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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/131 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 131. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10267 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/2404 — Dr. Kohl CDU/CSU 10267 C Wehner SPD 10281 B Mischnick FDP 10290 B Dr. Althammer CDU/CSU 10296 C Dr. Ehmke SPD 10303 A, 10352 B Hoppe FDP 10305 A Schmidt, Bundeskanzler . . . 10306 C, 10342 B Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 10320 D Genscher, Bundesminister AA 10327 B Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . . 10334 C Dr. Marx CDU/CSU 10347 C Dr. Bangemann FDP 10359 A Namentliche Abstimmung 10366 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 8/2405, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10368 B Dr. Bußmann SPD 10371 B Schäfer (Mainz) FDP 10372 A Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 10374 C Vizepräsident Frau Funcke 10369 C Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/2420 — 10376 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 8/2414, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10376 C Stöckl SPD 10378 D Weiskirch (Olpe) CDU/CSU . . . . . 10380 B Möllemann FDP 10383 A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 10386 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 10389 A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/2425 — 10391 C Nächste Sitzung 10391 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10393 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 10267 131. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1979 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. von Aerssen 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Brandt 26. 1. Flämig * 26. 1. Gruhl 24. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Klinker 26. 1. Koblitz 26. 1. Kroll-Schlüter 24. 1. Lange * 25. 1. Dr. Lenz (Bergstraße) 26. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lücker * 24. 1. Luster * 26. 1. Müller (Bayreuth) 26. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Seefeld * 24. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Frau Dr. Walz * 26. 1. Wawrzik * 25. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Das ist in der Tat richtig. Ich glaube nicht, daß es eine Tendenz ist. Richtig ist: Es hat in den letzten vier Jahren mehr Konkurse gegeben als früher. Es gibt in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs eben auch nur dann Konkurse, wenn sich jemand wirklich idiotisch benommen hat. Erst in Zeiten, in denen es wirtschaftlich schlechter geht, zeigt sich, welche Unternehmen solide fundiert sind und welche nicht. Es wird damit auch im Laufe der nächsten Jahre weiterhin so besser werden, wie es im Jahre 1978 schon besser geworden ist. Die Zahlen, von denen Sie reden, sind von abnehmender Tendenz.
    Dann kam ein Punkt, an dem Sie davon sprachen, daß der gegenwärtige Bundeskanzler mit Adenauer verglichen würde. Also, ich vergleiche mich nicht mit ihm, ich nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe Respekt vor seiner Leistung, aber ich weiß auch ganz genau, wie bitter ich manchmal über ihn gedacht und empfunden habe,

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Auch ausgesprochen!)

    und ich habe die Bitterkeiten nicht vergessen. Ich kann mich erinnern, daß mein Freund Wehner von ihm als von „politischem Urgestein" geredet hat. Vielleicht war es auch umgekehrt, daß Adenauer von Wehner als von „politischem Urgestein" ge-



    Bundeskanzler Schmidt
    sprochen hat. In beiden Fällen wäre es zutreffend gewesen. Ich habe Respekt vor dem Urgestein Adenauer. Aber ich bin es doch nicht, der sich mit ihm vergleicht. Es ist doch Herr Kohl, der sich dauernd als Adenauers Nachfolger bezeichnet!

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Von mir haben Sie dergleichen nicht gehört; ich fand es ein bißchen abseits der Gedankenführung, die sonst bei Ihnen ja ganz stringent war.
    Sie haben gemeint — unter Anführung von Zitaten aus früheren Reden von mir —, ich hätte, was Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung angeht, die nicht in den öffentlichen Dienst gehören, meine Meinung geändert. Ich habe meine Meinung nicht geändert.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Natürlich haben Sie sie geändert!)

    — Ich habe sie nicht geändert, Herr Kohl.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Natürlich haben Sie sie im Verhältnis zu 1972 geändert!)

    — Lieber Herr Kohl, wenn Sie von 1972 reden, muß ich noch einmal sagen, daß mein persönlicher Rat 1972 der gewesen ist, sich auf das geltende Beamtenrecht und auf die dazu ergangene Rechtsprechung zu beschränken. Ich habe meine Meinung nicht geändert.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wo kann man das nachlesen?)

    — Das kann man nicht in einer veröffentlichten Quelle nachlesen. Denn ich war damals Mitglied eines Kabinetts, das gemeinsam mit den elf Ministerpräsidenten der Länder diese Beschlüsse gefaßt hat, und es war nicht üblich — es ist Gott sei Dank auch heute nicht üblich — daß Kabinettsminister ihre abweichende Meinung öffentlich bekanntmachen. Aber ich muß es dann so einmal sagen dürfen, zu Protokoll des Bundestages.
    Ich bin allerdings heute sehr stark von Fehlentwicklungen beeindruckt, die es in den Jahren seit 1972 gegeben hat. Ich sage noch einmal: Man hat — leider! — Tausenden, vielleicht sogar Zigtausenden junger Menschen das Gefühl gegeben, sie seien in Verdacht, man forsche sie aus — ein in weitaus der größten Zahl der Fälle objektiv falsches Gefühl. In Wirklichkeit wird doch bei der Regelanfrage gar niemand überprüft. Es wird nur in der Kartei nachgesehen, ob er zufällig drinsteht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eben! Dann muß man die Leute aufklären!)

