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ID0810301800

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    Plenarprotokoll 8/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens im Kaiserreich Iran . . . 8109 A Anteilnahme am Tode, des Oberhauptes der katholischen Kirche Papst Paul VI . . . . 8109 B Glückwünsche für den neuen Papst Johannes Paul I 8109 B Nachruf auf den Abg. Dr. Staudt . . . 8109 B Eintritt des Abg. Nehm in den Deutschen Bundestag 8109 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Mattick, Wehner, Frau Funcke, Müller (Berlin), Dr. von Bismarck, Saxowski Glückwünsche zur Geburt eines Kindes der Abg. Frau Krone-Appuhn 8109 D Ausscheiden des Abg. Dr. Gruhl aus der Fraktion der CDU/CSU 8110 A Dank und Anerkennung für die Ausrichtung der 65. Interparlamentarischen Konferenz in Bonn vom 3. bis 14. September 1978 . . . 8110 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 8170 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8110B Abwicklung der Tagesordnung 8111 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 8111 ] Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Matthöfer, Bundesminister BMF . . . . 8114 A Dr. Häfele CDU/CSU 8124 C Westphal SPD 8130 D Frau Funcke FDP 8137 A Späth, Ministerpräsident des Landes Baden- Württemberg 8141 B Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär BMF . . 8146 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 8150 D Burger CDU/CSU 8156 B Glombig SPD 8158 B Cronenberg FDP 8161 D Frau Geier CDU/CSU 8163 B Frau Eilers (Bielefeld) SPD 8166 A Eimer (Fürth) FDP 8168 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/2112 — . . . . . . 8170 A Nächste Sitzung 8170 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8171* A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes 8171* C Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte 8171* D Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 8172* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 8109 103. Sitzung Bonn, den 20. September 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 9. Adams ' 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Früh * 20. 9. Hansen 29. 9. Hartmann 20. 9. von Hassel 20. 9. Hoffmann (Saarbrücken) ' 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9. Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Dr. Langner 20. 9. Lemmrich ** 20. 9. Lemp * 22. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Liedtke 20. 9. Lücker * 20. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim)* 21. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Rosenthal 20. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) * 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Vogel (Ennepetal) 20. 9. Voigt (Frankfurt) 20. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes Zu Art. 1 Nr. 6 und 15 Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, angesichts des vorgesehenen Kumulierungsverbots zwischen Zuschüssen nach diesem Gesetz und der Investitionszulage oder der Förderung mit sonstigen Mitteln (vgl. Art. 1 Nr. 6 und 15) baldmöglichst Vorschläge zu unterbreiten, auf welche Weise die bisher bestehenden Präferenzvorsprünge des Zonenrandgebietes (Zuschüsse nach der Gemeinschaftsaufgabe) und Berlins mit dem Ziel erhalten bleiben, daß Umfang und Effektivität der Förderung der Wohnungsmodernisierung nicht eingeschränkt werden. Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung so- wie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Einundzwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 21. RAG) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz - KOV - ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. 8172* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab. Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Zehntes Anpassungsgesetz — KOV — 10. Anp-KOV) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz — KOV — ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das war aber billig, Herr Häfele. Da hatte ich Ihnen aber doch ein bißchen mehr zugetraut.

    (Dr. Ritz [CDU/CSU]: Entweder können Sie nicht zuhören oder nicht rechnen, eines vor beiden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe während Ihrer Rede mitgeschrieben und habe die Zahlen hinzugefügt, die ich in meinen Unterlagen habe. Es war nichts, Herr Häfele, mit Ihrer Argumentation.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber lassen Sie uns zu dem kommen, was hier miteinander zu bereden ist, denn das hat bei Ihnen, Herr Häfele, völlig gefehlt. Ich meine den Zusammenhang mit dem Ereignis dieses Sommers, als die Regierungschefs der großen Industrieländer die- ser Welt in Bonn zusammengekommen sind

    (Dr. Köhler [Duisburg] [CDU/CSU] : Dürfen wir sitzen bleiben?)

    und Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt weltweiter wirtschaftlicher Entwicklungen miteinander zu beraten waren. Meine Damen und Herren, auf dem Tisch des Hauses liegen neben dem Haushaltsentwurf 1979, den der Herr Bundesfinanzminister heute vormittag eingebracht hat, die Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen von SPD und FDP zum Steueränderungsgesetz 1979, zur Novellierung des Kindergeldgesetzes und zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte. Die Koalitionsfraktionen zeigen damit dem Bürger unseres Landes, der deutschen Öffentlichkeit, aber auch unseren Partnern in der Welt draußen, daß wir gewillt sind, die auf dem Bonner Wirtschaftsgipfel im Juli getroffenen Vereinbarungen und die dabei gegebenen Zusagen unseres Bundeskanzlers, was unseren Teil angeht, schnell und vollinhaltlich in die Tat umzusetzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist deshalb nicht unbillig, hier gleich am Anfang zu sagen, daß wir nicht nur von den beim Gipfeltreffen vertretenen Regierungs- und Staatschefs, sondern auch von den Parlamenten der beteiligten Länder erhoffen und erwarten, daß auch dort die Umsetzung der Zusagen in entsprechende Maßnahmen und Gesetze zügig erfolgt, um die gemeinsam gewollten und notwendigen Schritte zur Belebung des Welthandels, zur Überwindung von Arbeitslosigkeit, zur Dämpfung von Inflationstendenzen und zur Anregung der Konjunktur zur baldigen Wirkung zu bringen.
    Die in großer Einmütigkeit eingebrachten Initiativgesetzentwürfe der beiden Koalitionsfraktionen, die mit den an den Bundesrat übermittelten Gesetzentwürfen der Bundesregierung deckungsgleich sind und die nun der parlamentarischen Beratung und möglicherweise einer weiteren Verbesserung in Einzelheiten hier im Bundestag und in seinen Ausschüssen unterzogen werden, zeigen, daß sich die sozialliberale Koalition auch bei noch so schwierigen politischen und Sachfragen nicht auseinanderdividieren läßt und — ohne die Diskussion unterschiedlicher Positionen in Einzelfragen einzuschränken — Konflikte zu meistern versteht. Denn es geht uns um die Durchsetzung der bestmöglichen Lösungen für die Bürger unseres Landes.
    Diese Demonstration eines gemeinsamen Handelns wird am heutigen Tage zusätzlich durch den gemeinsam vollzogenen Wachwechsel an der Spitze des Landes an Rhein und Ruhr unterstrichen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, es ist
    sicher erlaubt, von dieser Stelle aus einen herzlichen Glückwunsch nach Düsseldorf an Johannes



