Rede:
ID0813006800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8130

  • date_rangeDatum: 23. Januar 1979

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    Plenarprotokoll 8/130 Deutscher Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Höhmann . . . . 10131 A Eintritt der Abg. Frau Dr. Czempiel in den Deutschen Bundestag 10131 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/2408 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksachen 8/2427, 8/2470 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksachen 8/2423, 8/2470 — Haase (Kassel) CDU/CSU 10132 B Löffler SPD 10138 A Hoppe FDP 10142 B Matthöfer, Bundesminister BMF 10145 D Dr. Häfele CDU/CSU 10154 C Frau Funcke FDP 10159 D Glos CDU/CSU 10161 B Wohlrabe CDU/CSU 10164 A Dr. Dübber SPD 10166 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/2417 — 10167 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/2412, 8/2470 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 10168 A Müller (Nordenham) SPD 10172 A Hoffie FDP 10173 D, 10183 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 10176 D Mahne SPD 10179 A Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 10181 A Feinendegen CDU/CSU . . . . . . . 10182 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 8/2409, 8/2470 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . 10184 D Frau Simonis SPD 10187 C Dr. Haussmann FDP 10191 A Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 10193 A Roth SPD 10197 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 10201 D, 10209 C Dr. Narjes CDU/CSU . . . . . . . . 10205 D Metz CDU/CSU 10210 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2413 — Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . . 10211 A Müller (Nordenham) SPD . . . . . . 10213 D Hoffie FDP 10215 B Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . . 10217 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/2410 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . . . 10219 C Simpfendörfer SPD . . . . . . . . 10222 C Peters (Poppenbüll) FDP 10225 B Ertl, Bundesminister BML 10226 A Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 8/2419, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10228 B Frau Traupe SPD 10230 C Dr. Schneider CDU/CSU 10233 B Müntefering SPD 10236 A Gattermann FDP 10237 D Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 10241 A Krockert SPD 10243 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 10243 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/2401 — 10246 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/2403 — . . . . . . . . 10246 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/2416 — . . . . . . . . 10246 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 8/2418, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10246 C Esters SPD 10248 B Gärtner FDP 10248 D Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . 10249 C Schluckebier SPD . . . . . . . . . 10251 B Stommel CDU/CSU . . . . . . . . 10252 D Dr. Vohrer FDP . . . . . . . . . 10254 B Höffkes CDU/CSU . . . . . . . . 10255 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . . 10257 C Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 10260 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 8/2402, 8/2470 — . . . . 10262 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 10263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10265 A Anlage 2 Offizielle deutsch-sowjetische Gespräche über Waffenlieferungen an die Volksrepublik China SchrAnfr B4 12.01.79 Drs 08/2464 Würzbach CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 10265* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 10131 130. Sitzung Bonn, den 23. Januar 1979 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Dr. Becher (Pullach) 23. 1. Dr. von Bismarck 23. 1. Blumenfeld * 23. 1. Brandt 26. 1. Dr. v. Dohnanyi 23. 1. Flämig ' 26. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Dr. Klepsch * 23. 1. Koblitz 26. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 23. 1. Lange * 25. 1. Luster * 26. 1. Müller Bayreuth) 23. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Müller (Wadern) * 23. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Dr. Schwörer * 23. 1. Seefeld * 24. 1. Sieglerschmidt * 23. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Dr. Todenhöfer 23. 1. Wawrzik * 25. 1. Weber (Heidelberg) 23. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Frau Dr. Wisniewski 23. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. Anlage 2 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/2464 Frage B 4) : Haben sich offizielle sowjetische Dienststellen oder Diplomaten der UdSSR an Behörden oder Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland gewandt, um die Bundesrepublik Deutschland von Waffenverkäufen an die Volksrepublik China abzuhalten, und - trifft dies zu - wie haben dazu Bundesregierung bzw. ihre diplomatischen Vertreter darauf geantwortet? Wie der Bundeskanzler in seiner Pressekonferenz am 12. Januar 1979 bereits mitgeteilt hat, hat er zwei Briefe von Breschnew bekommen, die sich auf die Frage von Waffenverkäufen an die VR China bezogen. Die beiden Briefe werden demächst beantwortet werden. Zur Sache selbst verweise ich auf die bekannte, restriktive Rüstungsexport-Politik der Bundesrepublik Deutschland.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Szene der Wirtschaftsdebatten im Deutschen Bundestag hat sich verändert: Hatten wir die letzten Jahre Sonthofener Votivbilder mit Blitz, Donner, Mord und Totschlag, d. h. gewaltige Krisengemälde von Herrn Strauß, so ist die Szene jetzt hingeschoben worden zur Stimmung einer Wagneroper: wolkig,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Haben Sie jemals ei-ne gesehen?)

