Rede:
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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8145

  • date_rangeDatum: 29. März 1979

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    Plenarprotokoll 8/145 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 145. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Inhalt: Gedenkworte zum 130. Jahrestag der Verabschiedung der Frankfurter Reichsverfassung 11559 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schachtschabel und Dr. Gradl . . 11560 C Wahl des Abg. Müller (Nordenham) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Enders zum stellvertretenden Mitglied im Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt 11560 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 11560 C Erweiterung der Tagesordnung 11561 C Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 11673 B Beratung des Antrags der- Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 18. Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Gradl CDU/CSU 11561 D Dr. Emmerlich SPD 11565 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 11569 D Kleinert FDP 11575 C Schmidt, Bundeskanzler 11579 A Graf Stauffenberg CDU/CSU 11581 A Dr. Wendig FDP 11585 D Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 11590 B Waltemathe SPD 11593 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP 11596 A Dr. Mikat CDU/CSU 11601 C Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 11607 C Dr. Vogel (München) SPD 11611 C Engelhard FDP 11617 A Dr. Weber (Köln) SPD 11619 C Wissmann CDU/CSU 11622 A Oostergetelo SPD 11624 A Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU 11625 D Frau Matthäus-Maier FDP 11627 C Blumenfeld CDU/CSU 11631 A Hartmann CDU/CSU 11633 B Hansen SPD 11635 B Helmrich CDU/CSU 11638 A Dr. Schwencke (Nienburg) SPD 11639 C Dr. Schwarz- Schilling CDU/CSU 11642 B Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 11645 B Sieglerschmidt SPD 11647 A Josten CDU/CSU 11649 C Präsident Carstens 11575 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2708 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/2707 — Krey CDU/CSU 11651 A Bühling SPD 11652 C Dr. Klepsch CDU/CSU 11654 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 11656 D Luster CDU/CSU 11657 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr — Drucksache 8/2453 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2697 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/2696 — Hölscher FDP 11658 C, 11660 C Burger CDU/CSU 11658 D Kratz SPD 11659 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 11661 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" und dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" — Drucksachen 8/2353, 8/2374, 8/2628 — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 11663 B Ueberhorst SPD 11664 D Dr.-Ing. Laermann FDP 11666 A Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 III Einrichtung einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Begutachtung technologischer und forschungspolitischer Entwicklungen beim Deutschen Bundestag — Drucksachen 8/1241, 8/2629 (neu) — Dr. Riesenhuber CDU/CSU 11667 B Stockleben SPD 11669 B Dr.-Ing. Laermann FDP 11670 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 17. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Steinenstadt und Ottmarsheim sowie über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Weil am Rhein und Hüningen — Drucksache 8/2437 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/2686 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2642 — 11672 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr — Drucksache 8/2366 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2640 — 11673 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Februar 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über den Luftverkehr — Drucksache 8/2436 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2669 — 11673 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes — Drucksache 8/2646 — 11673 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit Drucksache 8/2645 — 11673 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/2665 11673 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Standortübungsplatzes Bad Vilbel an die Stadt Frankfurt — Drucksachen 8/2478, 8/2648 — 11674- A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken — Drucksachen 8/2558, 8/2649 — 11674 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/79 — Zollkontingent für Walzdraht 1. Halbjahr 1979) — Drucksachen 8/2536, 8/2632 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der Kapazität für den gewerblichen Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/2357, 8/2641 — 11674 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/2513 Nr. 3, 8/2670 — . . 11674 C Beratung des Berichts der Bundesregierung über Möglichkeiten zur Umstellung des 7 b EStG auf ein anderes Förderungssystem — Drucksache 8/2554 — 11674 D Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes über steudrliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude auf das geltende Grunderwerbsteuerrecht und über die Überlegungen, die zur Reform des Rechts der Grunderwerbsteuer angestellt worden sind — Grunderwerbsteuerbericht — Drucksache 8/2555 — 11674 D Nächste Sitzung 11675 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11677* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 145. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. März 1979 11559 145. Sitzung Bonn, den 29. März 1979 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 144. Sitzung, Seite 11 405 A: In den Zeilen 10 bis 13 ist statt „ ... an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — mitberatend —" zu lesen: ,,... an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit — federführend —, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — mitberatend —" ; Seite 11 526 * D: In der Zeile 8 von unten ist statt „36" zu lesen: „38". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Aigner * 30. 3. Dr. Althammer 30.3. Dr. Bangemann* 29. 3. Dr. Becher (Pullach) 30. 3. Frau Berger (Berlin) 30. 3. Blumenfeld ** 30. 3. Dr. Corterier ** 30. 3. Frau Erler 30. 3. Fellermaier * 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Friedrich (Würzburg) 29. 3. Genscher 30. 3. Dr. Hornhues 30. 3. Horstmeier 29. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 3. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *5) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Kiesinger 30. 3. Klinker 30. 3. Koblitz 30. 3. Lange * 30. 3. Leber 30.3. Lemp * 30.3. Lenzer 30.3. Dr. Müller *** 29.3. Müller (Mülheim) * 30. 3. Müller (Remscheid) 30. 3. Sauer (Salzgitter) 30. 3. Schmidt (München) * 30. 3. Schreiber* 30. 3. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 29. 3. Dr. Schwörer * 29. 3. Seefeld * 30. 3. Spitzmüller 30. 3. Stahlberg 30. 3. Dr. Starke (Franken) * 30. 3. Frau Tübler 30. 3. Dr. Vohrer *** 29. 3. Frau Dr. Walz 30. 3. Baron von Wrangel 30. 3. Wuwer 30.3. Ziegler 30. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Benno Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich meine die Sorge, wir könnten verschweigen, welche Faszination die Einheit von Ideologie und staatlicher Macht auf allen Ebenen auf sehr viele Menschen ausübt; die Sorge, wir wären zu feige und unsere eigene Faszination, die sehr große Teile des deutschen Volkes mehr oder weniger erfaßt hatte, könnte uns im Wege stehen, wenn wir unseren jungen Menschen begegnen, weil wir uns vielleicht unserer Vergangenheit schämen.
    Noch einmal darf ich Le Bon zitieren:
    ... und die Menschenschlächter durften von Ruhe träumen. Da sie tief davon durchdrungen waren, dem Vaterland gut gedient zu haben, verlangten sie von den Machthabern eine Belohnung; die Eifrigsten forderten sogar eine Auszeichnung.
    Solches haben auch wir erlebt, und damit müssen wir leben.
    Nicht ein Abschieben der Aufgabe auf die Justiz, nicht Grauzonen und Nebel über der Vergangenheit können uns für die Zukunft helfen, sondern Klarheit, Durchsichtigkeit, Offenheit und Bekenntnis gegebenenfalls der eigenen Irrtümer sind nach meiner Überzeugung die Voraussetzung für einen toleranten, rechtlich klar geordneten, vom Gesetzgebungszickzack freien menschlichen Staat.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Das war verworren!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Detlef Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich glaube, die besondere Schwierigkeit nicht nur der heutigen Debatte, sondern der nun schon, wie dargestellt worden ist, jahrzehntelangen Auseinandersetzung u. a. über die uns heute beschäftigende Frage „Soll man es beim geltenden Recht und beim Eintritt der Verjährung auch für Mordtaten und damit insbesondere auch für Mordtaten aus der NS-Vergangenheit bewenden lassen, oder soll man diese Verjährung aufheben?" scheint mir darin zu liegen, daß wir Untaten von qualitativ und quantitativ so ungeheurem Ausmaß mit Mitteln eines nur für den einzelnen Täter und für die einzelne Tat geschaffenen Strafrechts begegnen müssen, weil ein anderes rechtliches Instrumentarium nicht zur Verfügung steht, daß also zwischen dér Bewältigung dieser geschichtlichen Dimension, dieser Summe von Untaten, und dem gegebenen rechtlichen Instrumentarium eine so große, eine so erschreckende Lücke klafft, daß man nicht sieht, wie unser Recht diesem Gesamtvorgang gerecht werden könnte. Das heißt nicht, daß wir es nicht versuchen müßten; das heißt nicht, daß dieser Versuch nicht immer wieder — leider nur zu einem Teil, im Einzelfall auch erfolgreich — unternommen worden ist. Das heißt aber: Je länger dieser Versuch der Bewältigung mit den Mitteln dieses unseres Strafrechts andauert, um so größer werden doch die Zweifel, ob das so zu leisten ist.
    Wir haben es aber nun einmal in der heutigen Debatte mit der Diskussion um ein Rechtsinstitut, dessen Geschichte von den Vorrednern bereits angesprochen worden ist, zu tun. Inzwischen steht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1969 fest, daß die früher insbesondere aus Kreisen unserer Fraktion geäußerte Ansicht, einer Verlängerung der Verjährungsfrist oder Aufhebung des Instituts der Verjährung stünden verfassungsmäßige Bedenken entgegen, erledigt ist. Das bedeutet aber nicht, daß dieses Institut, obwohl seine formale und eben nicht materielle Qualität durch das Verfassungsgericht festgestellt worden ist, für unser Rechtsbewußtsein nicht doch eine beachtliche materielle Wirkung hätte. Diese materielle Wirkung hat es auch für das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung im Ganzen, für die Einstellung zum Verbrechen und zur Sühne des Verbrechens wie auch zur Rechtspflege, zum Ansehen der Rechtspflege und deshalb auch ihrer Anerkennung im Bewußtsein der Bevölkerung. Daher ist das Problem für uns so schwer zu behandeln. Lösbar, so meine ich, in dem Sinne, daß man jetzt nach genügender Überlegung entweder etwas Richtiges oder etwas Falsches tun könnte, ist das Problem überhaupt nicht.