    Westphal
    Rau, den neugewählten Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, zu senden.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Vergleicht man die wirtschaftliche Entwicklung in den großen Industriestaaten mit der wirtschaftlichen .Entwicklung in unserem Lande, so ergibt sich eine seltsam unterschiedliche Beurteilung der Lage zwischen dem Betrachter von draußen, dem Betrachter mit amerikanischer, englischer, französischer oder anderer Staatsangehörigkeit, und dem im Innern beteiligten Betrachter. Wir sind mit unserer Lage nicht zufrieden und wollen und müssen sie verbessern, weil uns auch weiterhin insbesondere eine große Zahl von Arbeitslosen bedrückt und die Steigerungsraten unseres Wirtschaftswachstums größer werden müssen, um Vollbeschäftigung wieder zu ermöglichen. Unsere Partner aber in den großen Industrieländern fragen ganz umgekehrt: Wie machen es die Deutschen eigentlich, wie haben sie es geschafft, daß es ihnen wirtschaftlich und sozial — im Vergleich zu uns — so gut geht? Auf eine knappe Formel gebracht, erwarten sie, ja fordern sie von uns, daß wir ihnen helfen, daß wir Maßnahmen ergreifen, um die Lage für sie und alle zu verbessern.
    So unrecht haben die ausländischen Betrachter ja nicht, wenn sie und wenn wir daran denken, daß unsere Preissteigerungsraten neben der Schweiz seit Jahren die niedrigsten sind, daß wir einen relativ hohen Grad an Stabilität erreicht haben, daß unsere Arbeitslosenzahl im Vergleich zu den anderen im unteren. Mittelfeld liegt, daß unsere Devisenreserven nach wie vor riesig groß sind, daß der Außenwert unserer D-Mark ständig gestiegen ist, was uns allerdings schwierige Probleme für den Export gebracht hat, und daß unser Netz sozialer Sicherung vorbildlich für viele in der Welt ist.
    Es ist zwar richtig, daß wir unser Wachstum steigern und dazu insbesondere unsere Wirtschaft modernisieren müssen; aber wir können auch erkennen und müssen es frei sagen, daß die aktuelle und entscheidende Schwäche der Weltwirtschaft und ihrer Entwicklung darin liegt, daß die amerikanische Zahlungsbilanz nicht in Ordnung ist. Weil die USA zuviel Energie verbrauchen und dafür riesige Mengen Erdöl importieren, wird die Welt mit wertverlierenden Dollars überschwemmt. Eine der gravierenden Folgen ist die Einschränkung unserer Exportmöglichkeiten, auf die wir als ein stark exportorientiertes Land angewiesen sind. Es konnte und mußte deshalb die Aufgabe unseres Bundeskanzlers sein, beim Weltwirtschaftsgipfel den Versuch zu machen, die anderen zu bewegen, politische Zusagen zu geben, die im Interesse der Ausdehnung und Siche- rung eines freien Welthandels sowie der wirtschaftlichen Belebung liegen und die letztlich in deren eigenem Interesse und auch in unserem Interesse sind.
    Das Gipfelkommunique zeigt, daß Präsident Carter bereit ist, sich für die Drosselung des amerikanischen Energieverbrauchs zu engagieren, daß die Japaner ihre Importschranken ein Stück weit Lokkern wollen, daß die Engländer ihre Antiinflationspolitik fortsetzen werden, daß unsere französischen
    Freunde ihr Wachstum verstärken und daß von allen die prinzipielle Bereitschaft erklärt wurde, eine baldige Einigung in der Tokio-Runde der GATT-Verhandlungen anzustreben, die protektionistische Maßnahmen verhindern muß.
    Es liegt auf der Hand, daß solche Zusagen auch von uns ihren Preis fordern. Selbst wenn man hinsichtlich der bei uns gegebenen Möglichkeiten skeptisch ist, durch neue Programme und öffentliche Maßnahmen wirtschaftliches Wachstum über ein gewisses Maß hinaus bewirken zu können, und selbst wenn man mit Sorgen auf die Folgen für die öffentlichen Haushalte und die Höhe der zusätzlichen Verschuldung sieht, kann nicht bezweifelt werden, daß auch wir im Konzert mit den anderen unseren Teil dazu beizutragen haben, daß die auf dem Gipfel formulierten gemeinsamen Ziele erreicht werden.
    Die deutsche •Zusage lautet, quantitativ substantielle Maßnahmen um bis zu 1% des Bruttosozialprodukts vorzuschlagen, um eine Stärkung der Nachfrage und eine höhere Wachstumsrate zu erreichen. Der Bundeskanzler hat diese Zusage an zwei Bedingungen geknüpft, wohlwissend, daß er den erreichten Grad an Stabilität nicht aufs Spiel setzen darf. Das deutsche Maßnahmenpaket muß in seinem Umfang so begrenzt sein, daß sich daraus keine Zinssteigerungstendenzen ergeben und daß dadurch kein neuer inflationärer Druck entsteht. Die Konsequenz daraus ist, daß die als Folge unserer hier zu behandelnden Maßnahmen notwendig werdende zusätzliche Verschuldung der öffentlichen Hand nur so weit gehen darf, daß sie den Kapitalmarkt nicht überfordert, also das erreichte niedrige Zinskostenniveau nicht wieder nach oben in Bewegung gesetzt wird.
    Ich unterstreiche diese Bedingungen hier mit aller Deutlichkeit und sage dies insbesondere in Richtung auf Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, und in Richtung auf die Herren Ministerpräsidenten der CDU/CSU-geführten Bundesländer; denn schon ist erkennbar, daß Sie in einer unglaublichen Weise draufsatteln wollen. Sie beschwören damit nicht nur den Konflikt mit uns und der Bundesregierung herauf, sondern auch den Kon- flikt mit dem Hüter unserer Währung, mit der Bundesbank. Herr Präsident Emminger hat in den Kabinettsberatungen im Juli und danach unmißverständlich klargemacht, daß die Größenordnung der Inanspruchnahme des Kapitalmarkts im Jahre 1979 durch die Gesamtheit der öffentlichen Hände einschließlich der Sozialversicherung nach oben bei etwa 60 Milliarden DM begrenzt ist. Bundesregierung, Bundesbank und auch wir in den Koalitionsfraktionen sind einig darin, daß diese Grenze eingehalten werden muß, weil wir die negativen Folgen für die Wirtschaft und die öffentlichen Hände — ich habe hier Zinssteigerung und Inflationsdruck als solche negativen Folgen genannt — verhindern wollen und verhindern müssen.
    Es ist ein Wort zur Begründung des wirtschaftspolitischen Gedankengangs notwendig, der dem Maßnahmenpaket in den Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfen und dem Entwurf des Bundeshaus-



    Westphal
    halts 1979 zugrunde liegt. Weil uns die Erfahrung und all unsere intensiven Bemühungen der letzten Jahre gelehrt haben, daß es kein Allheilmittel gibt, um mit einem großen Schwung, Herr Häfele, und unter Einsatz aller öffentlichen Mittel auf einen Punkt konzentriert unser Hauptproblem zu lösen, nämlich die zu große Arbeitslosigkeit zu überwinden, mußte das, was wir Ihnen vorschlagen, eine sinnvolle Kombination von mehreren Maßnahmen sein, die auf unterschiedlichen Gebieten Teilwirkungen erzielen können, die jeweils zur Problemlösung beitragen. Diese Maßnahmenkombination will ich Ihnen hier erläutern.
    Sie besteht aus einer deutlichen Steigerung der investiven Ausgaben im Haushaltsplanentwurf 1979 und in der mittelfristigen Finanzplanung, die sich insbesondere bei der Förderung von Forschung und Entwicklung zur Modernisierung unserer Wirtschaft, bei den Maßnahmen zur Energieeinsparung, bei großen Projekten des Umweltschutzes, bei der Unterstützung von Existenzgründungen in der mittelständischen Wirtschaft und einer ebenfalls auf die mittelständische Wirtschaft gezielten Förderung von Personalkosten für Forschung und Entwicklung auswirken wird. Auf den mittelfristigen Planungszeitraum bezogen bedeutet dies allein im Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie, der sowieso schon deutlich anwuchs, ein weiteres Zulegen von insgesamt 7 Milliarden DM in vier Jahren. Ein weiterer Teil der genannten Förderungsmaßnahmen, die zu direkten Investitionen durch die öffentliche Hand oder zu privaten Investitionen mit öffentlicher Förderung führen werden, spielt sich im ERP-Plan ab.
    Dies alles führt 1979 erneut zu einer expansiven Haushaltsgestaltung mit einer Steigerungsrate von 8,4 %, die nicht nur nach unserer Meinung, Herr Häfele, sondern auch nach Auffassung vieler Wirtschaftswissenschaftler wirtschaftspolitisch nach wie vor geboten ist. Sie, Herr Häfele, und auch Herr Strauß in seiner Presseerklärung, die er anstatt einer Rede heute nach der Rede des Finanzministers herausgegeben hat, irren, wenn Sie meinen, die Koalition würde die Probleme der wachsenden Verschuldung verniedlichen. Die Haushaltsberatungen werden zeigen, wie wir uns in dieser Hinsicht bemühen und das Konsolidierungsziel auf mittlere Sicht sehr, sehr ernst nehmen.
    Wir haben aber abzuwägen, was jetzt in diesem Jahr für 1979, für Wirtschaftswachstum wichtiger ist: weniger Schulden oder mehr deficit spending. Dies ist auch international unsere Verpflichtung: Jetzt müssen wir noch kräftig herangehen, aber nicht so kräftig, Herr Häfele, wie Sie es uns seitens der Opposition oder der Mehrheit im Finanzausschuß des Bundesrates etwa aufdrängeln wollen, so heftig wirklich nicht, denn dies hieße die Verschuldung übertreiben. Dies kann keiner für vernünftig halten.
    Die Maßnahmen führen zu keinen neuen Mischfinanzierungstatbeständen. Daraus kann man folgern, daß der Bund die Ausgaben, die in diesem Paket enthalten sind, alle alleine trägt. Die Maßnahmen legen das Schwergewicht diesmal nicht auf die Bauwirtschaft, um deren konjunkturelle Entwicklung nicht zu überhitzen und Preissteigerungen in diesem Bereich nicht durch öffentliche Förderung hervorzurufen.
    Der zweite Ansatz des Maßnahmenpakets, um wirtschaftliches Wachstum anzuregen, wählt die Richtung der Steuerentlastungen bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer, um sowohl von der investiven als auch von der konsumptiven Seite her die vom Entlasteten in eigener Verantwortung zu treffenden Entscheidungen in Richtung Wirtschaftsbelebung zu programmieren.
    Der Schwerpunkt liegt bei der Einebnung des Tarifsprungs, für die zusammen mit der nach einem Jahr erneuten Anhebung des Grundfreibetrags für alle Einkommensteuerzahler im ersten Jahr der Wirksamkeit — 1979 — 10,6 Milliarden DM eingesetzt werden. Sie sollen in den Taschen des Steuerzahlers belassen werden. Das größte Ärgernis für die inzwischen mehr als 10 Millionen Steuerzahler — jede Mark, die über 16 000 bzw. für die Verheirateten 32 000 DM zu versteuerndes Jahreseinkommen hinaus verdient wird, nicht mehr mit 22 %, sondern gleich mit 30,8%versteuern zu müssen — wird dadurch ausgeräumt. Die steil ansteigende Wand der Progression wird dadurch mit kleinen Schritten begehbar gemacht.
    Wenn ich sage, daß bereits rund 10 Millionen Steuerzahler sich in der bisherigen Progressionszone befinden, dann heißt das, daß der Vorteil der Entlastung in ganz beachtlichem Ausmaß Arbeitnehmern zugute kommen wird. Dazu gehören nicht' nur fast alle ledigen ungelernten Arbeiter, sondern vornehmlich unsere Facharbeiter, deren Ehefrauen mitarbeiten und deren gemeinsamer Verdienst, der jährlich zu versteuern ist, längst die 40 000-DMGrenze überschritten hat.
    Die Tarifänderung ist gerecht und notwendig und hat aus sozialdemokratischer Sicht — lassen Sie mich das hinzufügen — von der Zeitabfolge der Maßnahmen eine höhere Priorität als zusätzliche weitere Entlastung — nach allem, was wir auf diesem Gebiet ja in den letzten Jahren getan haben — der Wirtschaft, die wir auch bejahen, als einen Gesamtteil dieses Pakets betrachten und in diesem Maßnahmenpaket mit berücksichtigen werden.
    Es ist für uns Sozialdemokraten selbstverständlich gewesen, daß zu diesen Maßnahmen der Einebnung des Tarifsprungs auch eine erneute Entlastung der Bezieher kleiner Einkommen gehören muß. Sie geschieht durch eine weitere Anhebung des Grundfreibetrags um 390 bzw. für Verheiratete 780 DM und führt dazu, daß ein beachtlicher Teil der Kleinstverdiener — gerade der weiblichen Arbeitnehmer — ganz aus der Einkommensbesteuerung herausfällt.
    Daß die Heraufsetzung des zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbetrags für Versicherungsbeiträge um 1 000 bzw. 2 000 DM ab 1980 auch dann, wenn sie für alle Einkommensteuerzahler eingeführt wird, in besonderer Weise mittelstandsfreundlich ist und den Selbständigen ihre Alterssicherung erleichtert, brauche ich hier nicht besonders zu erläutern.
    Der Vorschlag der Bundesregierung, das in vielen anderen europäischen und außereuropäischen Län-



