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ID0806525300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Schwabe 4959 A Eintritt des Abg. Schmidt (Niederselters) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 4959 D Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Pieser 4959 D Begrüßung einer Delegation der Fraktion der Sozialistischen Partei Spaniens in der spanischen Abgeordnetenkammer . . . . 4959 D Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 23. Januar 1978 . . 5037 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler . . . 4960 A, 4987 B, 5039 D Dr. Kohl CDU/CSU 4973 C, 5041 D Wehner SPD 4987 D Genscher, Bundesminister AA 5012 D Adorno, Minister des Landes Baden-Württemberg 5019 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 5021 A Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . . . 5024 A Mischnick FDP . . . . . . . . . . . 5030 A Dr. Emmerlich SPD 5037 A Leber, Bundesminister BMVg . . . . 5044 C Dr. Vogel, Bundesminister MBJ . . . . 5046 A Präsident Carstens 4966 C Fragestunde — Drucksache 8/1417 vom 13. 01. 1978 Vertrautheit der mit der Arbeitsvermittlung betrauten Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit mit den Ursachen und Problemen der Frauenarbeitslosigkeit; Benachteiligung der Frauen bei der Stellenausschreibung der Arbeitgeber MdlAnfr A14 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD MdlAnfr A15 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 4993 B, C, D, 4994 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . 4993 C, D, 4994 C ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . . . 4994 A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 4994 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Förderung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der berufstätigen Frauen gemäß Nr. 9 der Entschließung der Internationalen Arbeitskonferenz vom Juni 1975; Registrierung der Stellenangebote bei den Arbeitsämtern getrennt nach Männern und Frauen MdlAnfr A19 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD MdlAnfr A20 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4995 A, B, C, D, 4996 A, B, C, D ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . . 4995 B ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . 4995 C, D ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . 4996 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 4996 B ZusFr Dr. Linde SPD 4996 C ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4996 D Gesundheitsschäden durch fehlerhafte oder technisch nicht zuverlässige medizinische Geräte; Rechtspflicht zur Überprüfung der Geräte MdlAnfr A21 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD MdlAnfr A22 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4997 A, B, C, D, 4998 A, B ZusFr Löffler SPD . . . . . . . 4993 B., C ZusFr Frau Steinhauer SPD 4997 D ZusFr Hansen SPD 4997 D ZusFr Franke CDU/CSU 4998 A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4998 A ZusFr Dr. Jens (Voerde) SPD . . . . 4998 B Erhöhung des Beitragssatzes der Allgemeinen Ortskrankenkassen ab 1. Januar 1978 MdlAnfr A23 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A24 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . 4998 B, C, 4999 A, B, C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . 4999 A, B, C Verfahren des Bundesamts für den Zivildienst bei der Einsetzung von Zivildienstleistenden bei kirchlichen bzw. karitativen Einrichtungen MdlAnfr A26 13.01.78 Drs 08/1417 Broll CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . . 4999 D Anrechnung des Wohngelds und des freien Wohnrechts landwirtschaftlicher Altenteiler bei der Ermittlung der Einkommensgrenze für die Befreiung von der Rezeptgebühr MdlAnfr A29 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Enders SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 5000 A, B, C ZusFr Dr. Enders SPD 5000 B Eigene Versicherungspflicht der mitversicherten Ehefrau und der Kinder bei einem Einkommensanteil der Ehefrau von mehr als 370 DM monatlich MdlAnfr A30 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA 5000 C, D, 5001 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 5000 D, 5001 A Ausschreibung der Stelle eines Heimleiters mit möglichst sozialdemokratischer Gesinnung durch das Arbeitsamt Aschaffenburg; Heim der Arbeiterwohlfahrt als Tendenzbetrieb im Sinne des § 20 des Arbeitsförderungsgesetzes MdlAnfr A31 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU MdlAnfr A32 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . 5001 A, B Entwicklung des Sozialismus in Deutschland MdlAnfr A116 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU MdlAnfr A117 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . 5001 C, D, 5002 A, B, C, D, 5003 A, B, C, D, 5004 A, B ZusFr Sauter (Epfendorf) CDU/CSU . . . 5001 D, 5002 A, 5003 B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU . . . . . . 5002 A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5002 B, 5004 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5002 B, 5003 C ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 5002 C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . . . . 5002 C ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5002 D, 5004 B ZusFr Hansen SPD 5003 A, 5004 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5003 D ZusFr Conradi SPD 5004 A Erkenntnisse der Bundesregierung über den Aufenthalt des ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Um- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 III weltschutz, Hans-Helmut Wüstenhagen, nach dessen Vorsprache bei der deutschen Botschaft in Bangkok MdlAnfr A48 13.01.78 Drs 08/1417 Spranger CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5005 A, B ZusFr Spranger CDU/CSU 5005 A ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 5005 B ZusFr Conradi SPD 5005 B Beurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Chile und in anderen Staaten MdlAnfr A120 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU MdlAnfr A121 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . . 5005 C, 5006 A, B, C, D, 5007 A, B, C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5005 D, 5006 A, 5007 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5006 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5006 B ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 5006 C ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 5006 D ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5006 D Eintreten der Bundesregierung gegenüber der südafrikanischen Regierung für die Beendigung des Rassismus angesichts der Ermordung von Richard Turner und Steve Biko MdlAnfr A123 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A124 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5007 C, D, 5008 A, B ZusFr Frau von Bothmer SPD 5007 D, 5008 A, B Verstoß gegen Art. 2 des Moskauer Vertrages durch die Einmischung des sowjetischen Parteichefs Breschnew in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A128 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 5008 C, D, 5009 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5008 D ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5009 A Forderung des sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin nach Abschaffung der NATO und Ablehnung der Neutronenwaffe anläßlich des 60. Jahrestages der finnischen Unabhängigkeit; Auswirkungen auf die letzte NATO-Konferenz MdlAnfr A129 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 5009 B, C, D, 5010 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 5009 B, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . 5009 D ZusFr. Dr. Corterier SPD . . . . . . . 5009 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5010 A Aufnahme japanischer Terroristen sowie Unterstützung der PLO, der POLISARIO und der MPAIAC durch Algerien MdlAnfr A130 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Rose CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5010 B, D, 5011 A ZusFr Dr. Rose CDU/CSU . . . . . . 5010 C, D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . . 5010 D Rechtliche Grundlage der Leibes- und Gepäckvisitation des Bundesjugendsekretärs der Naturfreundejugend Deutschland auf dem Grenzbahnhof Kehl durch den Bundesgrenzschutz MdlAnfr A39 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5011 B, C, D ZusFr Conradi SPD . . . . . . . . . 5011 C ZusFr Hansen SPD . . . . . . . . . 5011 D Rechtliche Grundlage der Kontrolle eines Vortragsmanuskripts des Journalisten Henryk M. Broder durch Bundesgrenzschutzbeamte bei der Paßkontrolle im Flughafen Köln/Bonn MdlAnfr A40 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5012 A, B, C ZusFr Conradi SPD 5012 B, C Nächste Sitzung 5047 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5049* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 4959 65. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20. 1. Dr. van Aerssen * 20. 1. Dr. Aigner * 20. 1. Alber * 20. 1. Dr. Bangemann * 20. 1. Dr. Bayerl * 20. 1. Blumenfeld * 20. 1. Fellermaier * 20. 1. Flämig * 20. 1. Dr. Früh * 20. 1. Dr. Fuchs * 20. 1. Haase (Fürth) * 20. 1. Hölscher 20. 1. Höpfinger 20. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 20. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 1. Jung 20. 1. Dr. Klepsch * 20. 1. Klinker * 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 20. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lange * 20. 1. Lemmrich 20. 1. Lemp * 20. 1. Lücker * 20. 1. Luster * 20. 1. Müller (Mülheim) * 20. 1. Müller (Wadern) * 20. 1. Dr. Müller-Hermann * 20. 1. Schmidt (München) * 20. 1. Schreiber * 20. 1. Dr. Schwörer * 20. 1. Seefeld * 20. 1. Sieglerschmidt * 20. 1. Dr. Starke (Franken) * 20. 1. Dr. Todenhöfer 24. 2. Frau Dr. Walz * 20. 1. Dr. Warnke 20. 1. Wawrzik * 20. 1. Baron von Wrangel 20. 1. Würtz * 20. 1. Zeyer * 20. 1. Zywietz * 20. 1.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf wenige Bemerkungen des Oppositionsführers von heute früh noch einmal zurückkommen dürfen. Der erste Punkt war der, daß der Abgeordnete Kohl der Bundesregierung oder mir vorwarf, wir hätten die Flucht nach draußen ergriffen, wenn ich es recht im Ohr habe. Ich glaube, Sie verkennen — die sachlichen Darlegungen des Außenministers haben das wohl schon deutlich werden lassen, Herr Kohl — die Bedeutung der Außenpolitik, die Bedeutung der Sicherung des Friedens, die Bedeutung der internationalen wirtschaftlichen Entwicklung — alles Felder, auf denen unsere auswärtige Politik ein außerordentliches Gewicht in der Welt besitzt. Was Sie als Flucht nach draußen bezeichnet haben — um der Polemik willen; ich nehme diese nicht übel —, ist in Wirklichkeit das Erkennen und das Tragen von Verantwortung gegenüber dem eigenen Volk und anderen, mit denen wir partnerschaftlich verbunden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich darf zwischendurch eine oder zwei kleine Bemerkungen mehr an die Adresse des Herrn Abgeordneten Zimmermann einfügen. Hier sind Bernerkungen über einen Ministerialdirektor in den Diensten des Bundes gefallen, der sich hier selber nicht
    5040 Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978
    Bundeskanzler Schmidt
    äußern kann, dessen Angelegenheiten im Untersuchungsausschuß anstehen, dessen Angelegenheiten außerdem einem disziplinären Vorermittlungsverfahren ausgesetzt sind, was beides allein schon einen Vertreter der Bundesregierung hindert, dar- über heute zu sprechen. Ich finde, gerade weil Sie wissen, daß diese beiden Verfahren laufen, über deren Ausgang ich persönlich übrigens keinen großen Zweifel habe, sollten Sie, Herr Abgeordneter Zimmermann, als Jurist, der Sie doch sind, auch wissen, daß es in einem solchen Stadium zweier Verfahren absolut ungehörig ist, einen Beamten, der sich nicht wehren kann, öffentlich so zu schelten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Kann er an seinen Schreibtisch zurück, heute noch? — Herr Zimmermann hat Sie gemeint! — Er hat Leber gemeint!)