    (V o r s i t z: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    Das ist auch der Grund dafür, daß alle Fraktionen des Hauses die besondere Qualität dieser Entscheidung dadurch anerkannt haben, daß sie jedem einzelnen Abgeordneten seine Meinungsbildung, seine



    Kleinert
    Gewissensentscheidung frei von jeder Beeinflussung durch die Fraktion überlassen haben.
    Ich glaube allerdings — und damit spreche ich für diejenigen, insbesondere aus der FDP-Fraktion, die es nach dem heutigen Stand der Diskussion beim geltenden Recht bewenden lassen wollen und einer Aufhebung der Verjährung nicht zustimmen werden —, daß wir mit der Aufhebung der Verjährung einen verhängnisvollen Fehler für unsere Rechtsentwicklung und für das Rechtsbewußtsein unserer Bürger machen würden. Um dieses Rechtsbewußtsein haben wir bei allen Gesetzgebungsmaßnahmen in diesem Hause immer wieder zu kämpfen. Es zu entwickeln ist so ungeheuer schwierig, da , sehr mühsam eingesehen wird, was unsere Rechtsordnung bedeutet und wie sie sich entwikkelt. Wir sind es diesem Rechtsbewußtsein schuldig, bei Regelungen, die sich als sinnvoll erwiesen haben, zu bleiben, auch wenn außerordentliche und übergeordnete Tatbestände scheinbar einen anderen Weg weisen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Scheinbar!)

    Dieses Bewußtsein ist ja ganz offensichtlich im Deutschen Bundestag in allen Fraktionen sehr lebendig gewesen. Zwar hat Herr Emmerlich recht, wenn er sagt, daß die Feststellung aus dem Jahre 1965, daß ein Stillstand der Rechtspflege bestanden habe und darum die Verjährung der hier im wesentlichen in Frage stehenden Taten erst später eintreten könne, zu einem Zeitpunkt getroffen worden ist, als das Bundesverfassungsgericht die eben erwähnte Feststellung noch nicht getroffen hatte.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : 1969 war das aber anders!)

