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    Plenarprotokoll 8/131 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 131. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10267 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/2404 — Dr. Kohl CDU/CSU 10267 C Wehner SPD 10281 B Mischnick FDP 10290 B Dr. Althammer CDU/CSU 10296 C Dr. Ehmke SPD 10303 A, 10352 B Hoppe FDP 10305 A Schmidt, Bundeskanzler . . . 10306 C, 10342 B Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 10320 D Genscher, Bundesminister AA 10327 B Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . . 10334 C Dr. Marx CDU/CSU 10347 C Dr. Bangemann FDP 10359 A Namentliche Abstimmung 10366 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 8/2405, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10368 B Dr. Bußmann SPD 10371 B Schäfer (Mainz) FDP 10372 A Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 10374 C Vizepräsident Frau Funcke 10369 C Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/2420 — 10376 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 8/2414, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10376 C Stöckl SPD 10378 D Weiskirch (Olpe) CDU/CSU . . . . . 10380 B Möllemann FDP 10383 A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 10386 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 10389 A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/2425 — 10391 C Nächste Sitzung 10391 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10393 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 10267 131. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. von Aerssen 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Brandt 26. 1. Flämig * 26. 1. Gruhl 24. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Klinker 26. 1. Koblitz 26. 1. Kroll-Schlüter 24. 1. Lange * 25. 1. Dr. Lenz (Bergstraße) 26. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lücker * 24. 1. Luster * 26. 1. Müller (Bayreuth) 26. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Seefeld * 24. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Frau Dr. Walz * 26. 1. Wawrzik * 25. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Wenn Sie die Frage so stellen, dann ist sie anders zu beantworten. Aber so klar haben Sie sie vorhin nicht gestellt. Es mag aber durchaus sein, daß ich sie erst nicht richtig verstanden habe.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Bitte nachlesen!)

    — Bitte sehr, ja..Es kann durchaus sein, ich gebe das ja zu.
    Ich glaube aber, daß man eben nicht eine Waage von unseren Interessen aus aufstellen sollte. Daß die Sowjetunion eine bestimmte Intensivierung unserer Beziehungen zu China nicht gerne sieht, das sehe ich auch. Das kann uns aber nicht daran hindern, auch diese Beziehungen zu intensivieren. Ich mache meine Politik nicht davon abhängig, ob die Sowjetunion sie für gut oder für richtig hält. Das hält mich aber nicht davon ab, möglichst viel zu tun, um auch zu guten Beziehungen mit der Sowjetunion zu kommen. — Sie sind offenbar jetzt mit mir einverstanden?

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Noch nicht ganz!)

    — Noch nicht ganz, aber wir erreichen fast einen Punkt, den_ der Bundeskanzler mit Herrn Kohl heute morgen noch nicht erreichen konnte.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lassen Sie mich jetzt mit meinen Ausführungen fortfahren!

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wenn Sie schon fragen, dann wollte ich Ihnen auch etwas antworten!)

    Dasselbe gilt natürlich auch für die Position der Europäischen Gemeinschaft im Verhältnis zur Sicherheitspolitik. Herr Barzel hat diesen Punkt heute Nachmittag aufgegriffen. Er meinte, es wäre zu verhindern, daß unsere unbezweifelbare Angewiesenheit auf die Unterstützung der Vereinigten Staaten im NATO-Bündnis nicht Schaden leide durch eine weitere Entwicklung der europäischen Integration. Ich halte beides nicht für Gegensätze. Ich bin überzeugt davon, daß es möglich sein muß, eine. weitere Integration der Europäischen Gemeinschaft zu erreichen, ohne die Mitgliedschaft in der NATO dabei auch nur politisch in Frage zu stellen oder das Verhältnis zu den USA, auf das wir in der Tat angewiesen sind.
    Ich bin auch damit einverstanden, daß die Europäische Gemeinschaft nicht qua Größe eine Vermittlerrolle in der Welt spielen kann. Das wäre gerade dieses Großmachtdenken, das ich für verhängnisvoll . halte, sollten wir es für die zukünftige Rolle der EG annehmen. Aber daß diese Europäische Gemeinschaft mit ihrer wirtschaftlichen Kraft, mit der
    politischen Stellung, die sie gerade in der Politik der Dritten Welt erreicht hat, eine vermittelnde Rol. le spielen kann und muß, sollte niemand bezweifeln.
    Der Wert dieser Europäischen Gemeinschaft für einen Liberalen liegt nicht darin, daß sie ihren Bewohnern die Möglichkeit gibt, besser zu' leben, reicher zu sein als der Rest der Welt, sondern darin, daß sie ein aktives Element im Entspannungsprozeß zwischen West und Ost ist und daß sie einen verständnisvollen Partner im Nord-Süd-Dialog abgibt; das allein rechtfertigt ihre Existenz, und darum werden wir Liberalen uns im Gegensatz zu den Konservativen bemühen.