    Westphal
    dern übliche Verfahren eines begrenzten Realsplittings für Geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten bei der Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht einzuführen, wird in den Ausschüssen des Bundestags besonders wegen der steuerlichen Wirkungen bei den Empfängern von Unterhaltsleistungen gründlich durchdacht werden müssen. Dabei bejahen wir Sozialdemokraten eine weitere Entlastung der Unterhaltsverpflichteten und suchen mit nach der gerechtesten und die Verwaltung nicht überlastenden Lösung.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Das vorliegende Steueränderungsgesetz 1979 enthält in seinem die Gewerbesteuer betreffenden Teil mit dem Ziel der Entlastung der Wirtschaft um rund 3 Milliarden DM die Abschaffung einer ganzen Steuerart: der Lohnsummensteuer. Dies ist Teil des Ganzen, Teil eines zusammengehörenden Pakets. Wer sich nur die kleine Mühe gemacht hat, die außerordentlich präzise und abgewogene Formulierung des Kabinettsbeschlusses vom 28. Juli 1978, die sich auch in der Begründung der hier vorliegenden Gesetzentwürfe befindet, nachzulesen, der weiß, daß von Anfang an klar war, daß die Gemeinden, für die die Abschaffung der Lohnsummensteuer ab 1980 den Ausfall eines zum Teil beträchtlichen Anteils ihrer eigenen Steuereinnahmen bedeutet, einen voll befriedigenden Ausgleich dafür erhalten müssen und nach Ansicht von Regierung und Koalitionsfraktionen auch bekommen sollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieser Ausgleich, der in einem beträchtlichen Maße gezielt auf je unterschiedliche Situationen in etwa 800 Gemeinden unter Zusammenwirken aller Beteiligten zustande gebracht werden muß, ist schwierig, und zwar deshalb, weil unsere Finanzverfassung Direktbeziehungen zwischen dem Bund und den Gemeinden eben nicht vorsieht. Die notwendige erhebliche Beteiligung des Bundes an diesem Ausgleich über die Länder und durch die Länder muß aber so gesteuert werden, daß neue Verzerrungen im Gewerbesteuergefüge vermieden werden.
    Außerdem muß der Grad der auflagefreien, also die Autonomie der Kommunen respektierenden Einsatzmöglichkeiten dieser Mittel bei den Gemeinden, die die Lohnsummensteuer abzuschaffen haben, so hoch wie möglich sein.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Sehr gut!)

    Der Finanzausschuß des Bundestags wird sich dieses schwierigen Fragenkomplexes gründlich annehmen müssen und dabei die Verhandlungen begleiten müssen, die der Bund mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden über die Ausgleichsproblematik führt.
    Herr Häfele, nur als Nebenbemerkung dazwischengeschoben: Dabei werden wir uns auch mit den Herren Rommel und Wallmann, dem Oberbürgermeister von Frankfurt, auseinanderzusetzen haben, alles Leute, die Sie nicht auf unsere Kappe rechnen können, wenn Sie Kritik üben, sondern diese Leute haben, wenn ich es richtig sehe — und
    ich glaube, ich sage hier ganz und gar nichts Falsches —, das Mitgliedsbuch Ihrer Partei in der Tasche, gehören aber zu den Kritikern solcher Maßnahmen. Sie können also, Herr Häfele, keine Einseitigkeit konstruieren.
    Dies ist ein schwieriges Thema für die Gemeinden. Wir haben es vom ersten Tage an so gesehen. Wir werden es, weil es eben schwierig ist, in aller Gründlichkeit mit allen Beteiligten zu einer Gesetzgebung bringen müssen, bei der es heißt: Es muß für alle Beteiligten — nicht nur für uns Sozialdemokraten und die Koalition — klar sein, daß die schwierige Operation, bei der erreicht werden soll, daß keiner einen Nachteil erleidet, sich aber auch keiner einen unberechtigten Vorteil herausholt, nur gelingen kann, wenn über das Gesetz, das den Ausgleich regelt und die Abschaffung der Lohnsummensteuer gleichzeitig gesetzliche Entscheidungen getroffen werden.
    Wenn ich eben, meine Damen und Herren, davon gesprochen habe, daß es für uns darauf ankommt, schnell zu handeln, gerade auch für die Teile des Gipfelpakets, die am 1. Januar 1979 und am 1.. Juli 1979 in Kraft treten sollen — das ist also gerade das, was den Tarif und die Heraufsetzung des Grundfreibetrags angeht —, dann gehört dazu auch die Anhebung der Mehrwertsteuer um einen bzw. halben Prozentpunkt, die für Mitte des Jahres 1979 vorgesehen ist.
    Wer sich das Gesamtpaket von den Zahlen her ansieht und in Erinnerung behält, daß der Bundeskanzler eine Zusage bezüglich der deutschen Maßnahmen bis zu einem Prozentpunkt des Bruttosozialprodukts vorgeschlagen hat — also etwa 12 bis 13 Milliarden DM —, der weiß, daß allein der Einnahmeausfall bei den öffentlichen Händen für die Abschaffung des Tarifsprungs und die Anhebung des Grundfreibetrags mit fast 11 Milliarden DM sowie die Förderung öffentlicher und privater Investitionen, vornehmlich im Forschungs-, Entwicklungs-
    und Umweltschutzbereich, mit 2,6 Milliarden DM schon den Umfang übersteigen, den 1% des Bruttosozialprodukts ausmacht. Dabei ist die vorgesehene Erhöhung des Kindergeldes — 1,5 Milliarden DM im ersten Schritt — noch gar nicht berücksichtigt, obwohl sie einen wichtigen Teil der Wirkungen des Gesamtpakets schon im Jahre 1979 darstellt. Die Konsequenz ist: Wir brauchen — lassen Sie uns das mit aller Nüchternheit sehen — einen finanziellen Teilausgleich für unser gesamtes Maßnahmenpaket, und zwar unabhängig von der Frage, für welchen Teil der Steuerentlastungen oder ausgabenwirksamen Maßnahmen die moderate Anhebung der Mehrwertsteuer zum Ausgleich eingesetzt werden soll.
    Im Wissen darum, daß die letzte Mehrwertsteueranhebung — mit Ausnahme der Gebühren — eben nicht in die Preise eingegangen ist, und die Erwartungen bezüglich der konjunkturellen Entwicklung des nächsten Jahres das gleiche wieder wahrscheinlich machen und im Wissen darum, daß eine langfristige Strategie neben dem Aspekt der Steuerharmonisierung in der EG auch den Gesichtspunkt berücksichtigen muß, daß die Steuerbelastungen aus direkten Steuern unverhältnismäßig schneller ge-



