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ID0810300900

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    10. Weber?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens im Kaiserreich Iran . . . 8109 A Anteilnahme am Tode, des Oberhauptes der katholischen Kirche Papst Paul VI . . . . 8109 B Glückwünsche für den neuen Papst Johannes Paul I 8109 B Nachruf auf den Abg. Dr. Staudt . . . 8109 B Eintritt des Abg. Nehm in den Deutschen Bundestag 8109 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Mattick, Wehner, Frau Funcke, Müller (Berlin), Dr. von Bismarck, Saxowski Glückwünsche zur Geburt eines Kindes der Abg. Frau Krone-Appuhn 8109 D Ausscheiden des Abg. Dr. Gruhl aus der Fraktion der CDU/CSU 8110 A Dank und Anerkennung für die Ausrichtung der 65. Interparlamentarischen Konferenz in Bonn vom 3. bis 14. September 1978 . . . 8110 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 8170 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8110B Abwicklung der Tagesordnung 8111 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 8111 ] Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Matthöfer, Bundesminister BMF . . . . 8114 A Dr. Häfele CDU/CSU 8124 C Westphal SPD 8130 D Frau Funcke FDP 8137 A Späth, Ministerpräsident des Landes Baden- Württemberg 8141 B Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär BMF . . 8146 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 8150 D Burger CDU/CSU 8156 B Glombig SPD 8158 B Cronenberg FDP 8161 D Frau Geier CDU/CSU 8163 B Frau Eilers (Bielefeld) SPD 8166 A Eimer (Fürth) FDP 8168 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/2112 — . . . . . . 8170 A Nächste Sitzung 8170 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8171* A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes 8171* C Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte 8171* D Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 8172* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 8109 103. Sitzung Bonn, den 20. September 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 9. Adams ' 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Früh * 20. 9. Hansen 29. 9. Hartmann 20. 9. von Hassel 20. 9. Hoffmann (Saarbrücken) ' 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9. Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Dr. Langner 20. 9. Lemmrich ** 20. 9. Lemp * 22. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Liedtke 20. 9. Lücker * 20. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim)* 21. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Rosenthal 20. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) * 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Vogel (Ennepetal) 20. 9. Voigt (Frankfurt) 20. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes Zu Art. 1 Nr. 6 und 15 Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, angesichts des vorgesehenen Kumulierungsverbots zwischen Zuschüssen nach diesem Gesetz und der Investitionszulage oder der Förderung mit sonstigen Mitteln (vgl. Art. 1 Nr. 6 und 15) baldmöglichst Vorschläge zu unterbreiten, auf welche Weise die bisher bestehenden Präferenzvorsprünge des Zonenrandgebietes (Zuschüsse nach der Gemeinschaftsaufgabe) und Berlins mit dem Ziel erhalten bleiben, daß Umfang und Effektivität der Förderung der Wohnungsmodernisierung nicht eingeschränkt werden. Anlage 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Einundzwanzigsten Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung so- wie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Einundzwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 21. RAG) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz - KOV - ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. 8172* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab. Anlage 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Zehnten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Zehntes Anpassungsgesetz — KOV — 10. Anp-KOV) Der Bundesrat bedauert, daß es auch im Vermittlungsverfahren nicht möglich war, seine Vorschläge zur Beibehaltung des Prinzips der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente durchzusetzen. Mit dem Beharren auf den systemfremden Maßnahmen im 21. Rentenanpassungsgesetz wird auf feste Grundlagen für die Berechnung und Steigerung der Renten verzichtet und damit das Kernstück der Rentenreform von 1957 aufgegeben. Der Bundesrat bekräftigt erneut seine Auffassung, daß eine Sanierung der Rentenfinanzen durch systemkonforme Maßnahmen möglich ist. Auch zum 10. Anpassungsgesetz — KOV — ist der Vermittlungsausschuß den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt. Der Bundesrat bedauert, daß von der bruttolohnbezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten abgegangen worden ist. Auch vom Bundesrat vorgeschlagene weitere strukturelle Verbesserungen sind nicht berücksichtigt worden. Der Bundesrat hält seine grundsätzlichen Bedenken gegen beide Gesetze aufrecht. Nachdem der Bundestag bereits in namentlicher Abstimmung mit Mehrheit Änderungen bei beiden Gesetzen abgelehnt hat, ist es dem Bundesrat angesichts der zur Zeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht möglich, seine Auffassung im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen. Er sieht deshalb von einem Einspruch ab.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hansjörg Häfele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine Damen und. Herren! Die Fraktionen haben sich, wie ich höre, dahin verständigt, daß wir heute mit Schwergewicht über die von den Regierungsfraktionen eingebrachten Gesetzentwürfe sprechen und morgen und übermorgen mit Schwergewicht die allgemeine Aussprache über die Haushaltsrede führen. Ich spreche also in erster Linie über die Gesetzentwürfe, die die Koalitionsfraktionen eingebracht haben, natürlich vor allem zu dem Steueränderungsgesetz 1979, während meine Kollegen nachher noch zu den beiden anderen Gesetzentwürfen im einzelnen Stellung nehmen.
    Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt es, daß bei den neuen Finanzbeschlüssen der Bundesregierung das Schwergewicht auf Steuerentlastungen gelegt worden ist. Damit haben wir zum erstenmal einen etwas anderen Ansatz als bei den neun sogenannten Konjunkturförderungsprogrammen seit 1974, bei denen ganz überwiegend das Schwergewicht auf den Ausgabensteigerungen lag. Wir begrüßen es, daß sich damit Vorstellungen der SPD und auch Vorstellungen von Bundesfinanzminister Matthöfer und Bundesforschungsminister Hauff, die noch in den letzten Monaten öffentlich artikuliert wurden, nicht durchgesetzt haben, nämlich mit weiteren massiven Ausgabenprogrammen einen neuen, diesmal den zehnten und vermutlich wieder vergeblichen Versuch zu machen. Diese Einlassungen der beiden Bundesminister gingen ja soweit, „gezielte" neue Ausgabenprogramme zu verlangen, sprich: noch mehr staatliche Investitionslenkung über unser Land auszubreiten, als wir das teilweise ja ohnedies leider schon haben.
    Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt im Steueränderungsgesetz 1979 neben den anderen Erleich-



