Rede:
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Metadaten
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  • date_rangeDatum: 23. Januar 1979

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    Plenarprotokoll 8/130 Deutscher Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Höhmann . . . . 10131 A Eintritt der Abg. Frau Dr. Czempiel in den Deutschen Bundestag 10131 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksachen 8/2150, 8/2317 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/2408 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksachen 8/2427, 8/2470 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksachen 8/2423, 8/2470 — Haase (Kassel) CDU/CSU 10132 B Löffler SPD 10138 A Hoppe FDP 10142 B Matthöfer, Bundesminister BMF 10145 D Dr. Häfele CDU/CSU 10154 C Frau Funcke FDP 10159 D Glos CDU/CSU 10161 B Wohlrabe CDU/CSU 10164 A Dr. Dübber SPD 10166 D Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/2417 — 10167 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/2412, 8/2470 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 10168 A Müller (Nordenham) SPD 10172 A Hoffie FDP 10173 D, 10183 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 10176 D Mahne SPD 10179 A Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 10181 A Feinendegen CDU/CSU . . . . . . . 10182 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 8/2409, 8/2470 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . 10184 D Frau Simonis SPD 10187 C Dr. Haussmann FDP 10191 A Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 10193 A Roth SPD 10197 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 10201 D, 10209 C Dr. Narjes CDU/CSU . . . . . . . . 10205 D Metz CDU/CSU 10210 A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/2413 — Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . . 10211 A Müller (Nordenham) SPD . . . . . . 10213 D Hoffie FDP 10215 B Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . . 10217 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/2410 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . . . 10219 C Simpfendörfer SPD . . . . . . . . 10222 C Peters (Poppenbüll) FDP 10225 B Ertl, Bundesminister BML 10226 A Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 8/2419, 8/2470 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 10228 B Frau Traupe SPD 10230 C Dr. Schneider CDU/CSU 10233 B Müntefering SPD 10236 A Gattermann FDP 10237 D Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU 10241 A Krockert SPD 10243 A Dr. Haack, Bundesminister BMBau . . . 10243 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/2401 — 10246 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/2403 — . . . . . . . . 10246 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/2416 — . . . . . . . . 10246 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 8/2418, 8/2470 — Picard CDU/CSU 10246 C Esters SPD 10248 B Gärtner FDP 10248 D Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . 10249 C Schluckebier SPD . . . . . . . . . 10251 B Stommel CDU/CSU . . . . . . . . 10252 D Dr. Vohrer FDP . . . . . . . . . 10254 B Höffkes CDU/CSU . . . . . . . . 10255 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . . 10257 C Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 10260 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 8/2402, 8/2470 — . . . . 10262 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 10263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 10265 A Anlage 2 Offizielle deutsch-sowjetische Gespräche über Waffenlieferungen an die Volksrepublik China SchrAnfr B4 12.01.79 Drs 08/2464 Würzbach CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 10265* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Januar 1979 10131 130. Sitzung Bonn, den 23. Januar 1979 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 26. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber * 24. 1. Dr. Bayerl * 25. 1. Dr. Becher (Pullach) 23. 1. Dr. von Bismarck 23. 1. Blumenfeld * 23. 1. Brandt 26. 1. Dr. v. Dohnanyi 23. 1. Flämig ' 26. 1. Haase (Fürth) * 26. 1. Haberl 25. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Ibrügger * 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 24. 1. Dr. Klepsch * 23. 1. Koblitz 26. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 23. 1. Lange * 25. 1. Luster * 26. 1. Müller Bayreuth) 23. 1. Müller (Berlin) 26. 1. Müller (Mülheim) * 26. 1. Müller (Wadern) * 23. 1. Neuhaus 24. 1. Schmidt (München) * 26. 1. Schmidt (Wuppertal) 24. 1. Dr. Schmitt-Vockenhausen 26. 1. Schreiber * 26. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Schröder (Düsseldorf) 26. 1. Dr. Schwörer * 23. 1. Seefeld * 24. 1. Sieglerschmidt * 23. 1. Dr. Starke (Franken) * 24. 1. Dr. Todenhöfer 23. 1. Wawrzik * 25. 1. Weber (Heidelberg) 23. 1. Dr. von Weizsäcker 25. 1. Frau Dr. Wisniewski 23. 1. Würtz * 26. 1. Ziegler 26. 1. Anlage 2 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/2464 Frage B 4) : Haben sich offizielle sowjetische Dienststellen oder Diplomaten der UdSSR an Behörden oder Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland gewandt, um die Bundesrepublik Deutschland von Waffenverkäufen an die Volksrepublik China abzuhalten, und - trifft dies zu - wie haben dazu Bundesregierung bzw. ihre diplomatischen Vertreter darauf geantwortet? Wie der Bundeskanzler in seiner Pressekonferenz am 12. Januar 1979 bereits mitgeteilt hat, hat er zwei Briefe von Breschnew bekommen, die sich auf die Frage von Waffenverkäufen an die VR China bezogen. Die beiden Briefe werden demächst beantwortet werden. Zur Sache selbst verweise ich auf die bekannte, restriktive Rüstungsexport-Politik der Bundesrepublik Deutschland.
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    Rede von Lothar Haase


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf hier die Gelegenheit wahrnehmen, um unseren Kolleginnen und Kollegen aus Hessen in der SPD-Fraktion zu sagen, daß auch die hessischen CDU-Abgeordneten sehr traurig sind über den plötzlichen Heimgang unseres Kollegen Höhmann, eines Mannes, der sich — und ich kann es gut beurteilen — besonders um unsere nordhessische Heimat sehr verdient gemacht hat. Wir trauern mit Ihnen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun zu unseren Tagesgeschäften: Dazu sind wir gehalten, auch wenn links und rechts an unserem Weg die Kollegen, die sich verzehrt haben, nicht mehr weiter mitkönnen.
    Meine Damen und Herren, auf die Frage eines Journalisten, ob ihn die enorme Neuverschuldung der Bundesrepublik Deutschland nicht beunruhige, soll vor einiger Zeit unser verehrter Finanzminister geäußert haben:
    Mich beunruhigt lediglich, daß ich älter werde. Aber dagegen kann ich nichts machen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Ein weise Antwort!)