    Westphal
    wachsen sind als die Belastungen aus den indirekten Verbrauchsteuern, deren Hauptteil die Umsatzsteuer ist, müssen wir bereit sein, einen weiteren begrenzten Schritt zu tun, um die Gewichtung von direkten und indirekten Steuern zu verändern. Dies soll hier erfolgen.
    Wer behauptet, daß die Folge dieser maßvollen Anhebung der Umsatzsteuer ein ganzer Prozentpunkt Preissteigerung ist und dadurch die Steuerentlastungen aufgefressen würden, der hat nicht gerechnet und die Realitäten des Wirtschaftsablaufs nicht berücksichtigt. Weder im Einkommensteuerbereich noch bei der Verbesserung des Kindergeldes werden die Mehrbelastungen durch die Umsatzsteuer die Entlastungen aufzehren, und zwar selbst dann nicht, wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten würde, daß die Erhöhung der Umsatzsteuer ganz in die Preise überwälzt würde.
    Zu den Teilen des Gesamtpakets, die von der Seite des Konsums eine Wirtschaftsbelebung bewirken sollen und können und die ich vorher dargestellt habe, gehört auch die kräftige Anhebung des Kindergeldes. Wenn wir vom 1. Januar 1979 an das Kindergeld für alle dritten und weiteren Kinder einer Familie von 150 DM um 45 DM auf 195 DM erhöhen und dies in einem zweiten Schritt ab 1980 um eine Erhöhung des Kindergeldes für alle zweiten Kinder von 80 DM um 20 DM auf 100 DM monatlich erweitern, dann heißt dies, an der richtigen und notwendigen Stelle Familienpolitik zu machen und die Ausgaben des Bundes für die Familien — im übrigen noch dazu genau ins Jahr des Kindes gezielt — um Milliardenbeträge zu erhöhen.

    (Beifall bei der SPD)

    Man wird nicht bezweifeln können, daß gerade dieses Geld zu einem beachtlichen Teil in den Konsum gehen wird und damit das Wirtschaftswachstum von der Verbrauchsseite her angeregt werden wird.
    Das Gipfelpaket hat aber noch eine dritte Seite, durch die es — neben dem humanen und gesellschaftlichen Aspekt — im positiven Sinne Einfluß auf unsere Wirtschaftsentwicklung nehmen wird. Die drei Schritte, die ich hier nennen kann, werden uns helfen, den Arbeitsmarkt an wichtiger Stelle zu entlasten. Ich meine die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte in zwei Schritten, vom 62. auf das 61. Lebensjahr im Jahre 1979 und vom 61. auf das 60. Lebensjahr im Jahre 1980.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich meine die Verbesserung des Mutterschutzes. Es soll ein sechsmonatiger Mutterschaftsurlaub mit Finanzierung durch den Bund eingeführt werden, so daß Mütter im ersten Lebenshalbjahr ihres Kindes bei ihrem Kind zu Hause bleiben können, um sich dessen Betreuung zu widmen. Dafür können sie eine finanzielle Absicherung in einer Größenordnung von bis zu 750 DM monatlich erhalten.
    Ich meine schließlich die Einbeziehung der Teilnehmer am Grundbildungsjahr im zehnten Schuljahr in die Ausbildungsförderung nach dem BAföG, um die Ausbildungsplatzsuche vor allem für die geburtenstarken Jahrgänge zu erleichtern.
    Meine Damen und Herren, wer sich das Gipfelpaket in seiner Gesamtheit ansieht, wird feststellen, daß hier eine große Anstrengung in schwieriger Zeit gemacht wird. In Reaktion auf eine von unseren wichtigsten Partnern kommende Aufforderung, in deren Rahmen umgekehrt auch sie Zusagen im Hinblick auf unsere an sie gerichteten Forderungen gemacht haben, leisten wir unseren Teil durch Überwindung konjunktureller und struktureller Schwächen des wirtschaftlichen Gesamtgeschehens.
    Wir tun dies in einer Weise, daß unsere Bürger große Vorteile davon haben werden, daß unser geschaffenes Netz sozialer Sicherung nicht geschwächt, sondern im Gegenteil ausgebaut wird und daß der einzelne Steuerbürger entlastet und von Ärgernissen befreit wird. Wir tun es darüber hinaus auch in einer Weise, die erneut unserer Wirtschaft zusätzlichen Spielraum gibt, endlich mehr zu investieren. Schließlich tun wir es auch in einer Weise, auf die wir trotz der großen finanziellen Anstrengungen ein Gesamtmaß einhalten, das die erreichte Stabilität nicht gefährdet.
    Derjenige aber, der darüber hinausgehen will, wird diese Gefährdung bewirken. Er wird Inflationsschübe in Gang setzen und Zinsen zum Steigen bringen. Das gilt auch für diejenigen, die bis heute nicht bereit sind, zu dem erforderlichen Teilausgleich in Form der Anhebung der Mehrwertsteuer ja zu sagen.
    Dies alles, meine Damen und Herren, muß ich gezielt auf die Opposition dieses Hauses und noch gezielter auf die Mehrheit im Bundesrat, die von CDUbzw. CSU-Ministerpräsidenten geleitet wird, sagen. Wer — wie dies in nur 11/2stündiger Sitzung im Finanzausschuß des Bundesrates am vergangenen Donnerstag geschehen ist — seine Mehrheit benutzt, um nicht weniger als 8 Milliarden DM Einnahmeausfall bei den öffentlichen Händen zusätzlich draufzusatteln, der handelt nicht verantwortlich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer behauptet — wie dies in der Vorlage des Finanzausschusses des Bundesrates geschieht —, daß die Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit den Bund im Vergleich mit den anderen Gebietskörperschaften am wenigsten betreffen, der rechnet falsch; alle Zahlen liegen auf dem Tisch.
    Wer zudem die Absicht hat — und dies ist doch Ihre Absicht, meine Damen und Herren von der Opposition —, zusätzlich zu den im Bereich des Familienlastenausgleichs vorgeschlagenen deutlichen Kindergelderhöhungen, die ich Ihnen eben erläutert habe, auch noch einen Steuerfreibetrag für Kinder wieder einzuführen, der belastet nicht nur Bund, Länder und Gemeinden mit über das mögliche Maß hinausgehenden Steuerausfällen von 4,5 bis 5 Milliarden DM im Jahr, sondern macht auch, von einem reaktionären Ansatz ausgehend, die große Leistung der Reform des Familienlastenausgleichs von 1975 kaputt,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    die doch darin bestand, daß die Entlastung der Familien mit Kindern nicht mehr für denjenigen, der



