Rede von
Hans-Günter
Hoppe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Herr Kollege Kohl hier seine politisch-parlamentarische Winteroffensive eröffnet hat, begann er mit der an die Adresse der Koalitionsparteien gerichteten Frage nach ihrem inneren Zustand. In diesem Augenblick schien es mir spürbar, daß alle im Saal ein Klirr-Klirr empfanden; denn wenn man im Glaushaus sitzt, sollte man in der Tat nicht mit Steinen werfen. Das führt zur unnötigen Selbstbeschädigung.
— Herr Wehner, hier ist noch einmal deutlich geworden, daß Herr Kollege Kohl offenbar mit einem gewissen Neid auf den Bundeskanzler und dessen Ansehen guckt, wenn er darüber klagt, daß der Kanzler seine Politik mit einem gewissen Selbstwertbewußtsein treibe. Hier wird offenbar das beklagt, woran es einem selbst ermangelt.
Aber wenn Sie, verehrter Herr Kollege Kohl, sich dann an die Sache begeben, wird es in der Tat enttäuschend. Sie reden von „mageren Jahren" der Politik. Hier verhalten Sie sich wie zwei der drei indischen Affen: nicht sehen, nicht hören, aber reden!
Meine Damen und Herren, wir haben schließlich gestern dokumentiert, was es in diesem Staat in den letzten Jahren an realem Einkommenszuwachs für den einzelnen Arbeitnehmer gegeben hat. Wir wissen alle — und das wissen auch Sie —, daß in dieser Zeit, die Sie als mager bezeichnen, die ganze Welt auf uns, auf unsere wirtschaftliche Kraft, geschaut hat und uns zur Lokomotive für den internationalen Aufschwung machen wollte.
Daß sich daraus für unsere Staatsfinanzen und für den Haushalt Probleme ergeben, das wissen wir. Das haben wir auch in aller Offenheit angesprochen. Die Probleme sind bekannt; wir werden ihre Lösung anpacken.
Verehrter Herr Kohl, was Sie dann zum Thema Außenpolitik geboten haben, war eigentlich auch kümmerlich. Sie haben hier erneut quälend diese Angstzustände der Opposition ausgebreitet, daß wir uns vielleicht in einem Prozeß der Lockerung im Bündnis befinden könnten. Meine Damen und Herren, diesen Brei haben Sie doch von Juni bis September gekocht, im Dezember ist er hier angebrannt,
und nun kochen Sie ihn wieder auf. Angebrannte Suppe schmeckt nun wirklich überhaupt nicht.
Noch zu einem innenpolitisch wichtigen Thema, dem Stahlstreik und seinen wirtschaftspolitischen Implikationen. In diesem Zusammenhang ist es zwar völlig berechtigt, kritisch, sehr kritisch mit der dort offenbarten Konfliktlage ins Gericht zu gehen, bei der man die Sorge hatte, daß sie doch weitgehend Prestigegründe hatte. Es war richtig, darüber zu reden, daß der Ansatz und die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche nicht dazu angetan sind, mehr Sicherheit am Arbeitsmarkt zu schaffen und zusätzliche Arbeitsplätze zu gewinnen. Vielmehr wurde deutlich, daß die Gefahr besteht, daß Arbeitsplätze vernichtet werden.
Aber, verehrter Herr Kohl, nachdem durch den gerade gestern von uns besprochenen und so positiv kommentierten Tarifabschluß deutlich geworden ist, daß es hier bei den Tarifpartnern Einsichten gegeben hat und daß eine Umkehr festzustellen ist, da muß ich als Politiker doch nicht noch nachtreten, sondern da muß ich doch mit Genugtuung feststellen dürfen, daß eine gefährliche Entwicklung in ihrer Tendenz gebrochen worden ist. Wie können jetzt davon ausgehen, daß wir die positiven Begleiterscheinungen der auch von Ihnen als erkennbar angesehenen Tendenz zum Aufschwung begrüßen können.