    Diese resignierende Erwiderung, meine Damen und Herren, läßt vermuten, daß nicht mehr unser Finanzminister das Geld beherrscht, sondern das Geld beherrscht ihn. Peter Gillies kommentierte in der „Welt" zu Recht:
    Wer eigentlich, wenn nicht der Oberbuchhalter der Nation, kann etwas gegen diese Verschuldung unternehmen?
    Nun, Kreditaufnahmen der öffentlichen Hand sind ein legitimes Mittel zur Finanzierung von Staatsausgaben; darüber gibt es keinen Streit. Auch ist es unbestritten, daß der Staat bei schwachem Wirtschaftswachstum finanziell anregend auf die Volkswirtschaft wirken sollte. Es darf aber nicht aus dem Auge verloren werden, meine Damen und Herren, daß auch öffentliche Anleihen verzinst und getilgt werden müssen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Es darf nicht aus dem Auge verloren werden, welche verheerenden Folgen staatliche Überschuldung bewirkt.
    Das zentrale Problem der Haushalts- und Finanzpolitik der Gegenwart ist die seit Jahren erschrekkend zunehmende Staatsverschuldung. Einige Details dazu: Der Schuldenstand des Bundes hat sich innerhalb von nur fünf Jahren, von 1973 bis 1978, mehr als verdreifacht. Seit 1975 nehmen wir Jahr für Jahr im Durchschnitt doppelt so viel Schulden auf wie bis 1969 in zwei Jahrzehnten zusammengenommen,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Jahr für Jahr doppelt so viel Schulden wie bis 1969 in zwei Jahrzehnten zusammengenommen! Auf jede eingenommene Steuer-Mark entfallen schon jetzt 20 Pfennig an Zins- und Tilgungszahlungen.

    (Glos [CDU/CSU] : Das ist das „moderne Deutschland" !)

    — Ja, meine Damen und Herren, sicher, das ist das „moderne Deutschland" . Nur, gerade die Folgen dieser Politik sind so verheerend, daß kommende Generationen an dieser Art des modernen Deutschlands noch zu knabbern haben werden. Ich werde nachher noch darauf eingehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im neuen Haushalt wurde zwar der von der Bundesregierung vorgeschlagene Schuldenzuwachs um mehr als 4 Milliarden DM gesenkt, allerdings ganz überwiegend nicht durch Ausgabenkürzungen, sondern durch eine höhere Steuerschätzung sowie durch die Erhöhung der Ablieferung der Deutschen Bundespost. Trotzdem erreicht der Schuldenzuwachs mit mehr als 31 Milliarden DM einen neuen traurigen Nachkriegsrekord. Der Schuldenstand des Bundes wird Ende. dieses Jahres nach dem neuen Haushaltsplan erstmals — auch das sollten wir im



    Haase (Kassel)

    Auge behalten — die Summe der Haushaltsausgaben überschreiten.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Trotz einer jetzt etwas besser erscheinenden Wirtschaftslage, die zwangsläufig auch die Steuerquellen besser sprudeln läßt, wird die Neuverschuldung im kommenden Jahr um mehr als ein Fünftel oder 5 Milliarden DM höher sein als schon im letzten Jahr. Das ist nun, meine Damen und Herren, um auch hier einmal mit einer Mär aufzuräumen, keineswegs die Folge der von den Unionsparteien geforderten und auch durchgesetzten Steuersenkungen. Der Bund verliert durch das Steuerpaket in diesem Jahre nur 2,8, 2,9 Milliarden DM, die Mehrausgaben gegenüber dem vergangenen Jahr aber sind mehr als fünfmal so hoch. Daraus ergibt sich — auch das bedarf der Beachtung —: Selbst ohne diese Steuersenkungen wäre der Schuldenzuwachs des Bundes im Jahre 1979 immer noch weit höher als im vergangenen Jahr.
    Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auf ein Märchen aufmerksam machen, das von den Propagandakompanien der Bundesregierung mit Fleiß kolportiert wird. Man sagt, die Neuverschuldung liege in diesem Jahr wieder unter der Summe der als investiv anzusehenden Ausgaben und damit unter der Schuldenobergrenze nach unserem Grundgesetz. Im August hat unser verehrter Finanzminister in der ihm eigenen Offenheit laut „Handelsblatt" erklärt, er wolle mit Phantasie und Tricks — Phantasie und Tricks! — das Investitionsvolumen des Bundes erhöhen.
    Herr Finanzminister, Sie haben wahrlich Wort gehalten.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : So ist es!)

