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ID0806525100

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundeskanzler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Schwabe 4959 A Eintritt des Abg. Schmidt (Niederselters) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 4959 D Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Pieser 4959 D Begrüßung einer Delegation der Fraktion der Sozialistischen Partei Spaniens in der spanischen Abgeordnetenkammer . . . . 4959 D Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 23. Januar 1978 . . 5037 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler . . . 4960 A, 4987 B, 5039 D Dr. Kohl CDU/CSU 4973 C, 5041 D Wehner SPD 4987 D Genscher, Bundesminister AA 5012 D Adorno, Minister des Landes Baden-Württemberg 5019 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 5021 A Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . . . 5024 A Mischnick FDP . . . . . . . . . . . 5030 A Dr. Emmerlich SPD 5037 A Leber, Bundesminister BMVg . . . . 5044 C Dr. Vogel, Bundesminister MBJ . . . . 5046 A Präsident Carstens 4966 C Fragestunde — Drucksache 8/1417 vom 13. 01. 1978 Vertrautheit der mit der Arbeitsvermittlung betrauten Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit mit den Ursachen und Problemen der Frauenarbeitslosigkeit; Benachteiligung der Frauen bei der Stellenausschreibung der Arbeitgeber MdlAnfr A14 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD MdlAnfr A15 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 4993 B, C, D, 4994 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . 4993 C, D, 4994 C ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . . . 4994 A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 4994 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Förderung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der berufstätigen Frauen gemäß Nr. 9 der Entschließung der Internationalen Arbeitskonferenz vom Juni 1975; Registrierung der Stellenangebote bei den Arbeitsämtern getrennt nach Männern und Frauen MdlAnfr A19 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD MdlAnfr A20 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4995 A, B, C, D, 4996 A, B, C, D ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . . 4995 B ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . 4995 C, D ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . 4996 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 4996 B ZusFr Dr. Linde SPD 4996 C ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4996 D Gesundheitsschäden durch fehlerhafte oder technisch nicht zuverlässige medizinische Geräte; Rechtspflicht zur Überprüfung der Geräte MdlAnfr A21 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD MdlAnfr A22 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4997 A, B, C, D, 4998 A, B ZusFr Löffler SPD . . . . . . . 4993 B., C ZusFr Frau Steinhauer SPD 4997 D ZusFr Hansen SPD 4997 D ZusFr Franke CDU/CSU 4998 A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4998 A ZusFr Dr. Jens (Voerde) SPD . . . . 4998 B Erhöhung des Beitragssatzes der Allgemeinen Ortskrankenkassen ab 1. Januar 1978 MdlAnfr A23 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A24 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . 4998 B, C, 4999 A, B, C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . 4999 A, B, C Verfahren des Bundesamts für den Zivildienst bei der Einsetzung von Zivildienstleistenden bei kirchlichen bzw. karitativen Einrichtungen MdlAnfr A26 13.01.78 Drs 08/1417 Broll CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . . 4999 D Anrechnung des Wohngelds und des freien Wohnrechts landwirtschaftlicher Altenteiler bei der Ermittlung der Einkommensgrenze für die Befreiung von der Rezeptgebühr MdlAnfr A29 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Enders SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 5000 A, B, C ZusFr Dr. Enders SPD 5000 B Eigene Versicherungspflicht der mitversicherten Ehefrau und der Kinder bei einem Einkommensanteil der Ehefrau von mehr als 370 DM monatlich MdlAnfr A30 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA 5000 C, D, 5001 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 5000 D, 5001 A Ausschreibung der Stelle eines Heimleiters mit möglichst sozialdemokratischer Gesinnung durch das Arbeitsamt Aschaffenburg; Heim der Arbeiterwohlfahrt als Tendenzbetrieb im Sinne des § 20 des Arbeitsförderungsgesetzes MdlAnfr A31 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU MdlAnfr A32 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . 5001 A, B Entwicklung des Sozialismus in Deutschland MdlAnfr A116 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU MdlAnfr A117 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . 5001 C, D, 5002 A, B, C, D, 5003 A, B, C, D, 5004 A, B ZusFr Sauter (Epfendorf) CDU/CSU . . . 5001 D, 5002 A, 5003 B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU . . . . . . 5002 A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5002 B, 5004 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5002 B, 5003 C ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 5002 C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . . . . 5002 C ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5002 D, 5004 B ZusFr Hansen SPD 5003 A, 5004 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5003 D ZusFr Conradi SPD 5004 A Erkenntnisse der Bundesregierung über den Aufenthalt des ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Um- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 III weltschutz, Hans-Helmut Wüstenhagen, nach dessen Vorsprache bei der deutschen Botschaft in Bangkok MdlAnfr A48 13.01.78 Drs 08/1417 Spranger CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5005 A, B ZusFr Spranger CDU/CSU 5005 A ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 5005 B ZusFr Conradi SPD 5005 B Beurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Chile und in anderen Staaten MdlAnfr A120 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU MdlAnfr A121 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . . 5005 C, 5006 A, B, C, D, 5007 A, B, C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5005 D, 5006 A, 5007 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5006 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5006 B ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 5006 C ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 5006 D ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5006 D Eintreten der Bundesregierung gegenüber der südafrikanischen Regierung für die Beendigung des Rassismus angesichts der Ermordung von Richard Turner und Steve Biko MdlAnfr A123 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A124 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5007 C, D, 5008 A, B ZusFr Frau von Bothmer SPD 5007 D, 5008 A, B Verstoß gegen Art. 2 des Moskauer Vertrages durch die Einmischung des sowjetischen Parteichefs Breschnew in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A128 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 5008 C, D, 5009 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5008 D ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5009 A Forderung des sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin nach Abschaffung der NATO und Ablehnung der Neutronenwaffe anläßlich des 60. Jahrestages der finnischen Unabhängigkeit; Auswirkungen auf die letzte NATO-Konferenz MdlAnfr A129 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 5009 B, C, D, 5010 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 5009 B, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . 5009 D ZusFr. Dr. Corterier SPD . . . . . . . 5009 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5010 A Aufnahme japanischer Terroristen sowie Unterstützung der PLO, der POLISARIO und der MPAIAC durch Algerien MdlAnfr A130 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Rose CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5010 B, D, 5011 A ZusFr Dr. Rose CDU/CSU . . . . . . 5010 C, D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . . 5010 D Rechtliche Grundlage der Leibes- und Gepäckvisitation des Bundesjugendsekretärs der Naturfreundejugend Deutschland auf dem Grenzbahnhof Kehl durch den Bundesgrenzschutz MdlAnfr A39 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5011 B, C, D ZusFr Conradi SPD . . . . . . . . . 5011 C ZusFr Hansen SPD . . . . . . . . . 5011 D Rechtliche Grundlage der Kontrolle eines Vortragsmanuskripts des Journalisten Henryk M. Broder durch Bundesgrenzschutzbeamte bei der Paßkontrolle im Flughafen Köln/Bonn MdlAnfr A40 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5012 A, B, C ZusFr Conradi SPD 5012 B, C Nächste Sitzung 5047 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5049* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 4959 65. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20. 1. Dr. van Aerssen * 20. 1. Dr. Aigner * 20. 1. Alber * 20. 1. Dr. Bangemann * 20. 1. Dr. Bayerl * 20. 1. Blumenfeld * 20. 1. Fellermaier * 20. 1. Flämig * 20. 1. Dr. Früh * 20. 1. Dr. Fuchs * 20. 1. Haase (Fürth) * 20. 1. Hölscher 20. 1. Höpfinger 20. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 20. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 1. Jung 20. 1. Dr. Klepsch * 20. 1. Klinker * 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 20. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lange * 20. 1. Lemmrich 20. 1. Lemp * 20. 1. Lücker * 20. 1. Luster * 20. 1. Müller (Mülheim) * 20. 1. Müller (Wadern) * 20. 1. Dr. Müller-Hermann * 20. 1. Schmidt (München) * 20. 1. Schreiber * 20. 1. Dr. Schwörer * 20. 1. Seefeld * 20. 1. Sieglerschmidt * 20. 1. Dr. Starke (Franken) * 20. 1. Dr. Todenhöfer 24. 2. Frau Dr. Walz * 20. 1. Dr. Warnke 20. 1. Wawrzik * 20. 1. Baron von Wrangel 20. 1. Würtz * 20. 1. Zeyer * 20. 1. Zywietz * 20. 1.
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    Rede von Dr. Alfred Emmerlich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kohl hat sich in seiner Rede heute morgen etwas ausführlicher mit dem Problem der Bekämpfung des Terrorismus befaßt. Ohne die Debatte, die wir im Februar zu führen haben, vorwegnehmen zu wollen, halte ich es für notwendig, daß ich zu seinen Ausführungen einige Bemerkungen mache.
    Erstens. Angesichts der großen Gefahr, die der Terrorismus für den einzelnen und für unseren Staat und unsere Gesellschaftsordnung bedeutet, vor allem aber angesichts des beispiellosen menschenverachtenden Zynismus und der unvorstellbaren Brutalität, mit der die deutschen Terroristen vorgehen, ist es unmöglich, ihren Taten ohne Emotionen gegenüberzustehen. Unsere Aufgabe ist es aber, uns bei dem, was wir zu tun haben, von diesen Emotionen nicht leiten zu lassen, sondern die Maßnahmen, die notwendig sind, mit der nötigen Rationalität anzugehen und sie aus rationalen Gründen zu beschließen.
    Ich muß leider feststellen, daß dies Herrn Kollegen Kohl nach Inhalt, Stil und Gestik heute morgen nicht voll gelungen zu sein scheint. Seine eigenen Emotionen und die der Bevölkerung haben bei seiner Rede heute morgen eine zu große Rolle gespielt. Ich bedauere das. Das dient nicht der Sache und erschwert uns die weitere Bekämpfung des Terrorismus.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU] : Das, was Herr Coppik gesagt hat!)