    Ich mache sodann eine Bemerkung zu jener Münchner Abhöraffäre.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind Tatsachen!)

    Hier ist vielleicht einfach ein zusätzliches Wort der Information über die Art und Weise notwendig, wie, sich die Bundesregierung — unabhängig von dem Untersuchungsausschußverfahren, das der Bundestag sicherlich in Gang setzen wird — gewünscht hat, daß für sie diese Sache so schnell wie möglich aufgeklärt wird; ich hoffe, daß dies tatsächlich auch möglich sein wird. Es war der Wunsch der Bundesregierung, eine Kommission unter dem Vorsitz des Staatssekretärs außer Dienst Maaßen zu berufen, der die Opposition ja auch mehrfach in Prozessen vor dem Verfassungsgericht vertreten hat.

    (Hartmann [CDU/CSU] : Erfolgreich!)

    — Herr Maaßen hat auch die Bundesregierung schon erfolgreich vertreten. Das möchte ich dazu dazwischen sagen.
    Herr Maaßen ist ein ausgezeichneter Jurist mit Verwaltungserfahrung. Er hat sich die Sache überlegt und zu seinem Bedauern aus persönlichen Gründen, die hier nichts zur Sache tun, gesagt, er könne den Auftrag leider nicht annehmen. Wir haben daraufhin denselben Auftrag dem Staatssekretär außer Diensten Professor Ernst angetragen; ich sprach heute morgen davon. Herr Ernst hatte dann allerdings den Wunsch, nicht der Vorsitzende einer Kommission zu sein, sondern einen ähnlichen Auftrag zu erhalten, wie ihn seinerzeit 1964 in einer anderen Affäre der damalige Oberlandesgerichtspräsident Silberstein von der damaligen Bundesregierung bekommen hat. Dieser damalige Auftrag war einem Modell nachgebildet worden, das in der englischen Regierung angesichts eines großen Falles damals dem Lord Dennis gegeben worden war. Nach diesem Modell Silberstein hat man sich bei dem Auftrag an Professor Ernst gerichtet. Ich habe dem zugestimmt, weil die Bundesregierung Wert darauf legen muß, daß die Sache so schnell wie möglich von einer unabhängigen Person geklärt wird, der andere Personen, freigestellt von ihrer
    normalen Tätigkeit, zugeordnet werden, um ihr zu helfen. Sonst hätten wir noch einen dritten Herrn bitten müssen, und es wäre darüber noch eine weitere Woche vergangen. Mir lag an der Beschleuninigung. Ich bitte Sie also, zu verstehen, Herr Abgeordneter Zimmermann, daß sich dahinter nichts irgendwie Okkultes

    (Wehner [SPD] : Wer weiß?)