    Man hat also vielen jungen Menschen das falsche Gefühl — aber subjektiv sehr bittere Gefühl und von uns ernst zu nehmende subjektve Empfinden — gegeben, sie seien in Verdacht, man forsche sie aus. Deswegen bin ich der Meinung, der ich schon früher gewesen bin — ich bin j a auch einmal Innenminister gewesen, wenn auch eines sehr kleinen deutschen Bundeslandes —, der ich immer gewesen bin: Wenn jemand abgelehnt wird, muß gezeigt werden können — notfalls vor Gericht —, daß er auf Grund von konkretem Handeln nicht die Gewähr bietet, daß er
    jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, für den Kernbestand des Grundgesetzes eintritt.
    Ich füge für Herrn Barzel — er sprach von innerdienstlichem und außerdienstlichem Verhalten — noch einen Satz hinzu. Ich habe mich in meiner vorigen Rede bei diesem Punkt etwas undeutlich ausgedrückt und mache es jetzt deutlicher: Ich habe z. B. dafür gesorgt, daß die Übertreibung in die umgekehrte Richtung — der Pendelrückschwung — nicht stattgefunden hat, daß man etwa — einige haben das für richtig gehalten, ich habe das für falsch gehalten; das steht deshalb in den Beschlüssen der Bundesregierung auch nicht drin — zwischen dem, was er im Dienst tut, wo er anständig seine Pflicht tut, und dem unterscheidet, was er außerhalb des Dienstes tut, wo er gegen den Kernbestand des Grundgesetzes oder gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeitet, vielleicht sogar mit Gewalt. Ich war nicht der Ansicht derer, die glaubten, daß das voneinander zu trennen sei. Das finden Sie auch in unseren heutigen Beschlüssen nicht. Insofern haben Sie, glaube ich, die Sache nicht ganz korrekt zitiert oder nicht ganz erfaßt. Es wird ja morgen zu diesem ganzen Komplex beim Einzelplan des Innenministeriums noch einmal eine Spezialdebatte geben. Herr Bundesminister Baum wird dazu Stellung nehmen.
    Dann kam die Deutschlandpolitik. Es ist nicht fair, zu sagen, wir hätten „Durchbrüche" angekündigt. Ich habe dergleichen nicht getan. Von mir stammt dieses Wort nicht. Ich weiß nicht, ob es jemand benutzt hat. Ich jedenfalls habe es nicht benutzt, die Bundesregierung hat es nirgendwo benutzt.
    Konkretisiert haben Sie den Vergleich zwischen der angeblichen Ankündigung eines „Durchbruchs" und dem tatsächlich Erreichten. Exemplifiziert haben Sie das an dem Beispiel der Transitpauschale. Da haben Sie zur Hälfte recht. Sie haben recht, wenn Sie sagen: Ihr hattet einmal eine Korrekturklausel, danach hättet ihr eigentlich etwas zurückfordern können; jetzt habt ihr aber nicht etwas zurückgefordert, sondern einen neuen Vertrag gemacht, und zwar ohne Korrekturklausel. Das ist der richtige Teil dessen, was Sie vorgetragen haben. Sie haben auch noch recht, wenn Sie darauf hinweisen, daß das neue Transitabkommen auf zehn Jahre, bis 1989, abgeschlossen ist. Aber das, was Sie verschweigen, ist, daß dadurch — erstmalig — auf zehn Jahre ein Vertragsinstrument geschaffen ist, das ja nicht nur uns hinsichtlich der Zahlungen, sondern auch die Deutsche Demokratische Republik bindet, zehn Jahre lang bindet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ob dann, Herr Dr. Barzel, am Ende der zehn Jahre der Verkehr, was ich annehme, nicht wesentlich stärker als heute sein wird, sowie der Verkehr überall auf der Welt wächst, und dann hinterher die Rechnung, die Sie vorhin angedeutet haben, in Wirklichkeit zu unseren Gunsten ausgeht, das können im Augenblick weder Sie noch ich entscheiden. Ich bitte Sie nur, anzuerkennen, daß zu den Zeiten, wo Sie gesamtdeutscher Minister waren oder an-



    Bundeskanzler Schmidt
    dere christdemokratische Kollegen in jenem Amt oder in der Regierung tätig waren, -es eine auf zehn Jahre festgelegte beiderseitige Pflicht, was den Transitverkehr angeht, zugunsten Berlins nie gegeben hat. Das ist in der Tat ein großer Fortschritt

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Bundeskanzler, das ist doch unvergleichbar! Damals hatten wir doch die Konzession der Anerkennung der DDR als Staat noch nicht geleistet. Diehatten damals auch Sie abgelehnt !)

    — Also, Herr Mertes gibt zu, daß das eine neue Sache sei, ein Fortschritt, und er sagt, das hängt eben damit zusammen, daß wir die DDR als Staat behandeln, während Sie das abgelehnt haben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Nein, so habe ich es nicht gesagt!)

    Das war es ja. Weil Sie keine Einstellung zu dem. Problem des Nebeneinander und schließlich Miteinander der beiden deutschen Staaten fanden,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie haben mich falschzitiert!)

    deswegen haben Sie nichts erreichen können. (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dann hat sich Herr Dr. Barzel unter Einbeziehung der geschichtlichen. Figur Bismarcks über Gleichgewichtspolitik in Europa geäußert. Herr Barzel, Sie haben richtig vermutet: weder habe ich was zu tun mit dem Bismarck des Kulturkampfes noch habe ich was am Hut mit dem Bismarck des Sozialistengesetzes. Ich füge hinzu, ich habe auch nichts mit dem Bismarck der Emser Depesche zu tun, der den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich mutwillig ausgelöst hat. Ich habe auch nichts zu tun mit demjenigen, der den Krieg zwischen Preußen und Osterreichere und anderen Deutschen geführt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber ich habe mir im Laufe des letzten Jahres zweimal die Freiheit genommen, auf eine Leistung Bismarcks hinzuweisen, und zwar weil ich weiß, daß. es unter Ihrem Anhang, den Sie selbst für „bürgerlich" halten, Wähler der deutschen politischen Palette, Menschen gibt, denen die Figur Bismarcks immer noch eine ganze Menge sagt. Um jene zu interessieren, habe ich mir erlaubt, darauf hinzuweisen, daß in der Tat zu Bismarcks Gleichgewichtspolitik, einer erfolgreichen Gleichgewichtspolitik von 1871 bis zu seinem Abgang, immer eine gehörige Einbeziehung der Interessen des damaligen zaristischen Rußland gehört hat.
    Nun sagen Sie, das könne man mit der Sowjetunion nicht vergleichen. Zum Teil kann man es vergleichen, zum Teil kann man es nicht vergleichen. Die geopolitische, die geostrategische Lage ist die gleiche geblieben. Allerdings hat sich die Sowjetunion inzwischen fast wieder genauso weit in Richtung auf das Zentrum Europas ausgedehnt, wie das zaristische Rußland einmal gereicht hat und darüber hinaus dann auch noch über die Grenzen gegriffen,
    Grenzen verschoben und hat Truppen auf anderem Boden stehen.
    Die Kritik, die Sie in diesem Zusammenhang an der deutschen Außenpolitik von heute äußern, ist nun gleichzeitig eine Kritik an der gemeinsamen Entspannungspolitik und der gemeinsamen Bündnispolitik und der gemeinsamen Abrüstungspolitik der westlichen Staaten insgesamt. Sie machen sich, glaube ich, manchmal einen Popanz zurecht, indem Sie sich' vorstellen, daß die außenpolitischen Denker in Paris oder in London oder in Washington so dächten wie der Arbeitskreis der CDU/CSU; das ist ein Irrtum.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es wäre auch ein Irrtum — den haben Sie nicht nahelegen wollen, aber ich will ihm vorsichtshalber begegnen —, als ob es unsere deutsche Pflicht sei, innerhalb dieses westlichen Kreises von Staaten nun zu missionieren und zu Politiken zurückzukehren, wie sie etwa zu Zeiten von John Foster Dulles — damals mit Zustimmung der deutschen Bundesregierung — getrieben worden sind. Das kann nicht unsere Aufgabe sein.
    Wir sind eine mittlere Macht. Wir sind keine nukleare Macht. Wir dürfen, Herr von Weizsäcker, nicht den Anschein erwecken — auch Redner der Opposition nicht, zwar nicht Sie, wohl aber z. B. Herr Wörner —, als ob wir unsererseits nukleare Entscheidungen des Westens herbeizwingen wollten. Und um Herrn Barzel zu zitieren: Wir — jedenfalls wir beide gemeinsam — wollen keinen „Hauch" von nuklearer Macht im Zusammenhang mit der Bundesrepublik Deutschland entstehen lassen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