    die Requisiteure der Ordnungspolitik blasen Rauch auf die Bühne,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie gucken doch immer Rumpelstilzchen!)

    die Darsteller werden immer unklarer, die Stimmen dadurch allerdings nicht besser.
    Für uns, Herr Vorredner, war es am erhebendsten, als Sie in Ihrer Rede dreimal als Sprecher der Opposition in Richtung auf die Koalition „Führung" verlangt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Erheiterung im deutschen Volk, meine Damen
    und Herren von der Opposition, wird, wenn Sie
    das in Richtung auf den Herrn Bundeskanzler sagen, angesichts der Führungsprobleme der letzten Wochen in Ihrer Partei total sein. Wir werden es zu ertragen wissen.
    Wir alle sind — das freut mich — übereinstimmend der Auffassung, daß sich die wirtschaftliche Entwicklung gebessert hat, daß die Investitionstätigkeit aktiviert wird. Es ist also nicht mehr möglich, von der großen Verwerfung, von der großen Krise in unserem Lande auszugehen.
    Das Kabinett hat heute im Jahreswirtschaftsbericht die Aussichten auf das Jahr 1979 beschlossen.

    (Rawe [CDU/CSU] : Eine tolle Sache, daß das Kabinett die Aussichten beschließt!)

    Man erwartet ein Wachstum des Bruttosozialprodukts von 4 %, eine Preissteigerungsrate von weiterhin niederen 3% und eine weitere Ermäßigung der Arbeitslosenquote auf 4 °/o.
    Ich halte diese Aussichten für insgesamt positiv:

    (Rawe [CDU/CSU] : Weil das Kabinett sie beschlossen hat!)

    — Verzeihen Sie, Sie können hier schreien, soviel Sie wollen; ich weiß, warum Sie es tun:

    (Erneuter Zuruf des Abg. Rawe [CDU/CSU])

    weil Sie nämlich in den letzten Jahren den großen Zusammenbruch der westdeutschen Wirtschaft an die Wand gemalt haben und nun vor dem Zusammenbruch Ihrer eigenen Argumentationsketten stehen!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber wir sind da ganz anders. Wir gehen jetzt nicht her und konstruieren aus den positiven Kennzeichen, daß die Zukunft problemlos sei. Ich sage hier ganz ausdrücklich bei der Diskussion über den Haushaltsplan 1979, daß wir schwierige, uns bedrängende strukturelle Probleme in unserem Lande haben.
    Erstens. Die Arbeitslosenquote variiert von unter 2 % bis nahezu 10 % zwischen den Arbeitsamtsbezirken in unserem Lande.
    Zweitens. Wir haben ein großes ungelöstes Problem bei der Beschäftigung der Frauen. Wir wollen etwas tun gegen die steigende Frauenarbeitslosigkeit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wissmann [CDU/CSU] : Was denn?)

    — Ich komme dazu noch.
    Drittens. Wir haben im strukturellen Bereich sektoral Probleme bei den Werften, immer noch beim Stahl, in der Luftfahrtindustrie und in verschiedenen kleineren Branchen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Die Bahn nicht zu vergessen!)

    Viertens. Es gibt regionale Probleme: Küstenländer, Ruhrgebiet.
    Fünftens. Es gibt ein generelles Problem: Die Produktivitätsentwicklung in der Wirtschaft ist schnel-