    Tricks haben Sie reichlich angewandt. Sie haben einfach Ausgaben von fast 5 Milliarden DM anders als früher gebucht, z. B. den Defizitausgleich an die Bundesbahn mit dem Etikett „Investitionszuschuß" versehen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Der Kollege Glos wird dazu noch eine Reihe von Details hier vortragen. Aber, meine Damen und Herren, Tricks ersetzen doch nun wahrlich keine Investitionen. Unbestreitbar ist jedenfalls, daß, wenn Sie die Ausgaben so buchen würden, wie es auch diese Bundesregierung bis 1977 getan hat, die Schulden im Haushalt 1979 offenkundig schon zum vierten Mal innerhalb von fünf Jahren hintereinander die verbindliche Schuldenobergrenze des Grundgesetzes überschreiten müßten.
    Die Koalition ist 1969 mit dem Versprechen angetreten, das „moderne Deutschland" zu schaffen. Jeder erinnert sich noch gut. Alles sollte besser, gerechter, schöner, leistungsfähiger werden. Wir haben diese brillanten Formulierungen ja alle gespeichert. Im Rahmen dieser Politik sollten die inneren Reformen — ein Wort, das auch unser verehrter Herr Kanzler schon gar nicht mehr hören mag — eine besonders herausragende Stellung einnehmen. Ich nenne in erster Linie Investitionen
    und beispielsweise Entwicklungshilfe, um nur mal zwei Positionen herauszugreifen. Die Wirklichkeit sieht, was die Prioritäten betrifft, ganz anders aus. Denn die Finanzpolitik erschöpft sich weitgehend in der Reparatur — und das nun schon seit einigen Jahren — der durch die Schuld der Bundesregierung entstandenen Fehlentwicklungen. In den zehn Jahren von 1969 bis 1979 sind beim Bund die Steuereinnahmen um 115 °/o, Ausgaben aber um 147 %gestiegen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Bei den größeren Ausgabeblöcken haben — in schreiendem Gegensatz zu den Versprechungen unserer Reformträumer — die oberste Priorität nicht etwa die Ausgaben für die armen Leute in den Entwicklungsländern oder die zukunftsträchtigen Investitionen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Republik, sondern die oberste Priorität hatte der Aufwand für die Zinsen als Folgekosten der gewaltigen Neuverschuldung mit einem Anstieg von 435 %. Man kann wirklich sagen: es ist erreicht. Diesem höchsten Anstieg von 435 % folgen die Zuschüsse zur Finanzierung der Defizite für unsere Eisenbahn mit einem Zuwachs von 315% im gleichen Zeitraum; er ist also fast doppelt so hoch wie der Zuwachs der Gesamtausgaben und der Ausgaben für Renten und Unterstützungen, die um 223 % stiegen.
    Schon im letzten Jahr waren die Ausgaben für den Schuldendienst, also für Zinsen und Tilgung zusammengenommen, höher als die Ausgaben für unseren Verkehr, viermal so hoch wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung und sechsmal so hoch wie die Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Kultur, wie sie im Bundesetat veranschlagt sind. Und im nächsten Jahr wird der Schuldendienst fast die Größe des Verteidigungsetats erreichen. Dies alles bei steigender Tendenz! Das mag uns doch die Gefährlichkeit der Entwicklung drastisch vor Augen führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf der Strecke blieben gerade die Ausgaben, die zu steigern unsere Koalitionsfreunde im Jahre 1969 ausgezogen waren: Weit hinter dem Anstieg der Gesamtausgaben blieben die nicht von uns, sondern gerade von der Koalition — nicht zuletzt vom jetzigen Bundesfinanzminister — so hochstilisierten Ausgaben für die Investitionen mit einer Steigerung von 107 °/o im Jahrzehnt zwischen 1969 und 1979 — Buchungstricks aus Gründen der Vergleichbarkeit ausgeschaltet. Die eigenen Sachinvestitionen des Bundes stiegen nur um wenig mehr als 70 %.
    Auf der Strecke blieben auch — und wen wundert das? — die Ausgaben für unsere Landesverteidigung mit einem Anstieg um insgesamt nur 87% und sogar die Hilfen für die unterentwickelten Länder — ein sogenanntes Herzensanliegen unserer Regierungsparteien — mit einem Anstieg von rund 100 °/o in diesem Zehnjahreszeitraum, obwohl doch in fast jeder Regierungserklärung und bei den internationalen Konferenzen versprochen wurde, daß die Entwicklungshilfe wesentlich stärker steigen solle als die Gesamtausgaben des Bundes.



    Haase (Kassel)

    Bei den Finanzen stehen wir jetzt vor einer großen Ernüchterung, in manchen Bereichen sogar vor einem Scherbenhaufen der Politik der Bundesregierung. Meine Damen und Herren, manche Koalitionspolitiker geraten in Erregung, wenn wir das Kind beim Namen nennen und die Staatsfinanzen partiell als zerrüttet bezeichnen.
    Verehrter Herr Kollege Löffler, Sie schrieben im Pressedienst Ihrer Fraktion im Dezember 1978: „Ein gesundes Staatswesen • kann keine zerrütteten Staatsfinanzen haben." Diese Argumentationskette, diese Beweisführung erinnert an Christian Morgenstern:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau das!)

    „Also schloß er messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf." Darf ich Ihnen, lieber Herr Löffler, einmal die Frage stellen: Ist ein Staatswesen noch gesund, dessen Finanzen zerrüttet sind? So herum müßte man auch einmal fragen!
    Weshalb hat denn der Herr Kanzler in seiner Regierungserklärung zu Beginn der. Legislaturperiode einen spürbaren Abbau der Defizite als notwendig herausgestellt und als Programm erklärt, daß die künftige Neuverschuldung deutlich niedriger sein müsse als die bisherige? Damals, 1976, betrug die Nettoneuverschuldung 25,8 Milliarden, jetzt liegt sie bei mehr als 31 Milliarden DM. Weshalb hat denn der Bundesfinanzminister von diesem Platz aus am 1. Juni 1978 von einer geradezu besorgniserregenden Belastung durch Zinsen und Tilgungen gesprochen?