    Wir müssen aber nicht nur dies vermeiden, sondern auf der' anderen Seite auch vermeiden, daß wir innerhalb des Bündnisses, innerhalb des Westens in eine singuläre, in eine einzigartige Lage gebracht werden, in eine Lage, die von der aller übrigen Bündnispartner verschieden wäre. Ich führe das nicht weiter im Détail aus, weil ich annehme, daß zum Einzelplan 14 noch gesprochen wird und daß darüber auch debattiert wird, wenn die beiden Großen Anfragen aller drei Fraktionen zur Sicherheitspolitik zur Sprache kommen werden.
    Die Bundesrepublik Deutschland darf sich politisch-strategisch nicht in eine einzigartige, in eine singuläre Rolle begeben, sondern muß innerhalb des Bündnisses nur eine solche Rolle, eine solche Aufgabe wahrnehmen wie andere Staaten auch. Ebenso darf das Bündnis nicht auf eine im Kern amerikanisch-deutsche Angelegenheit mit einigem Drumherum reduziert werden. Auch das könnte auf die Dauer weder unserer Sicherheit noch dem Erfolg unserer auf Frieden gerichteten Außenpolitik nützlich sein.
    Dann aber, wenn Sie, Herr Barzel, von Afghanistan reden — oder vom Südjemen oder von Äthiopien; Sie hätten solche Länder auch noch nennen können —, muß die Rückfrage lauten: Meinen Sie wirklich — ich weiß nicht, ob ich das heraushören soll-
    10346 Deutscher Bundestag -8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979
    Bundeskanzler Schmidt
    te —, daß man SALT II oder das Viermächteabkommen aufgeben sollte, weil sich die Sowjetunion z. B. in den drei eben genannten Ländern in einer entspannungswidrigen Weise engagiert hat? Ich glaube nicht, daß Sie das empfehlen wollten.
    Ich muß Ihnen jedenfalls sagen, daß ich sehr wohl sehe, was_ in solchen Teilen der Welt stattfindet. Ich sehe auch, daß in Kambodscha ein Stellvertreterkrieg stattfindet und daß die beiden Vormächte zwei kommunistische Großreiche sind, die zwei lokale kommunistische Regierungen gegeneinander kämpfen lassen. Ich kann meine Sympathie dabei schwer auf die eine oder die andere Seite legen. Ich finde jeden, der in ein anderes Land eindringt, verurteilenswürdig. Aber ich muß Ihnen sagen, ich fand auch die bisherige Pol-Pot-Regierung in Kambodscha entsetzlich und unmenschlich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das fanden wir alle I)

    Wenn wir alle darin übereinstimmen, so kann der Rückschluß daraus doch nicht heißen: Deswegen, weil das so ist, weil das in Kambodscha so passiert, wollen wir nun auch in unserem Teil der Welt, in Europa, das, was wir an Brücken gebaut haben aufgeben — und dazu gehört das Viermächteabkommen als eine Brücke der Verständigung, des Modus vivendi, wie man in puncto Berlin sicher miteinander leben kann. Deswegen haben z. B. Giscard und Callaghan und ich nicht nur in vertraulicher Beratung, sondern anschließend auch öffentlich gesagt: Wir treten dafür ein, daß SALT II bald abgeschlossen, bald paraphiert und auch auf beiden Seiten zügig ratifiziert wird.
    Sie haben den Eindruck erweckt, als ob ich bei unseren außenpolitischen Vorstellungen die Bündnisseite vergäße. Sie haben aus einer Rede zitiert; eine andere und die dritte und die vierte Rede haben Sie weggelassen. Man kann nicht bei jeder einzelnen Rede einen vollständigen Brockhaus der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik liefern, Herr Barzel.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wissen ganz genau — und nur für den Notfall wiederhole ich es hier —, daß wir davon ausgehen, den Rückhalt der Europäischen Gemeinschaft genauso zu brauchen wie den Rückhalt des Bündnisses. Sie hätten daran, daß die Europäische Gemeinschaft, die ja nun kein militärisches Bündnis darstellt, sondern ein wirtschaftliches, das sich darüber hinaus zu einer größeren politischen. Einheit entwickeln soll und sich bemüht, Brückenfunktionen auszuüben, weniger Zweifel, wenn Sie mit einem Franzosen sprächen, als wenn Sie hier im Deutschen Bundestag argumentieren, und zwar unabhängig davon, ob es ein Gaullist oder ein französischer Kommunist wäre.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das war aber interessant!)

    — Ja, es ist doch aber wahr, Herr Mertes! — Man muß nun innerhalb des Bündnisses und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft die deutsche Rolle bei aller relativ gewachsenen Bedeutung nicht übertreiben.
    Moderator seien wir, haben Sie gesagt, aber Motor sollten wir eigentlich sein. Ich sage Ihnen hier mit Vorsicht und Zurückhaltung, daß wir mit dem Drängen auf gesamteuropäische Wahlen, ausgeübt im Laufe letzten Jahre — das war sehr weitgehend deutsches Drängen, das schließlich zu dem gemeinsamen Beschluß geführt hat —, und mit dem Drängen auf ein Europäisches Währungssystem — auch das war zu einem erheblichen Teil deutsches Drängen — die öffentliche Meinung in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bis an den Rand ihrer Belastbarkeit gefordert haben. Noch mehr wäre weder in England noch in Frankreich gutgegangen. Deswegen darf man es mit der Motorrolle, von der Sie sprechen, nicht übertreiben.
    Was das Europäische Währungssystem angeht, so war im übrigen _der Beschluß des Europäischen Rates in dem Punkt lange und, wie wir dachten, eindeutig erörtert. Der Europäische Rat ist davon ausgegangen, daß die Regelung am 1. Januar in Kraft treten würde. Niemand hat angenommen, daß • die bereits damals textlich ausgearbeitete Direktive der Europäischen Kommission ein paar Tage' später in einem Ministerrat nicht angenommen werden würde. Das ist vielmehr eine nachträgliche Entwicklung gewesen. Ich will sie hier nicht dramatisieren, weil ich die Hoffnung und die Zuversicht habe,, daß die Sache bereinigt werden kann. Sie ist nicht nur zwischen Deutschland und Frankreich zu regeln, da spielen auch England und andere Staaten eine Rolle. Da spielt die Kommission mit ihren agrarpreispolitischen Vorstellungen eine Rolle. Unter „Erfolgszwang" stehen wir • als Vertreter deutscher Interessen höchstens indirekt, Herr Barzel. Das Europäische Währungssystem wird ja nicht zum deutschen Interesse veranstaltet, sondern im gemeineuropäischen Interesse!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie gesagt haben: Wir können auf all diesen Feldern nicht führen wollen, sondern bestenfalls beitragen — so habe ich Sie in Erinnerung —, und zwar auf dem Felde der Verteidigung, auf dem Felde der Sicherheit durch Rüstungskontrolle, auf dem Felde der Diplomatie, auf dem Felde der Hilfsbereitschaft; die Finanzen gehören auch immer dazu. Ich stimme mit Ihnen darin überein.
    Sie haben gesagt, ich hätte mich auf die Briefe aus Moskau nicht klar genug geäußert. Ich habe den Protokolltext vor mir liegen. Ich will in Ihre Erinnerung zurückrufen, was ich dazu gesagt habe. Ich habe wörtlich gesagt:
    Wir sind dabei, die Antworten auf die Briefe,. die wir bekommen haben, vorzubereiten. Ich denke, es steht einem großen Waffenexporteur
    nicht gut an, anderen Ratschlägen zu erteilen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie werden verstehen, daß dies bei den Usancen des diplomatischen Verkehrs für eine öffentliche Rede, im deutschen Parlament gehalten, von ausreichender Klarheit ist. Es gibt, wie ich denke, von Ihrer Seite daran in Wirklichkeit nichts zu monieren.



