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ID0813105500

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    Vokabeln: 7
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/131 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 131. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 10267 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/2404 — Dr. Kohl CDU/CSU 10267 C Wehner SPD 10281 B Mischnick FDP 10290 B Dr. Althammer CDU/CSU 10296 C Dr. Ehmke SPD 10303 A, 10352 B Hoppe FDP 10305 A Schmidt, Bundeskanzler . . . 10306 C, 10342 B Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 10320 D Genscher, Bundesminister AA 10327 B Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . . 10334 C Dr. Marx CDU/CSU 10347 C Dr. Bangemann FDP 10359 A Namentliche Abstimmung 10366 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 8/2405, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10368 B Dr. Bußmann SPD 10371 B Schäfer (Mainz) FDP 10372 A Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister AA 10374 C Vizepräsident Frau Funcke 10369 C Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/2420 — 10376 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 8/2414, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10376 C Stöckl SPD 10378 D Weiskirch (Olpe) CDU/CSU . . . . . 10380 B Möllemann FDP 10383 A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 10386 D Namentliche Abstimmung . . . . . . 10389 A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/2425 — 10391 C Nächste Sitzung 10391 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10393 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 131. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1979 10267 131. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. von Aerssen 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Brandt 26. 1. Flämig * 26. 1. Gruhl 24. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Klinker 26. 1. Koblitz 26. 1. Kroll-Schlüter 24. 1. Lange * 25. 1. Dr. Lenz (Bergstraße) 26. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lücker * 24. 1. Luster * 26. 1. Müller (Bayreuth) 26. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Seefeld * 24. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Frau Dr. Walz * 26. 1. Wawrzik * 25. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Hier spielt die geschichtliche Erfahrung eine Rolle. Die jüngeren Leute haben ja
    — ich bitte die Frau Präsidentin um Entschuldigung, wenn jetzt ein vielleicht unparlamentarischer Ausdruck kommt, aber den hat der Herr Bundeskanzler gebraucht —
    die ganze Scheiße nicht miterlebt, weder die des Krieges, der Nazi-Diktatur noch vorher den Zusammenbruch aller Hoffnungen in der Weimarer Demokratie, noch haben sie von Wilhelm II. mehr mitbekommen, als bestenfalls in einem unzureichenden Geschichtsunterricht dargeboten wurde.
    Weiter der „Spiegel":
    Könnten Sie bei diesen noch ein Interesse an der Lösung von Problemen in sozialer Harmonie sehen? Stecken dahinter nicht andere Antriebskräfte?
    Es folgt die Antwort des Bundeskanzlers: Es mag so sein.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn der Herr Bundeskanzler dieses Problem erkennt, dann sollte er sich auch dazu äußern. Bei seinen guten Beziehungen zu den Gewerkschaften, deren er sich immer wieder rühmt, sollte er seinen Einfluß dahin geltend machen, daß diese Dinge ins Lot kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, wie bei der Europadiskussion gewichtet wird. Es wird bei der SPD unterschieden zwischen Hauptgegner und Gegner. Der Gegner, von dem die SPD auch spricht, ist der sogenannte Eurokommunismus. Hier hat nun der Mann in der SPD, der offensichtlich für diesen Bereich zuständig ist, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ehmke, eine ganze Reihe von bemerkenswerten Ausführungen gemacht. Herr Ehmke hat ein Vorwort für ein Taschenbuch von Herrn Heinz Timmermann über den Komplex Eurokommunismus geschrieben. Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin einige Sätze aus diesem Vorwort zitieren. Herr Ehmke erklärt dort:
    Die von beiden Parteien
    — gemeint sind die spanischen und die italienischen Eurokommunisten —
    betriebene Wende nach Europa weckt offenbar in Moskau die Befürchtung, dies könnte längerfristig zu einer Überwindung der historischen Spaltung der Arbeiterbewegung in Westeuropa und zum Aufbau einer demokratisch-sozialistischen Gemeinschaft führen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!) So, Herr Ehmke.