    (Beifall bei der FDP)

    Im Verein mit den Konservativen — das hat die Abstimmung im Europäischen Parlament gezeigt —, und im Gegensatz zur Sozialistischen Fraktion des Europäischen Parlaments sind wir auch der Meinung, daß die Europäische Gemeinschaft' eine gemeinsame Sicherheitspolitik betreiben muß. Wer eine gemeinsame Außenpolitik will, muß auch eine gemeinsame Sicherheitspolitik betreiben. Nicht im Sinne von Militärpolitik, sondern im Sinne einer klaren politischen Option für Entspannung, im Sinne einer klaren politischen Option für Partnerschaft im Verhältnis zwischen Nord und Süd, ergänzt allerdings durch eine Zusammenarbeit im Bereich der Rüstung, dort nämlich, wo sich eine solche Zusammenarbeit allein schon wegen der Möglichkeit der Einsparung von Mitteln anbietet und vernünftig ist.
    Wir haben, auch was die Gesellschaftsordnung angeht, fundamentale Gegensätze zu den Konservativen. Ihre Parteifreundin Mrs. Thatcher, die ja auf Ihrem Europakongreß, wie ich lese, sprechen wird, hat unumwunden in Großbritannien erklärt, sie sei eine Anhängerin der Todesstrafe und werde die Todesstrafe auch im Rest von. Europa propagieren und durchzusetzen suchen. Ich weiß, daß das einige hier in der CDU/CSU-Fraktion gar nicht erschreckt. Aber das ist ja das Erschreckende.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das Erschreckende, meine Damen und Herren, ist, daß Sie mit einem solchen Instrument der Strafjustiz auch in einem Zeitalter noch liebäugeln und es propagieren wollen, in dem man wirklich erkannt hat, daß aus zwei Gründen eine solche Strafe nicht akzeptabel ist.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Sie reden völlig am Thema vorbei!)

    — Das Problem ist nicht vorbei, Herr Kollege, es sei denn, Sie bewegen Mrs. Thatcher zu einem Widerruf dieser Aussage.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Das ist nicht unser Problem! Sie soll doch meinen, was sie will! Das können wir in Europa diskutieren!)

    - Wenn das nicht euer Problem ist, dann seid ihr auch weit entfernt davon, in Europa eine einheitliche politische Meinung zu vertreten, wie das die CDU behauptet.

    (Beifall bei der FDP)