    Bundeskanzler Schmidt
    Sie haben zum Schluß von Persien gesprochen. Da sind unsere Hilfsmöglichkeiten im Augenblick sicherlich beschränkt. Es handelt sich ganz offensichtlich um eine innere Entwicklung. Man kann im Interesse des persischen Volks, seiner und unserer und anderer Volkswirtschaften nur hoffen, daß der Staat und die Wirtschaft dort bald wieder funktionstüchtig werden.
    Sie haben vom Nahen Osten gesprochen. Sie haben recht: Es gibt die Notwendigkeit einer Intensivierung des Kontakts mit den islamischen Völkern und Staaten. Ich darf Ihnen sagen, daß ich im Laufe von weniger als zwölf Monaten viermal persönlich z. B. mit dem Außenminister von Saudi-Arabien gesprochen habe, mit dem Präsidenten Sadat, mit dem Kronprinzen Fand von Saudi-Arabien, mit dem König von Jordanien, mit dem Präsidenten von Syrien, mit dem Präsidenten des Sudan.
    Ich weise Sie auf die vielfältigen Aktivitäten unseres Außenministers und die breiten Berührungsflächen hin, die die Europäische Gemeinschaft mit der Arabischen Liga und deren Mitgliedstaaten im Laufe der letzten Jahre zustande gebracht hat. Dabei spielen die deutsche Diplomatie und die deutsche Außenpolitik eine wesentliche Rolle.
    Ihre Anregung, auch den geistigen Austausch mit der islamischen Welt stärker zu fördern, halte ich für richtig. Aber es ist nicht so, als ob wir auf dem Feld bisher nichts getan hätten. Das Gegenteil ist wahr.
    Mit Recht haben Sie die Türkei erwähnt. Wir haben die Absicht, eine internationale solidarische Hilfe zustande zu bringen. Wir haben dabei sozusagen die Federführung dafür übernommen, daß sie zustande gebracht wird. Wir sehen das Problem ähnlich wie Sie. Allerdings möchte ich nicht, daß dabei die Probleme völlig übersehen werden, die zwischen der Türkei und Griechenland, in der Ägäis und in Zypern bestehen. Griechenland wird ja demnächst unser engerer Partner in der Europäischen Gemeinschaft werden.
    Aber ich stimme Ihnen zu: Die steigende Bedeutung Deutschlands verpflichtet uns zu einem steigenden Beitrag, geistig, politisch, auch finanziell.
    So groß, wie es bei den von Ihnen vorhin aufgezählten Punkten schien, sind offenbar die Differenzen zwischen dem, was Sie vorgetragen haben und dem, was ich zu antworten habe, nicht. Sie sind jedenfalls nicht so groß, wie es bei anderen Rednern Ihrer Fraktion schien.
    Ich habe Anlaß, mich für den sehr konkreten Beitrag des Herrn Dr. Barzel in dieser Debatte ausdrücklich zu bedanken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir einige Bemerkungen zur Geschäftslage.
Wir haben noch drei Redner zum Einzelplan 04: Dr. Marx, Dr. Ehmke und Dr. Bangemann. Danach würde — wenn nicht weitere Wortmeldugen vor-
liegen — die namentliche Abstimmung zum Einzelplan 04 erfolgen.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß heute auch noch eine namentliche Abstimmung über Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — erfolgt, damit sich alle Kollegen darauf einrichten können.
Herr Dr. Marx, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Marx


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, aus der Diskussion, die Sie soeben mit dem Kollegen Barzel geführt haben, möchte ich einen einzigen Punkt noch einmal aufnehmen. Ich möchte gerne den einen Satz aufnehmen, in dem Sie sagten, Herr Barzel habe dort, wo er sehr konkret auf das neue Abkommen mit der DDR zu sprechen kam, nur die halbe Wahrheit gesagt. Dies ist ein Vorwurf, der nicht richtig ist.
    Ich würde sogar gerne noch, Herr Kollege Barzel, ergänzen und sagen: Wenn jetzt ein neuer Vertrag bis 1989 abgeschlossen worden ist, dann ist dies ein Vertrag, dem die Korrekturklausel fehlt. Es kann durchaus sein, daß die DDR, die natürlich als Partner gebunden ist, sich an den Inhalt des Abgeschlossenen zu halten, gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich der Besuchsmöglichkeiten macht. Dann sind wir, weil wir keine Korrekturklausel mehr haben, trotzdem gezwungen, die jetzt festgelegte besonders hohe Zahl an DM-Leistungen jährlich an sie zu überweisen.
    Ich möchte gerne, Herr Außenminister, zwei Fragen, die Sie gestellt haben, in aller Kürze beantworten. Ihre erste Frage lautete, ob wir uns denn nicht an der Diskussion um eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung beteiligen wollten. Natürlich — das wissen Sie doch — beteiligen wir uns schon die ganze Zeit daran.
    Aber das entscheidende Thema ist doch: Was ist gerecht? Was verstehen die einzelnen darunter? Was sind unsere Kriterien dabei? Weil es da offensichtlich zwischen uns und einigen Mitgliedern der Gruppe der 77 erhebliche Definitionsschwierigkeiten und Unterschiede gibt, können wir eben nicht einer nicht klaren und unpräzisen Darstellung unser Jawort geben. Wir müssen die Diskussion weiterführen. Wir ermuntern die Bundesregierung, dies auch ihrerseits, wenn es geht, mit uns zu tun.
    Sie haben zweitens gefragt, ob wir uns an dem sehr interessanten französischen Abrüstungsvorschlag beteiligen würden, der eine Abrüstung vom Atlantik bis zum Ural vorsieht. Nun, Sie wissen, wir werden in Kürze in diesem Hause über all diese Themen im einzelnen sprechen. Wir werden diesen Vorschlag genau studieren müssen und, Herr Kollege Genscher, wir werden ihn natürlich auch im Zusammenhang mit all dem diskutieren, was wir mittlerweile aus Wien hören, wo die Verhandlungen über MBFR ja zögernd, aber ständig weiterlaufen.
    Was ich aber gerne, Herr Bundesaußenminister, in Ihrer Darlegung zu Ihrem Haushalt gehört hätte,