    Dr. Häfele
    terungen insbesondere, daß jetzt doch schon zum Jahre 1979 ein neuer Einkommen- und Lohnsteuertarif in Kraft gesetzt werden soll. Wir begrüßen vor allem auch, daß die Lohnsummensteuer beseitigt werden soll.
    Dies alles ist eine Abkehr von der Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Schmidt am Beginn dieser Legislaturperiode, in der er noch am 16. Dezember 1976 für die Regierung erklärt hat, daß in der gesamten Legislaturperiode keinerlei Abbau der Steuerlast in Betracht komme. Sie erinnern sich: Damals ging es nur um einen Vorschlag, der mit der Regierungserklärung vorgelegt wurde, nämlich die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte anzuheben und das halbe Volumen — rund 6 Milliarden DM — für steuerliche Reparaturarbeiten zu verwerten. Es ist uns durch unseren Widerstand damals gelungen, die zweiprozentige Anhebung zu halbieren, und es ist uns auch in der Folgezeit gelungen, die Regierung auf ihrem ursprünglichen Kurs wankelmütig zu machen und wenigstens etwas in die richtige Richtung zu drängen.
    Es ist auch eine Abkehr von der Verhaltensweise der Koalition noch im Herbst 1977 im Zusammenhang mit dem Steuerpaket, das wir damals erzwungen haben. Damals haben wir diesen berühmten Tariffreibetrag durchgesetzt, der zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Zu unserem Antrag, schon zum 1. Januar dieses Jahres einen neuen Tarif in Kraft zu setzen, wurde gesagt, dies sei bis 1980 zu verschieben. Auch dies gilt heute nicht mehr. Es gilt auch nicht mehr, was die SPD/FDP-Koalition in einer Kampfabstimmung am 21. Juni dieses Jahres, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, hiér im Plenum des Deutschen Bundestages gegen uns beschlossen hat. Sie hat damals unseren Antrag abgelehnt, schon 1979 wenigstens einen ersten Schritt in Richtung auf Einführung eines neuen Einkommensteuer- und Lohnsteuertarifs zu tun. Wir haben wertvolle Monate verloren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wäre man auf die CDU/CSU-Vorschläge im Finanzausschuß eingegangen, dann wäre das ganze Hin und Her nicht entstanden. Dann hätte man die Gesetze in Ruhe beraten können. Jetzt haben wir wieder die berühmte Hektik. Man hat nichts aus den Erfahrungen der letzten Jahre gelernt. Trotzdem ist die Fraktion der CDU/CSU der Koalition entgegengekommen und hat alles mitgemacht, damit wenigstens in den nächsten Tagen dieser neue Tarif beraten werden kann. An uns soll es nicht liegen. Das ist unser Ziel. Aber man muß klar sehen: Die Koalition hat entweder keine Weitsicht, oder sie ist nicht in der Lage, rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen zu treffen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Beides!) — Einverstanden.

    Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß dieser neue Einkommen- und Lohnsteuertarif, der vor allem nur diesen leistungshemmenden Tarifsprung von 22 °/o auf 30,8 °/o beseitigt — eine der schlimmsten Hinterlassenschaften der sogenannten Steuerreform aus dem Jahre 1975 —, allenfalls ein erster
    Schritt in die richtige Richtung sein kann. Es handelt sich hier nicht um eine echte Steuersenkung. Es geht nur um das vorübergehende Verhindern von weiteren automatischen heimlichen Steuererhöhungen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Der Sachverständigenrat hat in seinem letzten Gutachten nachgewiesen, daß trotz der weitgehend von uns durchgesetzten Steuerentlastungen zum 1. Januar 1978 in diesem Jahr schon niedrigere Reallohneinkommen von der Progression erfaßt werden als im Jahre 1975, nach der sogenannten Steuerreform. Dies würde erst recht für das Jahr 1979 gelten. Das Lohnsteueraufkommen würde im nächsten Jahr etwa doppelt so stark wie das Bruttosozialprodukt wachsen.
    Herr Bundesfinanzminister, ich will Sie ganz un-polemisch ansprechen: Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das Argument, das Sie — wie auch Ihr Amtsvorgänger — heute morgen in Ihrer Haushaltsrede wiederholt verwandt haben, doch einmal überprüfen würden. Ich meine das berühmte Spiel mit der Steuerlastquote. Es stimmt einfach nicht, daß die Steuerlastquote in den letzten Jahren nicht angewachsen sei. Ich nehme die neuesten Zahlen aus Ihrem eigenen Haus: 1977 haben wir eine Steuerlastquote von 26,2 % gehabt. In diesem Jahr haben wir eine von 25,7 °/o, und zwar wegen der von uns durchgesetzten Steuerentlastungen. 1970 — das war Ihr Eröffnungsjahr — betrug die Steuerlastquote 23,6 °/o, also rund 2 Prozentpunkte weniger. 1 °/o des Bruttosozialprodukts sind rund 13 Milliarden DM. Das ist also eine Differenz von 26 Milliarden DM, die Sie allein mit dem Familienlastenausgleich nicht erklären können. Ganz abgesehen davon müssen die Mittel, die beim Kindergeld ausgegeben werden, doch irgendwo hergenommen werden. Außerdem muß auch für die Investitionszulage immer mehr abgezogen werden. Das ist von erheblicher Bedeutung.
    Aber viel wichtiger als dieses Spiel ist für den Bürger und für die Betriebe die Abgabenlastquote, die Summe aus Steuerlastquote und Sozialabgabenlastquote. Diese Quote beläuft sich inzwischen auf ungefähr 40 % des Bruttosozialprodukts. Darin liegt die eigentliche Drosselung der privaten Kräfte in unserem Land.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir müssen weiterhin im Zusammenhang mit der Steuerlastquote sehen, daß sich eine gewaltige Verschiebung in der Struktur der Steuern ergeben hat. In den goldenen 50er und 60er Jahren war wegen der blühenden Wirtschaft der Anteil der Gewinnsteuern unvergleichlich größer, während jetzt, als Folge der Wirtschaftsschwäche, vor allem der Anteil. der Lohnsteuer und der Anteil der ertragsunabhängigen Steuern, die die Betriebe zu zahlen haben, angewachsen ist. Die Struktur hat sich also sehr in Richtung Leistungsfeindlichkeit und in Richtung Investitionshemmnis verändert.
    Angesichts dieser heimlichen Steuererhöhungen zeigt sich, wie recht die Fraktion der CDU/CSU



