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ID0813008500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/130 Deutscher Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Höhmann . . . . 10131 A Eintritt der Abg. Frau Dr. Czempiel in den Deutschen Bundestag 10131 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/2408 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksachen 8/2427, 8/2470 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksachen 8/2423, 8/2470 — Haase (Kassel) CDU/CSU 10132 B Löffler SPD 10138 A Hoppe FDP 10142 B Matthöfer, Bundesminister BMF 10145 D Dr. Häfele CDU/CSU 10154 C Frau Funcke FDP 10159 D Glos CDU/CSU 10161 B Wohlrabe CDU/CSU 10164 A Dr. Dübber SPD 10166 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/2417 — 10167 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/2412, 8/2470 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 10168 A Müller (Nordenham) SPD 10172 A Hoffie FDP 10173 D, 10183 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 10176 D Mahne SPD 10179 A Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 10181 A Feinendegen CDU/CSU . . . . . . . 10182 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 8/2409, 8/2470 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . 10184 D Frau Simonis SPD 10187 C Dr. Haussmann FDP 10191 A Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 10193 A Roth SPD 10197 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 10201 D, 10209 C Dr. Narjes CDU/CSU . . . . . . . . 10205 D Metz CDU/CSU 10210 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2413 — Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . . 10211 A Müller (Nordenham) SPD . . . . . . 10213 D Hoffie FDP 10215 B Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . . 10217 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/2410 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . . . 10219 C Simpfendörfer SPD . . . . . . . . 10222 C Peters (Poppenbüll) FDP 10225 B Ertl, Bundesminister BML 10226 A Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 8/2419, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10228 B Frau Traupe SPD 10230 C Dr. Schneider CDU/CSU 10233 B Müntefering SPD 10236 A Gattermann FDP 10237 D Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 10241 A Krockert SPD 10243 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 10243 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/2401 — 10246 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/2403 — . . . . . . . . 10246 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/2416 — . . . . . . . . 10246 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 8/2418, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10246 C Esters SPD 10248 B Gärtner FDP 10248 D Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . 10249 C Schluckebier SPD . . . . . . . . . 10251 B Stommel CDU/CSU . . . . . . . . 10252 D Dr. Vohrer FDP . . . . . . . . . 10254 B Höffkes CDU/CSU . . . . . . . . 10255 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . . 10257 C Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 10260 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 8/2402, 8/2470 — . . . . 10262 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 10263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10265 A Anlage 2 Offizielle deutsch-sowjetische Gespräche über Waffenlieferungen an die Volksrepublik China SchrAnfr B4 12.01.79 Drs 08/2464 Würzbach CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 10265* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 10131 130. Sitzung Bonn, den 23. Januar 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Dr. Becher (Pullach) 23. 1. Dr. von Bismarck 23. 1. Blumenfeld * 23. 1. Brandt 26. 1. Dr. v. Dohnanyi 23. 1. Flämig ' 26. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Dr. Klepsch * 23. 1. Koblitz 26. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 23. 1. Lange * 25. 1. Luster * 26. 1. Müller Bayreuth) 23. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Müller (Wadern) * 23. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Dr. Schwörer * 23. 1. Seefeld * 24. 1. Sieglerschmidt * 23. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Dr. Todenhöfer 23. 1. Wawrzik * 25. 1. Weber (Heidelberg) 23. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Frau Dr. Wisniewski 23. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. Anlage 2 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/2464 Frage B 4) : Haben sich offizielle sowjetische Dienststellen oder Diplomaten der UdSSR an Behörden oder Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland gewandt, um die Bundesrepublik Deutschland von Waffenverkäufen an die Volksrepublik China abzuhalten, und - trifft dies zu - wie haben dazu Bundesregierung bzw. ihre diplomatischen Vertreter darauf geantwortet? Wie der Bundeskanzler in seiner Pressekonferenz am 12. Januar 1979 bereits mitgeteilt hat, hat er zwei Briefe von Breschnew bekommen, die sich auf die Frage von Waffenverkäufen an die VR China bezogen. Die beiden Briefe werden demächst beantwortet werden. Zur Sache selbst verweise ich auf die bekannte, restriktive Rüstungsexport-Politik der Bundesrepublik Deutschland.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Narjes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten. Damen! Meine Herren! Aus der Fülle der Anlässe, die die beiden früheren Reden für Bemerkungen gegeben haben, möchte ich die außer-



    Dr. Narjes
    gewöhnlich scharfe Polemik des Kollegen Roth gegen Dr. von Habsburg herausgreifen. Herr Roth, was wollen Sie mit Ihrer Polemik? Wollen Sie eine persönliche Diffamierungskampagne starten? Wollen Sie eine Art von politischer Sippenhaftung begründen, oder wollen Sie Dr. von Habsburg die politische Gleichberechtigung verweigern?