    Im Jahre 1969 hingegen ist hier im Hause nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Entscheidung getroffen worden, daß die Verjährung eben nicht aufgehoben wird, wie das heute von den Antragstellern gewünscht wird, sondern daß man die Verjährungsfrist von seinerzeit 20 Jahren auf die nun geltenden 30 Jahre verlängert hat. Daraus wird meiner Ansicht nach ganz deutlich, wie schwer es den Abgeordneten in allen Fraktionen geworden ist, damals der Verlängerung der Verjährungsfrist oder gar einer Aufhebung der Verjährung näherzutreten, obwohl die verfassungsrechtliche Problematik inzwischen durch das im Frühjahr des Jahres ergangene Urteil klargestellt worden war.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dies, so meine ich, ist doch ein gutes Zeichen dafür, daß in allen Fraktionen in einem so wichtigen Punkt die Rechtstradition in bezug auf das Institut der Verjährung klar gesehen und auch respektiert worden ist.
    Ich halte es für unsinnig, die Diskussion dadurch zu verschärfen, daß man etwa denjenigen, die nun für eine Aufhebung der Verjährung von Mord generell eintreten, unterstellt, sie meinten gar nicht, was sie sagten; sie meinten in Wirklichkeit nur den Ausschnitt der NS-Verbrechen und würden lediglich
    aus rechtssystematischen Gründen den Mord insgesamt bei ihrem Gesetzgebungsvorhaben ansprechen. Ich halte das keineswegs für hilfreich; denn die Überlegung derjenigen, die diesen Antrag stellen, muß folgerichtig dazu führen, daß man den Mord insgesamt nicht mehr verjähren lassen will. Die Überlegung, ob man die Verjährung solcher Verbrechen wie der NS-Verbrechen zulassen kann, muß folgerichtig auch zu neuen Einsichten in die Frage führen, ob der Mord als solcher verjähren kann oder nicht, so daß diese beiden Tatbestände dann auch zusammen hier vorgetragen und geregelt wer- den müssen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das möchte ich ausdrücklich hervorheben, weil uns doch alles andere nur von der Diskussion über den Kern wegführt.
    Das ganz Entscheidende bei dem, wie festgestellt, nicht materiellen, sondern formellen Charakter der Verjährung ist für uns, daß trotz dieses formellen Charakters das Institut mit allen Problemen von persönlicher Schuld und Sühne und den daran anschließenden Fragen der Rechtspolitik und des vernünftigen Strafvollzugs im Sinne einer Resozialisierung eng zusammenhängt. Wir sind nun einmal der Meinung, daß auch die scheinbar formelle Regelung der Verjährung mit all den tatsächlichen Gründen für ihre Einführung und Beibehaltung, die von den Vorrednern schon dargelegt worden sind, für das Bewußtsein unserer Bevölkerung über den Sinn des Strafens und die vernünftige, humane und einer modernen sozialen Gesellschaft angemessene Art des Strafens eine wesentliche Rolle spielt, eine bedeutende Komponente ist. Natürlich ist kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Überlegungen gegeben, lebenslange Freiheitsstrafen in einem rechtsförmlichen Verfahren nach einer gewissen Zeit zu überprüfen und dann zu Gnadenakten nicht herkömmlicher, sondern rechtlich begründeter Art zu kommen, und dem Institut der Verjährung. Formal gibt es keinen Zusammenhang. Praktisch und insbesondere für das Bewußtsein des juristischen Laien, also fast aller unserer Bürger, gibt es aber doch wesentliche Zusammenhänge. Es wird ganz unbewußt und unmittelbar, ohne große intellektuelle Reflektion, der Schluß gezogen: Man versucht, die Dinge dem Täter mehr gerecht werden zu lassen, man versucht, auf die Täterpersönlichkeit einzugehen, man versucht, wo immer das möglich ist, neben den spezialpräventiven und generalpräventiven Zweck der Strafe insbesondere den Resozialisierungsgedanken zu setzen. In einem anderen Bereich kommt man nun auf sehr alttestamentarische Grundregeln zurück, man verschärft, man will die Gnade der nicht so sehr praktisch, sondern in der Entwicklung der Täterpersönlichkeit begründeten schließlichen Verjährung auch einer noch so schweren Tat abschaffen. Man kommt hier im Ergebnis zu einer wesentlichen Verschärfung des geltenden Rechts. Insbesondere gilt das für den Eindruck, den die Bevölkerung von diesem geltenden Recht haben muß.

    (Wehner [SPD]: Nein!)




    Kleinert
    Das Prägende für das Rechtsbewußtsein wird hier an einer Stelle im Gegenlauf und im Gegensatz zu dem verändert, was wir im allgemeinen in unserer Strafrechtsentwicklung anstreben.

    (Wehner [SPD] : Es geht um das Ethos, um die Achtung vor dem höchsten Rechtsgut des Menschen, sein Leben! — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Sie wollen doch nicht sagen, daß Herr Kollege Kleinert davor keine Achtung hätte!)