    Dr. Bangemann
    Wir haben es geschafft, meine Damen und Herren — und das war keine kleine Aufgabe —, in unserem Programm gemeinsam auch mit den Liberalen, die aus Ländern stammen, in denen diese Strafe noch existiert, zu vereinbaren, daß wir eine solche Strafe in ganz Europa abschaffen wollen.
    Wir sind uns auch in Fragen der Rechtsordnung im übrigen in Europa mit anderen Liberalen einig, während Sie sich mit Ihren konservativen Kollegen über Fragen des Radikalenerlasses sicher uneinig sind. Das Thema hat ja eine Rolle gespielt. Es gibt sogar schon CDU-Europapolitiker, gar keine unmaßgeblichen früheren Landesminister, die die Forderung aufstellen: Europäisiert den Radikalenerlaß! Sorgt dafür, daß überall in der Europäischen Gemeinschaft der Erlaß so, wie er bisher praktiziert worden ist, Eingang findet in die Praxis bei Einstellung von Beamten!
    Abgesehen davon, daß diese Äußerung eine fundamentale Unkenntnis auch konservativer Parteien in der Europäischen Gemeinschaft verrät — denn nicht mal einem Gaullisten oder irgendeinem britischen Konservativen würde es im Traum einfallen, diese Erfindung deutscher Gründlichkeit in seinem Lande einzuführen —, abgesehen also davon, daß man dafür überhaupt kein Verständnis findet, auch nicht bei europäischen Konservativen, steckt dahinter eine fundamental. andere Auffassung vom Staatsbürger und vom Verhältnis des Staates zum Staatsbürger auch in seiner Funktion als Angehöriger des öffentlichen Dienstes.
    Ich will Ihnen dazu folgendes sagen, weil das auch ein bundesrepublikanisches Problem ist, das heute hier angesprochen wurde : Wer die Abschaffung der Regelnachfrage beim Verfassungsschutz als einen Rückschritt empfindet, wer glaubt, daß durch die Regelnachfrage das Bewußtsein des Staatsbürgers gegenüber seinem Staat im Sinne von mehr demokratischem Vertrauen verbessert werden kann, der übersieht — und das ist unsere liberale Auffassung dazu —, daß man damit gleichzeitig allen Leuten, die sich für den öffentlichen Dienst bewerben, von vornherein einmal unterstellt, sie könnten ein Staatsfeind sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Althammer [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)

    Wer ein derartig fundamentales Mißtrauen seinen Bürgern gegenüber hat, soll sich dann nicht wundern, daß er keinen Widerhall findet, auch bei denen nicht, die wie wir dafür sorgen wollen, daß Extremisten nicht in den Staatsdienst kommen; denn das wäre die falsche Debatte.
    Wir haben . bei verschiedenen Gelegenheiten gesagt: Ein Extremist, jemand, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung für sich nicht akzeptiert, darf nicht in den Staatsdienst und hat im Staatsdienst nichts zu suchen. Darüber gibt es überhaupt keine unterschiedliche Auffassung. Der einzige Unterschied ergibt sich bei der Frage, wie man dies feststellt.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie behaupten, allein die Parteizugehörigkeit eines solchen Bewerbers sei ja schon eine klare Sache, dann darf ich Sie daran erinnern, daß Sie sich mit dieser Auffassung in einem fundamentalen Gegensatz zu unserem Verfassungsgericht befinden. '

    (Spranger [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht!)

    Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Das kann ein Anhaltspunkt sein. Wenn ein solcher Anhaltspunkt vorliegt, kann man sehr .wohl einen solchen Bewerber näher untersuchen und prüfen und ihn betragen auf seine Einstellung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung hin. Das schließt ja niemand aus. Da brauchen Sie auch keine. Schnüffelpraxis einzuleiten. Aber allein schon die Mitgliedschaft zum entscheidenden Kriterium zu machen, das entspricht ja nicht einmal der Auffassung, die das Bundesverfassungsgericht bisher hierzu vertreten hat.

    (Zuruf des Abg. Dr. ' Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Jobst [CDU/ CSU])

    Wir haben natürlich auch bezüglich der Fragen der Wirtschaftsordnung, die im Kölner Programm abgehandelt werden, unsere unterschiedlichen Auffassungen zur SPD.
    In diesem Kölner Programm hat die SPD die Forderung aufgestellt — sie wurde hier vom Bundeskanzler wiederholt —, ein langfristiges Ziel sei die 35-Stunden-Woche. Die erste Frage,, die hier zu stellen ist, lautet: Ist die Verknüpfung dieser Forderung mit der Hoffnung richtig, daß sich bei , Einführung der 35-Stunden-Woche die Arbeitslosigkeit verringert, weil die vorhandene Arbeit gerechter verteilt werden kann? Der Bundeskanzler hat hier, wenn ich ihn richtig verstanden habe, gesagt, diese Hoffnung habe er nicht. Wir haben diese Hoffnung auch nicht, meine Damen und Herren.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wir auch nicht!)