    Westphal
    ein höheres Einkommen hat, größer und für denjenigen, der ein kleineres Einkommen hat, kleiner ist. Gerade dies haben wir damals abgeschafft und überwunden. Sie wollen wieder zurück zu einem solchen Ansatz. Das kann ja wohl, noch dazu mit diesen finanziellen Folgen, nicht verantwortungsbewußt sein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer dann auch noch mit einem Ruck und schon zum 1. Januar 1979 die gesamte Gewerbekapitalsteuer abschaffen und sämtlichen Gemeinden diesen Einnahmeteil wegnehmen will, der übertreibt nicht nur in seinen Forderungen, sondern handelt auch gemeindefeindlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist besonders auf Ihren Redner gezielt, der nachher aus kommunalpolitischer Sicht sprechen wird. Er möge hier zum Thema der Gewerbekapitalsteuer und ihrer Abschaffung etwas sagen und sich auch mit dem Deutschen Städtetag auseinandersetzen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    denn der und wir stehen zusammen auf der Seite der Kommunen, wenn es um diese Fragen geht.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit würde die entscheidende objektbezogene Komponente aus der Gewerbesteuer herausgenommen, und den Städten und Gemeinden würde die Finanzautonomie entzogen, weil die Realsteuergarantie des Grundgesetzes an die Kommunen nicht mehr erfüllt werden könnte. Diesen Weg werden die Sozialdemokraten nicht mitgehen.
    Ganz unbegreiflich für jeden verantwortungsbewußten Politiker ist der Beschluß der Mehrheit des Finanzausschusses des Bundesrates, durch einen einfachen weiteren Paragraphen des Artikelgesetzes auch noch den Finanzausgleich neu festsetzen zu wollen, d. h. die Umsatzsteuerverteilung der nächsten Jahre zwischen Bund und Ländern zu Lasten des Bundes vorzuschreiben, ohne auf der Basis von Art. 106 des Grundgesetzes die Entwicklung der Deckungsquoten geprüft und mit dem Bund und mit den kommunalen Spitzenverbänden eingehend beraten zu haben.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, die Absicht Ihrer Mehrheit im Bundesrat ist durchsichtig: der Bund soll finanziell zum Ausbluten gebracht, politisch manövrierunfähig gemacht werden. Eine seltsame Position für eine Opposition, die nach Regierungsverantwortung strebt.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Sie würden allerdings selber die Folgen zu tragen haben, wenn Sie mal wieder regieren dürften — was wir aber, ich bin sicher, zu verhindern verstehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Stoltenberg — in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender der CDU, möglicherweise auch in seiner Rolle als Ministerpräsident eines Landes — sollte, bevor er den Koalitionsfraktionen Vorwürfe macht, sie hielten die Verfassungsspielregeln durch Einbringen von Initiativgesetzen nicht ein,
    eines bedenken. Heute habe ich gelesen, er hat es sogar so formuliert, daß es eine klare Mißachtung des Grundgesetzes sei. Falls er diesen Vorwurf wiederholt — einen Vorwurf, der nicht stimmt; wenn man die Verfassung auch nur liest —, kann man nur gute Reise nach Karlsruhe wünschen; das geht schief. Sollte er sich aber vorher mit dem Grundgesetz beschäftigen, dann tritt er diese Reise gar nicht erst an.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber er sollte auch einmal den Art. 106 des Grundgesetzes lesen. In dem steht nämlich, daß ohne verantwortungsbewußte Prüfung, wie es um die Deckungsquoten bei den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden und deren Entwicklung steht, eine Umsatzsteuerneuverteilung nicht vorgenommen werden kann. Da muß man gründlich nachgucken und mit allen Beteiligten gemeinsam nachdenken und reden und rechnen und feststellen, wie die künftigen Verläufe sein werden, wer wieviel von seinem Haushalt durch Steuern und Einnahmen decken kann und wieviel er an Krediten aufnehmen muß. Dann wird er ein Bild entdecken, das nicht dafür spricht, es so zu machen, wie es in den Vorlagen des Finanzausschusses des Bundesrates steht. Das ist so einfach nicht annehmbar, noch dazu vom Verfahren her nicht annehmbar; siehe Art. 106 des Grundgesetzes.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Herrn Stoltenberg würde auch auffallen, daß dabei im übrigen auch die Gemeinden durch ihre Spitzenverbände konsultiert werden müssen. Sie dürfen nicht, wie es die Mehrheit des Bundesrates beabsichtigt, einfach übergangen werden.
    Ich fasse zusammen. Wer solche Vorschläge in die Welt setzt und vertritt und zur Deckung von 8 Milliarden DM Mehrforderungen oder Mindereinnahmen nichts weiter zu sagen hat als, der Bund solle sparsamer bei den Ausgaben sein,

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    ohne dafür auch nur eine einzige konkrete Stelle zu nennen, der hat im übrigen auch das Argument für sich verspielt, daß er der „Hüter des Art. 115 des Grundgesetzes" sei.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Denn Überforderungen würden den Bund noch mehr, als er selber in dieser wirtschaftlichen Situation dazu bereit sein muß, zwingen, zusätzliche Schulden aufzunehmen, für die eine gleich hohe Ausgabe im investiven Bereich nicht zur Verfügung stehen kann.
    Meine Damen und Herren — noch einmal insbesondere an die Opposition gewandt —, setzen Sie nicht auf das Spiel mit dem Vermittlungsausschuß! Machen Sie diesen wichtigen Ausschuß nicht zu einer Art Überregierung. Hier sitzt der Bundesgesetzgeber. Der vom Bürger gewählte Deutsche Bundestag hat zu entscheiden, und der Bundesrat wirkt an der Gesetzgebung mit.

    (Zurufe von der CDU/CSU)




    Westphal
    Ihnen liegen die Gesetzentwürfe vor. Lassen Sie uns auf dieser Grundlage beraten, verbessern und entscheiden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Funcke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Liselotte Funcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Die FDP bekennt sich zu der von ihr kontinuierlich vertretenen Steuerpolitik, wie sie sich in ihren wesentlichen Grundzügen in der sozialliberalen Koalition seit 1969 verwirklichen ließ. Diese Grundsätze sind: keine Mehrbelastung des Steuerbürgers, sondern Entlastung; ein leistungsgerechtes Steuersystem, das den Leistungsertrag nicht unangemessen wegsteuert; Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im In- und Ausland; Steuergerechtigkeit; stufenweise Annäherung an die europäische Steuerharmonisierung; verbesserter und gerechter Familienlastenausgleich für alle Familien, nicht nur für die steuerzahlenden.
    Diesen Grundsätzen ist die FDP in ihren Bemühungen um die Steuerpolitik immer gefolgt: bei der Steuerreform 1974 und 1975 und bei den Steuerentlastungsgesetzen bzw. -entwürfen, soweit sie jetzt vorliegen.
    Die Steuerreform brachte zusammen mit der Verbesserung des Kindergeldes eine Nettoentlastung der Bürger von rund 15 Milliarden DM. Die Beschlüsse und Vorschläge, die im Steuerbereich zum 1. Januar 1978 wirksam geworden sind bzw. zum 1. Januar 1979 und 1980 wirksam werden, bringen eine Nettoentlastung von zusammen 33 Milliarden DM. Dabei ist bereits die Mehrbelastung aus der Umsatzsteuererhöhung 1978 und 1979 gegengerechnet. In Wirklichkeit ist die Entlastung also ungleich höher.
    Nun erklärte Herr Kohl — laut Pressemeldung aus Berlin — gestern, die CDU/CSU sei die „klassische Steuerentlastungspartei".

    (Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU)

    — Vorsicht! Sie sollten einmal Steuergeschichte lesen. — Gewiß, wenn es nach der Größe der Sprechblasen geht, möchte man Ihnen wohl zustimmen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Häfele hat das gerade deutlich bewiesen.

    (Schwarz [CDU/CSU] : Das war ein sachlicher Beitrag!)

    Aber nicht auf die Reden kommt es an, sondern auf das praktische Handeln in der Gesamtverantwortung. Und da hat die CDU/CSU nun alles andere getan, als sich als „klassische Steuerentlastungspartei" auszuweisen.
    Seit der Tarifsenkung 1954, wo es darum ging, die überhöhten Steuersätze aus der Besatzungszeit abzubauen, hat Finanzminister Schäffer — bekanntlich von der CSU — dem Bürger jahrelang mehr Geld abgenommen, als er für den Ausgleich seines Haushalts brauchte.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Darauf war er sehr stolz!)

    Auf Kosten der Steuerzahler baute er einen großen Juliusturm.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Weil er sparsam war!)

    — Wenn Sie es als Sparsamkeit bezeichnen, wenn der Bürger mehr Steuern an den Staat zahlt, als dieser braucht, dann allerdings ist das eine merkwürdige Art von Sparsamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das kann Ihnen nicht passieren; Sie geben alles aus! — Schwarz [CDU/CSU] : Sie haben einen Schuldenkeller!)