    Nun die Frage: Wie bewertet man diese Taktik? Auch dazu, ob sich die Eurokommunisten erst einmal von Moskau trennen müssen, sagt Herr Ehmke ganz klar:
    Im Gegensatz zu den Konservativen — damit sind wieder wir gemeint —
    trete ich aber nicht dafür ein, den Eurokommunisten das Zeugnis einer demokratischen



    Dr. Althammer
    Glaubwürdigkeit so lange zu verweigern, bis sie mit Moskau gebrochen haben. Ein solcher Bruch wäre den Konservativen in Moskau selbst vielleicht gar nicht so unwillkommen.
    Er will also nicht zuwarten, bis dieser Bruch eingetreten ist.
    Er sagt dann weiter in diesem Vorwort: Natürlich werden wir dort
    — im Europaparlament —
    keine Fraktionsgemeinschaft mit den Kommunisten bilden. Wir würden aber nicht zulassen, bestimmte politische Gruppen von vornherein zu isolieren und de facto vom Aufbau eines demokratischen und sozialen Europas auszuschließen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört! — Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    Noch etwas deutlicher sagt es Herr Ehmke in einem Interview mit der italienischen Zeitung „Ii Mondo" im Oktober 1978 — ich darf noch einmal Herrn Ehmke zitieren —:
    Wenn es zwischen den Sozialisten und Kommunisten bezüglich der konkreten Probleme die gleiche Haltung geben wird, wird die sozialistische Fraktion die Konvergenz sicherlich nicht ablehnen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Dabei ist interessant, daß der Ausdruck „Konvergenz" im übrigen von der SPD für die Zusammenarbeit der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien untereinander gewählt wird.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir solche Stimmen hören — und das ist wohl immerhin der verantwortliche Beauftragte der SPD für diese Fragen —, dann stellt sich für uns in der Tat die Frage: Wohin soll die Reise der SPD in diesem Europa gehen?
    Nob

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Miltner [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Ich empfehle Herrn Ehmke, auch nachzulesen, was Herr Berlinguer bei seinem Besuch in Moskau im November 1978 in einem gemeinsamen Kommuniqué mit Breschnew zur Frage des Eurokommunismus betont hat. Es heißt in diesem gemeinsamen Kommuniqué:
    Die Führer der KPdSU und der KPI haben besonders herausgestrichen, daß die Arbeiterbewegungen der Länder Westeuropas durch die Zusammenarbeit zwischen Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten und allen demokratischen und friedlichen Kräften einen besonderen eigenen Beitrag zur Verstärkung der Entspannungsprozesse und der Zusammenarbeit unter den Staaten der verschiedenen Gesellschaftssysteme sowie für die Demokratisierung der internationalen Beziehungen leisten können.
    Wer das sowjetische Parteichinesisch etwas lesen kann, der weiß, was damit gesagt ist.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, all den Leuten, die in Versuchung stehen, solche Konvergenzarbeit mit den Eurokommunisten anzustreben, muß man dringend empfehlen, wieder einmal nachzulesen, wie nach 1945 die Entwicklung in Osteuropa war.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie sollten insbesondere auf diejenigen alten Sozialdemokraten hören, die in dem anderen Teil Deutschlands den Zwangszusammenschluß zwischen SPD und KPD erlebt haben und die wegen ihrer Weigerung, dabei mitzutun, jahrelang in den Gefängnissen gesessen haben.
    Sie müssen doch bedenken, daß die dahinter stehende Taktik nicht erst seit 1945 praktiziert wird. Wenn Sie die Geschichte der kommunistischen Parteien studieren — Herr Wehner, Sie werden mir zustimmen —, werden Sie feststellen: Es gab immer wieder totale Schwenkungen in der Linie. Einmal totaler Gegensatz zur SPD — da wurde die SPD als sozialfaschistische Partei bekämpft —, da hat man gemeinsam mit der NSDAP in Berlin Streikaktionen durchgeführt —, dann wurde wieder eine Volksfrontlinie aufgebaut — 1938, Leo Blum in Frankreich —, gleich darauf wurde zwischen Hitler und Stalin ein Pakt geschlossen. Und die kommunistischen Parteien haben das in allen europäischen Ländern tapfer vertreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Auch die deutsehen Kommunisten!)