    Dr. Marx
    das sind doch die Beurteilungen der Bundesregierung zu den entscheidenden politischen Problemen, wie wir sie seit einigen Monaten mit besonderer Bedrängnis erleben. Ich hätte zum Beispiel gern gewußt: Wie beurteilt die Bundesregierung den chinesisch-japanischen Vertrag, der sicher eine wichtige nicht nur politische, sondern auch psychologische Öffnung für China gewesen war? Ich hätte gern in diesem Hause gehört: Wie beurteilt die Bundesregierung das neue Verhältnis der Vereinigten Staaten zu Peking? Denn ohne jeden Zweifel handelt es sich dabei um ein Ereignis von wahrhaft geschichtlichem Ausmaß. Wir hätten auch gern etwas mehr als das, was soeben der Bundeskanzler in seiner kursorischen Bemerkung gesagt hat, über die Entwicklung in Afrika, in Afghanistan, im Iran und in Kambodscha gehört.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß die Tendenzen dieser Entwicklung nicht einheitlich sind, aber die Dynamik, die ihnen innewohnt, fordert unser Land, an einer Nahtstelle von Ost und West gelegen, zu einem eigenen Handeln, zur Wahrung seiner eigenen Interessen. Ich denke, daß wir sehr oft zu sehr in den Gegebenheiten Europas befangen sind und uns immer wieder zunächst den europäischen Fragen zuwenden, und daß dabei — das ist ein Vorwurf an die Bundesregierung — zu wenig die stürmische Entwicklung in anderen Teilen der Welt beobachtet und beachtet wird.
    Der Bundeskanzler selbst hat diesem Gefühl vor einiger Zeit in einer kuriosen Antwort Ausdruck gegeben, in der er den Hinweis auf die sowjetischkubanische Intervention im afrikanischen Angola mit dem wahrhaftig erstaunlichen Satz quittierte, es handele sich bei diesem Teil der Welt nicht um einen Teil des vereinbarten Entspannungsraumes.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Mittlerweile aber haben die Tatsachen — und wir spüren das ganz unmittelbar — ihre eigene und unmißverständliche Sprache gesprochen; denn Europas Friede hängt auch — und besonders — von den Geschehnissen in anderen Teilen der Welt ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn im Nahen oder Mittleren Osten zum Beispiel die Lebensadern, die Nervenstränge Europas abgeklemmt oder durchschnitten werden, dann kann dieses ganze freie und prosperierende Europa, auf dessen Fähigkeit und Hilfe sich die Hoffnungen vieler Völker und Länder richten, politisch erpreßt und in kurzer Zeit in die Knie gezwungen werden.
    Wir hören oft die Meinung, Europa sei vor Angriffen sicher, weil die NATO Schutz gewähre. Das gilt solange, als die NATO ihre Anstrengungen verstärkt, um das Angriffsrisiko für einen Gegner unkalkulierbar zu halten. Da die sowjetischen .Führer keine Narren sind, sondern kühle Rechner, werden sie dann nicht angreifen, wenn sie mit ihrer eigenen Vernichtung rechnen müssen. Zu einer solchen Bewertung kommt man aber nicht nur durch das Zählen von Waffen und Gerät und Divisionen, sondern durch die Glaubhaftigkeit, durch die Entschiedenheit und Stetigkeit, die westlichen politischem und militärpolitischem Denken und Sagen
    in weit höherem Maße innewohnen müßte, als es tatsächlich im Augenblick der Fall ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben gerade eben das Thema Türkei angesprochen. Wir ermuntern Sie sehr und wir fordern Sie auf, bei der in Aussicht genommenen Hilfe für diesen wichtigen Partner unseren eigenen Teil dazu beizutragen. Und ich fordere alle Kollegen auf, wenn wir über die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft sprechen, über das Hereinnehmen der Griechen, der Spanier und der Portugiesen, dabei auch immer wieder an die Türken und deren ganz besondere Situation zu denken, und nicht nur daran zu denken, sondern auch entsprechend zu handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die NATO, meine Damen und Herren, ist vor 30 Jahren konzipiert, aber die Qualität der Bedrohung hat sich seit dieser Zeit bedeutend verändert. Sie hat — so kann man sagen — heute eine weltweite Dimension. Während die Bundesregierung in fast jeder Darstellung ihrer Außenpolitik das Ritual der Entspannung zelebriert — das hat heute der Bundesaußenminister allerdings mit dem interessanten Beisatz, daß es sich um eine vernünftige, reale Entspannungspolitik handeln müsse, wiederholt — und von seiten der Bundesregierung die fälschliche Behauptung aufgestellt wird, es gebe zur Entspannung keine Alternative, hat, meine Damen und Herren von der Regierung, Ihr Entspannungspartner, die Sowjetunion, das Klima einer frommen Selbsttäuschung des Westens entschlossen genutzt.
    Die Sowjetunion hält nicht nur ihre Elemente der ,Spannung aufrecht, sondern sie baut ihre eigenen Streitkräfte in einer Weise aus, die ihresgleichen in der Geschichte sucht. Mitten im Zeitalter der Entspannung hat das sowjetische Reich gerüstet wie niemals vorher. In der Zeit der Entspannung ist die sowjetische Kriegsmaschine gewaltiger, moderner, wie wir auch sagen können: furchterregender geworden. Sie hat die Rüstungsfähigkeiten des Westens eingeholt und auf wichtigen Gebieten überholt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist deren Entspannungspolitik!)

    Das gilt nicht nur für Zahl, Training und Bewaffnung ihrer Verbände in Ostmitteleuropa; das gilt für alle Teile der Welt. Die sowjetische Macht hat sich längst vom unmittelbaren europäischen Thema gelöst. Sie denkt und sie handelt global. Der Bär hat fliegen und schwimmen gelernt. Die kontinentale Supermacht beherrscht jetzt auch das Maritime. Man muß hinzufügen, daß sie sich auf allen Weltmeeren die Instrumente dafür geschaffen hat.
    Meine Damen und Herren, was ist für uns heute, wenn Sie auf die Karte blicken, von besonderer Wichtigkeit und Bedeutung? Ich würde gerne nennen den Persischen Golf, das Rote Meer, den Suez-Kanal, das Mittelmeer und Südafrika. Unsere Rohstoffversorgung hängt wie die aller hochindustrialisierten und rohstoffarmen Länder von ungefährdeten Fördergebieten und von sicheren Seewegen ab.