    Doch was die Sparsamkeit anbetrifft, müssen Sie sich auch noch den folgenden Satz sagen lassen: die Sparsamkeit war allenfalls auf Finanzminister Schäffer begrenzt; denn bekanntlich wurde dieser Juliusturm vor der Bundestagswahl 1957 von den nahezu allein regierenden Unionsparteien in kürzester Zeit für Wahlgeschenke geplündert und nicht etwa sparsam verwaltet.
    Die Tarifänderung, die dann 1958 von der damals allein regierenden CDU/CSU durchgeführt wurde, war keineswegs von ihr initiiert, sondern sie war die Folge einer Verfassungsklage im Zusammenhang mit der Ehegattenbesteuerung. Diese Tarifänderung des Jahres 1958 war auch keineswegs eine Entlastung für alle; denn die Alleinstehenden mußten damals sogar mehr Steuern zahlen. Sie wurden also, Herr Häfele, in noch stärkerer Weise um ihre Arbeitsleistung gebracht.
    Eine wirklich fühlbare Tarifsenkung kam dann erst unter dem FDP-Finanzminister Dahlgrün —1964 — zustande.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Wer war denn da Bundeskanzler?)

    — Derselbe, der vorher, 1957 bis 1961, bei absolu.. ter Mehrheit der CDU/CSU eine Steuersenkung nicht durchgeführt hat.

    (Beifall bei der FDP — Katzer [CDU/CSU]: Wie lange waren Sie da in der Regierung?)

    — Wir waren genau in den Zeiten in der Regierung, als es Steuersenkungen gab; das versuche ich Ihnen gerade an Hand echter Dokumente vorzutragen. Immer wenn Sie allein oder sozusagen allein in der Regierung waren — mit der Deutschen Partei zusammen —, hat es keine Tarifreformen gegeben, allenfalls komplizierte Einzelvergünstigungen.
    Als dann 1966 Kollege Strauß, bekanntlich von der CSU, die Verantwortung für die Finanzen übernahm, kam die große Zeit der Steuererhöhungen. Ich habe das an dieser Stelle schon mehrfach gesagt, aber ich glaube, ich muß es wiederholen: Es hat in diesen noch nicht einmal drei Jahren acht Steuererhöhungen bzw. Neueinführungen von Steuern gegeben, u. a. Ergänzungsabgabe, Exportsteuer, aber keine einzige Steuersenkung. Die



    Frau Funcke
    Steuerlastquote wuchs in diesen knapp drei Jahren um anderthalb Prozent.
    Nun behaupten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, angesichts dieser „Leistungsbilanz", Sie seien die „klassische Steuerentlastungspartei" . Wo ist denn der Beweis dafür? Daß Sie viele rhetorische Anstrengungen dazu machen, möchten wir schon glauben, aber bewiesen haben Sie die Richtigkeit dieser Selbsteinschätzung in der Praxis nun wirklich nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Immer [Altenkirchen] [SPD] : Im Gegenteil!)

    Seit 1969 ist dann allerdings die Steuerlastquote gefallen. Diese Tatsache können Sie wirklich nicht wegreden. Es hat nur eine Verschiebung von den indirekten zu den direkten Steuern stattgefunden — nicht etwa durch gesetzliche Maßnahmen, sondern einfach durch die Entwicklung der Löhne, der Umsätze und sonstiger Daten, die zur Steuer führen. Die jetzigen Vorschläge und auch die vom letzten Jahr verfolgen und verfolgten den Zweck, dieser Entwicklung entgegenzuwirken: Entlastungen bei den direkten Steuern und eine — demgegenüber allerdings geringere — Mehrbelastung bei der Mehrwertsteuer als indirekter Steuer. Damit nähern wir uns den Verhältniszahlen bei den anderen Staaten der Europäischen Gemeinschaft.
    Herr Häfele räumt zwar ein, daß die Steuerlastquote nicht gestiegen, sondern unter Berücksichtigung der Umstellung beim Kindergeld gefallen ist, nämlich von 24,4 °/o im Jahre 1969 auf 23,2 °/o im kommenden Jahr, aber er betont, die „Staatsquote", wie er das nennt, sei gestiegen. Der Hinweis darauf ist nun wirklich kein gutes Beispiel für Entlastungsbemühungen der Unionsparteien. Warum ist denn die Gesamtquote gestiegen? — Weil zur Zeit der Großen Koalition der Beitrag zur Sozialversicherung von 14 auf 18% angehoben wurde, was sich dann ab 1969 auswirkte. Und als wir uns bemühten, die steigenden Krankenkassenbeiträge zu begrenzen oder zu senken, haben Sie sich auf das heftigste gegen dieses Krankheitskostendämpfungsgesetz aufgelehnt. Sie haben zur Zeit der Großen Koalition die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beschlossen, die ebenfalls zu einer Anhebung der „Staatsquote" geführt hat. Auch kann kein Zweifel sein — das ist wirklich kein Vorwurf, Herr Kollege Häfele —, daß mit der Öffnung der Sozialversicherung auch für Freiberufler, für Hausfrauen und andere, die wir gemeinsam wollten, die Beiträge gestiegen sind. Aber deswegen ist das doch keine Mehrbelastung des einzelnen Beitragszahlers, sondern nur ein Wechsel von freiwillig Versicherten zur Sozialversicherung. Was soll also dieses törichte Argument von der steigenden Staatsquote? Wir sollten endlich einmal davon heruntergehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Auf die Dauer glaubt Ihnen das keiner mehr, so schön sich das auch im bayerischen Wahlkampf ausnehmen mag.
    Wir haben in verschiedenen Bereichen Steuerentlastungen vorgesehen. Der Herr Bundesfinanzminister und Herr Kollege Westphal haben die Einzelheiten vorgetragen. Lassen Sie mich auf ein paar Punkte eingehen, die dabei wichtig sind. Die Beseitigung des Tarifsprungs entspricht wohl einer gemeinsamen Auffassung in diesem Hause. Nur höre ich draußen immer wieder, daß von Oppositionsseite gesagt wird: „Wenn Sie das jetzt korrigieren, so ist damit deutlich gemacht, daß Sie vor vier Jahren einen falschen Tarif beschlossen haben." Abgesehen davon, daß Sie den Tarif damals mitbeschlossen haben, war es doch so, daß wir eine große Anstrengung zur Verlängerung, ja, zur Verdoppelung der proportionalen Zone gemacht haben. Wir wollten eben, daß bei höheren Löhnen gerade für breitere Schichten der Bevölkerung nicht gleich ein progressiver Zugriff erfolgte. Deswegen haben wir die Proportionalzone verdoppelt. Natürlich bedeutete das einen gewaltigen Ausfall, und da war es notwendig und unvermeidlich, daß danach, um überhaupt die Steuereinnahmen zu sichern, ein scharfer Sprung entstand. Dies war gewollt und von allen kalkuliert. Daß wir jetzt, wo wir wiederum eine Senkung vornehmen, zunächst einmal eine Abflachung dieses Tarifsprungs vorsehen, ist richtig, folgerichtig und keineswegs etwas anderes als das, was wir bei früheren Tarifgestaltungen vor vielen Jahren unter CDU/CSU-Verantwortung gemacht haben. Damals hat man erst einen „Mittelstandsbauch", wie man ihn genannt hat, geschaffen, und hinterher in einer weiteren Tarifreform hat man ihn abgeflacht, nachdem immer mehr Menschen von diesem plötzlichen. Tarifsprung betroffen waren. Dies ist eine vernünftige Regelung. Da auch Sie von der Opposition inzwischen der Meinung sind, daß eine Abschaffung der Proportionalzone nicht gut wäre, weil dann noch mehr Leute in die Progression, die Sie für leistungshemmend erklären, hineinwachsen würden, kann es doch nur eine gemeinsame Auffassung über die Tarifsenkung geben.
    Wir wollen den Vorwegabzug im Rahmen der Sonderausgaben anheben. Es kann doch keine Frage sein, daß die Art und Weise, wie Alters- und Risikovorsorge betrieben und steuerlich behandelt wird, zu ungleichen Verhältnissen führt. Die Tatsache, daß Staatsbedienstete im Beamtenverhältnis für die Altersvorsorge keine Abzüge haben, daß Arbeitnehmer die Hälfte ihrer Beiträge vom Arbeitgeber bekommen, ohne daß sie ihnen steuerlich auf das Gehalt gerechnet werden, daß aber Freiberufler und Selbständige alle Beiträge zur Alterssicherung sowie Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung aus dem eigenen Einkommen zahlen müssen, kann steuerlich nicht unberücksichtigt bleiben. Da müssen wir über die steuerliche Entlastung wenigstens eine gewisse Angleichung vornehmen. Dies soll dadurch geschehen, daß wir den Vorwegabzug erheblich anheben, nämlich von 1 500 auf 2 500 DM je Steuerpflichtigen, d. h. doppelt für Ehepaare.
    Meine Damen und Herren, es scheint mir notwendig zu sein, an dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen, daß die sehr knapp bemessenen Sonderausgaben für die Vorsorgeaufwendungen und damit die ungerechte Behandlung der Freiberufler und Selbständigen nicht etwa durch diese Koalition gekommen sind. Wir hatten bei der Steuerreform