    — vielleicht doch, Herr Kollege Wehner? — nichts Okkultes, was die Bundesregierung angeht, verbirgt. Ich gehe davon aus, daß — nicht nur, weil es nicht zu vermeiden ist, sondern weil alle Seiten des Hauses das gleiche Interesse wie die Bundesregierung daran haben — außerdem ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren eingeleitet wird.
    Nun komme ich zu dem Punkt, wegen dessen ich überhaupt noch einmal heute abend das Wort nehmen wollte. Ich komme auf eine eindrucksvolle Passage des Oppositionsführers zurück. Herr Abgeordneter Kohl, die bisher 28 Toten, die der Terrorismus, uns Deutsche betreffend, im Laufe der Jahre gefordert hat, einschließlich des Herrn Dr. Hanns Martin Schleyer, und die Opfer ihrer Familien sind unvermeidlich gewesen, weil wir alle unter dem Druck, unter dem wir standen, den Staat nicht ändern wollten, weil wir die Staatsform, deren wir uns erfreuen, erhalten wollten. Eine Diktatur, ein Unrechtsstaat — hätte nicht das Recht dazu — wenn er auch die Macht hätte, er hätte nicht das Recht, solche Opfer für die Unversehrtheit seiner diktatorischen Rechtsform zu verlangen. Ich weiß, daß Sie hinsichtlich des Satzes, den ich jetzt hier anschließen will, genauso wie ich und wie sicherlich die allermeisten in diesem Hause denken: Jeder von uns muß in dem Fall, daß es ihn trifft, bereit sein, ein ähnliches Opfer auf sich zu nehmen.
    Aber ein Mißverständnis sollte sich hier nicht einschleichen. Diese Opfer werden gebracht, wenn sie unvermeidlich sind, damit wir nicht die freiheitlichdemokratische rechtsstaatliche Ordnung unseres Staates zum Opfer bringen müssen. Das ist in dem Fall der höhere Wert. Nun sind Sie wie wir in diesem Punkte sicherlich nicht unterschiedlicher Meinung. Niemand - so hoffe ich sehr; jedenfalls wollen Sie es nicht — will hier wesentliche Bestandteile des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats zum Opfer bringen. Sie wollen das ganz gewiß nicht. Nur denke ich, daß Sie, ähnlich wie es Herr Kollege Genscher schon gesagt hat, mit mir darin übereinstimmen, daß der Umstand, daß eine bestimmte Gesetzgebungsabsicht den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht zum Opfer bringt, ihn nicht im Wesenskern beschädigt, sondern überhaupt mit ihm vollständig vereinbar ist, diese Maßnahme noch nicht unbedingt zu einer zweckmäßigen Gesetzgebungsmaßnahme macht. Zweckmäßigkeiten sind dann unabhängig davon auch noch abzuwägen. Die Opfer, von denen Sie sprachen — und ich habe mich berührt gefühlt durch das, was Sie sagten —, sind ja nicht gebracht worden, um Fristen für bestimmte Gesetzgebungen zu erkaufen. Dieses Mißverständnis, denke ich, sollte sich hier nicht ausbreiten.
    Ich gehe genau wie mein Kollege Genscher von zwei Punkten aus. Erstens davon, daß die vom