    Aber die SPD hat diese Hoffnung. Die SPD hat in ihrem Kölner Programm diese Frage in Verbindung gebracht mit einer gerechteren Verteilung der Arbeitszeit, sprich: mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
    Wir halten diese Forderung zum jetzigen Zeitpunkt für einen politischen Unsinn, weil sie nämlich Hoffnungen erweckt, die diese Verknüpfung mit einer Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gar nicht erfüllen kann. Mit der Einführung der 35-StundenWoche werden Sie nicht einen einzigen Arbeitslosen weniger haben, sondern eher mehr.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU)

    Zweitens. Ich glaube, daß mit der Einführung der 35-Stunden-Woche auch ein anderer Fehler gemacht wird, der für die Zukunft vielleicht sehr viel schwerwiegender ist, und zwar ist das der Fehler, daß man die Arbeit nach einer Reihe von Tätigkeiten bemißt, bei denen heute eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 oder weniger Stunden in der Woche sogar höchst angebracht wäre, mit dem generellen Charakter, den Arbeit heute hat. Meine Fraktion und ich sind dafür, daß die Regelarbeitszeit



    Dr. Bangemann
    überall dort, wo Arbeit unmenschlich ist, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen geleistet wird, unterschritten wird, daß das Mittel der Arbeitszeitverkürzung überall dort, wo Arbeit wirklich noch ein Inhumanum, etwas Unmenschliches, darstellt, angewandt werden sollte. Wir wenden uns aber dagegen, daß das ein Allheilmittel ist. Es gibt schließlich auch andere Arbeit. Es gibt inzwischen einen Widerspruch zwischen Teilen der Arbeitenden, nämlich den Widerspruch, daß ein großer — noch wachsender Teil — eine zunehmende Wochenarbeitszeitverkürzung genießen kann, während der Rest dafür dann erheblich länger arbeiten muß. Es gibt inzwischen einen sozialen Widerspruch zwischen jemandem, der in einem großen Betrieb in abhängiger Stellung beschäftigt ist, und einem kleineren oder mittleren Selbständigen, der im .Grunde genommen; volkswirtschaftlich gesehen, mehr Arbeitslast übernehmen muß, während die Arbeitslast auf der anderen Seite geringer geworden ist. Diesen sozialen Widerspruch sollte man nicht noch größer werden lassen.

    (Beifall bei der FDP)

    Im SPD-Programm findet sich des weiteren die Forderung nach der Investitionsanmeldung. Ich sage Ihnen hier ganz klar für meine Partei und meine Fraktion: Diese Forderung kann nicht nur das nicht leisten, was man sich von ihr verspricht sondern sie kann ein Weg in eine Wirtschaftsordnung sein, die wir, die Liberalen, nicht wollen. Wir wollen nicht ein bürokratisiertes, zentral gelenktes System, in dem am grünen Tisch entschieden wird, ob eine Investition volkswirtschaftlich erwünscht ist oder nicht.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Begründung, die die SPD in diesem Programm dafür angeführt hat — nämlich der Verweis auf die Montanindustrie —, sticht ja überhaupt nicht. Hier wird aber ausdrücklich auf die Montanindustrie verwiesen. Es ist wahr, die Montanindustrie muß seit dem Montanvertrag ihre Investitionen anmelden. Hat das jetzt einen einzigen Arbeitsplatz gerettet, als die Stahlindustrie in die Krise kam? Hat das eine einzige zusätzliche Möglichkeit- geschaffen, diese Krise zu bekämpfen?

    (Beifall bei der FDP)