    Zweitens. Herr Kollege Kohl hat mehrfach ausgeführt, daß die Vorschläge, die die Opposition zur Bekämpfung des Terrorismus unterbreitet hat, mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar seien. Er hat sich dann sogar noch gesteigert, indem er gesagt hat, sie seien mit rechtsstaatlichen Grundsätzen völlig vereinbar.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das hat sogar die Bundesregierung gesagt! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das hat selbst der Bundespräsident gesagt!)

    — Hören Sie doch erst einmal zu, Herr Stark. Wir kommen ja gleich noch miteinander in Kontakt, wenn es zur Sache geht.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU] : Ach so, das ist noch nicht die Sache!)

    Sie würde in keiner Weise aus rechtsstaatlichen Grundsätzen fragwürdige Gesetze vorlegen.
    Ich muß leider sagen: Diese Behauptung von Herrn Kohl ist falsch. Die Opposition will, daß bei terroristischen Gewalttätern bei dringendem Tatverdacht Untersuchungshaft bei Nichtvorliegen eines Haftgrundes zwingend angeordnet werden muß. Dazu darf ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1965 mit Genehmigung der Frau Präsidentin ausschnittsweise' verlesen.

    (Hartmann [CDU/CSU] : Das haben wir doch diskutiert! Das ist doch nicht einschlägig!)

    Das Bundesverfassungsgericht führt hier aus

    (Hartmann [CDU/CSU] : Das ist doch nicht einschlägig! Das haben wir doch diskutiert!)

    — hören Sie es sich erst einmal an, Herr Hartmann —:
    Der neu eingeführte § 112 Abs. 4 StPO müßte dagegen rechtsstaatliche Bedenken erwecken, wenn er dahin auszulegen wäre, daß bei dringendem Verdacht eines der hier bezeichneten Verbrechen gegen das Leben die Untersuchungshaft ohne weiteres, d. h. ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen, verhängt werden dürfte. Eine solche Auslegung wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ... Weder die Schwere der Verbrechen wider das Leben noch die Schwere der (noch nicht festgestellten) Schuld rechtfertigen für sich allein die Verhaftung des Beschuldigten. Noch weniger ist die Rücksicht auf eine mehr oder minder deutlich feststellbare Erregung in der Bevölkerung ausreichend, die es unerträglich fände, wenn ein Mörder frei umhergehe. Es müssen vielmehr auch hier stets Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, daß ohne Festnähme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte.
    Wenn wir für Ihren Vorschlag zur Verschärfung des Haftrechts diese Maßstäbe zugrunde legen — und es besteht ja wohl keine Veranlassung, von diesen Maßstäben abzuweichen —, dann ist dieser Vorschlag nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern knallhart verfassungswidrig. Das gleiche gilt für Ihren Vorschlag, bei terroristischen Gewalttätern ein Verbot auszusprechen, Haftverschonung zu gewähren.
    Nun einige Bemerkungen zur Sicherungsverwahrung. Sie schlagen vor, daß bei Straftaten nach § 129 a dann, wenn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verwirkt worden ist und die Bereitschaft festgestellt ,werden kann, weitere Straftaten nach dieser Vorschrift zu begehen, Sicherungsverwahrung zwingend angeordnet werden muß.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wo steht denn: „zwingend"?)