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Weshalb, meine Damen und Herren, haben wir im April einstimmig beschlossen, der Schuldenzuwachs müsse ab 1979 gesenkt werden? Warum wohl?

    (Zurufe von der CDU/CSU: So beachtet man die Beschlüsse des Parlaments!)

    Weshalb hat der verehrte Herr Kollege Löffler als Obmann der SPD im Haushaltsausschuß am 30. März vorigen Jahres die Kreditansätze des damals noch gültigen Finanzplans, die jetzt für 1979 und für alle Jahre des neuen Finanzplans weit überschritten werden, kategorisch als die Grenze des Vertretbaren bezeichnet?
    Weshalb hat der ebenso verehrte Herr Kollege Hoppe hier vor einem Jahr, am 24. Januar 1978, seine heute noch so nachlesenswerte Grundsatzrede gehalten? Ich blättere sie dann und wann wieder durch, denn in manchen Passagen vermittelt sie mir Kraft, erneut und immer wieder bei meinen Freunden von der Koalition für eine stabilitätsorientierte Politik zu werben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Hoppe, Sie haben vor zu langen und zu rigoros produzierten Haushaltsdefiziten gewarnt und die gegenwärtige Staatsverschuldung als horrend bezeichnet. Herr Hoppe, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, im Duden nachzulesen, was „horrend" heißt. Es heißt „schrecklich, ungeheuerlich". Sie haben recht: Diese Staatsverschuldung ist schrecklich, ist ungeheuerlich!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Zitate zeigen doch, daß über die Fraktionsgrenzen hinweg alle die Einsicht in die Lage der Staatsfinanzen haben; alle sind sich darüber einig, daß unsere Finanzen in Unordnung oder, wie wir sagen, zerrüttet sind. Es ist doch nur die Angst vor den Konsequenzen, die Sie, meine Damen und Herren in den Regierungsparteien, daran hindert, das in dieser Deutlichkeit, in der wir es nun einmal, gemäß unserer Aufgabe als Opposition, sagen müssen.
    Wir haben im Haushaltsausschuß unter dem Vorsitz des Kollegen Windelen in den verflossenen Monaten gut und kollegial zusammengearbeitet. Manche Sparvorschläge haben wir gemeinsam getragen. Die explosiven Stellenanforderungen der Regierung haben wir gemeinsam gekürzt. Allerdings gab es dann immer wieder einen Punkt, wo wir nicht zueinander finden konnten. Das war vor allem dort, wo wir uns anschickten, stärker auf die Verwirklichung unseres im April im Ausschuß gemeinsam gefaßten Grundsatzbeschlusses zu drängen, und das, was Sie, verehrter Herr Hoppe, vor einem Jahr als notwendig herausgestellt haben, in die Tat umzusetzen. Wieder einmal zeigte sich gerade bei der FDP der Widerspruch zwischen Worten und Taten. Das tut mir ganz besonders leid, Herr Hoppe, weil ich Sie sehr schätze und in den meisten Fällen auch in der Beurteilung der Situation mit Ihnen einiggehe.
    Sicher, man muß einkalkulieren, daß Sie auch Ihre Verpflichtungen gegenüber der Koalition haben. Das sehen wir ja. Nur, ich muß es zutiefst bedauern, verehrter Herr Hoppe, daß gerade Sie nicht so können, wie Sie wollen, vor allen Dingen auch deshalb nicht — und darin kommt die Tragik Ihrer Partei zum Ausdruck —, weil Sie sich selber in die Dauerbindung an Ihre sozialistischen Freunde begeben haben, in die „babylonische Gefangenschaft" bei den Sozialisten. Und daraus können Sie sich natürlich nur schwer lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Unionsparteien haben im Haushaltsausschuß zusätzliche und durchaus machbare Kürzungsvorschläge in Höhe von 1 Milliarde DM und weitere Personaleinsparungen beantragt, die Sie, Herr Kollege Hoppe, und Ihre Freunde von der FDP mit abgelehnt haben. Mit der Verwirklichung dieser Anträge hätten wir wenigstens den bescheidenen Kürzungsvorschlägen des Sachverständigenrates, der ja übrigens auch auf unserer Linie ist, Rechnung getragen. Wir hätten damit ein Signal gesetzt wohl wissend, daß auch das noch nicht ausreichend ist, um mit einem noch einigermaßen vertretbaren Defizit auf den Pfad der Tugend zurückzufinden.
    Aber mit der Aufgabe einer umfassenden Sanierung sind das Parlament und der Haushaltsausschuß und ist erst recht die Opposition überfordert. Hier ist die Regierung gefordert, die aber, so mannhaft, so kräftig und so führungsstark sich ihr Chef gelegentlich auch aufführt, einfach zu schwach ist, ihre Führungsrolle in diesen Finanzfragen so wahrzunehmen, wie es ihre Aufgabe wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Haase (Kassel)