    Ich sage: Nein, diese Investitionsanmeldung hat überhaupt nichts bewirkt, kein. Stück! Deswegen können wir uns nicht dafür begeistern und müssen dies ablehen.
    Ich komme auf einen weiteren Gegensatz zu sprechen, der eine große Rolle gespielt hat, auch bei der Aufstellung von Kandidaten, nämlich zu der Frage, welche Rolle die Verbände und die Gewerkschaften in unserem Lande spielen sollen. Ich nehme die Verbände ausdrücklich mit hinein, weil ich glaube, daß es eine Verkürzung des Problems wäre, hier nur von den Gewerkschaften zu reden. Die Gewerkschaften sind ein Verband mit einem besonderen Interesse, vergleichbar anderen Verbänden, die auch jeweils ihr besonderes Interesse vertreten. Die Frage lautet nicht: Kann ein Gewerkschaftsmitglied auch Mitglied einer politischen Partei sein und für diese Par-
    tei kandidieren? Letzteres ist selbstverständlich. Es wäre unsinnig, jemandem in einer Gewerkschaft dies verwehren zu wollen, denn insoweit erfüllen Gewerkschaften natürlich auch eine politische Aufgabe, und jemand, der in einer Gewerkschaft tätig ist, wird sich nicht damit begnügen wollen, politisch abstinent zu sein und keine parteipolitischen Überlegungen anzustellen.
    Die Frage lautet vielmehr: In welchem Verhältnis steht der Vorsitz in einer solchen Partei oder im Deutschen Gewerkschaftsbund zu einer Mitgliedschaft in einer parlamentarischen Körperschaft? Ich kann verstehen, -daß es, wenn man dieses Problem abstrakt behandelt, vielen nicht einleuchtet, ,daß hier eine Inkompatibilität, eine Unvereinbarkeit der Am-ter vorliegt. Deshalb will ich Ihnen dies an einem praktischen Beispiel aufzeigen. Ich möchte allerdings gleich hinzufügen, daß dieses Beispiel nicht für alle Gewerkschaftsvorsitzenden gilt. Man hat mir gesagt — ich habe das nicht selbst miterlebt —, daß der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie, als er Mitglied des Bundestages wurde, seine -Funktion als Vorsitzender dieser Gewerkschaft nicht mehr weiter wahrgenommen hat.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht!)

    Ich will Ihnen am Beispiel des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes zeigen, in welche Interessenkonflikte er unweigerlich kommen wird.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das brauchen wir nicht gerade win Ihnen zu hören!)

    Die SPD hat in ihrem Kölner Programm auch sehr gute und vernünftige Aussagen,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Wie nett!)

    die wir unterstreichen. Ich habe bisher nur dasjenige hervorgehoben, was uns trennt. In dem Programm findet sich z. B. die vernünftige Aussage, daß sich die SPD uneingeschränkt für den Beitritt Spaniens, Griechenlands und Portugals ausspricht, weil es darum gehe, die Demokratien in diesen Ländern zu stärken. In dem Programm des SPD heißt es wörtlich — ich zitiere —:
    Es
    — das demokratische Europa —
    ist aufgerufen, den Beweis für seine Solidarität mit den Arbeitnehmern dieser Länder zu erbringen.
    Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion unterschreibt diesen Satz voll. Für uns ist der Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals, vor allen Dingen auch die zukünftige Stellung der Arbeiter dieser Länder, eine Frage europäischer Solidarität.
    Ich aber frage Sie jetzt: Wie läßt sich damit der Ausspruch von Herrn Vetter vereinbaren — den ich verstehen kann, soweit er ihn in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des DGB gemacht hat —, daß die griechischen Arbeiter natürlich nicht die gleichen Freizügigkeitsrechte genießen könnten; denn das würde die Arbeitsplätze deutscher Arbeiter gefährden. Die griechischen Arbeiter könnten diese Freizügigkeit nur dann erhalten, wenn sie auch einen



    Dr. Bangemann
    Arbeitsplatz in der • Bundesrepublik nachweisen könnten. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das ist eine Äußerung eines Gewerkschaftsvorsitzenden, die ich verstehe, wenn er sie als Gewerkschaftsvorsitzender gemacht hat, die ich aber nicht verstehen kann, wenn ich sie mit dem vergleiche, was in diesem Programm gefordert wird. In diesen Interessenkonflikt werden Herr Vetter, Herr Loderer, Herr Hauenschild und wer sich sonst noch aufstellen läßt hineingeraten.

    (Zuruf von der SPD: Herr Schnitker!)

    — Und Herr Schnitker; den nenne ich gleich noch mit, damit das nicht so einseitig wird. Ich habe schon gesagt, daß das auch ein Problem für die Verbände ist. Im übrigen schließt das auch Mitglieder der CDU ein.
    Wer diesen Interessenkonflikt nidit sieht, der macht etwas ganz Gefährliches. Er ist dabei, die demokratische Struktur ihrer Gemeinschaft schon im Ansatz zu zerstören; denn wir wollen nicht einen Ständestaat errichten, in dem Sonderinteressen vertreten werden;

    (Beifall bei der FDP)

    wir wollen nicht, daß das Europäische Parlament refeudalisiert wird, sondern das soll ein Parlament der Bürger Europas werden und nicht ein Parlament einzelner Gruppen und Klassen in diesem Lande.