    — Es heißt da: „ist anzuordnen". Sehen Sie einmal nach! Die Texte, die Sie vorlegen, sollten Sie eigentlich kennen, Herr Vogel.
    Nun müssen wir uns zunächst einmal vergegenwärtigen, daß die Sicherungsverwahrung eine Ausnahme von dem unser Strafrecht beherrschenden Prinzip des Schuldstrafrechts ist. Dieser Ausnahme-



    Dr. Emmerlich
    charakter der Sicherungsverwahrung macht es notwendig, daß man das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit in besonders strenger Weise beachtet. Die Weite des Tatbestandes des § 129 a, der ja nicht nur Gewalttaten zum Inhalt hat, nicht nur die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung unter Strafe stellt, sondern auch die bloße Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder die Werbung für eine solche Vereinigung, hat zur Folge, daß die bloße Bereitschaft, irgendeine dieser Begehensweisen, die für die Verwirklichung des Tatbestandes erforderlich sind, zu pekzieren, nicht ausreicht, um eine Sicherungsverwahrung zu verhängen. Das gilt auch für die Vortat. Dabei ist bemerkenswert, daß Sie in ihrer letzten Version, die ja vom Dezember des letzten Jahres stammt, von Ihrer ursprünglichen Version abgewichen sind, die als Vortat noch eine Tat vorsah, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit der zeitlichen Höchststrafe bedroht ist.
    Herr Kollege Zimmermann hat hier für die Verhängung von Sicherungsverwahrung auf die Erklärung eines Täters, der nach § 129 a verurteilt worden ist, abstellen wollen, weitere terroristische Gewalttaten zu begehen. Es kann nicht auf eine derartige Erklärung ankommen, sondern es muß das Ausmaß der Gefährdnung abgewogen werden, das von einem Täter ausgeht. Dieses Ausmaß der Gefährdung muß objektivierbar sein. Objektivierbar muß es sein erstens an Hand des kriminellen Vorlebens und zweitens an Hand einer besonderen Persönlichkeitsstruktur, aus der sich die Gefährdung für die Zukunft ergibt und mit hinreichender Sicherheit bestimmen läßt.
    Herr Kollege Kohl — wenn Sie mir eine Nebenbemerkung in diesem Zusammenhang erlauben: ich will auf seine Rekurrierung auf „Zuchthaus" hier gar nicht eingehen — hat in diesem Zusammenhang, in dem er sich mit Sicherungsverwahrung befaßt hat, etwa ausgeführt, die Sicherungsverwahrung sei das wichtigste Instrument ernsthafter Terrorismusbekämpfung. Das ist doch absurd, meine sehr geehrten Damen und Herren. Davon kann doch überhaupt keine Rede sein. Das wichtigste Instrument erfolgreicher Terrorismusbekämpfung ist die Verstärkung der Fahndungstätigkeit und die geistige Auseinandersetzung mit den Rechtfertigungstheorien des Terrorismus und die geistige Auseinandersetzung mit den Ursachen dieses Terrorismus. Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn. Das gilt doch auch in diesem Bereich.

    (Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Wenn Sie ihn aber haben, Herr Kollege Emmerlich, dann müssen Sie die Frage beantworten, was Sie tun!)

    — Herr Eyrich, ich bin für diese Frage durchaus dankbar. Ich hätte, wenn ich zeitlich nicht so begrenzt wäre, ohnehin dazu Stellung nehmen wollen. Zweifellos ist das Nein zu Ihrem Vorschlag nicht das letzte Wort in dieser Frage. Wir sind uns, wie ich Ihnen in einer vorherigen Rede von dieser Stelle aus gesagt habe, der Problematik der Situation durchaus bewußt. Wir sind weiterhin bemüht, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, die mit
    rechtsstaatlichen Prinzipien in Übereinstimmung zu bringen sind. Ein entsprechender Beschluß unserer Fraktion ist gefaßt worden. Aber Ihr Vorschlag ist aus rechtsstaatlichen Gründen in einem Maße bedenklich, daß man ihm unter keinen Umständen zustimmen kann.
    Nun zur Verteidigerüberwachung. Sie sagen, wir müssen die Gespräche zwischen den Verteidigern und inhaftierten Personen, die des Terrorismus verdächtig sind, überwachen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wie die Bundesregierung einst!)

    Ich sage nicht, daß eine solche Gesprächsüberwachung schlechthin auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt; das ist nicht der Fall, Es kommt auf die Ausgestaltung im einzelnen an. So wie Sie diese Regelung ausgestaltet haben, ist es allerdings in der Tat so, daß in hohem Maße verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Das will ich Ihnen jetzt begründen.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wie wollen Sie hier juristisch ernst genommen werden?)