    Bundeskanzler Schmidt
    Rechtsausschuß erarbeitete Fassung für die demnächst anstehende Gesetzgebung angemessen ist. Ich erkläre für die Bundesregierung:wir halten diese Gesetzgebung für notwendig. Zweitens. Ich erwarte ebenso wie auch Herr Kollege Genscher, daß diese Fassung eine Mehrheit im Deutschen Bundestag erhält.
    Ich will, nachdem ich diese Passage abgeschlossen habe, eine persönliche Bemerkung einfügen, weil Sie unter anderem auch auf die Sicherungsverwahrung zu sprechen gekommen sind. Dabei war auch die Rede von den sogenannten Sicherheitsgesprächen in der Amtswohnung des Bundeskanzlers. Ich habe an zwei und einem inoffiziellen dritten teilgenommen, .an dem Sie nicht teilnehmen konnten — aus Gründen, die mit den sich überstürzenden Ereignissen jener Tage zusammenhängen. Ich weiß nicht mehr, bei welcher, aber bei einem dieser drei Sicherheitsgespräche habe ich nur, für meine Person sprechend — und ich spreche auch im Augenblick nur für meine Person, Herr Kohl —, gesagt, daß ich bei einer wesentlichen Ausweitung der Möglichkeiten zur Sicherungsverwahrung persönlich noch überzeugt werden müßte. Ich wollte das gerne jetzt hier bekennen — ich hätte es sonst nicht gesagt, aber ich fühlte mich in dem Punkt von Ihnen angeredet. Das heißt nicht, daß ich dafür immer unaufgeschlossen bleiben wollte, sondern ich habe gesagt, dafür müßte ich erst noch aufgeschlossen, davon müßte ich erst noch überzeugt werden. Das hängt vielleicht damit zusammen, daß ich während der Nazidiktatur schon etwas älter — keineswegs erwachsen, aber etwas älter — war als Sie, und ich habe einiges miterlebt, was mir diese Hypothek in der Erinnerung noch zurückgelassen hat; ich muß das noch mitschleppen. Ich sage das nur für meine Person und nur wegen der Hoffnung, daß Sie die Bemerkung über die Sicherungsverwahrung, über die wir uns alle einig gewesen seien im Sicherheitsgespräch, bei sich selber in der Erinnerung oder auf Grund meiner Mitteilung soeben korrigieren.
    Ein vorletzter Punkt. Sie haben sich auch zur Deutschlandpolitik geäußert. Ich habe mir auch die Niederschrift, die vorläufige, Ihrer Ausführungen zu diesem Punkt besorgt und sie noch einmal angesehen. Mir ist unklar geblieben, was von Ihrer Seite gemeint war mit den sehr vorsichtig formulierten Bemerkungen, die dem Inhalt nach, dem Sinne nach besagten, daß ein anderes Handeln durch diese Bundesregierung gegenüber der Regierung der DDR notwendig sei. Ich habe beim nochmaligen Lesen ebensowenig wie beim Zuhören, Herr Kohl, verstehen können, auf welche — und ich meine das jetzt ganz neutral und nicht mit irgendeinem Unterton —, Möglichkeiten der Reaktion oder der Pression durch diese Regierung Sie eigentlich abgezielt haben. Welche sollten es denn wohl sein? Dies muß nicht im Deutschen Bundestag in aller Öffentlichkeit erörtert werden. Wenn es in einem anderen Kreis erörtert werden soll, finden Sie mich und die Bundesregierung dazu gern bereit. Dazu gehört dann auch die Frage: wie soll es denn danach, wenn diese Mittel angewandt wären, die Ihnen vielleicht vorschweben, weitergehen? Wollen wir uns in eine Eskalation von Fehlgriffen der einen Seite und Mitteln der anderen Seite und wiederum Reaktionen der ersten Seite hineinbegeben? Das ist es gerade, was ich heute morgen meinte, als ich sagte, daß alle Deutschen und beide deutschen Staaten ein dringendes Interesse daran haben müssen, den Entspannungsprozeß nicht einfach nur zu dulden, sondern ihn selbst aktiv handelnd zu fördern — auch dann, so füge ich jetzt hinzu —, wenn es wieder mal eine Störung, eine Enttäuschung, einen Rückschlag geben sollte.
    Lassen Sie mich am Schluß sagen, daß mir beim Zuhören in der heutigen Debatte der Gedanke gekommen ist, ob nicht vielleicht vor der Gefahr gewarnt werden muß, daß die Plenardebatte, die Parlamentsdebatte zu einem reinen Schlagabtausch 'schrumpft, in dem es nicht mehr auch um politische Einsicht und Darbietung anderer Meinung und Darbietung der Alternative zu dem geht, was der andere gesagt hat oder was der andere geantwortet hat, sondern in dem nur noch um des rhetorischen Effekts und um der Befriedigung der Erwartung der jeweils eigenen der drei Fraktionen willen gekämpft wird.
    Es ist ein auffälliges Merkmal — und das sage ich an die Adresse des Oppositionsführers; während die andere Bemerkung an uns alle, mich eingeschlossen, gerichtet war —, daß der Oppositionsführer nun seit einiger Zeit im Deutschen Bundestag — vorher auch schon als Ministerpräsident hier in diesem Saale sprechend — um den Kern der hier zu bewältigenden politischen Probleme — ob das auf dem Feld der Deutschlandpolitik ist oder, wie Sie es heute morgen, heute mittag getan haben, auf dem Felde der Sozialversicherung oder auf anderen Feldern — sehr weit herumgeht und - was ich verstehe in einer Parlamentsdebatte und für einen Oppositionsführer — den politischen und auch den personifizierten Angriff an die Stelle dessen setzt, was eigentlich auch noch geboten werden müßte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kohl.

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    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie auch mir am Schluß der Debatte dieses Tages nach diesen Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers noch einige wenige Bemerkungen.
    Herr Bundeskanzler, ich habe hier auf eine Regierungserklärung — ich beginne mit Ihrem letzten Hinweis — geantwortet, die in dreißig Feldern der Politik im wesentlichen aus Aufzählen von Erfahrungen, Begebnissen und vorsichtiger Umschreibung von Tatbeständen bestand. Wenn Sie mich nach dem Kern unserer Politik fragen, so bin ich gerne bereit, diese Debatte heute, morgen, übermorgen, zu jedem Zeitpunkt mit Ihnen zu führen.
    Sie haben vor einigen Tagen in einem Interview gesagt, Sie wüßten nicht recht, worin sich die Politiken — ich zitiere Sie jetzt mit meinen Worten — untérschieden. Ich habe Sie heute auf die Rentenfrage angesprochen. Wir haben — ohne Not — im