    Dr. Marx
    Wenn die NATO auf den nordatlantischen Raum diesseits des Wendekreises beschränkt ist, dann kann sie unterlaufen und ausgehebelt werden, weil jenseits dieser Linie lebenswichtige Entscheidungen fallen, ohne daß das Bündnis in der Lage ist zu handeln.
    Wenn aber die Bedrohung, die militärpolitische Strategie der Sowjetunion umfassend und weltumspannend ist, dann muß die Verteidigung ebenfalls umfassend und auf die neuen Möglichkeiten vorbereitet sein. Wie das dann organisiert wird, ist eine andere Frage.
    Von diesem Handeln, von unserer und der Verbündeten entschlossenen Politik hängt vieles ab: die Sicherheit und die Freiheit der westlichen Völker, aber noch weit darüber hinaus; denn wir wissen, daß viele Nationen in der Welt bereit sind, sich nach jenen Kräften zu orientieren, die ihrerseits wissen, was sie wollen, die Schutz verbürgen und Sicherheit, nicht Wankelmut und nicht Wetterwendigkeit.
    Hier in Europa, dessen Völker jetzt mit einiger Mühe dabei sind, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln, wo wir uns anschicken, vom. Europa der Neun zu dem der Zwölf überzugehen, hier gilt es, die Fähigkeiten der Verteidigung und den Willen dazu — denn der Wille ist immer in der Politik das Entscheidende — gegen einen immer stärker gewordenen Gegner zu erhöhen.
    Die NATO, ihre verantwortlichen Politiker, ihre führenden Offiziere suchen nach neuen Waffensystemen, die eine wirksame Verteidigung ermöglichen. Aber seltsamerweise, Herr Bundeskanzler, gibt es in Ihrer Partei — das ist heute wiederholt angesprochen worden — nicht wenige wichtige und einflußreiche Männer, die durch ihre Aktionen eine öffentlich erwiesene Doppelbödigkeit in den Aussagen ihrer Parteiführung erzwingen. Wer die Äußerungen etwa des trefflichen Verteidigungsexperten Egon Bahr liest oder die des Herrn Pawelczyk oder die des Herrn Wehner, die neuesten, die vorhin angesprochen worden sind, wird finden, daß von diesen Kollegen eigentlich ohne Rücksicht auf die tatsächliche Lage, ohne auch nur einen Augenblick z. B. über die sowjetische Neutronenwaffe, über die Organisation der militärischen Gewalt in Osteuropa nachzudenken, Vorschläge gemacht werden, von denen ich sagen muß, daß sie den Westen in einer entscheidenden Zeit an entscheidender Stelle schwächen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] : Leider wahr!)

    Meine Damen und Herren, ich muß dieses Haus noch einmal auf einen Versuch des Kollegen Wehner aufmerksam machen, die notwendige Stärkung unserer militärischen Positionen zu verhindern. Mit großer Sorge, Herr Wehner, sehen wir Sie aufs neue am Werk. Sie haben kürzlich behauptet, die reale Lage unseres Landes mache es nicht nötig, über zusätzliche Waffensysteme zu diskutieren. Sie haben sogar gemeint, es werde nur aus „vorgeblicher Notwendigkeit" darüber gesprochen und — das ist sozusagen das Resümee der drängenden Fragen, wie der Westen auf die enorme, über jedes
    vertretbare Maß hinausgehende Aufrüstung der Sowjets antworten solle — es werde sogar die Gefahr heraufbeschworen, daß hierzulande zusätzliche Waffen disloziert würden. Es ist schade, Herr Kollege Wehner, daß Sie offenbar so unzureichend von Ihren Fraktionskollegen über eine Information unterrichtet worden sind, die vor kurzem Mitglieder der Bundesregierung und Beamte und hohe Offiziere den Kollegen des Verteidigungsausschusses haben zuteil werden lassen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Da hat er sich die Ohren zugehalten!)

    Wir werden in Kürze auf der Grundlage unserer Großen Anfrage zur Abrüstung und Rüstungskontrolle und der vorher formulierten Anfrage der Kollegen der SPD über diese Themen ausführlich diskutieren. Ich möchte deshalb heute nur noch folgendes dazu sagen:
    Einseitige Abrüstung, Vorleistungen, Zeichen des sogenannten guten Willens im Angesicht einer stets fortdauernden Modernisierung und Aufrüstung bei allen Warschauer-Pakt-Staaten kommen der Preisgabe unserer Sicherheit und der elementaren Gefährdung unserer Freiheit gleich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Abrüstung, zu deren Notwendigkeit wir uns bekennen, hat nur dann Sinn, wenn sie auf beiden Seiten vergleichbar, gleichzeitig, kontrollierbar und dauerhaft vorgenommen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man fragt sich allerdings bei all diesen Gegenständen, ob wir in der Entspannung und in der Abrüstung je zu wirklich vergleichbaren Maßnahmen in Ost und West kommen. Ist die andere Seite denn in dem, was sie sagt und tut, wirklich verläßlich und ehrlich? Haben wir nicht bei den sogenannten KSZE-Folgeverhandlungen erlebt, wie rasch und ohne jeden Skrupel die sowjetische Seite das heute Zugesagte morgen vergißt

    (Baron von Wrangel [CDU/CSU]: So ist es!)

    oder einfach abstreitet oder klare Texte uminterpretiert?
    Leider, muß ich sagen, hat diese Methode auch die Bundesregierung dazu gebracht, möglichst wenig über die KSZE zu sprechen. Man war vor einigen Jahren noch geneigt, sie uns für das Nonplusultra der internationalen Politik zu verkaufen. Jetzt wird Sie amtlich- ins Gedächtnisloch geworfen. Niemand von seiten der Regierung hat heute diese Formel von der KSZE, die früher doch so sehr die Hoffnungen und die Zeilen der Propaganda füllte, noch einmal in den Mund genommen. Dies allein spricht doch schon Bände.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nirgendwo hat sich die Umschichtung weltpolitischer Gewichte eindrucksvoller gezeigt als in den tiefgreifenden Änderungen, die sowohl in der Volksrepublik China selber als auch in ihrer Politik gegegenüber anderen Staaten deutlich geworden ist.