    Ihre Regelung trägt zu Unrecht das Etikett Verteidigerüberwachung. In Wahrheit müßte sie bezeichnet werden als eine Kombination von Verteidigerüberwachung mit Gesprächsausschluß, mit dem Verbot von Verteidigergesprächen.

    (Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Das ist doch einfach nicht wahr, Herr Emmerlich!)

    Es ist bei Ihnen so, daß der Richter, der die Überwachung des Gesprächs vorzunehmen hat, das Gespräch abzubrechen hat, wenn es zu beanstanden ist.
    Hier kommt ein weiteres Moment hinzu, aus dem sich verfassungsrechtliche Bedenken ergeben, daß nämlich bei Ihrer Ausgestaltung der Verteidigungsüberwachung der Grundsatz der Bestimmtheit von Eingriffstatbeständen nicht beachtet worden ist. Das gilt einmal für die Eingriffsvoraussetzung. Da heißt es nämlich nur: Wenn Verdacht nach § 129 a StGB besteht, kann Gesprächsüberwachung angeordnet werden. Liegt das im pflichtgemäßen Ermessen, liegt das im freien Ermessen? Unter welchen Voraussetzungen kann denn angeordnet werden? Das ist das eine.
    Das andere ist folgendes. Was heißt denn eigentlich: „wenn ein Gespräch zu beanstanden ist"? Ist es zu beanstanden, wenn die französisch sprechen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Wenn sie Kürzel verwenden — wie wir sie in unseren Gesprächen auch verwenden —, die der Richter nicht versteht, ist das Gespräch dann zu beanstanden?

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das ist doch eine Scheinargumentation!)

    Was heißt „Abbruch des Gesprächs"? Wann darf denn der Verteidiger kommen und das Gespräch fortsetzen? Kann das der Richter nach freiem Belieben bestimmen? All dies ist eine Ausgestaltung der Überwachungslösung, die nach meiner Meinung



    Dr. Emmerlich
    bei einer verfassungsrechtlichen Überprüfung keinen Bestand haben könnte. Von den anderen Einwendungen gegen die Überwachungsregelung, daß sie nicht effektiv ist und daß sie nicht praktikabel ist, will ich heute nicht reden. Darüber reden wir zu anderer Zeit etwas ausführlicher miteinander.
    Was mir bei Herrn Kohl weiterhin auffiel, war, daß er sich mit der Frage der Rechtsstaatlichkeit an mehreren Stellen befaßt hat, daß aber die Frage der Effektivität und der Geeignetheit dieser Vorschläge, die Sie gemacht haben, bei ihm sehr kurz gekommen ist. Ich meine, gerade dieser Punkt ist von besonderer Bedeutung. Wenn wir zur Bekämpfung des Terrorismus genötigt sind, in Freiheitsrechte der Bürger einzugreifen, dann muß es mindestens so sein, daß dieser Eingriff in die Grundrechte zur Bekämpfung des Terrorismus nützlich ist. In bezug auf diesen Aspekt weisen Ihre Vorschläge ein ganz erhebliches Defizit auf. Wenn man überhaupt von irgendeinem Nutzen sprechen kann, ist er so minimal, daß derart weitgehende Eingriffe in die Grundrechte der Bürger, wie Sie sie vorschlagen, keineswegs gerechtfertigt sind.

    (Hartmann [CDU/CSU] ... der Bürger" ist unrichtig! Wir wollen doch nicht die Hühnerdiebe überwachen!)

    Nun eine dritte Bemerkung. Sehr geehrter Herr Kohl, Sie haben das Thema der Gemeinsamkeit der Demokraten in diesem Zusammenhang angesprochen und haben wörtlich ausgeführt: „Im Rechtsausschuß haben sich die Koalitionsabgeordneten ohne Rücksicht auf sachliche Einsicht aus Koalitionsrücksichten nicht dazu verstehen können, zur Gemeinsamkeit zu kommen." Ich halte das, was Sie hier zum Ausdruck gebracht haben, zunächst einmal für eine persönliche Diffamierung der Mitglieder des Rechtsausschusses der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion. In ihrem Namen weise ich diese persönliche Diffamierung auf das entschiedenste zurück.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun will ich Ihnen aber, sehr geehrter Herr Kohl, weil Sie im einzelnen doch nicht so genau über die Vorgänge im Rechtsausschuß informiert zu sein scheinen, an Hand von zwei Beispielen deutlich machen, wer denn die Gemeinsamkeit, die Versuche, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, torpediert hat. Bei der Verteidigerüberwachung war es zunächst so, daß Ihnen als Eingriffsvoraussetzung der Verdacht der Konspiration erforderlich zu sein schien. Als Sie dann unsere Vorschläge zum erweiterten Verteidigerausschluß auf dem Tisch hatten, hatten Sie nichts Eiligeres zu tun, als schnell umzusatteln, von dem Vorliegen eines Verdachts abzusehen und die bloße Tatsache, daß ein Verfahren nach § 129 a StGB läuft, ausreichend sein zu lassen.