    Dr. Kohl
    vergangenen Frühjahr als Opposition — weil wir Opposition immer auch als Alternative verstehen — eigene Vorschläge gemacht. Sie haben diese Vorschläge vom Tisch gewischt. Sie können mich doch heute nicht darauf ansprechen, nachdem Sie damals, vor wenigen Monaten, überhaupt nicht bereit waren, das Gespräch mit uns zu führen. Jetzt, wo das Kind endgültig in den Brunnen gefallen ist, tragen Sie eben die Verantwortung; denn zu jener Arbeitsteilung, um das klar auszusprechen, Herr Bundeskanzler, wollen wir uns nicht verstehen, daß Sie als Regierungschef überall durch die Lande ziehen, alles für sich in Anspruch nehmen, Ihnen aber, wenns um Durchsetzen geht, die Kraft, der Mut fehlt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe doch drei Beispiele aus den letzten Wochen genannt. Hier haben doch CDU und CSU, hier hat die Union als Opposition Sie ausschließlich aus staatspolitischen Gründen und nicht aus Gründen der Parteiräson unterstützt, weil es uns unerträglich erschien, daß wir einer Lage, die ernst genug ist, das Staatsschiff in eine Richtung abdriften lassen, bei der die Schäden, die entstehen, irreparabel werden.
    Ich nenne beispielsweise die Steuergesetzgebung. Die Sozialdemokratische Partei treibt jetzt überall im Lande Propaganda mit der Novellierung der Steuergesetzgebung zum 1. Januar, die vor wenigen Tagen in Kraft getreten ist. Herr Bundeskanzler, Sie können doch nicht leugnen, daß Ihr Anteil, der Anteil der Bundesregierung und der Anteil Ihrer eigenen Partei an dieser Gesetzgebung gleich Null ist. Ihre eigenen Leute haben doch im Vermittlungsausschuß dagegen gestimmt. Es war die CDU/CSU aus Bund und Ländern, es waren die Kollegen der FDP, die diese Novellierung erzwungen haben und sonst überhaupt niemand.
    Herr Bundeskanzler, Sie wissen so gut wie ich, daß wir beide in der Frage der Notwendigkeit der Kernenergie übereinstimmen. Aber was ist denn eigentlich aus unserer Übereinstimmung geworden? Sie haben doch in Ihrer eigenen Partei — ich will jetzt einmal vom Zickzackkurs der FDP von Saarbrücken bis Kiel gar nicht reden, aber er hat sich ja zum Besseren gewandelt — für die Sicherung der Energiebasis auch mit Kernenergie gar keine Mehrheit. Sie sind vom Parteitag in Hamburg nach Hause zurückgekehrt, und Herr Eppler — nicht irgend jemand in Ihrer Partei, einer aus dem Bundesvorstand; er spricht für viele in Ihrer eigenen Partei, der SPD — hat doch klipp und klar erklärt, das Moratorium bleibe selbstverständlich bestehen. Vorhin hat Herr Wehner — ich glaube, er war es — in diesem Wust von Schimpfen und In-sich-Hineinfressen dann herausgestoßen, das sei ein besonderes Angebot an den DGB gewesen. Das ist ein Irrtum; das war eine Tatsachenbeschreibung, verehrter Herr Kollege Wehner, nicht mehr und nicht weniger. Es ist doch sehr wohl bekannt, daß es auch im Deutschen Gewerkschaftsbund — ich brauche mich hier nur umzusehen und auf den Kollegen 'Schmidt von der IG Bergbau und Energie zu schauen — zunächst andere Meinungen gab. Vor allem die ungewöhnlich sachkundige Gewerkschaft GEW — in solchen Dingen immer Speerspitze der Entwicklung zur Ideologie hin — war doch in dieser Frage mit den Linken Ihrer eigenen Partei völlig auf dem gleichen Dampfer. Nein, meine Damen und Herren, auch wir haben nach längerer Diskussion in der eigenen Partei ganz bewußt erklärt, daß das Ja zur Kernenergie notwendig ist, obwohl es in Kenntnis demoskopischer Daten nicht überall verstanden wird und obwohl wir psychologisch noch viel vorbereiten müssen. Herr Bundeskanzler, wenn Sie heute in dieser Frage den Rücken freier haben, wenn Sie heute bei Ihren Auslandsbesuchen auftreten und sagen können: Das ist unsere Politik!, dann verdanken Sie das doch überhaupt nicht Ihrer eigenen Partei, sondern der Alternative deutscher Politik, der CDU/CSU-Fraktion.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Ein Glück, daß wir Sie haben!)

    — Herr Kollege Wehner, ich habe heute in der Mittagspause gedacht:

    (Wehner [SPD] : Sie haben gedacht?)

    Schätzungsweise 20 Millionen Menschen haben der Debatte heute morgen zugeschaut; es ist ein Glück, ein Segen, daß wir Sie besitzen. Das muß ich Ihnen ganz deutlich sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich wünsche mir, daß Sie uns lange erhalten bleiben.

    (Wehner [SPD] : Das werden Sie wohl nie schaffen!)