    (Zurufe von der SPD)

    Für uns jedenfalls ist Ihre Polemik Ausdruck eines Freund-Feind-Denkens, von dem wir in Deutschland schon zuviel haben. Wir werden uns daran nicht beteiligen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Die Annäherung in der Beurteilung der konjunkturpolitischen Lage des Jahres 1979 darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß in der Bewertung der Grundannahmen unserer mittel- und langfristigen Wirtschaftspolitik tiefgreifende Unterschiede bestehen, jenseits der hier einmal mehr offenkundig gewordenen ordnungspolitischen Differenzen, wie sie sich aus der Rede des Kollegen Roth ergeben. Ich darf diese Differenzen in drei Teilbereichen deutlich machen: der Handels- und Europapolitik, dem Schiffsbau und der Energiepolitik.
    In der Handelspolitik erheben wir den Vorwurf an die Bundesregierung, daß sie den für uns lebensnotwendigen Kampf gegen den Protektionismus und den Neoprotektionismus in der Welt und in Europa nur unzulänglich führt. Daß die Bundesrepublik Deutschland insoweit eine herausragende Verantwortung trägt, ergibt sich aus unserer Größe und aus unserer ureigenen Abhängigkeit vom Gedeihen der Weltwirtschaft. Wir werden bald an jedem Werktag für eine Milliarde DM Güter oder Dienstleistungen jenseits unserer Grenzen absetzen müssen.
    Unser Vorwurf zielt konkret erstens auf die unbefriedigende Entwicklung des Binnenmarktes in der Europäischen Gemeinschaft und zweitens auf die Mängel unserer Politik in bezug auf die Weltmärkte.
    Zu Recht wurde auf mehreren Gipfelkonferenzen Europas festgestellt, daß der Zuwachs des Handels in der Europäischen Gemeinschaft hinter den Zuwächsen des Welthandels zurückbleibt. Wir haben den Eindruck, daß eine angemessene Erforschung der Ursachen dieser Entwicklung fehlt. Der Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaft — immerhin nimmt er mehr als 50 % unseres Exports auf — hat sich nicht so entwickelt, wie er es nach den Römischen Verträgen sollte. Allein im unwiderruflichen Abbau von Binnenmarktgrenzen erweist sich aber die Integrationsleistung der Gemeinschaft. Die Fehlentwicklung, die wir heute beklagen, begann schon mit dem sogenannten Dreiklang auf der Gipfelkonferenz von 1969 in Den Haag. Vollendung, Vertiefung und Erweiterung — so hieß es damals. Unabhängig von der Fragwürdigkeit dieses Grundgeschäftes haben wir heute nach zehn Jahren nach dem Stande der Verwirklichung des Versprechens nach Vollendung zu fragen, und zwar sehr konkret. Das Ergebnis ist enttäuschend. Die Steuergrenzen teilen Europa heute ebensosehr wie 1969. Die Harmonisierung der Mehrwertsteuer ist noch nicht abgeschlossen. Das Niederlassungsrecht der Unternehmer und die Freizügigkeit der freien Berufe und der freie Kapitalverkehr sind unverändert notleidend. Das öffentliche Auftragswesen ist eher protektionistischer geworden. Die selbstisolierenden Praktiken der nationalisierten Industrien und Banken laufen den Zielen der Gemeinschaft zuwider. Der europäische Binnenmarkt existiert nicht einmal mehr als Bezugspunkt für die Wettbewerbspolitik, wie die Rede des Kollegen Roth zeigt. Die Harmonisierung der wettbewerbsverzerrenden Rechtsvorschriften einschließlich der Subventionen läßt zu wünschen übrig. In der Rezession sind zusätzliche Hindernisse aufgebaut worden. Der europäische Binnenmarkt, der Eckpfeiler der europäischen Integration, ist mithin notleidend. Ihm fehlt die politische Priorität, vor allen Dingen auch auf der Tagesordnung des in den Römischen Verträgen nicht vorgesehenen Europäischen Rates.
    Aber auch die Vorbereitung der europäischen Direktwahlen läßt Schlimmes befürchten. Man nehme das Europaprogramm der SPD. Das Thema „Binnenmarkt" gibt es darin überhaupt nicht ernsthaft. Statt dessen werden soziale Forderungen aufgelistet, für die den Gemeinschaften heute fast jede Kompetenz fehlt und für die auch auf absehbare Zeit keine Vertragsänderungen durchzusetzen sein werden. Das Europaprogramm der SPD ist, gemessen an den praktischen Möglichkeiten seiner Verwirklichung, ein neuer Gipfel europäischer Unaufrichtigkeit. Geradezu absurd ist das Ziel der 35-Stunden-Woche für die europäische Politik. Meint die SPD, Herr Kollege Wehner, in der Tat, daß sie mit einer solchen Forderung den zurückgebliebenen Regionen der Gemeinschaft in Süd- und Inselitalien oder in Irland und morgen Spanien, Portugal und Griechenland helfen kann, ihren Entwicklungsabstand aufzuholen?