    Statt dessen tönt lautes Wehgeschrei über die Gefahr von Zinssteigerungen, weil die Bundesbank in der vorigen Woche versuchte, das selbstgesteckte Geldmengenziel nicht erneut zu überschreiten und eine zusätzliche Geldschöpfung von 3 Milliarden DM zu verhindern trachtete. Wenn der Zins am Kreditmarkt schon bisher gestiegen ist und im kommenden Jahr sicher noch weiter steigen wird — das ist zu vermuten, das ist zu befürchten —, dann ist das doch nicht, lieber Herr Matthöfer, die Schuld der Deutschen Bundesbank, die zur Vermeidung von Gefahren für die Preise den Geldmengenzuwachs in Grenzen halten muß. Das ist doch ausschließlich die Folge einer zu hohen Kreditnachfrage vor allem des Staates. Es ist die Folge davon, daß die Kreditnachfrage des Bundes weit stärker steigt als die private Ersparnis, aus der die Kredite gespeist werden sollen. Das Lamento Ihres Staatssekretärs, Herr Bundesfinanzminister, läßt doch nur den Schluß zu, daß Ihre eigenen Experten den Haushalt 1979 nur durch einen inflationären Geldmengenzuwachs mit Geldschöpfungen — aus welchen Quellen auch immer — für finanzierbar halten.
    Wir und die aufgeschreckte Öffentlichkeit haben den Eindruck, daß Sie die Bundesbank deshalb in eine Inflationspolitik hineintreiben wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist beachtlich, daß sich auch der Bundeswirtschaftsminister zumindest in diesem Punkt offen von Ihnen distanziert hat. Wenn die Bundesbank eine Schuld trifft, dann ist es die, daß sie nicht früh genug gewarnt hat und — allerdings bei einer pessimistischeren Einschätzung der Konjunkturlage — der Kreditplanung bei der Aufstellung des Haushaltes im letzten Sommer überhaupt zugestimmt hat, wenn das auch schon damals — daran erinnern wir uns noch gut — mit der ausdrücklichen Bemerkung geschah: ohne Zinsgarantie. Der Streit zwischen Ihrem Haus und der Bundesbank und die Ankündigung oder Erwartung höherer Zinsen durch Ihren Staatssekretär entlarven auch die Behauptung als Märchen, daß diese schreckliche — um mit Herrn Hoppe zu sprechen — Schuldenzunahme konjunkturpolitisch notwendig sei. Gerade das Gegenteil ist richtig. Diese Schuldenplanung ist auch konjunkturpolitisch gefährlich. Entweder drohen bei der von Ihrem Staatssekretär angestrebten Ausweitung der Geldmenge erneut ein inflationärer Preis- und Kostenanstieg, eine Inflation mit all ihren schlimmen Folgen, oder Zinssteigerungen bringen die aufkeimende konjunkturelle Erholung schon bald in Gefahr. Vergessen wir es nicht — es ist gut, sich auch das zu merken —: Jedes Prozent mehr Zinsen belastet die Wirtschaft mit 5 Milliarden DM, führt also zu einer weit größeren Kostenbelastung, als durch die abgeschaffte Lohnsummensteuer gutgemacht wurde.
    Berufen Sie sich auch bitte nicht weiter auf die Gipfelschau vom Juli vergangenen Jahres! Ich will jetzt nicht fragen, was die anderen Staaten versprochen und was sie gehalten haben. Hierauf werden die Freunde aus dem Wirtschaftsausschuß und dem Wirtschaftsbereich meiner Fraktion eingehen. Es genügt die einfache Feststellung, daß damals auch
    bei uns die Konjunkturlage ganz anders, wesentlich ungünstiger eingeschätzt wurde und daß damals die gezogenen Schlußfolgerungen auch nach der Auffassung des Sachverständigenrates in seinem Sondergutachten falsch waren. Richtig waren die Steuersenkungen, aber falsch war der unterlassene Ausgleich durch Kürzung des Ausgabenzuwachses.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Regierungsoffiziell wird die Konsolidierung der Staatsfinanzen, die ohne schmerzhafte Eingriffe in geschlossene Ausgaben gar nicht mehr machbar ist, immer wieder angekündigt, allerdings nur jeweils für das übernächste Jahr, um dann erneut vertagt zu werden.

    (Glos [CDU/CSU]: Auf den Sankt-Nimmerleins-Tag!)

    — Jawohl, und zwar von einem Etat zum übernächsten und dann immer so weiter. So wird z. B. im Finanzplan 1977, beschlossen mit dem Haushaltsentwurf 1978, die Konsolidierung für das Jahr 1979 im neuen Finanzplan, beschlossen mit dem Haushaltsentwurf 1979, für 1980 angekündigt. Im Sommer werden wir dann wohl die gleiche Ankündigung für das Jahr 1981 hören.
    Aber es geschieht im Grunde genommen nichts, auch wenn Sie, verehrter Herr Hoppe, erklären: Es ist an der Zeit, die drückenden Finanzprobleme nicht immer nur für die kommenden Jahre zu beschreiben und für die Zukunft zu prophezeien. Wir sind uns in der Beurteilung der Situation wieder einmal völlig einig. Herr Hoppe, Sie fordern: Die Konsolidierung der Staatsfinanzen muß energisch angepackt werden; wir dürfen nicht unter dem Schuldenberg versinken. Herr Hoppe, wir wollen ja mit Ihnen strampeln, um unter diesem Schuldenberg wegzukommen. Nur handelt die Regierung Ihrer Koalition leider wohl nach der Parole: Nach uns die Sintflut! Sie will immer nur die nächste Wahl überstehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Wir hätten uns über diese Probleme gern mit dem Finanzminister in der sachlichen Atmosphäre des Ausschusses unterhalten. Leider war er wohl verhindert, an der letzten Sitzung teilzunehmen.
    Ich komme deswegen nicht umhin, hier zumindest noch einige Fragen zu stellen, mit denen wir Sie im Ausschuß konfrontiert hätten. Herr Minister, der neuere Finanzplan läßt auch für die Jahre ab 1980 keine Konsolidierung erkennen. Oder wollen Sie glauben machen, daß die bis 1982 vorgesehene Neuverschuldung von jährlich 30 Milliarden DM oder mehr eine Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen oder auch nur ein Einstieg dazu ist? Sie können doch selbst rechnen, daß bei diesen Größenordnungen spätestens in neun bis zehn Jahren eine Schuldenaufnahme von 30 Milliarden DM nicht mehr ausreicht, auch nur die Zinsen zu bezahlen, d. h., Beamtengehälter und Parlamentarierdiäten können wir dann schon gar nicht mehr bezahlen, wenn wir nur 30 Milliarden DM Schulden aufnehmen. Die brauchen wir dann völlig zur Begleichung der Zinslasten. Dieser Zeitpunkt tritt sogar noch schneller ein, wenn