    (Beifall bei der FDP)

    Deswegen werden wir uns dagegen wehren, (Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    nicht, Herr Wehner, weil wir der Meinung sind, daß die Gewerkschaften eine schlechte Rolle spielen.. Ich bin sogar der Meinung, daß die Gewerkschaften bei uns — und Herr Genscher hat das heute hier unterstrichen - im Vergleich zu anderen Ländern eine Rolle gespielt haben, die vielem von dem gerecht wird, was Sie wollen. Ich denke da z. B. an Unabhängigkeit. Manchmal sind sie in Gefahr, das zu verlieren. Das ist aber gar nicht die Frage.
    Vielmehr stellt sich die Frage, welches Verhältnis eine Gewerkschaft, ein Industrieverband, der Handwerksverband oder der Bauernverband zum Europäischen Parlament hat. Im Europäischen Parlament werden Interessen behandelt, die jeden in Europa angehen, ganz gleich, welche soziale Rolle er spielt, ob er nun Arbeitnehmer ist, Arbeitgeber, Hufschmied oder Abgeordneter:

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Hier auch!)

    — Hier auch, natürlich. Deswegen, Herr Schäfer, bin ich genauso dagegen, daß der Vorsitzende einer Gewerkschaft oder eines Verbandes Mitglied des Bundestages ist. Das ist auch eine Verquickung verschiedener Interessen, die nicht auflösbar ist.

    (Widerspruch bei der SPD — Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    — Das mag Ihnen nicht gefallen. Trotzdem müssen Sie das hinnehmen; denn das ist nun mal das,. was wir dazu im europäischen Wahlkampf sagen werden.
    Ich komme zu der Rolle der Kommunisten in diesem zukünftigen Europäischen Parlament und den Erwartungen, die sich daran knüpfen. Hier hat die CDU/CSU-Fraktion heute der SPD den Vorwurf gemacht, sie habe in diesem ihrem Programm zu ihrem Hauptgegner die konservativen Parteien erklärt und nicht, wie das eigentlich angebracht sei, die Kommunisten. Ich frage Sie: Haben Sie das nicht selber hervorgerufen? Wenn die CSU in ihrem Wahlslogan sagt „Freiheit ja, Sozialismus nein",

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann hat sie recht!)

    was ist das denn anderes, als - daß Sie als Ihren Hauptgegner in diesem Wahlkampf die Sozialisten sehen? Dann beklagen Sie sich doch nicht darüber, daß die Sozialisten Sie als ihren Hauptgegner sehen!
    Wer das vermeiden will, wer diese Polarisierung nicht will, der darf überhaupt nicht schwarz-weiß denken

    (Seiters [CDU/CSU] : Der muß blau-gelb denken!)

    und der darf auch im. Zusammenhang mit dem Eurokommunismus die Dinge nicht so einfach sehen, wie das manche unter Ihnen tun.
    Schon gar nicht kann man Abstimmungen im Europäischen Parlament zum Maßstab nehmen. Herr Ehmke hat sich da geirrt: Der jetzige Präsident des Europäischen Parlaments; Colombo, ist nicht mit den Stimmen der Kommunisten gewählt worden. Die Kommunisten haben sich im Europäischen Parlament im entscheidenden Wahlgang der Stimme enthalten, und dadurch kam eine Mehrheit aus Christdemokraten, Konservativen und Liberalen zusammen. Damit Sie aber nicht denken daß das, was da entstanden ist, ein unheiliger Bürgerblock gewesen sei, will ich gleich dazusagen, daß die Gaullisten mit Ihnen, den Sozialisten, gestimmt haben und daß die Sozialisten einen gaullistischen Kandidaten unterstützt haben, nur um die Wahl Colombos zu verhindern.
    Ich kann Ihnen auch noch andere Beispiele nennen, wo wir mit den italienischen Kommunisten, den britischen Konservativen, den Liberalen, den deutschen Christdemokraten und den deutschen Sozialdemokraten den Rest des Europäischen Parlaments niedergestimmt haben. Es gibt dort wechselnde Mehrheiten. Niemand kann, wenn eine kommunistische Partei legalerweise in einem Parlament vertreten ist, der Notwendigkeit entrinnen, sich bei Abstimmungen — ungewollt — plötzlich in einer Gemeinsamkeit mit der kommunistischen Fraktion zu finden. Das ist völlig unvermeidlich; Daraus kann man überhaupt nichts herleiten. Das ist auch gar nicht die entscheidende Frage, sondern die entscheidende Frage ist: Wie bekämpfe ich den Eurokommunismus? Wer diesen Eurokommunismus mit Verboten bekämpfen will, meine Damen und Herren, wer ihn kriminalisieren will, tut ihm einen unendlichen Gefallen. Denn das Programm einer kommunistischen Partei kann noch so schlecht sein: zwei Leute, die durch die Justiz oder, Verwaltung angeblich ungerecht behandelt worden sind, die möglicherweise im Gefängnis sind, ersetzen ein ganzes gutes Programm. Wer einer kommunistischen Partei Märtyrer schafft, hat den