    (Wehner [SPD]: Zerbrechen Sie sich nicht unseren Kopf!)

    Wollen Sie die Menschen dort verhöhnen?

    (Wehner [SPD]: Nicht einmal Sie will ich verhöhnen!)

    „Mehr Wohlstand durch weniger Arbeit" als ein europäisches Konzept ist ein böses Produkt sozialer Gedanken und europäischer Rücksichtslosigkeit. Es trägt auch Ihren Namen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieser Teil des Programms ist ein Produkt satter Gehirne, nur wissen Sie es noch nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    Weltweit hat auch der Londoner Gipfel 1977 hervorragende Formulierungen für die Notwendigkeit gefunden, das Übel des Protektionismus zu bekämpfen. Was hat sich seitdem aber verändert? Was hat die Bundesregierung getan, damit sich etwas ändert?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nichts!)

    Der Protektionismus — offen oder versteckt — wächst unablässig in allen beteiligten Staaten.
    Zu den großen Unklarheiten gehört auch die ordnungspolitische Verwässerung in den handelspoliti-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 10207
    Dr. Narjes
    schen West-Ost-Beziehungen. Die Staatshandelsländer des Ostens, vor allem der Sowjetunion, sind eben keine Welthandelspartner wie jeder andere. Es gibt zwischen Ost und West eine Systemgrenze, die man nicht durch eine weltweite Mischmaschwirtschaft ersetzten kann.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Wir warnen vor der absurden Idee, die Oststaaten zunehmend in die Lenkungsorganisationen der liberalen Weltwirtschaft einzuladen