    Frau Funcke
    eine ganz andere Form vorgesehen, die einen sehr großen Spielraum für steuerbegünstigte Beiträge vorsah. Nur hat damals der Bundesrat einen Strich durch die Rechnung gemacht und eine Änderung der vorgesehenen Regelung erzwungen, die zu den sehr kümmerlichen Höchstbeträgen für Selbständige und Freiberufler geführt hat.

    (Beifall bei der FDP)

    Lassen Sie mich ein Wort zum Kindergeld sagen. Es soll maßgeblich erhöht werden. Dazu höre ich mit einigem Erstaunen, daß die CDU von ihrer Vorstellung eines Familienlastenausgleichs in Form eines gleichmäßigen Kindergeldes für alle Familien abrücken will. Es ist doch nun keinesfalls so, daß die CDU/CSU die Umstellung vor vier Jahren nicht ausdrücklich so gewollt hat. Man wollte die Gleichbehandlung aller Eltern. Ich gebe gerne zu, daß es einige Kollegen gab, die anderer Meinung waren. Aber die CDU/CSU-Fraktion als solche hat sich eindeutig eingesetzt für die Umstellung von der Steuervergünstigung, die ungleich wirkt, zu einer gleichmäßigen Bezuschussung der Familien durch den Staat zur Entlastung von den Aufwendungen, die sie für die Kinder zu tragen haben.
    Nun erfahren wir, daß Sie zwar das Kindergeld beibehalten wollen, daß Sie neuerdings aber außerdem wieder Steuerfreibeträge einbeziehen wollen. Ich kann darin nun wirklich keinen Beitrag zu größerer Gerechtigkeit sehen und schon gar nicht einen Beitrag zur Vereinfachung des Steuersystems,

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD — Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    wie Sie ja überhaupt in Sonntagsreden gerne von Vereinfachung reden, aber alltags Anträge stellen, die genau dem entgegenwirken. Daß man die Kinder nun in zwei Gesetzen berücksichtigen soll, ist sicherlich kein Beitrag zur Vereinfachung unseres Steuersystems.
    Darüber hinaus, Herr Kollege Häfele, ist ein solcher Vorschlag natürlich auch keine Lösung des Problems, das wir mit den unterhaltsverpflichteten, nicht sorgeberechtigten Elternteilen haben. Dieses Problem wird dadurch eher noch verschärft, da es sehr schwierig ist, festzustellen, wem die in einer Familie gemeldeten Kinder tatsächlich zuzuordnen sind. Die Einwohnermeldeämter sind heute nicht in der Lage, zu sagen, ob ein Kind in einer gültigen Ehe beiden Elternteilen wirklich gehört oder ob es von einem Partner aus einer früheren Ehe bzw. aus einer Nicht-Ehe in diese Ehe hineingebracht worden ist, so daß die Frage, wer denn nun wirklich zum Empfang der für die Erziehung von Kindern gewährten Entlastung berechtigt ist, von den Einwohnermeldeämtern zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden kann. Es fragt sich auch, ob jeder gern im Einwohnermelderegister eingetragen haben möchte, daß er ein alimentenpflichtiger Vater ist.
    Wir sehen. in dem jetzt vorliegenden Paket einen Schwerpunkt oder einen Einstieg bei den Bemühungen, die Möglichkeit dafür zu schaffen, daß Kleinkinder ihre berufstätigen Eltern in den ersten Monaten um sich haben können. Ich sage „Eltern"
    denn wir möchten gerne — ich glaube, wir sind uns darin auch mit Frau Minister Huber einig — einen Weg finden, daß ein verlängerter Urlaub einem Elternteil und nicht grundsätzlich allein der Mutter gewährt wird. Bei den ersten acht Wochen handelt es sich eindeutig um eine medizinische Notwendigkeit bezüglich der Frau; aber die darauf folgenden Urlaubswochen sollen ja den Interessen des Kindes dienen. Und da meinen wir, daß Kinder nicht nur Mütter, sondern Eltern haben und daß auch eine stärkere persönliche Verbundenheit zwischen Vätern und Kindern eine sehr wichtige Sache für das Wohl der Kinder ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir begrüßen die Herabsetzung der Altersgrenze für Schwerbehinderte, und wir begrüßen es, daß es für betriebliche Forschungs- und Entwicklungskosten zusätzliche Mittel als Beitrag zu den Personal- ' kosten geben soll, insbesondere in kleineren und mittleren Betrieben, d. h. in solchen, die zwar keine großen Investitionen für Innovationsforschung zu leisten haben, wohl aber erhebliche Personalkosten dafür aufwenden müssen. Wie notwendig Innovationen für die Strukturverhältnisse in unserem Land sind, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht auszuführen. Wir sind uns darin, wie ich sehe, alle einig.
    Gegen diese Entlastungen steht die Anhebung der Umsatzsteuer. Wir bejahen sie in doppelter Hinsicht: Wir bejahen sie zum einen, weil sie zum Ausgleich notwendig ist. Dabei wehre ich mich gegen die Behauptung, man gebe in die eine Tasche, was man aus der anderen herausnehme. Tatsächlich wird in der einen Tasche sehr viel belassen und aus der anderen gewissermaßen nur Kleingeld herausgenommen. Denn wie ich soeben dargelegt habe, bleiben von den Entlastungen 1978, 1979 und 1980 33 Milliarden DM als Nettoentlastung beim Steuerzahler. Wir bejahen die Anhebung der Umsatzsteuer zum anderen aber auch deswegen, weil sie wiederum ein Schritt in Richtung Angleichung an die europäischen Relationen zwischen direkten und indirekten Steuern ist. Wir haben zuviel direkte Steuern, die anderen haben sehr viel mehr indirekte. Darum müssen wir uns schrittweise — denn das geht nicht mit einem Paukenschlag — an diese anderen Relationen herantasten. Dafür ist die Anhebung der Umsatzsteuer unverzichtbar.
    Meine Damen und Herren, nun ein Wort zur Gewerbesteuer. Es ist ein schwieriges Problem. Denn wir müssen sehen, daß die Gewerbesteuer nach dem heutigen Gemeindefinanzrecht ein sehr wesentlicher Grundstock frei verfügbarer Mittel der Gemeinden ist. Wir verstehen, daß die Gemeinden sehr besorgt sind, wenn ihnen von diesen, ihnen frei zustehenden Mitteln etwas genommen wird. Denn wer die gemeindliche Selbstverwaltung will, muß natürlich auch wollen, daß die Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung haben. Wir wollen nicht das, was die Gemeinden in Bayern immer beklagen: daß man mit eigenen Mitteln kurzgehalten wird und der Staat mit dem „Goldenen Zügel" lockt und von oben Mit-



    Frau Funcke
    tel „gewährt" zur höheren Ehre des jeweiligen Abgeordneten oder Ministers.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU] : Sie meinen wohl Nordrhein-Westfalen?)