    Dr. Bangemann
    Kampf gegen den Eurokommunismus schon im Ansatz verloren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das gilt übrigens auch hinsichtlich derjenigen, meine Damen und Herren, die glauben, auf eine solche Politik, eine gute, eine bessere Politik verzichten und sie durch Schluderei ersetzen zu können. Es ist doch kein Zufall — das sage ich gerade den Kollegen von der christdemokratischen Fraktion —, daß sich die Italienische Kommunistische Partei bei Wahlergebnissen im Lichte von 30 % sonnen kann. Das liegt nicht daran — um nicht diesen alten Streit wieder aufzugreifen —, daß die Sozialisten die Christdemokraten zwingen, mit den Kommunisten in Italien ein engeres Verhältnis einzugehen, als sie wollen, sondern das liegt schlicht daran, meine Damen und Herren, daß die christdemokratische Partei in Italien es jahrelang versäumt hat, die notwendige Reformpolitik zu betreiben, die nämlich die Schwachen beseitigt hätte, von denen heute die italienischen Kommunisten leben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD) Das ist der schlichte Grund.

    Die SPD sagt nun in ihrem Programm, man müsse hinsichtlich der kommunistischen Parteien unterscheiden, denn es könne ja durchaus die Möglichkeit bestehen, daß sich einige eurokommunistische Parteien zu echten demokratischen Parteien entwickelten. Das hoffen Sie; Herr Ehmke bestätigt das noch einmal. Da er heute offenbar seine nachdenkliche Stunde hat, wie er vorhin gesagt hat, mag das noch etwas an Wert gewinnen. Wenn das so ist, Herr Ehmke, dann müssen Sie aber eine Erklärung darüber abgeben, in welchen Punkten eine kommunistische Ideologie überhaupt zu einer Übereinstimmung mit demokratischen Idealen führen kann. Wir jedenfalls, die Liberalen, wollen den Eurokommunismus politisch aktiv bekämpfen, um ihn da zu minimieren. Wir glauben nicht an eine demokratische Überzeugung, die in diesen Parteien wachsen kann, sondern wir sind der Meinung, daß es einen fundamentalen Unterschied zwischen Kommunismus einerseits und Demokratie andererseits gibt, der auch nicht dadurch aufgehoben wird, daß sich einige eurokommunistische Parteien an Taktik beteiligen.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich komme zu der Frage, was wir brauchen, um diese Politik für die Europäische Gemeinschaft voranzubringen. Zunächst einmal, meine Damen und Herren, brauchen wir ein stärkeres Parlament.