    Wenn man diese Geschichte der taktischen Schwenkungen der Kommunisten in Europa einmal studiert — Herr Kollege Ehmke, ich gehe davon aus, daß Sie das getan haben —, dann, glaube ich, kann man nicht über sie mit der Blauäugigkeit reden, wie Sie das tun. Die Eurokommunisten haben eben erkannt: Sowjetische Bedrohung von außen hat nur dazu geführt, daß sich der freie Westen zur Verteidigung zusammengeschlossen hat; gewaltsame Lösungen revolutionärer Art — siehe Portugal — haben zu keinem Erfolg geführt; also verfolgt man jetzt die Taktik der Umarmung der Sozialdemokraten. Es ist bedauerlich, wenn das von Ihrer Seite mit derartigen Formulierungen beantwortet wird.
    Wenn Sie noch einen letzten Kronzeugen brauchen

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    — ich würde nicht so hochnäsig sein, Herr Kollege Ehmke; ich habe mich mit diesen Fragen auch ein bißchen beschäftigt —, sollten Sie nachlesen, was Herr Mitterand am 17. Januar 1979 dazu gesagt hat. Er stellte nämlich schlicht und einfach fest, daß die französischen Kommunisten nach wie vor in stalinistischen Strukturen wurzeln. Ich gebe Ihnen zu, es ist ein bißchen Parteipolitik bei der Aussage Mitterrands dabei, der mit eben diesen Kommunisten lange Jahre eine Volksfront praktiziert hat. Aber, ich glaube, man sollte über derartige Erkenntnisse nicht einfach hinwegsehen.
    Ich sehe den Herrn Bundeskanzler nicht im Saal. Er will, glaube ich, erst heute nachmittag sprechen.

    (Zuruf von der FDP: Selbstverständlich ist er da!)

    Es wäre aber vielleicht doch — —





Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, der Herr Bundeskanzler ist im Saal.

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    Rede von Dr. Walter Althammer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das freut mich außerordentlich; denn ich habe jetzt einige sehr dringliche Fragen an ihn zu stellen, die sowohl mit der inneren Verfassung eines künftigen Europa wie auch der inneren Verfassung der Bundesrepublik selbst zu tun haben. Diese Fragen sind vereinfacht auf den Nenner zu bringen: Herr Bundeskanzler, wie halten Sie es mit der Sozialen Marktwirtschaft?

    (Lachen bei der SPD)

    Da gibt es merkwürdigerweise eine ganze Reihe von sehr unterschiedlichen Äußerungen des Bundeskanzlers selbst. Einmal, z. B. in seinem „Spiegel"-Interview, preist er die Vorzüge der Sozialen Marktwirtschaft an, während er in anderen Fällen, z. B. auch hier im Deutschen Bundestag, abfällige Bemerkungen macht: Das sei mehr ein gutes Propagandawort, erfunden von der CDU/CSU.
    Uns geht es' aber, Herr Bundeskanzler, um die inhaltliche Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialstruktur unseres Landes und damit auch Europas. Wir gehen nämlich davon aus, daß Europa nicht frei sein kann, wenn es nicht auch wirtschaftlich eine freie Struktur hat. Wenn alle die Parolen, die jetzt in Ihrem Europa-Programm ausgegeben werden — Herr Bundeskanzler, ich habe von Ihnen selbst bisher keine Äußerung zu diesem Europa-Programm Ihrer Partei gehört bzw. gelesen — und die von Investitionsmodellen, von Investitionslenkung usw. ausgehen, zusammen mit den anderen Tendenzen der sozialistischen und kommunistischen Parteien Europas gesehen werden, wenn das zu einem europäischen Modell der Wirtschaft werden soll, dann kann, glaube ich, von einer freien Wirtschaftsordnung nicht mehr die Rede sein. Deshalb, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, Ihren Einfluß dahin geltend zu machen, daß die Grundsätze der freien und sozialen Marktwirtschaft auch auf europäischer Ebene wenigstens zum Gemeingut der Parteien wird, die Sie erreichen können. Wenn da gesagt wird, die SPD habe nicht die Aufgabe, ihren Schwesterparteien Ratschläge zu geben, dann kann ich dazu nur sagen: Der Herr Bundeskanzler ist auch sonst nie pingelig, wenn er Ratschläge erteilt.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Hier wäre in der Tat ein dankbares Feld, auf dem er seine Ratschläge zum Tragen bringen könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weil dieses System der Sozialen Marktwirtschaft auch in der deutschen Öffentlichkeit von den linken Sozialdemokraten bis hin zu Leuten, die nicht mehr diesem Spektrum angehören, immer wieder verfälscht wird, erlaube ich mir, in wenigen Punkten die Grundpositionen der CDU/CSU zur Sozialen Marktwirtschaft Ihnen darzustellen.
    Erstens. Soziale Marktwirtschaft bedeutet nicht ungehemmten, schrankenlosen Kapitalismus.