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und sie dort als Mitgestalter zum Zuge kommen zu lassen. Sie wären dort die Böcke im Vorstand der Gärtnerinnung.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Der Bilateralismus und die merkantilistische staatswirtschaftliche Auffassung des Ostens von Welthandel stehen auch in einem krassen Widerspruch zu den elementarsten Unabhängigkeitsinteressen gerade der jungen Staaten der Dritten Welt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Jeder Bilateralismus in den Wirtschaftsbeziehungen bedeutet für sie politische Abhängigkeit vom stärkeren Partner. Die konfliktlösende Wirkung des Marktes als Steuerungsinstrument der Wirtschaft ist weltwirtschaftlich noch bedeutungsvoller als in den Einzelvolkswirtschaften, weil eine konfliktlösende Funktion weltweit zugleich auch friedenserhaltend wirkt.
    Wir haben den Eindruck, daß auch der Bundeskanzler die historischen Dimensionen verkennt, in denen er sein wirtschaftspolitisches Wirken auf den verschiedenen Gipfelkonferenzen sehen und an denen er sich messen lassen muß.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Die tiefe Depression in den Jahren 1929 bis 1932 konnte durch die Weltwirtschaftskonferenz 1933 nicht überwunden werden. Dieser Fehlschlag kann mit zu den Ursachen des Zweiten Weltkriegs gezählt werden.
    Der nächste Fall: Nur unter dem Eindruck der weltweiten Verwüstung des Zweiten Weltkrieges war es möglich, Systeme wie das von Bretton Woods und das GATT mit Ach und Krach durchzusetzen. Beide haben nur so lange funktioniert, wie die Regeln beachtet wurden und die größeren Partner verantwortungsvoll gehandelt haben.
    Gemessen an diesen Erfahrungen reicht das, was in der Serie der Gipfelkonferenzen seit 1975 unter dem Eindruck der weltweiten Rezession zur besseren Orientierung der Weltwirtschaft der 80er und 90er Jahre bisher beschlossen worden ist, zu .dem notwendigen Kurswechsel nicht aus.
    Resignierendes Achselzucken ist keine Antwort. Mobilisieren Sie doch die große Konzeptionskraft, die es in Deutschland gibt. Bemühen Sie sich, weltweit zu überzeugen, nicht nur auf Konferenzen — das ist zu spät —, sondern weit in ihrem Vorfeld, damit die Konferenzergebnisse rationalen Kriterien standhalten und ihr Inhalt verantwortbar ist..
    Im Gegensatz zum Kollegen Roth bin ich auch der Meinung, daß die Vorbereitung zu UNCTAD V nicht befriedigend ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Die Interdependenz der Weltwirtschaft birgt viele Versuchungen für falsche Lösungen. Eine von ihnen wird unter der Überschrift „Strukturanpassung" gehandelt. Man meint häufig, daß sie durch internationale dirigistische Absprachen beschlossen werden könne. Das ist so sinnlos wie eine nationale oder regionale dirigistische Strukturpolitik oder Investitionslenkung.
    Gerade das Beispiel der Textilindustrie sollte diejenigen, die es heute heranziehen, daran erinnern, wie oft und in wie vielen Gremien früher gefordert wurde, der Textilindustrie in den Industriestaaten durch weltweite Abkommen grundsätzlich die Existenzberechtigung abzusprechen.
    Damit bin ich beim zweiten Thema: Schiffbau und Schiffahrt. Die Krise ist seit wenigstens zwei Jahren eine Gewißheit. Dennoch wird erst in letzter Minute gehandelt. Man sollte überhaupt nicht glauben, daß die Interessen des Schiffbaus und der Schifffahrt in dieser Bundesregierung angemessen vertreten sind — obwohl einige ihrer Mitglieder auf Grund ihrer Aufsichtsratssitze wesentlich besser informiert sein müßten, als es ihre Politik verrät.

    (Zurufe von der SPD)

    Das Schlagwort vom „ordnungspolitischen Sündenfall", von der „Subventionsmentalität" der Werften sollte hier nicht länger unbesehen so weiterbenutzt werden, wie es hier eingeführt worden ist. Wir schulden allen Beteiligten, die Ursachen der Schiffbaukrise differenzierter zu betrachten und wenigstens zwei große Ursachenkomponenten auseinanderzuhalten.
    Da sind einmal die Fälle der klaren Unterlegenheit im Wettbewerb. Insoweit sind die Unternehmen aufgerufen, sich umzustellen. Es ist Sache des Staates, durch zeitlich begrenzte, degressiv gestaffelte Anpassungsbeihilfen zur Selbsthilfe einzuspringen und Regionalprogramme für die betroffenen Regionen zu entwickeln. Es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der beteiligten Ministerpräsidenten, hierfür einzutreten. Dies gilt auch dann, wenn die Fälle als „Devisenprobleme" dargestellt werden.
    Von diesen Fällen, über die weitgehende Einmütigkeit zu bestehen scheint — jedenfalls mit dem Bundeswirtschaftsminister —, sind die handelspolitischen Ursachenkomponenten zu unterscheiden. Sie werden mit Vorliebe übersehen, weil sie unbequem sind. Der internationale Subventionswettbewerb der Finanzminister, die öffentlich finanzierte Jagd nach knappen Aufträgen, das ist ein Wettbewerbsverhalten, das nicht geduldet werden kann.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Wie wollen Sie es ändern?)

    Wer dies tut, versündigt sich eben nicht nur am Schiffbau, sondern schafft gefährliche Präzedenzfälle auch für andere Branchen. Man stelle sich einmal vergleichbare Wettbewerbsverzerrungen für schwere Lastwagen vor.