    (V o r sitz : Vizepräsident Frau Funcke)

    Das Europäische Parlament muß seine Befugnisse nach der Wahl ausweiten. Es muß den Ministerrat stärker kontrollieren. Es muß den Ministerrat auch dazu zwingen, politische Arbeit zu leisten. Denn, meine Damen und Herren: Das, was wir heute über das Europäische Währungssystem diskutiert haben, die unterschiedlichen Auslegungen, ist auch ein Versagen des Ministerrates. Denn würde sich der Ministerrat als politisches Organ verstehen, würde er nicht nur diplomatische Erklärungen austauschen, daß man etwas wolle oder nicht wolle, und würde er sich nicht bei politischen Schwierigkeiten vertagen, sondern die politischen Schwierigkeiten wirklich aufgreifen, dann wären solche Fehlinterpretationen von Gipfelbeschlüssen gar nicht möglich. Ich will den europäischen Gipfel oder andere Gipfelgespräche zwar nicht für unnötig erklären, aber sie müssen durch eine aktivere Arbeit des Europäischen Ministerrats besser vorbereitet werden. Wenn diese Arbeit ausbleibt, kann auch ein solcher Gipfel Mißverständnisse hervorrufen, wie wir das erlebt haben.
    Wir brauchen auch ein Parlament, das in der Auseinandersetzung mit den nationalen Parlamenten seine Rolle neu definieren muß. Da sind wir auf Ihr Verständnis angewiesen. Ich hoffe, daß alle Fraktionen dieses Hauses erkennen, daß uns nach dieser Wahl, die wir am 10. Juni haben werden, die schwierigere Wahl bevorsteht, nämlich die Wahl nach weiteren fünf Jahren, wo uns die Bürger unserer Gemeinschaft nicht nach unseren Vorstellungen, sondern nach dem befragen werden, was wir erreicht haben. Wir können das nur erreichen, wenn die nationalen Parlamente solidarisch mit uns an diesem Strang ziehen. Ich hoffe, daß das Hohe Haus diese Notwendigkeit erkennt und uns dabei unterstützt.

    (Anhaltende Unruhe)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, ich bitte um ein bißchen mehr Ruhe für den Redner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin, ich bin gleich am Ende. Ich weiß, daß der letzte Redner vor namentlichen Abstimmungen unter der besonders schweren Last einer Anforderung steht, die aus dem solidarischen Interesse aller Abgeordneten erwächst, ihre Arbeitszeit einigermaßen menschlich zu gestalten. Ich will mich dieser Anforderung nicht entziehen.
    Lassen Sie mich aber noch kurz sagen, daß diese Stärkung des Europäischen Parlaments auch Eingang in die Forderungen der Parteien für den Wahlkampf finden muß. Die SPD hat das in ihrem Kölner Programm klar zum Ausdruck gebracht, nicht in dem gemeinsamen Appell, den sie mit allen Sozialisten formuliert und dem Publikum unterbreitet hat. Das erfüllt uns mit einiger Besorgnis; denn es werden ja in der sozialistischen Fraktion des Europäischen Parlaments nicht nur SPD-Leute sitzen, die bereit sind, die demokratischen Rechte des Europäischen Parlaments auszuweiten, sondern auch Antieuropäer, Labour-Leute, die gegen das ausdrückliche Versprechen gewählt werden, die Europäische Gemeinschaft zu behindern. Ich wünsche Ihnen, Herr Ehmke, daß die nachdenkliche Stunde, die Sie heute haben, europäisiert werden kann und daß ein bißchen mehr Nachdenklichkeit bei Ihren britischen und französischen Parteifreunden einkehrt, damit sie erkennen, daß die Stärkung des Europäischen Parlaments die einzige und wahre Aufgabe der nächsten fünf Jahre sein wird.

    (Beifall bei der FDP)




    Dr. Bangemann
    Wir werden diese Aufgabe vor allen Dingen dann schaffen, wenn wir etwas praktizieren, was zu den liberalen Tugenden gehört. Ich sage nicht „L'Europe sera libérale ou elle ne sera pas", wie das ein Parteifreund von Ihnen umgekehrt für den Sozialismus gesagt hat. Aber ich sage eines, meine Damen und Herren: dies ist eine Gemeinschaft von Minderheiten. Kein Volk, keine Sprache, keine Partei wird in dieser Europäischen Gemeinschaft eine Mehrheit haben. Deswegen wird diese Gemeinschaft nur leben, wenn sie eine liberale Tugend praktiziert, die wir alle praktizieren sollten: Toleranz dem anderen gegenüber, Toleranz Minderheiten gegenüber und das Bekenntnis zu einer pluralen Demokratie, in der unterschiedliche politische Kräfte frei miteinander für eine bessere Lösung ringen können.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)