    Haase (Kassel)

    es zu Zinssteigerungen in der Größenordnung von etwa 2 bis 3 % kommt.
    Ohne die vom Kanzler schon 1976 angekündigte spürbare Herabsetzung der Defizite zu erreichen, streben Sie allerdings an, ab 1980 wenigstens die Ausgabenzuwächse drastisch zu senken. Selbst diese Zahlen stehen doch nur auf dem Papier, lieber Herr Matthöfer. Wir wären überrascht, wenn Sie dem staunenden Parlament heute anderes vortragen könnten. Die gewaltigen Mehrleistungen haben Sie doch einfach unter den Tisch gefegt. Die Zahlungen an die Bundesbahn sind von 1976 auf 1979 um über 5 Milliarden DM oder 60 % auf jetzt 14,5 Milliarden DM gestiegen. Nach Ihrem Finanzplan sollen die Leistungen an die Bahn aber in den nächsten drei Jahren nicht nur nicht weiter erhöht, sondern verringert werden. Meine Damen und Herren, welches Wunder! Herr Finanzminister, wie kommen Sie zu dieser optimistischen Einschätzung der Lage der Deutschen Bundesbahn? Fragen Sie doch einmal bei Ihrem Kollegen vom Verkehr nach. Er hat es schon aufgegeben, über die Sanierung der Eisenbahn in diesem Lande überhaupt noch nachzudenken. Er hat doch schon resigniert, er hat doch schon gepaßt, er hat doch schon die Flagge eingezogen. Und da wollen Sie die Ansätze für die Bahn drastisch reduzieren! Ich bitte Sie bei allem Wohlwollen, hier ist doch die Unseriosität Ihrer Rechnung förmlich auf die Stirn gedrückt. Wir bitten um Aufklärung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine weitere Position, lieber Herr Finanzminister! Die Ausgaben für den Energiebereich, an der Spitze die Kohle, sollen nach Ihrem Plan von 3 Milliarden DM im Jahre 1979 auf 1,2 Milliarden DM im Jahre 1982 gesenkt werden. Halten Sie das für eine realistische Planung, wenn allein die Ausgaben für die Kohle im Haushalt 1979 über 2 Milliarden DM ausmachen? Glauben Sie, künftig auf Kokskohlesubventionen, Kohlebevorratung, Stillegungshilfen usw. verzichten zu können? Glauben Sie, Sie könnten darauf verzichten? Sagen Sie uns das doch einmal. Die Nordrhein-Westfalen werden Ihren Erläuterungen mit großer Aufmerksamkeit zuhören. Wir bitten um Aufklärung, Herr Finanzminister.
    Überhaupt nicht berücksichtigt ist der schon beschlossene Ausgleich für den Wegfall der Lohnsummensteuer, die ab 1980 allein den Bund Jahr für Jahr 2 Milliarden DM kostet. Herr Minister, wir bitten um Aufklärung.
    Glauben Sie auch ernsthaft, es politisch durchhalten zu können — das ist eine Kardinalfrage, meine Damen und Herren, denn sie betrifft ein Problem, das sich in diesem Lande als Sprengsatz mit Langzeitwirkung erweisen wird —, erwerbstätigen Müttern bei der Geburt eines Kindes einen Mutterschaftsurlaub "zu bezahlen, nichterwerbstätigen Müttern, die freiwillig auf Berufstätigkeit verzichten, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, diese Vergünstigung verweigern zu können? Glauben Sie das ernsthaft?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung
    kann man das eine nicht ohne das andere tun, was
    allerdings wiederum zu großen, von ihnen nicht berücksichtigten Mehrkosten führt. Wir bitten um Aufklärung, Herr Minister.

    (Zuruf von der SPD: Bravo!)

    — Ja, es wäre „bravo", wenn uns Herr Matthöfer hier jetzt einmal ein bißchen „Butter bei die Fische" täte — ich habe ihm ja einige Punkte genannt —, dann sagen wir auch „bravo".

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    An diesen Fragen können Sie sich doch nicht durch Totschweigen vorbeimogeln. Sie können auch nicht nur auf mögliche Steuermehreinnahmen gegenüber den jetzigen Ansätzen verweisen. Angesichts der keineswegs vollständigen Liste der drohenden Mehrbelastungen kann nach den jetzt geltenden Programmen und Gesetzen selbst durch einen wesentlichen Abbau der Schulden eine Verbesserung der Finanzsituation nicht erwartet werden.
    Wenn unser Staat der Gefahren Herr werden will, muß die Regierung in allen Bereichen zur preußischen Tugend der Sparsamkeit zurückfinden,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    dabei aber endlich in großen wie in kleinen Dingen selber mit gutem Beispiel voranschreiten. Das Land blickt auf Sie.
    Herr Bundesminister, in diesem Zusammenhang: Ist es ein gutes Beispiel, wenn einem pensionierten Politiker, der in den Augen der Koalition — sicher auch meiner nordrhein-westfälischen Freunde — seine Verdienste haben mag, durch die Errichtung einer nur für ihn und für begrenzte Zeit eingerichteten Institution auf Kosten unserer Steuerbürger die Möglichkeit gegeben wird, weiter seinem sehr kostspieligen Hobby zu frönen, und das, wie verlautet, auf besonderen Wunsch unseres Herrn Kanzlers?