    Dr. Häfele
    schon im Jahre 1974 gehabt hat, als sie bei den Beratungen über die sogenannte Steuerreform den Versuch machte, einen Jahrestarifbericht einzuführen, damit alljährlich die heimlichen Steuererhöhungen überprüft und abgebaut werden, damit nicht beim Staat die Illusion entsteht, er habe Steuereinkünfte, die ihm im Grunde gar nicht zustehen. Denn das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche finanzpolitische Grundfehler, den Sie als Koalition in diesem Lande ab 1970 gemacht haben: Sie haben die heimlichen Steuererhöhungen ständig als dem Staat legitimerweise zustehende Einnahmen betrachtet und haben Ihre gesamten mittelfristigen Ausgabenplanungen auf diese heimlichen Steuererhöhungen gegründet — mit der Folge, daß Sie über etwas verfügt haben, was in der Hand der Bürger bleiben muß, was in der Hand' der Betriebe bleiben muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieser erste Schritt, der jetzt — spät genug — für 1979 getan werden soll, kann nur ein Anfang sein. In den kommenden Jahren werden sich weitere Schritte anschließen müssen, sollen wir den heimlichen Steuererhöhungen zu Leibe rücken können.
    Der Anfangssteuersatz ist mit 22 °/o nach wie vor zu hoch. Wir sind auch der Meinung, daß am Schluß ein durchgehender Progressionstarif wird herauskommen müssen. Es ist interessant, was in diesen Tagen sowohl Sie, Herr Finanzminister — nämlich heute morgen —, als auch, wie wir der Presse entnehmen, Herr Bundeskanzler Schmidt vor Ihrer Fraktion gesagt haben. Er hat sich gegen einen durchgehend progressiven Tarif mit einem interessanten Argument ausgesprochen; er hat ihn nämlich in einen Bezug zur Tarifautonomie gebracht. Das ist ein völliger Wandel gegenüber der bisherigen Auffassung der SPD-Fraktion, die immer erklärt hat, Tarifverhandlungen und Steuerpolitik seien zwei Paar Schuhe und hätten nichts miteinander zu tun. Dieser Gegensatz ist interessant.
    Noch interessanter aber ist, daß er meinte, bei Tarifverhandlungen dürfe nur für die, die nicht in der Steuerprogression sind, sichtbar und spürbar etwas herauskommen. Ich kann dem Herrn Bundeskanzler nur raten, in künftigen Wahlkämpfen allen verheirateten Arbeitnehmern, wenn sie mehr als 32 000 DM im Jahr verdienen — und das verdienen fast alle, wenn beide arbeiten, was ja nicht ganz selten ist —, zu sagen, daß sie künftig keine Adressaten sozialdemokratischer Politik mehr sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Natürlich geht es bei der Steuerpolitik auch um die aufstrebenden Mittelschichten, um die Facharbeiter, natürlich geht es bei der Progression vor allem um dieses Thema. Deswegen ist das, was jetzt geschehen soll, ein erster, aber ein unzureichender Schritt, und in dieser Richtung muß in den kommenden Jahren weitergemacht werden.
    Für einen entscheidenden Fehler halten wir allerdings, daß die Regierungskoalition für diesen Abbau der heimlichen Steuererhöhungen als Ausgleich eine Anhebung der Mehrwertsteuer beschließen möchte. Das ist völlig ausgeschlossen! Wenn Sie
    auf der einen Seite heimliche Steuererhöhungen abbauen und das auf der • anderen Seite durch Anhebung der Mehrwertsteuer wieder ausgleichen wollen, gibt buchstäblich die eine Hand etwas, was die andere nimmt. Und sie nimmt etwas, was dem Staat gar nicht zusteht, sondern was — entgegen der Praxis der heimlichen Steuererhöhungen — in der Hand der Bürger und der Betriebe bleiben muß.
    Wenn Sie dieses Spiel fortführen — und das versuchen Sie jetzt zum zweiten Male mit der Anhebung der Mehrwertsteuer —, werden wir hier alle ein bis zwei Jahre eine Anhebung der Mehrwertsteuer erleben; wir werden am Schluß bei Mehrwertsteuersätzen nahe 20 °/o landen, ohne eine Steuerreform zu haben, die diesen Namen verdient.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das Gesetz des wachsenden Staatsanteils — und es ist doch die Crux der letzten Jahre, daß der Staat immer mehr gewachsen ist — wird dann nicht durchbrochen werden; vielmehr wird der zu hohe Staatsanteil nicht bloß festgeschrieben werden, sondern er wird sogar noch über 50 % hinaus wachsen. Dies kann nicht in Betracht kommen.
    Wir warnen also die Regierungskoalition, vor allem die FDP, davor, die Abschaffung der Lohnsummensteuer von diesem Steuerpaket abkoppeln zu wollen. Wir haben da in den letzten Wochen teilweise markige Worte aus FDP-Kreisen gehört; selbst aus Asien hörten wir aus dem Munde des Wirtschaftsministers, daß das überhaupt nicht in Betracht komme: wenn diese Lohnsummensteuer abgekoppelt wird, knallt's — oder wie er sich asiatisch ausgedrückt hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Umgefallen!)