    (Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Wir haben aber den anderen Vorschlag zur Abstimmung gestellt, den Sie abgelehnt haben!)

    Der zweite Punkt. Was den Verteidigerausschluß anlangt, haben Sie zunächst auch gemeint, sich an den Verdacht der Konspiration halten zu müssen. Als Sie merkten, daß Sie dann zu sehr gezwungen wären, zu unserer Verteidigerausschlußregelung ja zu sagen, haben Sie schnell noch aufgesattelt, indem Sie gesagt haben: Auch eine leichtfertige Ermöglichung der Begehung von Straftaten des Inhaftierten soll den Verteidigerausschluß rechtfertigen. Dies ist doch offensichtlich nur geschehen, um ein Nein zu unserer Ausschlußregelung sagen zu können.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das glauben Sie doch selber nicht! — Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Die Ausschlußregelung lag zu dieser Zeit ja noch nicht vor!)

    Auch hier wird deutlich, sehr verehrter Herr Kohl, daß Sie heute morgen hier krampfhaft nach einem Alibi gesucht haben, um in, wie ich finde, unverantwortlicher Weise zu den Vorschlägen der Koalition nein sagen zu können, wenn es zur zweiten und dritten Lesung kommt.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU] : Wenn es dazu kommt!)

    An diesen Beispielen wird sehr deutlich, wer, wie Sie wörtlich gesagt haben, Politik zur Farce werden läßt und Sachentscheidungen bedingungslos machtpolitischem Kalkül unterordnet.

    (Beifall bei der SPD)

    Für uns bleibt es dabei: das, was zur wirksamen Bekämpfung des Terrorismus erforderlich ist, werden wir tun; das, was die freiheitliche und rechtsstaatliche Grundordnung beschädigen könnte, werden wir ablehnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Hartmann [CDU/CSU])



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf wenige Bemerkungen des Oppositionsführers von heute früh noch einmal zurückkommen dürfen. Der erste Punkt war der, daß der Abgeordnete Kohl der Bundesregierung oder mir vorwarf, wir hätten die Flucht nach draußen ergriffen, wenn ich es recht im Ohr habe. Ich glaube, Sie verkennen — die sachlichen Darlegungen des Außenministers haben das wohl schon deutlich werden lassen, Herr Kohl — die Bedeutung der Außenpolitik, die Bedeutung der Sicherung des Friedens, die Bedeutung der internationalen wirtschaftlichen Entwicklung — alles Felder, auf denen unsere auswärtige Politik ein außerordentliches Gewicht in der Welt besitzt. Was Sie als Flucht nach draußen bezeichnet haben — um der Polemik willen; ich nehme diese nicht übel —, ist in Wirklichkeit das Erkennen und das Tragen von Verantwortung gegenüber dem eigenen Volk und anderen, mit denen wir partnerschaftlich verbunden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich darf zwischendurch eine oder zwei kleine Bemerkungen mehr an die Adresse des Herrn Abgeordneten Zimmermann einfügen. Hier sind Bernerkungen über einen Ministerialdirektor in den Diensten des Bundes gefallen, der sich hier selber nicht
    5040 Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978
    Bundeskanzler Schmidt
    äußern kann, dessen Angelegenheiten im Untersuchungsausschuß anstehen, dessen Angelegenheiten außerdem einem disziplinären Vorermittlungsverfahren ausgesetzt sind, was beides allein schon einen Vertreter der Bundesregierung hindert, dar- über heute zu sprechen. Ich finde, gerade weil Sie wissen, daß diese beiden Verfahren laufen, über deren Ausgang ich persönlich übrigens keinen großen Zweifel habe, sollten Sie, Herr Abgeordneter Zimmermann, als Jurist, der Sie doch sind, auch wissen, daß es in einem solchen Stadium zweier Verfahren absolut ungehörig ist, einen Beamten, der sich nicht wehren kann, öffentlich so zu schelten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Kann er an seinen Schreibtisch zurück, heute noch? — Herr Zimmermann hat Sie gemeint! — Er hat Leber gemeint!)