    (Glos [CDU/CSU] : Reisen bildet!)

    — Ja, aber tunlichst auf eigene Rechnung und Gefahr, Herr Kollege.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kühne sollte mit Kühne & Nagel und nicht mit Kühne und Genossen reisen.

    (Erneute Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Für die Jahre 1979 und 1980 soll dem reiselustigsten aller Ministerpräsidenten, aller Klassen — er gehört in diesem Zusammenhang ja wirklich zu den wahren Luxuspolitikern —, in der in dieser Form höchst überflüssigen Funktion als Bundesbeauftragter für die Gastarbeiter ein Reisebüro beschert werden. Es juckt mir in den Fingern, dazu noch einiges zu sagen; aber die Zeit —

    (Zuruf von der SPD)

    — Seien Sie vorsichtig; man könnte Herrn Kühn gut vorführen. Aber ich will darauf verzichten und will nur fragen, Herr Bundesfinanzminister: Ist das ein gutes Beispiel, um dem Bürger deutlich zu machen, daß die Regierung kapiert hat, um was es in dieser Situation geht?

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Haase (Kassel)

    Herr Matthöfer, ist es nicht auch nach Ihrer Meinung ein Problem, wenn wir dem Bürger die Installierung einer neuen ich möchte sie einmal nennen — Oberfrau im Range einer Ministerialdirigentin zumuten? Ist das nicht auch ein schlechtes Beispiel? Das ist doch eine in der Sache höchst überflüssige und nur aus Gründen der Schau geschaffene Stelle ohne sachliche Kompetenzen, auch von der Koalition in unserer Kommission ursprünglich abgelehnt und ist schließlich nur auf den ausdrücklichen Wunsch unseres sich so sparsam gebärdenden Herrn Kanzlers durchgesetzt worden. Die bessere Alternative wäre doch, die Vertretung der Frauen im vorhandenen Beamtenapparat zu stärken. Damit täte man ihnen einen wesentlich größeren Gefallen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe mich schon gewundert, daß die Sucht unseres Herrn Kanzlers nach Show-Effekten nicht dazu geführt hat, im Jahr des Kindes im Rahmen des Stellenplans so eine Art Oberkind zu installieren.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Aber das ist wohl nur daran gescheitert, daß die gültigen beamtenrechtlichen Vorschriften

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und der Jugendschutz!)

    und der Jugendschutz — sehr gut, Herr Kollege; Sie haben es wieder sofort erkannt — dem entgegenstehen.

    (Erneute Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Die Regierung hat wohl nicht den Willen und auch nicht den Mut — den Willen vielleicht manchmal, den Mut nie — zur Sparsamkeit, weil sie vor dem Widerstand in den eigenen Reihen zurückschreckt. Deshalb werden auch jede Diskussion über die Gefahren einer langfristigen Defizitwirtschaft und jede Forderung nach Sparsamkeit sofort in die Nähe von sozialem Rückschritt gebracht. Bereits der Hinweis auf die Problematik der Finanzierung unseres Schuldengebirges wird als soziale Demontage denunziert. Dabei weiß inzwischen jeder politisch Interessierte in diesem Staat, daß die eigentliche soziale Demontage in unserem Land von jenen betrieben wurde, die auf der einen Seite den Staat und seine Bürger jahrelang förmlich animiert haben, über die Verhältnisse zu leben, und auf der anderen Seite die Belastungsfähigkeit der Volkswirtschaft erprobten und dadurch die Krise der Finanzen und der Sozialversicherung, die Arbeitslosigkeit und die Inflation bewirkt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Inflation der Ansprüche des Staates gegenüber seinen Steuerbürgern manifestiert sich am deutlichsten in der in den letzten acht Jahren von 37 auf 47 °/o gestiegenen Staatsquote. Die Verschleppung der Konsolidierung der Staatsfinanzen darf unseres Erachtens nicht länger hingenommen werden. Die zur Dauererscheinung gewordenen riesigen Schuldenzuwächse sind nicht nur finanzpolitisch gefährlich. Sie erweisen sich auch als wachstumshemmend und zinssteigernd, vor allem wenn sie auf eine steigende private Kreditnachfrage für Investitionen treffen. In diesem Fall beeinträchtigt die zinsunempfindliche öffentliche Hand die privaten Nachfrager am Kapitalmarkt erheblich.
    Langfristig kommt eine weitere Sorge hinzu. Sie müssen sich einmal überlegen: Wir heizen trotz zumindest in Teilbereichen vorhandenen wirtschaftlichen Sonnenscheins an, und wir borgen, obwohl die Steuerquellen wieder reichlicher fließen. Wenn wir nun schon in einer Zeit angemessenen wirtschaftlichen Wachstums mit dem öffentlichen Schuldenmachen über die Grenzen des Vertretbaren hinausgehen: Zu welchen finanziellen Aushilfen wollen wir eigentlich Zuflucht nehmen, wenn erneut einmal rezessive Erscheinungen die deutsche Volkswirtschaft beeinträchtigen? Wo ist dann eine Operationsmasse, die wir dann dringend benötigen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im Grund betreiben wir doch eine permanente Kriegsfinanzierung.