    Dr. Narjes
    Es geht also über den Schiffbau hinaus um die Durchsetzung eines wettbewerbsgerechten Verhaltens. An dem nachhaltigen Willen der Bundesregierung, solche Sünden nicht einreißen zu lassen, fehlt es aber. Dieses Thema gehört auf die Tagesordnung der Regierungschefs, aber nicht auf die der Botschafter und Staatssekretäre. In der Europäischen Gemeinschaft ist es so noch nicht einmal möglich gewesen, eine Beihilfen-Harmonisierung durchzusetzen, die eine Obergrenze der nationalen Schiffbaubeihilfen festlegt. Auch in der OECD ist durch eine Teilregelung von wettbewerbsverfälschenden Maßnahmen eher ein Ungleichgewicht verfestigt worden. Wir sollten alle Subventionstatbestände lieber als Einheit werten und auf Globallösungen hinstreben.
    Ähnliches gilt für das GATT. Ein vierter Bereich ist hier die Konkurrenz mit dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, der sich mit offensichtlichen Wettbewerbsverfälschungen wachsende Marktanteile erworben, erkämpft hat. Schließlich gehört hierher der Vorteil, den andere Werftindustrien aus der Nationalisierung und der sich daraus ergebenden unbegrenzten Kostenübernahme durch Staatshaushalte erreicht haben.
    Der Schutz gegen diese fünf Arten wirtschaftspolitischen Fehlverhaltens im internationalen Wettbewerb ist kein ordnungspolitischer Sündenfall, sondern legitime Abwehr von Verfälschungen. Vergeltung gegen Wettbewerbsverfälschungen und Ordnungsdenken schließen einander nicht aus. Es stellt sich deshalb die Frage, ob — so gesehen — die Maßnahmen richtig sind.
    Wir meinen, sie sind nur ein erster Schritt, weil ihnen Ergänzungen fehlen. Wo bleiben, Herr Bundeswirtschaftsminister, die antizyklischen Aufträge der deutschen notwendigen öffentlichen Hände? Ist es volkswirtschaftlich nicht sinnvoller, statt Subventionen zu geben, den später ohnehin öffentlichen Bedarf jetzt zu decken? Warum ist die Bundesregierung beim Export von Kriegsschiffen unnötig restriktiv? Warum nutzt sie nicht die Schiffbaurezession zur Verbesserung der Schiffssicherheit, insbesondere für Tankschiffe? Zu keinem Zeitpunkt wäre es sinnvoller gewesen, die überfällige Schiffssicherheit für Tankschiffe zu erhöhen, als in der gegenwärtigen Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Statt dessen betreiben Sie eine schläfrige Konferenzdiplomatie. Warum wird die Investitionskraft unserer Reeder nicht dadurch gestärkt, daß man das aggressive Verhalten und die unfairen Wettbewerbspraktiken der Ostblock-Staaten und -Flotten schärfer angreift? Wir sind keine Schiffahrts-Nationalisten, aber wir haben auch nicht die geringste Veranlassung, Dumping-Praktiken des Ostblocks zu erdulden oder sie gar noch mit deutscher Ladung zu prämiieren, schon gar nicht auf Kosten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
    Schließlich: Jenseits der Schiffbaukrise wird eine andere grundsätzliche Entscheidung fällig — ich erwähne sie hier nur —, nämlich die Entscheidung darüber — in absehbarer Zeit wird sich dieses Hohe Haus darüber klar werden müssen —, ob wir noch eine deutsche Handelsschiffahrt haben wollen, die nicht als Staatsreederei betrieben wird, oder welche Konzeption wir statt dessen für unsere Transportprobleme über See haben. Im Augenblick sind 90 % unserer Reeder in den roten Zahlen. Die Bitte um Liquiditätshilfe zeigt dies im Detail.
    Zusammenfassend: Einer unzureichenden Analyse der Schiffbaulage folgt ein unzureichendes Maßnahmenpaket: Zum Leben zuwenig, zum Sterben zuviel; es ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben nur einer. Ein entsprechendes Strukturanpassungskonzept für die betroffene Region fehlt; es ist für die nächsten Monate angekündigt. Großsprecherische Hinweise auf die Möglichkeiten kurzfristiger Änderungen übersehen, daß es sich beim Schiffbau um viele tausend hockqualifizierter Schweißer handelt,