    — Herr Wehner, ich glaube, daß gar kein Zweifel daran bestehen kann, daß das Leben 'das höchste Rechtsgut ist und der Schutz des Lebens deshalb am stärksten ausgestaltet sein muß. Wir können aber nicht die Augen davor verschließen, daß es keinen mathematisch einwandfreien Tatbestand der Verletzung dieses höchsten Rechtsgutes und der daran anzuknüpfenden Ahndung gibt, sondern daß die Dinge in der Lebenswirklichkeit abgestuft sind, daß wir schon heute ganz bedauerliche Entscheidungen haben, bei denen nicht von Mord, sondern von Totschlag ausgegangen wird, der nicht unter die hier angestrebte Regelung fallen würde. Wir können nicht die Augen davor verschließen, daß die Abgrenzung zwischen Mord und Totschlag zu den besonders wenig glücklich geratenen Tatbeständen unseres Strafrechts überhaupt gehört, da recht willkürlich gewählte Merkmale, die dort katalogisiert sind, die Tötung zum Mord machen. Ich meine, deshalb muß wie in allen anderen Fällen auch gegenüber diesem Rechtsgut die Bemühung erlaubt sein, ein differenziertes Vorgehen vorzusehen und sich insbesondere mit dem Gedanken zu befassen, ob es unserer Rechtsordnung insgesamt entspricht, einen Täter nach 30 Jahren, nach einer in fast allen Fällen erheblichen Veränderung seiner Persönlichkeit noch wegen der Tat anzugreifen, die er vor diesen 30 Jahren einmal begangen hat.
    Es wird von einigen, die die Verjährung aufheben möchten, u. a. argumentiert, praktisch sei sie bereits aufgehoben; denn angesichts einer inzwischen auf 30 Jahre festgelegten Verjährungsfrist und der Möglichkeit der Unterbrechung der Verjährung durch eine richterliche Handlung ließe sich leicht errechnen, daß in vielen Fällen eine Verjährung bis zum vorhersehbaren Tode des Täters nicht mehr möglich ist. Diese Ansicht ist richtig, sie ist auch rechnerisch zu belegen. Die Frage ist nur, welche Konsequenzen man daraus zieht. Nach dem, was ich für unsere Auffassung darzulegen versucht habe, muß man daraus die Konsequenz ziehen, sobald das politisch möglich ist, wieder auf die frühere wohlerwogene und angemessene 20jährige Frist für die Verjährung zurückzugehen

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    und die Möglichkeiten der richterlichen Unterbrechung ,der Verjährung in vernünftiger Weise einzuschränken und genauer zu fassen, als es — wenn ich an die angeblich vorhandene Möglichkeit der Unterbrechung der Verjährung auf Grund von Hunderte von Namen umfassenden Listen denke — zur Zeit der Fall ist. Das ist unserer Ansicht nach die richtige Konsequenz, nicht aber, aus einem aus verständlichen Gründen eingetretenen,
    nach unserer Rechtsauffassung höchst unbefriedigenden Zustand 'die Folgerung zu ziehen, man könne es nun auch gleich ganz dabei belassen und zum Gesetz erheben, was jetzt mit Hilfe der Unterbrechung Praxis in vielen Fällen sein kann. Das ist jedenfalls der Schluß, den wir ziehen wollen.
    Die technischen Begründungen für die Verjährung, nämlich die von Jahr zu Jahr schwerer werdende Aufklärung und die größere Unsicherheit des Strafprozesses, sind bereits angesprochen worden. Mir scheint dies alles nicht im Vordergrund zu stehen. Damit würde man angesichts des Grundsatzes „in dubio pro reo" leben können. Wenn man der Meinung ist, ,daß Täter ohne Rücksicht auf irgendwelche Zeitabläufe bestraft werden sollen und einzelne — woran ja kein Zweifel bestehen kann — dann auch noch bestraft werden würden, dann muß man eben die größere Zahl von Freisprüchen in Kauf nehmen, so bedauerlich das, wie der Kollege Erhard ausgeführt hat, für das Ansehen der Rechtspflege auch sein mag. Das halte ich nicht für so schwerwiegend.
    Für viel schwerwiegender halte ich den Gesichtspunkt, wie gerade angesichts der besonderen Ereignisse der NS-Verbrechen mit Zeugen und Opfern in diesen Prozessen zwangsläufig umgegangen werden muß, nachdem auch für diese Opfer und ihre Angehörigen inzwischen eine wohltätige lange Zeit abgelaufen ist. Darüber gibt es grausige Berichte zu hören. Das erscheint mir erheblich wichtiger als die Sorge um ,das Ansehen der Justiz nach einem so schwierigen Verfahren im Einzelfall. Das erscheint mir bedeutungsvoller.
    Es gibt den Hinweis, einzelne würden nun hervortreten und sich ihrer Untaten berühmen können, weil eine Verfolgung nicht mehr möglich wäre, wenn Ende 1979 die Verjährung für solche Taten einträte. Ich halte diesen Einwand für nicht stichhaltig. Das ist nicht nur eine Vermutung über die künftige Entwicklung, sondern das ist eine Erfahrung, ,die belegt werden kann. Insofern ist mir das bereits zitierte Faktum wesentlich, daß es etwa 5000 Personen gibt, die sich für diese Morde in schwerster Form verantwortlich gemacht haben, die nämlich. die Organisatoren, die Drahtzieher, die Anstifter, die Schaffer 'des Klimas, in dem das Verbrechen dann gewuchert hat,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Auch die Ideologen!)