    Meine Damen und Herren, bevor ich zum Thema „Terrorismus" komme, noch ein kurzes Wort zum Thema ' „Deutschlandpolitik". Nun, Herr Bundeskanzler, es gibt in dieser Frage Unterschiede zwischen dem, was Herr Wehner hier heute mittag gekonnt eruptiv herausgestoßen hat, dem, was Herr Genscher in feiner, liberaler Filigranarbeit beschrieben hat, um sich in diesem Punkte alles offenzulassen, und dem, was Sie hier eben gesagt haben. Lesen Sie doch bitte erst einmal Ihre Reden nach, ehe Sie mich nach Interpretationshilfen fragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es sollte kein Gerede darüber aufkommen, jemand wolle Eskalation. Natürlich sagen wir ja zu der Notwendigkeit der Entspannungspolitik. Herr Bundeskanzler, der Schlüsselsatz, nach dem Sie gesucht haben oder suchen ließen, war doch in meiner Rede leicht zu finden. Ich habe gesagt, daß die Entwicklung und Normalisierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR im gegenseitigen Interesse liegt und nicht, wie uns dauernd eingeredet werden soll, allein im einseitigen Interesse der Bundesrepublik. Wenn sie im gegenseitigen Interesse liegen, brauche ich Ihnen doch nicht zu sagen, daß dann das Feld der Möglichkeiten des Gebens und Nehmens offensteht. Natürlich ist es nicht heute hier unser Geschäft, in aller Öffentlichkeit vor dem Plenum des Bundestages über Details zu reden; nicht weil man über Details nicht reden könnte,

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    sondern weil wir wünschen, Herr Ehmke, daß in
    dieser Sache nichts kaputtgemacht wird, wenn man
    etwas retten kann. Das ist eben der Unterschied.



    Dr. Kohl
    Wir denken dabei mehr an die Staatspolitik und Sie, Herr Ehmke, mehr an die Parteipolitik und Ihre Profilierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Herr Ehmke denkt nur an sich!)

    Nun, Herr Bundeskanzler, zu dem Thema „Terrorismus". Ich will versuchen, auch im Ton auf Ihre Äußerung einzugehen. Das unbestreitbare Ziel angesichts dieser terroristischen Herausforderung muß sein, daß die Demokraten in unserer Generation es als ihren Auftrag erkennen, den freiheitlichen Rechtsstaat zu erhalten, auszubauen, kraftvoll in die Zukunft zu tragen. Dieser Rechtsstaat ist keine statische Größe. Das wissen Sie so gut wie ich. Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt!

    (Wehner [SPD] : Er hat über mich gelacht, und ich habe ihm gesagt, ich gönne ihm das! Also seien Sie beruhigt!)

    — Ich bin gar nicht beunruhigt, Herr Kollege Wehner. Nur weil Sie so gerne anderen Stilnoten erteilen, will ich nachtragen, daß Sie bei einem solchen Thema nichts anderes beizutragen haben als das, was Sie eben hier geboten haben.

    (Beifall bei .der CDU/CSU — Zurufe von der SPD: Sehr billig! — Wehner [SPD] : Sie tun mir so leid!)

    Meine Damen und Herren, das Ziel ist es, den freiheitlichen Rechtsstaat zu erhalten. Die Herausforderung ist unbestritten. Natürlich, Herr Bundeskanzler, kann man im Detail darüber streiten, was ausreichend ist und was nicht ausreichend ist, etwa im Bereich der Gesetzgebung. Ich muß Sie aber ganz direkt folgendes fragen. Nein, ich will es vor-. sichtiger formulieren: Ich muß doch mir selbst nach diesen sechs Wochen, in denen wir oft genug in einer schlimmen Heimsuchung beisammensaßen, die Frage stellen: Glauben Sie im Ernst, in Kenntnis und im Besitz der Erfahrungen dieser Wochen, daß das, was der Rechtsausschuß jetzt mit der Mehrheit Ihrer politischen Freunde vorgeschlagen hat, zur Bekämpfung des Terrorismus ausreichend ist? Gerade weil ich den freiheitlichen Rechtsstaat für ein so wichtiges Gut halte, weil das für mich keine Floskel und für meine Freunde nicht irgendeine Sache, sondern eine zentrale Sache ist, die, wie ich glaube, für uns alle weit über das Parteiinteresse hinausgeht, müssen wir uns doch die Frage stellen, Sie genauso wie ich: Was sagen wir unseren Mitbürgern, wenn jetzt wieder etwas passiert, ein neuer Anschlag zu verzeichnen ist, wie immer er aussehen mag? Was sagen wir denen, wenn sie uns fragen: Was habt ihr eigentlich jetzt getan? Was habt ihr aus den Erfahrungen gelernt, beispielsweise aus dem, was euch die Beamten des Bundeskriminalamtes und die führenden und erfahrenen Beamten der Länderverwaltungen zu diesem Punkt gesagt haben? Das sind alles rechtsstaatlich denkende Persönlichkeiten, und deren Urteil wiegt doch mindestens genauso wie das Urteil eines Mannes, der hier von diesem Pult aus erklärt hat, die Bundesrepublik befinde sich in einer Progromstimmung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Darum geht es doch, meine Damen und Herren und Herr Bundeskanzler.
    Es ist uns gemeinsam gelungen — ich glaube, wir haben auch gemeinsam Grund, darauf stolz zu sein —, im Zusammenhang mit der Entführung Hanns Martin Schleyers und den schlimmen Erfahrungen eine irrational aufwallende Stimmung im Volk abzufangen. Es ist doch nicht zu leugnen, es ist die natürlichste Sache der Welt und kein typisch deutscher Vorgang — dies sage ich auch im Blick auf manche törichte Äußerung im Ausland —, sondern eine normale menschliche Erfahrung, daß Menschen angesichts solcher dramatischen, schrecklichen Ereignisse auch irrational_reagieren.
    Es ist uns gemeinsam erspart geblieben, manche Diskussion zu führen. Ich verweise hier beispielsweise auf die zunächst erhobene Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe. In diesem Hause ist diese Forderung nicht gestellt warden.