    (Zuruf des Abg. Grobecker [SPD])

    die in 36 Monaten ohne Wettbewerbsverzerrungen kaum in andere Produktionsbereiche „verpflanzt" werden können. — Es gibt schon weit mehr Erfahrungen und Lehrgeld, Herr Kollege Grobecker, als manche Gelegenheitsredner zu diesem Thema anscheinend wissen. —
    Ein dritter Bereich fundamentaler Unterschiedlichkeit zwischen Regierung und Opposition ist der der Energiepolitik. Der Ausfall der Öllieferungen aus dem Iran bestätigt unsere langjährigen, aber nie beachteten Vorbehalte gegen die Energieversorgungspolitik der Bundesregierung.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Sie haben doch diese Abhängigkeit erst geschaffen!)

    Hier haben wir den Musterfall einer unvorhergesehenen politischen Versorgungsstörung. Wir fordern, daß dieses Beispiel Iran unverzüglich zum Anlaß genommen wird, daraus Lehren für die Beseitigung der Mängel unserer politischen Analyse zu ziehen.
    Entscheidend für unsere sichere Versorgung ist letztlich die politische Verfügbarkeit von Primärenergie. Sodann: Störungen können überraschender erfolgen, als bisher die Bundesregierung und auch die Ölgesellschaften angenommen haben. Es genügt halt nicht, daß man sich gegen die Wiederholung schlechter Erfahrungen absichert. Versorgungsstrategisches Denken und die vorbeugende Vorsorge gegen den jeweils schlimmsten Fall sind unverzichtbar. Sie sind bisher unterblieben. Lassen wir uns heute nicht davon täuschen, daß der Ausfall des Irans in diesen Jahren noch durch die ungenutzten Produktionsreserven Saudi-Arabiens aufgefangen werden kann. Das ließe sich in wenigen Jahren schon nicht mehr wiederholen.
    Sodann sind Konsequenzen zu ziehen. Unsere Vorratspolitik muß revidiert werden. Ich wiederhole: 90-Tage-Vorräte sind zuwenig. Die weltweite Streuung der Versorgungsquellen ist nachhaltiger zu betreiben als bisher. Warum ist es bisher unterlassen worden, etwa mit Mexiko intensiv zu verhandeln? Wir dürfen schließlich den Nutzen und die Beistandsmöglichkeiten der Internationalen Energieagentur nicht überschätzen. Wichtiger noch' sind indessen die