    (Immer [Altenkirchen] [SPD] : Was heißt das?)

    Und wenn hier eine Kapitalismuskritik betrieben wird, dann trifft dies nicht die Soziale Marktwirtschaft. Das ist ja der Kniff, daß man einen Pappkameraden aufbaut und dann so tut, als sei dies die Soziale Marktwirtschaft.
    Zweitens. Die Soziale Marktwirtschaft bewegt sich in einem gesetzlichen Ordnungsrahmen, für den der Staat verantwortlich ist. Zu diesem gesetzlichen Ordnungsrahmen für eine freie Marktwirtschaft gehören das Wettbewerbsrecht, das Kartellrecht, das Verbraucherschutzrecht, die Mißbrauchsaufsicht und eine ganze Fülle anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen.
    Drittens. Darüber hinaus hat der Staat ein Instrumentarium zur Beeinflussung der Wirtschaftsentwicklung zur Verfügung. Seit 1968 ist dieses Instrumentarium im Stabilitätsgesetz festgeschrieben. Dort sind auch die Leitziele der Sozialen Marktwirtschaft angegeben: Vollbeschäftigung, Stabilität, angemessenes Wirtschaftswachstum, außenwirtschaftliches Gleichgewicht. In der Sozialen Marktwirtschaft muß der Staat mit marktkonformen Mitteln diese Ziele anstreben. Marktkonforme Mittel sind z. B. Mittel der Finanzpolitik, der Regionalpolitik, der Strukturpolitik. Nicht zu solchen marktkonformen Mitteln gehören nach unserer Auffassung Verstaatlichung, Vergesellschaftung, Investitionskontrolle, planwirtschaftliche Maßnahmen aller Art.
    Viertens. Die Soziale Marktwirtschaft beruht auf dem verfassungsmäßig garantierten Privateigentum auch an Produktionsmitteln, auf der freien Wirtschaftsinitiative freier Bürger, auf dem partnerschaftlichen Zusammenwirken von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Unternehmen und überbetrieblich.
    Der Staat hingegen hat nach unserer Auffassung nicht die Zuständigkeit, sich in diesen privaten Wettbewerb von Wirtschaftsunternehmen einzuschalten. Wir wissen, daß das in Europa eine sehr große Rolle spielen wird. Wenn das hier in Deutschland schon geschehen ist, Herr Bundeskanzler, dann sollten Sie einmal prüfen, was in dem Bereich der Reprivatisierung in der Bundesrepublik geschehen kann.
    Gestern ist beklagt worden, daß große Unternehmen sich immer mehr ausbreiten und andere Wirtschaftsbereiche aufkaufen. Dazu ist auf das Beispiel des Volkswagenwerks hinzuweisen, das ebenfalls versucht, sich durch Diversifikation, durch diese Art von Verbreiterung, auszudehnen.
    Aber wir sind nicht der Meinung, daß staatliche Unternehmen Privatunternehmen Konkurrenz machen sollen, bis diese ruiniert sind. Wir haben derlei z. B. im Aluminiumbereich erlebt, wo mit Steuergeldern staatliche Unternehmen gestützt worden und Privatunternehmen in der Konkurrenz schließlich zugrunde gegangen sind. Das ist nicht die Art von Wirtschaftspolitik, die wir wollen. Es wäre sehr verdienstvoll, wenn der Herr Bundeskanzler sich zu diesen Fragen einmal äußern würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)