    gewesen sind und die in fast allen Fällen großzügig zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind, aber nach wenigen Jahren nicht nur durch eine generelle Amnestie freigelassen, sondern durch den Überleitungsvertrag zudem unserer Rechtsprechung ein für allemal entzogen wurden. Diese Personen gibt es in unserer Gesellschaft. Wir haben in den letzten Jahrzehnten mit ihnen leben müssen. Bei allem, was man sonst davon denken muß, haben sie jedenfalls eines nicht gewagt, nämlich sich etwa ihrer Taten zu berühmen. Das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein.

    (Beifall 'bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dafür brauchen wir keine Rechtsvorschriften, sondern das 'Bewußtsein unseres ganzen Volkes von



    Kleinert
    dem, was diese Menschen getan haben und was wir deshalb von ihnen zu halten haben. Das ist wichtiger als die Frage einer formalen Bestrafung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Den Gedanken, es sei nicht so, daß die Mehrzahl der aufklärbaren Fälle inzwischen entweder abgeurteilt oder in einem Stand des Ermittlungsverfahrens sei, daß eine Verjährung ohnehin nicht eintreten könne, sondern es könnten noch in größerer Zahl 'Akten etwa aus anderen Ländern auftauchen, in denen diese Verbrechen in großer Zahl begangen worden sind, und dann wären wir hilflos gegenüber dem Vorwurf, es sei durch unsere Schuld, dadurch, daß wir nicht gesetzgeberisch gehandelt hätten, möglich geworden, daß man umfangreichen Tatkomplexen dann nicht mehr nachgehen könne, halte ich auch nicht für richtig. Wir haben nun einmal hier über die Gestalturig unseres Strafrechts nicht nur für diese, sondern für alle Fälle zu entscheiden und gerade für alle zukünftigen Fälle. Wenn wir dann der Meinung sind — und wir sind nun einmal dieser Meinung —, daß die Verjährung ein vernünftiges und wichtiges Rechtsinstitut ist, aus humaner Gesinnung und aus einer modernen, vernünftigen Auffassung von Strafrecht, dann müssen wir diese Ansicht auch denen gegenüber vertreten, die etwa in einigen Jahren mit 'solchen Aktenbündeln auf uns zukommen.
    Hierzu hat Herr Barzel im übrigen im Jahre 1965 einen Hinweis gegeben, den ich einmal wiederholen möchte, nicht um Schuld an andere weiterzugeben, sondern um diesen Punkt für andere klarzustellen: Wer Akten nicht herausgibt und in all diesen Jahren nicht herausgegeben hat, obwohl er das konnte, der leistet Beihilfe für diejenigen, die etwa dadurch einer Bestrafung entgehen.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU)