    Inzwischen wählen Sie einen anderen Begriff; das Wort „abkoppeln" mögen Sie nicht mehr. Sie reden von „zeitverrückter" Beratung,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    von „zeitversetzter" Beratung; das ist, glaube ich, der neue Begriff.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein, verrückt! — „Verrückt" stimmt! — Dr. Kohl [CDU/ CSU] : Schwerpunkt liegt bei „verrückt"!)

    Meine Damen und Herren, sollten Sie den Versuch machen, vor den Landtagswahlen, die wir im Herbst dieses Jahres haben, hier ein Steuerpaket durchzupeitschen, das nur die Tarifänderung, also einen Teilabbau von heimlichen Steuererhöhungen, enthält und die Anhebung der Mehrwertsteuer damit verknüpft, ohne die Lohnsummensteuer abzuschaffen, dann werden wir dafür sorgen, daß die Öffentlichkeit dies erfährt. Dann haben Sie abgekoppelt.

    (Lachen bei der SPD)

    Wie soll dann die Öffentlichkeit noch das Vertrauen haben, daß Sie mit der Abschaffung der Lohnsummensteuer tatsächlich Ernst machen wollen? Wie soll dieses Vertrauen entstehen — nach dem Hin und Her?

    (Zurufe von der SPD)

    Deutscher Bundestag — 8. Wählperiode — 103. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. September 1978 8127
    Dr. Häfele
    — Herr Weber, da muß ich Ihnen etwas sagen. Der Glaube an Ihre steuerpolitischen Versprechungen vor den Wahlen ist ohnedies im Volk nicht mehr weit verbreitet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wissen Sie, warum? Wie war das denn vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 1970? Da haben Sie in diesem Haus die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages und die Abschaffung der Ergänzungsabgabe durchgepeitscht. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: „April, April, sofort zurück, das Gesetz gilt nicht mehr." Das Gegenteil haben Sie gemacht: 10 %Steuerzuschlag. Dann haben wir Jahre gebraucht, bis die Entlastung gekommen ist. Nämlich bei der Steuerreform 1975 ist sie dann erst durchgesetzt worden. Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, daß Ihnen niemand mehr über den Weg traut bei Ihren Versprechungen in steuerpolitischer Hinsicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Genauso wird es mit der Lohnsummensteuer sein.
    Für die CDU/CSU kommt allenfalls in Betracht, über eine Anhebung der Mehrwertsteuer mit uns reden zu lassen, wenn es sich um eine echte Steuerreform handelt, die Investitionshemmnisse auf Dauer beseitigt, die die Steuerstruktur dauerhaft verbessert und die auch das Steuerrecht vereinfacht.
    Natürlich muß die Lohnsummensteuer abgeschafft werden. Das ist eine alte Forderung der CDU/CSU. Sie ist in unserer wirtschaftlichen Fehlentwicklung zu einer Antiarbeitsplatzsteuer geworden. Bezeichnend ist ja, daß Sie von der SPD in den letzten Wochen und Monate diesen Widerstand gegen die Abschaffung der Lohnsummensteuer geleistet haben. Es ging nicht bloß um die Kämmerer und die Oberbürgermeister. Da muß man noch ein gewisses Verständnis haben, daß die sich natürlich gewehrt haben. Obwohl es vielleicht interessant ist: denn im Grunde trauen sie ihrem Kanzler Helmut Schmidt nicht, daß er mit dem Ausgleich tatsächlich nachher Ernst macht. Die SPD-Oberbürgermeister und die Kämmerer sagen sich: Uns soll es nicht so gehen wie den Rentnern vor der letzten Bundestagswahl.