    Ich mache sodann eine Bemerkung zu jener Münchner Abhöraffäre.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind Tatsachen!)

    Hier ist vielleicht einfach ein zusätzliches Wort der Information über die Art und Weise notwendig, wie, sich die Bundesregierung — unabhängig von dem Untersuchungsausschußverfahren, das der Bundestag sicherlich in Gang setzen wird — gewünscht hat, daß für sie diese Sache so schnell wie möglich aufgeklärt wird; ich hoffe, daß dies tatsächlich auch möglich sein wird. Es war der Wunsch der Bundesregierung, eine Kommission unter dem Vorsitz des Staatssekretärs außer Dienst Maaßen zu berufen, der die Opposition ja auch mehrfach in Prozessen vor dem Verfassungsgericht vertreten hat.

    (Hartmann [CDU/CSU] : Erfolgreich!)

    — Herr Maaßen hat auch die Bundesregierung schon erfolgreich vertreten. Das möchte ich dazu dazwischen sagen.
    Herr Maaßen ist ein ausgezeichneter Jurist mit Verwaltungserfahrung. Er hat sich die Sache überlegt und zu seinem Bedauern aus persönlichen Gründen, die hier nichts zur Sache tun, gesagt, er könne den Auftrag leider nicht annehmen. Wir haben daraufhin denselben Auftrag dem Staatssekretär außer Diensten Professor Ernst angetragen; ich sprach heute morgen davon. Herr Ernst hatte dann allerdings den Wunsch, nicht der Vorsitzende einer Kommission zu sein, sondern einen ähnlichen Auftrag zu erhalten, wie ihn seinerzeit 1964 in einer anderen Affäre der damalige Oberlandesgerichtspräsident Silberstein von der damaligen Bundesregierung bekommen hat. Dieser damalige Auftrag war einem Modell nachgebildet worden, das in der englischen Regierung angesichts eines großen Falles damals dem Lord Dennis gegeben worden war. Nach diesem Modell Silberstein hat man sich bei dem Auftrag an Professor Ernst gerichtet. Ich habe dem zugestimmt, weil die Bundesregierung Wert darauf legen muß, daß die Sache so schnell wie möglich von einer unabhängigen Person geklärt wird, der andere Personen, freigestellt von ihrer
    normalen Tätigkeit, zugeordnet werden, um ihr zu helfen. Sonst hätten wir noch einen dritten Herrn bitten müssen, und es wäre darüber noch eine weitere Woche vergangen. Mir lag an der Beschleuninigung. Ich bitte Sie also, zu verstehen, Herr Abgeordneter Zimmermann, daß sich dahinter nichts irgendwie Okkultes

    (Wehner [SPD] : Wer weiß?)