    Das muß bei dieser Gelegenheit wiederholt wenden.
    Der entscheidende Punkt unserer Überlegungen, der tiefe Grund für unsere Haltung liegt nicht sosehr in den nur andeutungsweise im Rahmen dieser Diskussion wiedergegebenen rechtlichen Überlegungen, sondern er geht darüber hinaus. Wir sind der Meinung, daß niemand in unserem Volk ein reines Gewissen haben kann in Ansehung 'dessen, was gewesen ist, und zwar nicht nur diejenigen, die damals gelebt haben, sondern auch diejenigen, die danach geboren worden sind. Das ist nicht die Frage der Kollektivschuld in einem schmählichen Sinne als quasi strafrechtliche Verurteilung eines ganzen Volkes, sondern das ist die Frage 'der Einsicht in eine historische Verantwortung, die ein Volk insgesamt zu tragen hat, nicht zum Zwecke ewiger Buße, sondern viel wichtiger zum Zwecke der Verhütung von Wiederholungen.
    In diesem Zusammenhang ist es mir auch unheimlich, wenn ich in Diskussionen mit jungen Menschen, die sich in den letzten Wochen besonders intensiviert haben, feststelle, •daß dort gelegentlich eine Einstellung anzutreffen ist: „Uns hätte das ja nicht passieren können; wir haben ja ein reines Gewissen; wir haben es mit einer Generation zu tun, die ganz anders war, die solche Verbrechen hat
    geschehen lassen oder an ihrer Begehung beteiligt war; uns wird das nicht passieren." Diese Einstellung müssen wir auszuräumen versuchen, nicht heute hier von 'diesem Podium aus durch einige Beispiele und durch einige geschichtliche Darstellungen, sondern in einer immerwährenden Diskussion. Wir müssen das Gefühl für die tiefere Verantwortung wecken und zugleich klarmachen, daß natürlich die Wiederholungsgefahr, so wie die Menschen geschaffen sind, gegeben ist, daß diese Gefahr droht und daß man ihr entgegentreten muß. Das scheint mir gerade in 'der Diskussion mit der jungen Generation die ganz wichtige Aufgabe zu sein.
    Der Gedanke, der ohnehin wohl nur unbewußt und dann auch nur bei wenigen im Zusammenhang mit der heutigen Debatte und der Einstellung dazu auftauchen könnte und ' vor dem ausdrücklich gewarnt werden sollte, daß nämlich durch die Verurteilung einiger, die noch nicht verurteilt sind, daß durch einige Prozesse, die noch nicht eingeleitet werden konnten, in Zukunft eine Art Generalabsolution für diese historische Verantwortung 'des ganzen Volkes erreicht werden könnte, muß ans Licht gezogen, bewußtgemacht und zurückgewiesen werden. 'Das kann nicht der Sinn dessen sein, was die Antragsteller hier beabsichtigen, und wir dürfen auch niemand gestatten, diese Ansicht bei sich aufkommen zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und 'der CDU/CSU)

    'Hier bestünde ein Weg, sich auf Kosten anderer Generalabsolution zu verschaffen; das geht nicht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und 'der CDU/CSU)

    Ich möchte mit der etwas ausführlicheren Zitierung — mir stehen solche Worte nicht zu Gebote — eines Teils der Rede schließen, die Carl Friedrich von Weizsäcker anläßlich der Woche der Brüderlichkeit in Hannover gehalten hat und die bereits mit einem Satz zitiert worden ist. Herr von Weizsäcker sagt:
    Die schaudernde Entdeckung: Ich bin Kain. Ich bin der Krieger, 'der Terrorist, der Nazi-Scherge. Welche bürgerliche Behütetheit hat mir erspart, meinem vor mir selbst verborgenen Hang nachzugeben und den Bruder zu töten, ' hat meiner offensichtlichen Gleichgültigkeit gestattet, bloß seinen Mord zu tolerieren? Hasset das Böse, heißt es freilich, aber nicht: hasset den Bösen. Hassen wir den Bösen, so legen wir ihn auf seine Bosheit fest und uns auf unsere vermeintliche Gerechtigkeit. Spontane Gegenwehr gegen die Gewalttat darf sein. Gerechtigkeit muß sein. Aber keine Gegenwehr ohne Selbstbegrenzung, auch keine Gerechtigkeit ohne Gnade. Menschliche Gerechtigkeit soll Menschen vor Menschen schützen, soweit Menschen das vermögen. Sie ist kein göttlicher Urteilsspruch. Menschliche 'Gerechtigkeit kann nicht alles Unrecht sühnen, das geschehen ist, und sie soll das, vor dem fragenden Angesicht Gottes, gar nicht versuchen. Dies mögen
    — so sagt Herr von Weizsäcker —



    Kleinert
    wenn ich mir ein Wort zur Aktualität erlauben darf, unsere Gesetzgeber bedenken, wenn sie über Verjährung beraten. Ich sage das im Bewußtsein meiner Mitschuld an der Ermordung von Millionen Juden in einer Nation, deren erwachsener Bürger ich damals war und heute bin.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)