    Dr. Althammer
    Fünftens. Die soziale Komponente der Sozialen Marktwirtschaft besteht nicht nur in der optimalen Leistungsfähigkeit, die jeder sozialistischen Wirtschaftsordnung überlegen ist, sondern sie besteht auch in der Möglichkeit, den Privaten einen vermehrten Anteil am Vermögenszuwachs zuzuwenden. Hier kommt der Bereich der privaten Vermögensbildung ins Spiel. Auch hier, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, haben wir seit langer Zeit von der Regierungsseite überhaupt keine Initiative mehr. Man stellt sich die Frage, ob auch im Bereich der Vermögensbildung die SPD zu der Haltung zurückfallen will, die sie einmal unter Viktor Agartz innehatte, als sie sagte: Wir wollen nicht den Kleinbürger mit eigenem Privatvermögen; wir wollen den verfügbaren Proletarier, der für den Klassenkampf einsatzfähig ist. Wenn Sie diesen Verdacht entkräften wollen, würde ich Sie bitten, auch im Bereich der Vermögensbildung künftighin etwas zu unternehmen.
    Schließlich — das ist der sechste Punkt — ist für uns die Soziale Marktwirtschaft eine zentrale Voraussetzung der sozialen Leistungsfähigkeit unseres Staates. Das haben wir ja alles erlebt. Wir wissen, wie schnell die Finanzierbarkeit von Sozialleistungen aufhört, wenn die Marktwirtschaft nicht durch ein angemessenes Wachstum und durch Vollbeschäftigung erst einmal die finanziellen Voraussetzungen dafür schafft. Darum ist es einfach notwendig, daß man durch die Anwendung der marktwirtschaftlichen Mittel die Dinge wieder ins Lot bringt. Man darf nicht versuchen, durch irgendwelche dirigistischen Methoden die Probleme zu bewältigen. Das wird nicht gelingen, und das ist nicht möglich.
    Siebtens. Zum Bereich der Sozialen Marktwirtschaft gehört auch das Mitwirkungsrecht der Arbeitnehmer im Betrieb und überbetrieblich.

    (Zuruf von der SPD: Mitbestimmung!)

    Es ist ganz interessant, daß die Mitbestimmung, die von der CDU/CSU in den 50er Jahren — 1952, Betriebsverfassungsgesetz, vorher schon Montan-Mitbestimmung — eingeführt worden ist, in den letzten Jahren auch von den anderen europäischen Ländern nun plötzlich als eine der positiven Leistungen erkannt worden ist und daß man jetzt in Europa von der „Partizipation" spricht.
    Aber wir sagen auch ganz deutlich, was wir unter „Mitbestimmung" nicht verstehen. Wir verstehen darunter nicht eine Überparität der einen Seite, und wir verstehen darunter nicht eine Kombination mit Vermögensrechten, die in Fonds eingebracht werden, über die Funktionäre verfügen, um auf diesem Wege dann unsere Gesellschaftsordnung in eine andere umzuformen. Das ist nicht das, was wir unter Mitbestimmung verstehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Wir haben doch gar keine Parität!)

    Zu diesem Punkt wird das Bundesverfassungsgericht am 1. März einiges sagen. Ich nehme an, das Bundesverfassungsgericht wird zu diesem Punkt seine Entscheidung ohne Rücksicht darauf treffen, was inzwischen an massivsten Beeinflussungsversuchen nicht nur von Herrn Farthmann, sondern
    leider auch vom Herrn Bundeskanzler in dieser Frage unternommen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich darf Ihnen sagen: Wir verstehen den Rechtsstaat so, daß wir froh sind, daß wir ein Verfassungsgericht haben, das in diesen zentralen Fragen unsere Verfassung auslegt und damit dafür Sorge trägt, daß hier nicht verfassungswidrig eine Umformung unserer Gesellschaftsordnung vorgenommen wird.

