche Belastung für das Rechtsgefühl unseres Volkes und das Rechtsgefühl der Welt, wenn ein bislang noch nicht bekannter Täter nach Ablauf der Verjährung käme und sich seiner Taten rühmte? Wenn nach den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens dann keine Klärung mehr möglich sein sollte, wenn sie ausgeschlossen sein sollte, wären dann nicht Erschütterung und Verbitterung die Folge? Ich will nicht verhehlen, daß mir meine Betroffenheit erneut ins Bewußtsein dringt, wenn ich an die Stätten der Unmenschlichkeit denke, sei es Neuengamme, sei es Auschwitz.
    Wie auch immer wir in der Frage der Aufhebung der Verjährung entscheiden — das Bemühen um die Aufklärung der Umstände, die zu den Mordtaten geführt haben, bleibt weit über die Gerichtssäle hinaus notwendig, damit alle erkennen lernen, auf welch schreckliche Weise menschliches Verhalten entarten kann, zur Entartung geführt, verführt werden kann. Indem wir uns, unseren Zeitgenossen und unseren Nachkommen darüber Aufklärung verschaffen, tragen wir dazu bei, das rechte Maß, wie ich hoffe, im menschlichen und politischen Zusammenleben zu finden und zu bewahren. Niemand sollte Gerichtsprozesse aus Anlaß jener Greueltaten, die heute und in Zukunft geführt werden, als ein lästiges Relikt aus ferner Vergangenheit mißdeuten. Sondern jedermann sollte sie als Beitrag dazu verstehen, der irdischen Gerechtigkeit Genüge zu tun und derartigen Untaten für die Zukunft vorzubeugen.
    Die freiheitliche, demokratische Grundordnung unseres Landes wird von einer ganz breiten Mehrheit unserer Mitbürger getragen. Wir Deutschen haben aus den Jahren der totalitären Herrschaft und aus den Jahren des Krieges die Lehren gezogen. Aber gleichwohl können wir die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit nicht beenden. Die Grundwerte unserer Verfassung müssen — auch vor dem Hintergrund dieser Vergangenheit — immer wieder, immer wieder neu mit Leben erfüllt und immer wieder neu gegen neue Bedrohungen gestärkt werden. Die Reife unserer Demokratie wird sich auch daran erweisen, in welchem Maße extremistischen Strömungen der Nährboden in unserem Lande entzogen wird; ich sage dies auch im Hinblick auf kommende Gewalttaten durch Rechtsextremisten.
    In kritischer Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart ist von unserem Respekt vor der Würde und vor der Person eines jeden anderen
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnestag den 29. März 1979 11581
    Bundeskanzler Schmidt
    Zeugnis abzulegen. Dies gilt auch für jeden Beitrag in der heutigen Debatte.
    Es geschieht übrigens in diesem Respekt, wenn ich Sie, verehrter Herr Kollege Dr. Gradl, und Ihre Kollegen, die den Antrag mitunterzeichnet haben, darum bitte, die von der Bundesregierung eingenommene und von mir soeben vorgetragene Haltung zu würdigen.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist jetzt wohl das vierte Mal seit 1949, daß der Deutsche Bundestag ganz grundsätzlich über das Thema der Verjährung schwerer Verbrechen diskutiert. Allein schon die Zahl, die Intensität und die Dauer der früheren Beratungen zeigen, daß diese Debatte von viel mehr bewegt wird als von der sachgerechten Regelung strafrechtlicher und strafverfahrensrechtlicher Fragen.
    Niemand in diesem Haus wird den tiefen Ernst jener früheren Aussprachen in Zweifel ziehen, und niemand wird behaupten können, daß sich das Parlament seine Entscheidungen bisher leichtgemacht hat. Wer die alten Protokollaufzeichnungen nochmals durchgeht, spürt, wie schwer die Last geschichtlicher Erfahrungen auf jedem Wort, auf je- dem einzelnen Argument des Für und Wider gelegen hat. Heute, 34 Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen Schreckens — das zeigen auch die bisherigen Beiträge in dieser Debatte —, ergeht es uns nicht anders.'
    Gleichwohl müssen wir uns, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bewußt bleiben, daß wir am Ende dieser Beratung eine Entscheidung über das rechtsstaatliche Verfahren zur Verfolgung strafbaren Unrechts fällen müssen. Ich darf ganz prosaisch hinzufügen: Wir müssen uns dabei stets erinnern, daß, wenn wir am Ende unser Gewissen haben sprechen lassen und nach bestem Vermögen gewissenhaft entschieden haben, andere mit den praktischen Auswirkungen zu leben haben: die Richter, die Staatsanwaltschaften, die Verteidiger, die Zeugen, die Beschuldigten, und zwar diejenigen, die freizusprechen, und diejenigen, die zu verurteilen sind.