    Roth
    ler als das Wirtschaftswachstum seit dem Jahre 1972.
    Das sind konkrete Problemstellungen, die wir angehen müssen. Ich glaube, diese konkreten Problemstellungen kann man nicht angehen, indem man ordnungspolitischen Rauch in die Landschaft bläst. Hier gibt es einen ganz praktischen staatlichen und gesellschaftlichen Handlungsbedarf. Hier ist nicht die Entstaatlichung notwendig, sondern die Zusammenarbeit zwischen dem Staat auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite. Hier wäre endlich das Bekenntnis der CDU/ CSU notwendig, daß wir in einer gemischten Wirtschaftsordnung leben, in der der Staat und seine Handlungen genau dieselbe Bedeutung haben wie die Wirtschaftssubjekte, wie die Unternehmen und die vielfältigen Konsumenten und Verbraucher.
    Ich glaube, die schrittweise Überwindung der Krise auf konjunktureller Ebene seit 1974 hat gezeigt, daß dieses Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft funktionieren kann, wenn man das nur will. Ich erinnere daran, daß selbst der Sachverständigenrat in seinem Gutachten vom letzten Jahr bekennen mußte, daß die Nachfragestärkung aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm einen großen wirtschaftspolitischen Erfolg darstellt. Meines Erachtens geht Ihre Konzeption der Entstaatlichung an dieser ordnungs- und auch konjunkturpolitischen Realität vorbei. Die Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft sind nicht mehr aufhebbar, sie sind nur noch gestaltbar, weil sie schon seit Jahrzehnten zur Tradition dieser Wirtschaftsordnung geworden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Die staatlichen Maßnahmen als unzulässig zu bezeichnen und Entstaatlichung zu fordern bedeutet in der Regel nur, daß man zu spät und rein reaktiv, d. h. rein nachholend und nachschauend darauf antwortet. Nach meiner Überzeugung hat die CDU/CSU einen enormen ordnungspolitischen Nachholbedarf in der richtigen Einschätzung der Realität unserer Wirtschaftsordnung.

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    Frau Simonis hat zu Recht darauf hingewiesen, wie jetzt Ihre beiden Ministerpräsidenten Albrecht und Stoltenberg der Subvention beim Bund nachrennen, und anschließend sagt Herr Biedenkopf, Entstaatlichung sei die Devise der Zeit.

    (Beifall bei der SPD)

    Bringen Sie das doch zueinander!
    Wir werden die Modernisierung der Küstenregionen auf breiter Front anpacken, nicht nur durch Werftsubventionen, sondern durch vielfältige Programme der Strukturverbesserung, wobei wir genau auf Initiativen der Unternehmen abstellen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr richtig!)

    Ich gebe als Koalitionssprecher zu bedenken, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn wir im Wirtschaftsausschuß, in der Öffentlichkeit — das heißt, Opposition und Koalition — das Kritische, das rein Strukturerhaltende an den Subventionen, die geplant sind,
    stärker herausstellten und in einen Wettbewerb der Ideen träten, wie eine strukturoptimistischere, strukturfortschrittlichere Politik für die Küste entwickelt werden kann. Davon habe ich in der Rede von Herrn Biedenkopf kein Wort, nicht die Andeutung gehört,

    (Beifall bei der SPD)

    außer der Führungsforderung an den Bundeskanzler. Bitte, die wird kommen!

    (Wissmann [CDU/CSU]: Der ist ja nicht da!)

    Dasselbe zum Ruhrgebiet. Ich akzeptiere die Hinweise über die Schwierigkeiten im Ruhrgebiet, wobei man da sehr differenzieren muß. Es gibt Bereiche — östliches Ruhrgebiet —, wo Bergbau und Stahl in der Vergangenheit nicht so dominiert haben, wo in den letzten Jahren gerade ein sehr positives Wirtschaftswachstum zu vermerken ist. Aber wir zahlen die Zeche einer Strukturverwerfung auf Grund internationaler Wirtschaftsbeziehungen in anderen Teilen des Ruhrgebiets. Herr Professor Biedenkopf, ich vermute, Sie haben Ihren Wahlkreis immer noch in Bochum. Man weiß das ja nicht ganz genau. Sie sind in letzter Zeit so global geworden. Wenn ich die Bundesregierung als Opposition wegen ihrer Ruhrgebietspolitik kritisiere, dann muß ich Punkt für Punkt aufzählen, was ich besser machen würde, und Sie haben nichts gesagt!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion — das wird während dieser Tagesordnung abgewickelt werden — wird zusammen mit dem Koalitionspartner die Regierung auffordern, ein Konzept für die Stahlregionen zu schaffen. Da geht es um Infrastrukturverbesserungen genauso wie um Verbesserungen im Freizeitsektor, wie um die Verbesserung der Investitionschancen für kleine und mittlere Unternehmen.
    Meine Damen und Herren, besser als das Ordnungspathos, besser als die Scheinpolarisierung, die hier von meinem Vorredner entwickelt wurde, ist praktische Arbeit zur Strukturverbesserung. Da wir wissen, daß regionale Strukturpolitik