    (Immer [Altenkirchen] [SPD] : Da dachte Adenauer aber anders! — Roth [SPD]: Letzte Hoffnung! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege Wehner, das ist keine letzte Hoffnung! — Entschuldigung, Herr Roth hat das offenbar dazwischengerufen, aber es könnte ja möglicherweise aus derselben Ecke kommen; ich weiß das nicht so genau. — Wir dürfen und sollten alle froh darüber sein, wenn solche Grundsatzfragen auch verfassungsgerichtlich geklärt werden können.
    Eines möchte ich Ihnen sehr dringlich vor Augen halten: Bitte, zwingen Sie uns nicht dazu, das Problem der Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst noch einmal vor das Bundesverfassungsgericht bringen zu müssen, indem Sie hier Entscheidungen treffen, die nach unserer und nach der Auffassung namhafter Verfassungsrechtler ganz klar in Widerspruch zu unserem Grundgesetz stehen!
    Ich darf auch noch einen Wunsch anbringen, weil dies heute vormittag schon wiederholt angesprochen worden ist. Der Herr Bundeskanzler hat dankenswerterweise in seinem „Spiegel"-Interview ein Wort zum Verfassungsschutz gesagt, ein positives Wort. Aber, Herr Bundeskanzler, diese sporadische Erklärung genügt unseres Erachtens nicht. Wir sehen die Gefahr, daß unser Verfassungsschutz durch fortlaufende, dauernde, systematische Angriffe in eine Situation gebracht wird, in der die Männer und Frauen, die sich hier um die Erhaltung unserer Grundordnung bemühen, resignieren und nicht mehr bereit sind, ihre Pflicht zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich darf als ein betroffener Vater mit mehreren heranwachsenden Söhnen auch eines sagen: Es wäre dringend erforderlich, daß der Herr Bundeskanzler der unterschwelligen Propaganda von linksextremer Seite an Schulen entgegentritt, die dahin geht, daß an den Schulen unseres Landes Schüler vom Verfassungsschutz als Spitzel ausgebildet und bezahlt würden. Der Herr Bundeskanzler ist dringend aufgefordert, da für Klarheit zu sorgen. Denn wenn man diese infame Unterstellung, diese Lügen, die hier verbreitet werden, von verantwortlicher Seite unwidersprochen stehen läßt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn das Klima bei unserer Jugend in eine Richtung geht, die uns alle vielleicht nicht mehr erfreut.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der Herr Bundeskanzler ist bei der Haushaltsdebatte, bei der Beratung seines Etats, nicht nur zu dem gefordert, was er und sein Kabinett in der Vergangenheit geleistet oder unterlassen



    Dr. Althammer
    haben; er ist auch gefordert, Antwort auf die brennenden zentralen Fragen zu geben, die unser ganzes Land, unser Volk und Europa in der nächsten Zukunft beschäftigen werden. Hier ist eine Fülle ungeklärter Fragen. Wir haben in mehreren Fällen erlebt, daß der Bundeskanzler zu spät gekommen ist, daß er in seiner eigenen Partei unterlegen ist, z. B. in der Frage Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst. Es ist dringend zu wünschen, daß bei den zentralen Fragen, wie dieses Europa inhaltlich aussehen soll, wie dann die Rückwirkungen auf unsere deutschen Verhältnisse sind, daß der Bundeskanzler hier Klarheit schafft, daß er nicht versucht, immer wieder nachzugeben und eine Formel zu finden, mit der er die Linken in seiner Partei einfangen kann. Hier muß einmal klargemacht werden, wo die Grenzen unseres gemeinsamen Staats-und Verfassungsverständnisses sind und wo die Punkte sind, an denen Linke nicht mehr mit uns konform gehen können, weil sie diese Staats- und Gesellschaftsordnung nicht wünschen.
    Der Herr Bundeskanzler hat viele Fragen offengelassen. Wir hoffen, daß er vielleicht heute nachmittag in seinem Beitrag zu diesen zentralen Fragen noch Stellung nehmen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)