    Dr. Marx
    Die Volksrepublik China hat durch die Beendigung einer 1976 im Ansatz erkennbaren zweiten Kulturrevolution -die Voraussetzungen für eine jetzt immer stürmischer angestrebte Normalisierung im Innern und diese als die Voraussetzung einer Normalisierung nach außen geschaffen. Ihre Führer erkennen den Rückstand des Landes. Sie mobilisieren die lange vernachlässigten und mit ideologischem Hochmut verurteilten wissenschaftlichen Disziplinen, und sie entdecken — davon sind alle chinesischen Zeitungen und die Reden ihrer Führer heute voll — die alten Tugenden des Fleißes und der Leistung.
    Die Volksrepublik China öffnet sich der Welt. Hua Kuo Fengs Reise in die europäische Peripherie nach Rumänien und Jugoslawien war, wie ich glaube, ein Ereignis von großem politischem Gewicht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Sein angekündigter Besuch bei Ländern der Europäischen Gemeinschaft will die Beziehungen zwischen dem 900-Millionen-Reich und uns, wie ich hoffe, positiv weiterentwickeln. Er wird hoffentlich nicht von irgend jemand mit Gebärden der Angstlichkeit gegenüber jener Sowjetunion begleitet, die versucht, durch Pressionen verschiedener Art europäische Regierungen zu zwingen, ihr außenpolitisches Verhalten nach sowjetischen Vorstellungen auszurichten.
    Wir jedenfalls sehen in der chinesischen Europapolitik eine wichtige Neuentwicklung in den internationalen Beziehungen, die wir begrüßen. Wir nehmen unsere Interessen' dabei in wohlverstandenem Sinn wahr, wenn wir die durch die Bundesregierung so einseitig festgelegte Ostpolitik durch vielfältige politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Kontakte mit China ergänzen, erweitern und verbessern.
    Heute war wiederholt von den Briefen Breschnews die Rede. Auf die Frage, die der Kollege Barzel nach gewissen Inhalten stellte, ist ja interessanterweise vom Bundeskanzler nicht geantwortet worden.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Wir können nur vermerken, daß wir in diesen Briefen einen rüden Versuch sehen, unsere außenpolitische Haltung von außen her zu bestimmen. Wir sind nicht bereit, uns an irgendein Vorstadium der Breschnew-Doktrin zu gewöhnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In allem Ernst: Wie kann es eigentlich sein, daß der sowjetische Parteichef solche Briefe schreibt? Ist nicht denkbar, daß er sich durch die Art. der westlichen Politik ermuntert und ermutigt fühlt? Könnte es z. B. nicht sein, daß die Art und Weise, wie der Kollege Bahr die Diskussion über die Neutronenwaffe behandelt hat, von der sowjetischen Führung geradezu als eine Ermunterung verstanden wird,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    um in ähnlicher Weise in unsere eigenen Entscheidungen einzugreifen? Man muß sich über die Unverfrorenheit solcher Aufforderungen sehr wundern.
    Der Bundeskanzler hat gesagt, es handele sich bei. der Sowjetunion um einen großen Waffenexporteur. Dieser Waffenexporteur fordert uns auf, keine Waffen weiterzugeben, wo er doch selber seine eigenen Waffen — und dabei Angriffswaffen jeder Art — in viele Länder der Welt gebracht hat, um sie dort in Busch- und Bürgerkriegen als Instrumente einer besonders grausamen Unterdrückung und eines hinterhältigen Terrors verwenden zu lassen. Ich habe nicht gehört, daß die Bundesregierung an die Machthaber im Kreml Briefe gerichtet hätte, um sich gegen eine Entwicklungshilfe mit Waffen zur Wehr zu setzen.
    In Großbritannien hat man den Brief Breschnews kühl behandelt, kühl als eine Einmischung zurück- gewiesen. Herr Bundeskanzler, das, was wir von Ihnen' wünschen und fordern, ist, daß auch Sie kühl und. eindeutig und ohne- Wenn und Aber solche Briefe und diese Inhalte zurückweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im' übrigen, Herr Bundeskanzler, darf ich folgen- des hinzufügen: Ihre Regierung, die sonst in . der Veröffentlichung von allen möglichen Glückwunschbriefen sehr fingerfertig ist, sollte doch bitte auch einmal den Wortlaut des Briefes von Herrn Breschnew vorlegen und dann auch den Wortlaut ihrer Antwort, wenn sie fertig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich einige Worte zu Afrika sagen. Die kubanische Invasionsarmee z. B., die gegenwärtig etwa 50 000 Soldaten zählt, müßte nackt durch den Busch schleichen, wenn sie alles ablegen wollte, was sowjetischer Herkunft ist,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie könnte nicht einmal schleichen wegen der Verpflegung!)

    die Wäsche und die Uniformen, die Waffen und das Gerät. Sowjetische Flugzeuge, nicht Kriegsmaschinen, sondern. die angeblich zivilen Maschinen der Aeroflot haben ja ebenso wie hübsch angestrichene Fahrgastschiffe, die sonst von westlichen Ferienreisenden benutzt werden, Zehntausende kubanische Soldaten aus Angola um Nord- und Südafrika herum nach dem Südjemen, nach Äthiopien und auch nach Mozambique gebracht.
    Der frühere Bundeskanzler Brandt hat doch erinnern wir uns daran! - mit Stoph bei seinem Treffen in Erfurt ein Dokument unterzeichnet, in dem der Satz steht, nie wieder dürfe von deutschem Boden ein Krieg ausgehen. Ganz abgesehen davon, daß wenige Jahre vorher deutsche Soldaten mit anderen zusammen die benachbarte Tschechoslowakei überfallen haben, ist es doch eine Tatsache — und ich vermisse, daß die Bundesregierung sie in diesem Hause und draußen auch öffentlich angreift und rügt —, daß wieder von deutschem Boden, nämlich dem der DDR, Krieg und Kriegslehre in 16 afrikanische Staaten ausgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Hoffmann, der Kriegsminister der DDR — ich weigere mich, ihn als einen „Verteidigungsminister" zu bezeichnen —, hat vor wenigen Tagen ja



    Dr. Marx
    bestätigt und sich dessen noch gerühmt, daß ein großer und wachsender Teil von Soldaten der sogenannten Nationalen Volksarmee in Afrika eingesetzt sei. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, dazu folgendes sagen. An einem Tag, an dem wir am Abend „Holocaust" sehen, muß es möglich sein, nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch über die schreckliche Gegenwart zu sprechen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    wo Deutsche in Afrika zum Foltern ausbilden, wo sie Konzentrationslager und Gefängnisse bauen, wo ihre Aufgabe ist, Geheimdienste auszubilden, wo sie für die technischen und die elektronischen Nachrichtenmedien arbeiten und wo sie jetzt sogar dazu übergehen, in einigen Ländern kubanische Okkupationssoldaten auszubilden.
    Herr Bundeskanzler, ich möchte gerne noch hinzufügen: Es gibt sogar Deutsche aus der DDR, die mit Stadtplänen von Swakopmund, Lüderitzbucht, Walfischbai und Windhuk ausgerüstet sind und die diese Stadtpläne lesen, studieren, in sich aufnehmen, damit sie, wie sie glauben, eines Tages hinter siegreichen SWAPO-Truppen herkommen, um dort wiederum Deutsches in Südwestafrika durchzusetzen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Wenn man das weiß, dann versteht man die merkwürdige Art und Weise, in der Sam Nujoma vor kurzem mitgeteilt hat, natürlich sei er für eine enge künftige Zusammenarbeit mit den Deutschen. Er hat natürlich nicht unsere Deutschen gemeint, sondern diejenigen, die mit ihm ideologisch, politisch, finanziell auf das engste verbunden sind.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Friedrich-EbertStiftung!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte den Kollegen Wischnewski ansprechen. Vielleicht — er ist nicht da — sagt man ihm diesen Satz.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Er packt gerade das Klima aus dem Koffer!)