    (Widerspruch des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

    — Aber, Entschuldigung, Herr Schäfer! Sie wissen, daß das so ist.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sie kam aus Ihren eigenen Reihen!)

    — Ich kann dazu nur sagen: Ich bin ein überzeugter Gegner der Todesstrafe. Ich respektiere jene, die anderer Meinung sind. Das ist auch gar keine Frage der liberalen Qualität unserer Verfassung. Es gibt alte liberale Verfassungen in der westlichen Welt, die die Todesstrafe kennen. Das ist nicht unser Problem. Wir haben geschichtliche Probleme in diesem Zusammenhang, mit denen wir fertig werden müssen. Aber dies alles konnten wir uns gegenseitig ersparen.
    Herr Bundeskanzler, wenn die Debatte so weiterläuft, nämlich auf der Ebene „Gebäudekomplex oder Gebäude" — ich bringe dies als Beispiel nach dem, was ich soeben hier wieder zum Thema Sicherungsverwahrung gehört habe —, dann kann ich Sie nur fragen: Wie wollen wir, Sie und ich, nach diesen Erfahrungen eine befriedigende Antwort geben? Das muß doch eine ungenügende Antwort sein.

    (Dr. Ehmke [SPD] : Wieso denn?)

    Es geht hier um den Kerngehalt des liberalen, frei-
    heitlichen Rechtsstaates. Die Bürger müssen Ver-
    trauen haben können, daß die politisch Handelnden
    — ich sage das bewußt — für uns alle in diesem Hause das Notwendige tun,

    (Liedtke [SPD] : Sehr richtig!)

    und zwar mit freiheitlich-rechtsstaatlichem Augenmaß
    — wer wollte das irgendeinem Kollegen in diesem Hause bestreiten? —, aber auch mit dem Mut, der Entschiedenheit und der Tatkraft, die notwendig sind.
    Wir haben viele Vorschläge gemacht. Ich will hier noch einmal einen nennen. Warum können wir nicht darüber reden, wenn schon einige Maßnahmen sozusagen auf Dauer umstritten sind, angesichts dieser konkreten Herausforderung, die auch einen konkreten Zeitabschnitt umfaßt, bestimmte Vorschriften



    Dr. Kohl
    so zu fassen, daß sie auf Zeit gelten und der alte Zustand sich nach einem bestimmten Zeitablauf automatisch wiederherstellt? Wir leben in einer ganz konkreten Herausforderung.

    (Dr. Ehmke [SPD] : Dann reden Sie doch auch mal konkret dazu!)

    Wenn es uns nicht gelingt, den Terrorismus im Laufe der nächsten fünf, sechs Jahre entscheidend zu treffen, haben wir diese Schlacht verloren. Dieser Staat, unsere Republik, kann nach diesem terroristischen Anschlag zurückschlagen, wenn wir nur selbst wollen. Das ist doch keine Frage der Quantität, sondern der Qualität,

    (Dr. Ehmke [SPD]: Ja, eben, so ist es!)

    wenn wir in diesem Zusammenhang gegen diese Heimsuchung vorgehen.

    (Beifall)

    Gerade weil es um die Qualität geht, muß es doch bei dieser speziellen Art von Kriminalität, die einzigartig ist, die auf die übrige Kriminalität überhaupt nicht übergreift und nicht auf sie übertragen werden kann, möglich sein, spezielle Tatbestände etwa im Blick auf die Sicherungsverwahrung zu sehen. Wie wollen wir denn eigentlich jene Leute aus der terroristischen Szene erfassen und auf Dauer festsetzen, die in der Logistik für die eigentlichen Mörder und Killer unentbehrlich sind, wenn wir sie wie einen normalen Autodieb behandeln, der aus irgendwelchen Gründen kriminell geworden ist?

    (Dr. Ehmke [SPD] : Davor steht doch noch nicht einmal Ihre Partei! Ohne Ahnung reden Sie hier!)

    — Herr Kollege Ehmke, ich rede in dieser Sache mit einer Ahnung, die ganz anders belastet ist als das, was Sie hier vordergründig daherreden. Das wissen Sie so gut wie ich.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [SPD] : Sie müssen konkret werden!)