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Seit zwölf Jahren seid Ihr an der Macht in NRW, seit 12 Jahren!)

    nur zwischen Bund und Ländern zu machen ist, wäre es besser, wenn man hier nach einem Allparteienkonsens zur Strukturverbesserung suchte. Das würde auch die Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaften mehr interessieren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie laufen gerade durch Ihre konzeptionellen Ansätze einer praktischen Politik hinterher.
    Dasselbe ordnungspolitische Problem mangels Klarsicht haben Sie bei einem anderen Gebiet. Sie erkennen nicht, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland eine gespaltene Wirtschaftsordnung haben. Wir haben einen Wettbewerbsbereich mit kleinen und mittleren Unternehmen, der gut funktioniert, der andere Instrumente braucht als die Großwirtschaft, der vermachtete Bereich, wo eben keine



    Roth
    Wettbewerbspreise sind, wo Machtprozesse eine we sentliche Rolle spielen, wo strategische Preise gesetzt und deshalb die Anpassungsprozesse unterbrochen werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann muß man das ändern!)

    Diese Spaltung der Wirtschaftsordnung spielt bei Ihnen keine hinreichende Rolle. Alles wird unter einem dicken Mantel der Marktwirtschaft verhängt, und alle konkreten Probleme verschwinden darunter;

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie werden dann nur noch vage und fordern ordnungspolitische Neubesinnung, statt ganz konkrete Alternativen zu bieten.
    Ich darf ein afrikanisches Sprichwort zitieren, das sagt —

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Ein SWAPOSprichwort!)

    — Sehen Sie, so einfach machen Sie es sich. Statt daß Sie die. Ohren aufmachen

    (Lemmrich [CDU/CSU]: Machen wir ja! Wir sind ja begierig, es zu hören!)

    und die Argumente und Hinweise einer anderen Kultur ernst nehmen, beginnen Sie schon ängstlich zu werden, wenn ich den Satz anfange.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Dieses Sprichwort lautet: Wenn die Elefanten kämpfen, dann wächst kein Gras mehr. Das kann man in der Wirtschaftspolitik wahrhaftig gut anwenden. Wenn die Elefanten kämpfen, dann wächst kein Gras mehr.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber man kann auch ein anderes sagen: Wenn die Elefanten sich lieben - sprich VEBA und BP —, dann wächst auch kein Gras mehr.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn ich diese beiden Aspekte zusammenfasse, dann ist etwas ganz Wesentliches erkannt. Man darf die Reaktionen und Aktionen der Großwirtschaft nicht unter einer Ideologie der Marktwirtschaft verdecken, sondern muß die Handlungen der Großwirtschaft exakt kontrollieren. Dazu gibt es bei Ihnen kein Wort.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Und bei Ihnen?)