    — Ja, Klima ist ein Begriff aus der Wetterkunde, der mitunter zu unzulänglich in die Politik eingeführt wird. — Wir sahen ihn auf einigen Bildern recht gemütlich in Ost-Berlin. Ich möchte gerne wissen, ob er die Gelegenheit ergriffen hat, um dort den Unwillen des deutschen Volkes - ich meine: des ganzen deutschen Volkes - über das Engagement der DDR in fremden Ländern seinen Gesprächspartnern, z. B. dem Herrn Außenminister Fischer, mitzuteilen. Ich möchte gerne wissen, ob er einmal nachgefragt hat, wie belebend sich die enormen Geldspritzen aus guter DM-West, die wir Ost-Berlin aus allen möglichen Gründen zahlen, auf Ost-Berliner außenpolitische Unternehmungen in Afrika ausgewirkt haben.
    Es wäre gut, Herr Kollege Ehmke, wenn Sie in der Lage wären, darauf nachher doch noch eine Bemerkung zu machen; denn unsere Bevölkerung möchte gerne wissen, was die DDR eigentlich mit ihren Soldaten und Waffen in Afrika zu suchen hat. Sie möchte wissen, ob dort schon wieder in deutschem Na-
    men — ich sage das frei nach Grillparzer — das Pa-
    radies versprochen wird, aber die Hölle eingerichtet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird bei dem demnächst fälligen Bericht über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland darstellen müssen, was die DDR mit ihrem Apparat für die sowjetische imperialistische Politik in Afrika leistet, welchen Zwecken ihre Berater, Offiziere und Ausbilder dort dienen. Sie sollte dabei ehrlich sein, und sie sollte nicht nur berichten, sondern sie sollte auch werten; denn wir legen großen Wert darauf, die politische Meinung der Bundesregierung zu diesen unstreitigen Vorgängen zu hören.
    Nun sagt mancher, wenn man dieses Thema anspricht: Ja, die Kubaner und die DDR-Leute sind in Afrika, weil sie gerufen worden sind. Diese Geschichte kennen wir. Denn seit Hitler wissen wir, daß man Einfälle in fremde Länder dadurch vorbereiten kann, daß man sich dort eine entsprechende Truppe schafft und finanziert, die dann eines Tages um Hilfe ruft. Diese Hilfe wird dann rasch gewährt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist die Entspannungspolitik!)

    Der Herr Bundeskanzler sagte eben — das ist ein Punkt, wo wir sicher, zumindest heute, übereinstimmen, Herr Kollege Schmidt —, daß er bei Kambodschanern und bei Vietnamesen Zweifel habe, wem er seine Sympathie zuwenden solle. Dies ist gewiß richtig. Aber, meine Damen und Herren, auch in Kambodscha, in einem unglücklichen und so furchtbar durch Krieg und durch Mörderbanden geschundenen Land — es gab doch einmal ein Mitglied der Regierung, der eine andere Regierung „Mörderbande" genannt hatte; hier ist der Augenblick, wo wir das sagen können, bei Kambodschanern und bei Vietnamesen —, ist eine aufständische Gruppe sozusagen präpariert worden, der man heute in der ganzen sowjetischen Propaganda den Inhalt des politischen Angriffs und des sogenannten Sieges über die Kambodschaner zumißt.
    Meine Damen und Herren, ich möchte gerne unsere Beurteilung dieses gefährlich und tief 'eingreifenden Vorgangs ganz deutlich machen. Die CDU/ CSU verurteilt den Überfall auf Kambodscha 'als schwerwiegenden und völkerrechtswidrigen Angriff.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir fordern den Rückzug der vietnamesischen Truppen, von denen man annehmen darf, daß ihre Zahl bei 12 Divisionen liegt. Wir wissen, daß diese unsere Forderung mit der Forderung vieler anderer — vor allen Dingen asiatischer — Staaten übereinstimmt. Wir verhehlen nicht nur unseren Abscheu vor den entsetzlichen Massakern des Pol-Pot-Regimes nicht; wir nehmen den Propagandisten in Hanoi oder in Moskau — dort hat man ja den Angriff ausgedacht — auch keinen Augenblick ihre scheinheiligen Bekundungen ab, sie hätten doch nur Aufständische unterstützt, um ein System des Völkermords zu liquidieren. Vor nicht allzu langer Zeit haben Moskau und Hanoi die Regierung Pol Pot und ihre wahnsinnigen Handlungen ja noch öffentlich



    Dr. Marx
    gelobt. Man lese die Berichterstattungen im „Neuen Deutschland" nach. Sie haben den Aufbau des Sozialismus, wie sie das genannt haben, in Pnom Penh gefeiert, obwohl sie genau wußten, was dort eigentlich vorgeht. Ich vermute, daß dieser Krieg ein langdauernder und blutiger Buschkrieg werden kann, eine neue Quelle von großen Gefahren.
    Wenn der Bundeskanzler mit Recht sagt, es handle sich um einen Stellvertreterkrieg, ist die Gefahr natürlich immer gegeben, daß dann, wenn sich die Stellvertreter gegeneinander in eine immer tiefere, schlimmere und filzigere Angelegenheit verstricken, eines Tages auch die Großen mehr als bisher eingreifen müssen.

    (Glocke des Präsidenten) — Frau Präsidentin, ich bin gleich fertig.

    Wir sehen mit Sorge die Vorgänge im Mittleren und im Nahen Osten. Wir werden auch über diese Themen in der nächsten Zeit in diesem Hause noch eingehend diskutieren müssen. Ich stimme dem zu, was der Herr Kollege Barzel sagte, als er die geradezu mystischen national-religiösen Elemente charakterisierte, von denen viele in einer laizierten westlichen Welt glaubten, sie seien eigentlich als bewegende politische Elemente ganz ausgeschieden. Es kommt in diesen Ländern sehr vieles an neuer, sich auch religiös gebender und aus der Tiefe der religiösen Überlegungen geformter Kraft, was es uns sehr schwermachen wird, dies mit unseren Koordinaten zu beurteilen und zu verstehen, wie wir dem politisch begegnen sollen.
    Meine Fraktion lehnt den Einzelplan des Außenministers aus politischen Erwägungen, aus all den Gründen, die meine Kollegen und ich selbst heute vorgetragen haben, ab. Ich denke, daß wir dann die Chance haben werden, Herr Außenminister, in der nächsten Zeit — wobei ich mir auch eine etwas konkretere politische Diskussion im Auswärtigen Ausschuß wünsche —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    über all diese Fragen, im Ausschuß und hier in diesem Hause, mit jener Sorgfalt, mit jener Genauigkeit und jenem politischen Engagement zu sprechen, die wir brauchen, wenn wir unsere Aufgabe, die uns hierhergebracht hat, erfüllen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)