    Jede Rechtsordnung dieser Welt ist von geschichtlicher Enwicklung und historischen Erfahrungen geprägt. Es gibt kein brauchbares Rechtsverfahren, das sich allein aus abstrakter Theorie oder scheinbar absoluten Prinzipien erklären ließe. Deshalb ist es nicht nur legitim, sondern sogar notwendig, daß ein Volk wie das unsere in der lebendigen Fortentwicklung seines Rechts neue geschichtliche Erfahrungen aufnimmt und sinnvoll verarbeitet. Das gilt selbstverständlich auch für die Verjährung.
    Es geht in dieser Debatte sicherlich nicht darum, meine Damen und Herren, Prinzipien der Rechtsordnung und der Rechtspraxis von den Erfahrungen und Lehren der Geschichte abzukoppeln. Ebensowenig kann es darum gehen, unter dem überwältigenden Eindruck des Erlebten und unter dem Eindruck einer weltweiten Aufmerksamkeit Erfahrungen, Notwendigkeiten und Erkenntnisse des Rechtslebens beiseite zu wischen.
    Redlicherweise können wir nur darüber entscheiden, ob uns die Lehren der Geschichte zu einer Korrektur unserer Rechtsordnung veranlassen mit dem Ziel, die Autorität des Rechts zu stärken und den Rechtsfrieden wirkungsvoll zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unter dem überwältigenden Eindruck des unheilvollen Geschehenen können wir nicht Rechtsregeln beschließen, die am eigentlichen Sinn, am konkreten Zweck des Strafverfahrens vorbeigehen.
    Aufgabe des Strafverfahrens ist und bleibt es — das ist schon vorhin gesagt worden, aber es muß wiederholt werden —, konkrete Taten des Unrechts in der Person des konkreten Rechtsbrechers zu ahnden. In dieser Aufgabe liegen auch die Grenzen des Strafverfolgungsrechts. Das Gericht hat nicht nur die rechtlose Tat und das Unrecht festzustellen, das die Opfer haben erleiden müssen. Es muß den Täter einwandfrei im konkreten Fall der Tat überführen, seine persönliche Schuldfähigkeit beurteilen, seine konkrete Schuld beweisen und in jedem Stadium des Verfahrens auch seine Verhandlungsfähigkeit prüfen. Deshalb ist es ein schiefes und letztlich irreführendes Bild, wenn immer wieder gesagt wird, in den sogenannten KZ-Prozessen sitze das Verbrechen des gesamten nationalsozialistischen Systems mit auf der Anklagebank. Meine Damen und Herren, keine Anklagebank in der Welt ist groß genug und hat Platz genug für das entsetzliche Verbrechen des Nationalsozialismus.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Feststellung gehört auch zu unseren geschichtlichen Erfahrungen. Es sind Erfahrungen der Nachkriegsjahre, die mit dem Nürnberger Prozeß begannen und sich mit jedem der noch heute anhängigen Verfahren dokumentieren.
    Auch in den streitigen Auseinandersetzungen heute und in den kommenden Wochen dürfen wir nicht zulassen, daß uns falsche Fronten aufgedrängt werden, weder von innen noch von außen. Niemand, der hier zur Verjährung der strafrechtlichen Verfolgung von Mordtaten ja sagt, kann und will sich aus dem Erbe einer — unserer — düsteren Vergangenheit davonstehlen. Ebenso kann niemand — und will wohl auch niemand —, der die Verjährung aufheben will, die Last deutscher Vergangenheitsbewältigung den Strafgerichten überbürden.
    Zahllose Kommentare und Artikel haben während der vergangenen Monate unsere Überlegungen zur Verjährung begleitet. Viele, allzu viele dieser Stellungnahmen haben ein verzerrtes Bild gezeigt. Wo dieses aus Mangel an Wissen oder auch manchmal wider besseres Wissen geschehen ist, können wir kaum nachprüfen. Lassen Sie mich



    Graf Stauffenberg
    deshalb doch noch einmal wiederholen, was zwar schon oft festgestellt worden ist, jedoch immer wieder übergangen wird: Die Verjährung der Verfolgung von Straftaten ist alte und, wie ich meine, wohlbegründete Rechtstradition unseres Landes. Das heißt nicht, daß diese Rechtstradition unbedingt bindet, aber es ist alte Rechtstradition. Bereits nach dem württembergischen Strafgesetzbuch von 1839, dem hessischen von 1841 und dem badischen und dem preußischen von 1851 unterlagen alle Delikte der Strafverfolgungsverjährung. Natürlich ist nach dieser Zeit auch die Diskussion — ob ja oder nein bezüglich der Verjährung von Mord — fortgegangen. Da gibt es Beispiele, die man auch nicht übersehen darf.
    In der 19. Sitzung der Strafrechtskommission beim Reichsjustizministerium am 3. März 1934 erklärte der damalige Staatssekretär im Preußischen Justizministerium — ich darf zitieren —:
    Wenn es aber in einem deutschen Strafgesetzbuch heißt: „Die Strafbarkeit einer Tat erlischt durch Verjährung", so ist das ein Schlag ins Gesicht, weil dieser Satz eine sittliche Unmöglichkeit darstellt. Es ist Ideengut der Deutschen, daß überhaupt nichts, was einmal als Tat in die Welt gesetzt ist, jemals untergeht.