    Dr. Narjes
    mittel- und die langfristigen Konsequenzen des Iran-Falles. Eine Regierung, die unreflektiert von der Vorstellung ausgeht, daß ein geordneter Übergang in die Nach-Öl-Wirtschaft bis zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich ist, an dem sich die Erschöpfung aller geologisch verfügbaren Vorräte absehen läßt, handelt illusionär. Die Stunde der Machtpolitik kann wesentlich schneller kommen, als heute erwartet wird. Infolgedessen sind alle Maßnahmen zu beschleunigen, die dem Übergang zur Nach-Öl-Zeit dienen: Einsparungen und die Zukunft der Kohle und der Kernenergie.
    Angesichts dieser durch den Iran-Fall deutlicher noch als vorher erkennbaren Lage ist die Opposition der Überzeugung, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß die zweite Fortschreibung des Energieprogramms nicht mehr den Anforderungen genügt, die wir an eine deutsche Energiepolitik für die 80er und 90er Jahre stellen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden die Bundesregierung auffordern, dieses Programm neu zu schreiben, und zwar noch in diesem Jahr. Unsere erste Kritik gilt den Zeithorizonten dieses Programms: Wenn es nicht noch 1979 auf die Erfordernisse des Jahres 2000 ausgerichtet wird, wird der Bundestag realistischerweise frühestens erst wieder 1982 mit einem fortgeschriebenem Programm befaßt werden können. Das wäre aber zu spät, um die zahlreichen dringenden Investitionsentscheidungen politisch verläßlich zu orientieren. Solche Orientierungen fehlen für den Steinkohlenbergbau, für die Kohlewirtschaft in den Europäischen Gemeinschaften, für die Veredelung der Kohle und vor allen Dingen auch für die Revision der Kernenergiepolitik. Die Koalition muß ihre Flucht in die Zukunft abbrechen und alle notwendigen Entscheidungen schon vor der nächsten Bundestagswahl treffen.
    Weiteres Zögern in bezug auf die Kernenergie ist ohne jede Einschränkung verantwortungslos. Die Formel vom „Offenhalten der Option Kernenergie" und der Begriff des „Restbedarfs" sind unverzüglich aufzugeben. Sie verkörpern die wohl größte wirtschaftspolitische Fehlentscheidung der Nachkriegszeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Alle vergleichbaren Industrienationen, die Vereinigten Staaten, Frankreich, der ganze Ostblock, führen großen Kernenergieprogramme mit Nachdruck durch. Bei uns droht den Kraftwerksbauern die Arbeitslosigkeit, weil keine Aufträge möglich sind. Zur Begründung dieser Notwendigkeit verweise ich auf alles, was zuletzt eindrucksvoll eine Studie der „Rockefeller Foundation" formuliert hat. Wir haben diesen Erkenntnissen nichts hinzuzufügen.
    Wir fordern Sie auf, den sorglosen Optimismus, der als Vorwand für Entschlußlosigkeit das bisherige Programm gekennzeichnet hat, aufzugeben. Die schrittweise und gezielte Lösung von 01 und Gas sind nicht länger zu vermeiden. Die Führungsaufgabe der Bundesregierung sollte darin liegen, sicherzustellen, daß dieses Ziel weder durch Tagesereignisse noch durch vorübergehende Angebotsschwemmen noch durch Koalitionskräche verhindert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr I Bundesminister Graf .Lambsdorff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur zu den letzten Ausführungen des Kollegen Narjes ganz kurz äußern. Erstens. Ich kann so, aus der Hüfte geschossen, nur sagen: Ich halte es nicht für erforderlich und nicht für sinnvoll, das Energieprogramm noch in diesem Jahre erneut fortzuschreiben.
    Zweitens. Der Eindruck, den Sie hierbei erwecken wollen oder mindestens erwecken, daß eine neue Fortschreibung verläßlich das sagen könne, was für das Jahr 2000 wirklich zutreffend ist,

    (Dr. Narjes [CDU/CSU] : Was Sie wollen!)

    wäre ein außerordentlich leichtfertiges Unterfangen. Das, was wir wollen, steht in der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms.
    Drittens. Daß für Kernkraftwerke im Augenblick keine neuen Anträge vorliegen, ist nicht darauf zurückzuführen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung oder die Landesregierungen diese Anträge nicht entgegennehmen, sondern ist darauf zurückzuführen, daß die Energieversorgungsunternehmen zur Zeit solche Anträge nicht stellen, weil sie dafür im Augenblick keinen Bedarf sehen.

    (Kittelmann [CDU/CSU] : Das ist doch wohl nicht der Grund!)

    — Sicher ist das der Grund, weil die installierte Leistung im Augenblick über dem liegt, was gegenwärtig genutzt werden kann.
    Viertens kommt hinzu, daß sich in der Tat ein Risiko aus den Gerichtsverfahren ergibt und ergeben hat, das schwer übersehbar ist. Das kann aber die Bundesregierung nicht mit der Fortschreibung des Energieprogramms ändern, Herr Kollege Narjes. Dies hat durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts in der Sache Vorlagebeschluß das OVG Münster eine wesentliche Erleichterung erfahren.
    Was auf dem energiepolitischen Sektor im Bereich der Kernenergie notwendig und hilfreich ist und wofür wir die Unterstützung und Hilfe der Opposition erbitten, ist eine forcierte und aktive Politik im Entsorgungsbereich. Hier liegt der Schlüssel zur • Beantwortung der Fragen, die sich dann im Genehmigungsverfahren ergeben können. Da gibt es Schwierigkeiten. Ich stehe nicht an, Herr Narjes — im Gegensatz zu manchen anderen —, anzuerkennen, daß es in jüngster Zeit erfreuliche Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit der niedersächsischen Landesregierung gibt, die nun einmal dank ihrer geographischen Situation einen entscheidenden Teil der Antwort in dieser Frage geben muß. Die Zusammenarbeit funktioniert.
    Daß Sie mich auf die Studie der Rockefeller-Foundation aufmerksam machen, finde ich sehr erfreulich. Ich bedanke mich dafür. Ich hatte das Vergnügen, an der Studie mitzuarbeiten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)