    (Zuruf des Abg. Löffler [SPD])

    — Doch, doch, Herr Löffler! Wir verheizen das Holz, an dessen Feuer sich unsere Enkel einmal wärmen sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Immer [Altenkirchen] [SPD] — Löffler [SPD] : Sie haben keine Ahnung von der Entwicklung Deutschlands in den letzten Jahren!)

    — Jeder Botokudenstamm, Herr Löffler, trachtet danach, die Zukunft seines Stammes zu Lasten der Gegenwart zu sichern. Jeder Botokudenstamm! Aber wir leben lustig in der Gegenwart zu Lasten der Zukunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir beuten mit unserer Finanzpolitik die kommenden Generationen aus,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    denen wir ja doch auch in anderen Bereichen — ich nenne nur die Finanzierung der Rentenversicherung — Problemberge immensen Ausmaßes hinterlassen.

    (Zuruf von der SPD: Sie sollen sich mal was Neues einfallen lassen!)

    — Das ist immer wieder neu! Weil Sie die Probleme nicht aus der Welt schaffen, ist das immer wieder neu und muß Jahr für Jahr von uns einer heftigen Kritik unterzogen werden, weil es Lebens-und Existenzfragen dieses Landes sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir versündigen uns an unseren Nachkommen, und zwar nicht nur die Regierung, sondern wir alle. Es wird ja gelegentlich auch in CDU-Ländern und in CDU-Kommunen gesündigt. Das ist gar kein Privileg der Sozialdemokraten und der Freien Demokraten. Wir versündigen uns an unseren Nachkommen, wenn wir durch die Fortführung einer leichtfertigen Schuldenpolitik Quellen anzapfen, von denen kommende Geschlechter zehren sollen. Verwerflich handelt, wer finanzpolitisch weiter nach der Parole ver-



    Haase (Kassel)

    fährt: Die Zukunft hat schon begonnen. Doch zahlen tun nicht wir; .begleichen müssen es die Enkel.
    Wir alle sind dabei, vor einer gefährlichen Entwicklung die Augen zu verschließen. Die Spitzen dieser Regierung laufen Gefahr, als Schuldenminister und Schuldenkanzler von unseren Nachfahren dermaleinst verwünscht zu werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den Herr Haase soeben für die Auffassung der Opposition in Anspruch genommen hat, nennt für die gegenwärtige Finanzpolitik drei Ziele, die er in seinem letzten Gutachten wie folgt beschreibt — ich zitiere mit freundlicher Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
    Die Finanzpolitik steht weiterhin vor der Aufgabe, die noch schwachen konjunkturellen Auftriebskräfte zunächst durch expansive Impulse zu stützen, gleichzeitig aber die Wachstumsbedingungen für den privaten Sektor zu verbessern, um zur Lösung der mittelfristigen Beschäftigungsprobleme beizutragen, und auf mittlere Frist den Abbau der hohen Haushaltsdefizite zu betreiben, die in diesem und den nächsten Jahren entstehen werden.
    Alle drei Ziele, expansive Haushaltspolitik, Steuererleichterungen — wie man wohl die mittlere der Forderungen übersetzen kann — und Abbau. des Haushaltsdefizits, kann man zwar hintereinander aufschreiben, aber in der praktischen Finanzpolitik nicht auf einmal und vollständig erreichen. Diese drei Ziele lassen sich nur schwer auf einen Nenner bringen. Welches dieser drei Ziele ich auch herausnehme und isoliert betrachte, es steht in Widerspruch zu den anderen beiden, wenn ich es konsequent und ohne Abstriche verfolgen wollte. An dieser Elle müßte man eigentlich die Ausführungen des Kollegen Haase messen; aber ich will mir das ersparen.
    Daraus ergibt sich für uns, daß keines dieser drei Ziele gegenwärtig einen eindeutigen Vorrang vor den anderen beiden hat. Keines dieser Ziele kann überbetont werden, ohne erhebliche Gefahren für unsere gesamtwirtschaftliche Entwicklung und damit für die Entwicklung unserer sozialen Gesellschaft heraufbeschwören. Deshalb wäre es falsch,. wollte man die finanzpolitischen Maßnahmen nur von einem dieser Ziele bestimmen lassen.
    Der von mir erwähnte Widerspruch läßt sich nur durch einen Kompromiß zwischen diesen drei finanzpolitischen Vorstellungen auflösen. Dieser Kompromiß hat sich danach auszurichten, wie unsere Bürger in der Gegenwart, aber auch in der Zukunft leben sollen, wie wir den hohen sozialen Standard halten und weiterentwickeln können. Hier kann ich nur das wiederholen, was ich sinngemäß schon ein-
    mal an anderer Stelle gesagt habe: alle Zahlen müssen stimmen, die im Haushalt, aber auch die gesellschaftspolitischen Daten, die die Lebensverhältnisse der Menschen in unserem Lande widerspiegeln. Es kommt darauf an, zwischen diesen drei finanzpolitischen Zielen die rechte Balance zu finden und zu halten.
    Herr Kollege Haase hat mich mit meinem Wort vom Dezember vorigen Jahres zitiert, wo ich etwas über zerrüttete Finanzen und ein gesundes Staatswesen gesagt habe. Herr Kollege Haase, schauen Sie hinein in die Geschichtsbücher, schauen Sie hinein in die finanzwissenschaftlichen Bücher! Dann werden Sie dahinterkommen: ein gesunder Staat hat eben keine zerrütteten Finanzen, und da wir ein gesunder Staat sind, haben wir eben keine zerrütteten Finanzen,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    auch wenn die Opposition diesen Zustand immer herbeireden will. Ich weiß eigentlich gar nicht, weshalb Sie ihn herbeireden wollen, denn politisch bringt das für Sie nichts.