    (Lebhafter Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Dafür haben wir ein gewisses Verständnis. Aber es ist natürlich schon bezeichnend, daß die Lohnsummensteuer, diese überfällige, abzuschaffende Steuer, in erster Linie in SPD-regierten Bundesländern und in erster Linie in SPD-regierten Großstädten einen so großen Anteil am Steueraufkommen ausmacht. Das hat natürlich auch ideologische Gründe.

    (Zuruf von der SPD)

    Gelegentlich muß man sich mit Ihren Parteitagsbeschlüssen befassen. Denn in Mannheim im Jahre 1975 hat die SPD noch beschlossen: In allen Gemeinden muß die Lohnsummensteuer obligatorisch werden. — In allen Gemeinden!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Eine der wirtschafts- und arbeitsplatzfeindlichsten
    Steuern, die es überhaupt nur gibt! Vor noch nicht
    ganz drei Jahren wurde das beschlossen. Diese Diskussion bei Ihnen — sie existiert nur bei der SPD die Diskussion über die Abschaffung der Lohnsummensteuer ist ein Musterbeispiel dafür, wie wenig Sie für wirtschaftliche Zusammenhänge Verständnis haben, und dafür, daß Sie an die Steuerpolitik mit einer ideologischen Brille herangehen.

    (Zurufe von der SPD)

    Für Sie ist die Beseitigung einer Steuer, die die Unternehmungen bezahlen müssen, im Zweifel ein „Geschenk an die Unternehmer". Solange Sie sich so artikulieren, meine Damen und Herren, brauchen Sie sich nicht zu wundern, daß ein Zukunftsvertrauen, eine Investitionsneigung in unserem Land nicht entsteht. Das haben Sie sich zuzuschreiben, sonst niemand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die gleiche Neid-Ideologie zeigt sich ja in SPD-Kreisen, Herr Weber, wiederum in Nordrhein-Westfalen. Dort sind in den letzten Wochen, glaube ich, sogar Beschlüsse von irgendwelchen Bezirksparteitagen dagegen gefaßt worden, wonach es da welche gibt, die ein bißchen mehr entlastet werden als andere. Natürlich, wer mehr Steuern zahlt, wird in absoluten Zahlen auch mehr entlastet. Aber relativ gesehen, werden die unteren Steuerzahler wesentlich mehr entlastet als die oberen. Das ist die Folge des Progressionseffekts. Entweder wollen wir eine progressive Besteuerung, oder wir wollen sie nicht. Wenn wir die heimlichen Steuererhöhungen abbauen, dann gilt das hoffentlich für alle und nicht bloß für eine ganz bestimmte Gruppe.


Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Weber?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hubert Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Häfele, können Sie bestätigen, daß es Ihr CDU-Kollege Rommel, Oberbürgermeister von Stuttgart und durchgefallener Ministerpräsidentenkandidat, war,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    der eine Verfassungsklage für den Fall angekündigt hat, daß die Vorhaben, die die CDU auf dem Gebiete der Realsteuern wahrmachen will — das ist ja nicht nur die Lohnsummensteuer —, auch tatsächlich durchgeführt werden?