    — Nein, in Nordrhein-Westfalen gehen sehr viel mehr frei verfügbare Mittel an die Gemeinden, mit denen diese dann kalkulieren können. Die Gemeinden *in Nordrhein-Westfalen sind in diesem Punkt nicht auf Anträge und den Gnadenweg angewiesen. — Wir haben, wie gesagt, Verständnis für die Sorgen der Gemeinden in Sachen Gewerbesteuer. Darum wird die Gewerbesteuersenkung, für die wir generell sind, mit einer grundsätzlichen Neuordnung der gemeindlichen Selbstfinanzierung verbunden sein müssen. Hier wird man die jetzt vorgesehene Abschaffung der Lohnsummensteuer nicht als einzige Maßnahme sehen können. Weitere müssen folgen. Die Gewerbesteuer muß heruntergefahren werden, auch unter den jetzt noch verbleibenden Stand. Als Ersatz dafür muß den Gemeinden ein Anrecht auf Anteile an anderen Steuern eingeräumt werden, über die sie dann frei verfügen können.
    Die Gewerbesteuer ist eine Belastung für die Wirtschaft. Sie ist eine sehr ungleiche Belastung. Sie hat ihren Grund darin, daß den Gemeinden für die Anwohner Aufwendungen hinsichtlich des Grundbedarfs — Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser, Freizeit, Sozialhilfe usw. — entstehen, dies nicht nur für Beschäftigte gewerblicher Betriebe, sondern ebenso natürlich für Beamte, Angestellte und Arbeiter der Behörden, der Kasernen, der freien Berufe, der Sozialeinrichtungen. Auch für sie hat die Gemeinde Aufwendungen, aber für sie bekommt sie nach dem, Gewerbesteuerrecht nichts. Wie ungleich die Gemeinden hinsichtlich ihrer Finanzkraft aus der Gewerbesteuer ausgestattet sind, wissen wir alle noch aus den Verhandlungen zur Finanzreform in der Zeit der Großen Koalition.
    Wir müssen also hier die einseitige Belastung des Gewerbes senken, dies insbesondere deshalb, weil es eine Gewerbesteuer in dieser Höhe in den übrigen EG-Staaten nicht gibt. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen — die Gewerbesteuer ist direkt oder indirekt eine Kostensteuer —, so müssen wir berücksichtigen, daß sich diese Belastung mit der Gewerbesteuer in dieser Höhe, wie wir sie haben, wettbewerbsverzerrend und -belastend auswirkt.

    (Beifall bei der FDP)

    Es muß also darum gehen, hier eine Angleichung auch an europäische, sehr, viel niedrigere Belastungen ähnlicher Art zu finden.
    So kann es nach unserer Vorstellung nicht allein bei der Abschaffung der Lohnsummensteuer bleiben. Wir werden Zug um Zug in entsprechenden Etappen die Angleichung suchen müssen. Die Lohnsummensteuer ist im Augenblick besonders belastend, weil sie die Lohnkosten verteuert. Diese sind schon mit vielen Lohnnebenkosten belastet, mit Sozialversicherungsbeiträgen, mit den Kosten aus der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Sie beschlossen haben, und schließlich auch mit der Lohnsummensteuer.
    Wir müssen nun einen Weg finden, auszugleichen, was den Gemeinden fehlt. Das ist nicht leicht, denn die Lohnsummensteuer wie auch die übrige Gewerbesteuer kommen sehr unterschiedlich auf und zwar nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Gemeinde zu Gemeinde. Es kann daher nach unserer Auffassung beim gezielten Ausgleich nicht nur um eine einseitige Maßnahme, sondern nur um eine Kombination verschiedener Maßnahmen gehen. Dazu gehört auch, daß es den Gemeinden ermöglicht wird, zum Teil die Hebesätze in mäßigem Umfang anzuheben, und daß sie darüber hinaus direkte und indirekte Ausgleichsbeträge bekommen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen können wir vom Bund nicht direkt in die Gemeinden hineinfinanzieren — das wissen wir alle —, und ,das erschwert, wie Sie wissen, die Diskussion um den Ausgleich, von dem wir meinen, daß er gefunden werden kann und muß.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, niemand würde nicht gern noch mehr Steuern senken. Aber ich glaube, gerade in dem Abschluß der Rede des Herrn Bundesfinanzministers haben wir heute sehr deutlich gehört, daß angesichts der Aufgaben, die der Bund zu erfüllen hat, Grenzen gesetzt sind. Ich nehme an, die Länder werden auch nicht viel Geld zu verschenken haben. Sie fordern nun weitere Steuerentlastungen zu Lasten des Bundes oder der Länder, vielleicht auch der Gemeinden, in Höhe von weiteren acht bis zehn Milliarden DM. Herr Westphal hat Ihnen das bereits vorgerechnet. Zugleich sagen Sie: Der Haushalt ist nicht ausgeglichen, und die Verschuldung muß endlich zurückgeführt werden. Doch jede Hausfrau weiß, daß man nicht weniger einnehmen und mehr oder das gleiche ausgeben kann, ohne Schulden zu machen, oder kriminell zu werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Man muß sich schon für etwas entscheiden: Wenn Sie die Steuer senken wollen, dann seien Sie bitte konsequent und sagen uns, wo gespart werden kann oder welche Kreditmehraufnahme Sie glauben verantworten zu können. Weniger Ausgaben haben Sie noch nicht vorgeschlagen. Wir hören nur laufend die Forderung nach mehr Ausgaben: Bundeswehr, Wohnungsbau, Erziehungsgeld. Jede Fragestunde in diesem Haus ist eine Summe von direkten oder indirekten Forderungen an den Bund, mehr auszugeben, und keineswegs etwa, etwas zu sparen.
    Nun hören wir neuerdings die Sparaufforderung an den Bund aus dem Munde der Ländervertreter. Das haben wir gern! Herr Ministerpräsident Späth wird gleich hier sprechen. Ich habe mir einmal angesehen, wie die Haushaltsentwicklung in Baden-Württemberg und im Bund zwischen 1973 und 1978 war.

    (Kühbacher [SPD] : Sie müssen ja nicht ge. rade den schlimmsten Fall nehmen!)

    Wenn wir berücksichtigen, daß in dieser Zeit durch die Umstrukturierung des Kindergeldes Ausgaben nominell auf den Bund gekommen sind, die sich vorher in den Steuereinnahmen versteckt haben, ergibt sich, daß die Steigerungsraten im Haushalt beim Bund geringer als in Baden-Württemberg waren.

    , 8141

    Frau Funcke
    Baden-Württemberg ist aber nun wirklich ein Land, das ganz sparsam zu sein vorgibt oder — ich möchte das unterstreichen — es sicherlich auch ist.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU] : Eine vordergründige Betrachtung!)

    Meine Damen und Herren, man tut sich leicht bei der Forderung nach Sparsamkeit bei anderen, wenn man sich selber im eigenen Land nicht entsprechend verhält.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir sollten hier erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Wenn die Länder meinen, Sie könnten sparen, so wäre dies sehr nützlich, denn dann brauchte der Bund nicht die vielen Anforderungen von den Ländern auf erhöhte Zuweisung aus der Umsatzsteuer zu befriedigen. Wir wären darüber also ganz froh.
    Wenn Ihnen selbst keine Ausgabenkürzungen einfallen und Sie außerdem noch eine Riesensumme als Einnahmeverzicht auf das Paket daraufsatteln wollen, bleibt doch nur die Kreditaufnahme. Selbst wenn wir es verantworten könnten, unsere Kinder noch stärker mit der Rückzahlung zu belasten, stellt sich die Frage der Zinshöhe. Ich frage mich wirklich, ob wir der Wirtschaft einen Gefallen tun, wenn wir sie von der Gewerbekapitalsteuer oder anderem stärker entlasten, sie aber mit höheren Zinsen nachher wieder mehr belasten.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Es kann doch kein Zweifel bestehen, daß, wenn derKapitalmarkt, der bei anziehender Wirtschaft — diese Situation haben wir ja glücklicherweise — von anderer Seite als nur vom Staat verstärkt in Anspruch genommen wird, nur durch noch höhere Kreditanforderungen des Staates in Anspruch genommen wird, die Zinsen steigen. Das kann man bei Adam Smith über den Mechanismus von Angebot und Nachfrage nachlesen. Soviel volkswirtschaftliche Kenntnisse haben wir inzwischen ja nun alle mitbekommen.

    (Beifall bei der FDP — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das sagen Sie bei 36 Milliarden DM?)

    Die FDP hält das jetzt vorliegende Steuerpaket für weltwirtschaftlich und binnenwirtschaftlich notwendig. Wir halten es für finanzierbar. Wir halten es für ausgewogen. Es ist ein Gesamtpaket, d. h., alle Maßnahmen sind von der Koalition gewollt. Es ist ein Beweis für den Willen, die Belastung des Steuerzahlers kontinuierlich immer wieder nach unten zu korrigieren, damit die Gesamtbelastung des Steuerzahlers niedriger und nicht höher wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)