    Im Wettbewerbsbereich, in den Märkten, in denen kleine und mittlere Unternehmen konkurrieren, sind die Anpassungsprozesse vom Staat eher durch Rahmenbedingungen zu unterstützen. Im vermachteten Bereich brauchen wir unmittelbare Eingriffe.
    Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Die Textilwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland steht seit Jahren unter einem heftigen Anpassungsdruck. Aber Respekt vor den Leistungen der kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Bereich!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Modernisierung hat geklappt. Also hier Anpassungshilfen auf indirekte Weise.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Der Stahl, der Schiffbau sind ebenfalls in einem Anpassungsdruck. Aber hier . gibt es keine ausreichende Anpassungswirkung, sondern den Versuch, abzublocken; Strukturverbesserungen werden aus dem Unternehmen heraus mit verhindert. Das ist ein Sachverhalt, und darauf muß sich die Politik einstellen und nicht alles verdecken. Markt bedeutet Anpassung. In diesem Falle bedeutet Markt zur Zeit keine Anpassung, sondern Konkurrenz um Subventionen. Dies ins Bewußtsein zu bringen ist notwendig
    Dasselbe gilt für die Forschungspolitik. Die Alternative, die Sie sagen — indirekte Forschungspolitik ja und direkte Forschungspolitik nein —, ist falsch. Bei kleinen und mittleren Unternehmen kann man mit indirekten Hilfen vernünftig steuern und helfen. Bei großen Unternehmen, muß Juan mit direkter Forschungspolitik agieren: Auch hier zeigt sich, daß Wettbewerbsbereich und vermachteter Bereich zwei Dinge sind, die man genau unterscheiden muß.
    In diesem Zusammenhang ist kein Einwand in der Richtung möglich, ich würde unterschätzen, daß im vermachteten Bereich auch Konkurrenz sei. Natürlich gibt es Konkorrenz zwischen den Elefanten. Aber das ist kein stetiger Wettbewerbskonkurrenzdruck mit Preis- und Qualitätsanpassung, sondern in der Regel ein Machtkampf.
    Ich behaupte, daß wir in der Vergangenheit in der Konjunkturpolitik manchmal die Differenzierung zwischen kleinen und mittleren Unternehmen — dem Wettbewerbsbereich — und dem vermachteten Bereich nicht hinreichend geschafft haben. Hochzinspolitik .zur Preisstabilisierung,, wozu sich schon wieder ein erster Schimmer andeutet, ist von den großen Elefanten ganz leicht zu verdauen, aber von den kleinen und mittleren Unternehmen schwer zu ertragen. Wenn die Sozialdemokratische Partei in ihrem Programm sagt, wir brauchen eine strukturelle Differenzierung der Konjunkturpolitik, um feiner zu steuern, dann nicht zuletzt, um den kleineren und den mittleren Unternehmen Entlastung zu bieten. Darum geht es!
    Eine meiner Vorrednerinnen hat gesagt, in der Vergangenheit sei es vielleicht so gewesen, daß zuwenig für kleine und mittlere Unternehmen geschehen sei. Ich muß sagen — und das sage ich anerkennend in Richtung Wirtschaftsministerium und Finanzministerium —, die Bemühungen der letzten zwei, drei Jahre, in denen ich die Ehre habe, dem Bundestag anzugehören, in dieser Richtung sind außerordentlich positiv, und gerade im Jahr 1979 brauchen wir uns nicht zu verstecken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Erstens. Die Neueinführung einer Forschungsförderung im Personalbereich, vor allem zurückzuführen auf eine Initiative von Herrn Haussmann, ist im Etat fixiert. Zweitens. Im ERP-Bereich haben wir eine Verbesserung der Existenzgründungsdarlehen. Drit-



    Roth
    tens. Wir werden in diesem Jahr ein Programm durchsetzen; durch das Risikokapital für Neugründungen bereitgestellt wird. Viertens. Wir haben erhebliche positive steuerpolitische Beschlüsse gefaßt, die seit 1. Januar 1979 wirken, und weiteres kommt hinzu. Fünftens. Wir haben erhebliche Verbesserungen bei der Entwicklungs- und der Forschungsinvestitionsförderung. Das sind fünf Programmpunkte, die in diesem Etat stecken, und ich glaube, es ist sinnvoll und notwendig, dies hier heute zu sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Auf der anderen Seite haben wir im realen Bereich immer wieder Gegenbewegungen, die gegen kleine und mittlere Unternehmen gerichtet sind und Konzentration bedeuten. Hier bitte ich genau hinzuhören; ich zitiere jetzt — frei, aber leicht nachzulesen - aus dem „Manager-Magazin" den Herrn Bennigsen - Foerder, der ja Ihrer Partei angehört. Er ist gleichwohl Manager eines öffentlichen Unternehmens und sagt: Wir mußten im Handelsbereich und anderswo' konzentrieren, zukaufen, denn wir mußten ja unseren Konzern diversifizieren.
    Das ist ein ganz gefährliches Argument. Wenn jeder Großkonzern, der Branchenprobleme hat, seine Branchenprobleme dadurch lösen will, daß er gesunde Branchen mit viel Geld aufkauft, bedeutet das einen ständigen Konzentrationsprozeß.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wie ist das denn mit Salzgitter, Herr Kollege?)

    Meine Damen und Herren von der CDU, machen Sie also mit bei der Verbesserung der Wettbewerbsgesetzgebung, die in dieser Legislaturperiode ansteht! Hier ist ganz konkrete ordnungspolitische Leistung möglich, die Sie wahrscheinlich — jedenfalls vermute ich das — wieder verweigern werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Haase?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Immer!