    — vielleicht doch, Herr Kollege Wehner? — nichts Okkultes, was die Bundesregierung angeht, verbirgt. Ich gehe davon aus, daß — nicht nur, weil es nicht zu vermeiden ist, sondern weil alle Seiten des Hauses das gleiche Interesse wie die Bundesregierung daran haben — außerdem ein parlamentarisches Untersuchungsverfahren eingeleitet wird.
    Nun komme ich zu dem Punkt, wegen dessen ich überhaupt noch einmal heute abend das Wort nehmen wollte. Ich komme auf eine eindrucksvolle Passage des Oppositionsführers zurück. Herr Abgeordneter Kohl, die bisher 28 Toten, die der Terrorismus, uns Deutsche betreffend, im Laufe der Jahre gefordert hat, einschließlich des Herrn Dr. Hanns Martin Schleyer, und die Opfer ihrer Familien sind unvermeidlich gewesen, weil wir alle unter dem Druck, unter dem wir standen, den Staat nicht ändern wollten, weil wir die Staatsform, deren wir uns erfreuen, erhalten wollten. Eine Diktatur, ein Unrechtsstaat — hätte nicht das Recht dazu — wenn er auch die Macht hätte, er hätte nicht das Recht, solche Opfer für die Unversehrtheit seiner diktatorischen Rechtsform zu verlangen. Ich weiß, daß Sie hinsichtlich des Satzes, den ich jetzt hier anschließen will, genauso wie ich und wie sicherlich die allermeisten in diesem Hause denken: Jeder von uns muß in dem Fall, daß es ihn trifft, bereit sein, ein ähnliches Opfer auf sich zu nehmen.
    Aber ein Mißverständnis sollte sich hier nicht einschleichen. Diese Opfer werden gebracht, wenn sie unvermeidlich sind, damit wir nicht die freiheitlichdemokratische rechtsstaatliche Ordnung unseres Staates zum Opfer bringen müssen. Das ist in dem Fall der höhere Wert. Nun sind Sie wie wir in diesem Punkte sicherlich nicht unterschiedlicher Meinung. Niemand - so hoffe ich sehr; jedenfalls wollen Sie es nicht — will hier wesentliche Bestandteile des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats zum Opfer bringen. Sie wollen das ganz gewiß nicht. Nur denke ich, daß Sie, ähnlich wie es Herr Kollege Genscher schon gesagt hat, mit mir darin übereinstimmen, daß der Umstand, daß eine bestimmte Gesetzgebungsabsicht den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht zum Opfer bringt, ihn nicht im Wesenskern beschädigt, sondern überhaupt mit ihm vollständig vereinbar ist, diese Maßnahme noch nicht unbedingt zu einer zweckmäßigen Gesetzgebungsmaßnahme macht. Zweckmäßigkeiten sind dann unabhängig davon auch noch abzuwägen. Die Opfer, von denen Sie sprachen — und ich habe mich berührt gefühlt durch das, was Sie sagten —, sind ja nicht gebracht worden, um Fristen für bestimmte Gesetzgebungen zu erkaufen. Dieses Mißverständnis, denke ich, sollte sich hier nicht ausbreiten.
    Ich gehe genau wie mein Kollege Genscher von zwei Punkten aus. Erstens davon, daß die vom



    Bundeskanzler Schmidt
    Rechtsausschuß erarbeitete Fassung für die demnächst anstehende Gesetzgebung angemessen ist. Ich erkläre für die Bundesregierung:wir halten diese Gesetzgebung für notwendig. Zweitens. Ich erwarte ebenso wie auch Herr Kollege Genscher, daß diese Fassung eine Mehrheit im Deutschen Bundestag erhält.
    Ich will, nachdem ich diese Passage abgeschlossen habe, eine persönliche Bemerkung einfügen, weil Sie unter anderem auch auf die Sicherungsverwahrung zu sprechen gekommen sind. Dabei war auch die Rede von den sogenannten Sicherheitsgesprächen in der Amtswohnung des Bundeskanzlers. Ich habe an zwei und einem inoffiziellen dritten teilgenommen, .an dem Sie nicht teilnehmen konnten — aus Gründen, die mit den sich überstürzenden Ereignissen jener Tage zusammenhängen. Ich weiß nicht mehr, bei welcher, aber bei einem dieser drei Sicherheitsgespräche habe ich nur, für meine Person sprechend — und ich spreche auch im Augenblick nur für meine Person, Herr Kohl —, gesagt, daß ich bei einer wesentlichen Ausweitung der Möglichkeiten zur Sicherungsverwahrung persönlich noch überzeugt werden müßte. Ich wollte das gerne jetzt hier bekennen — ich hätte es sonst nicht gesagt, aber ich fühlte mich in dem Punkt von Ihnen angeredet. Das heißt nicht, daß ich dafür immer unaufgeschlossen bleiben wollte, sondern ich habe gesagt, dafür müßte ich erst noch aufgeschlossen, davon müßte ich erst noch überzeugt werden. Das hängt vielleicht damit zusammen, daß ich während der Nazidiktatur schon etwas älter — keineswegs erwachsen, aber etwas älter — war als Sie, und ich habe einiges miterlebt, was mir diese Hypothek in der Erinnerung noch zurückgelassen hat; ich muß das noch mitschleppen. Ich sage das nur für meine Person und nur wegen der Hoffnung, daß Sie die Bemerkung über die Sicherungsverwahrung, über die wir uns alle einig gewesen seien im Sicherheitsgespräch, bei sich selber in der Erinnerung oder auf Grund meiner Mitteilung soeben korrigieren.
    Ein vorletzter Punkt. Sie haben sich auch zur Deutschlandpolitik geäußert. Ich habe mir auch die Niederschrift, die vorläufige, Ihrer Ausführungen zu diesem Punkt besorgt und sie noch einmal angesehen. Mir ist unklar geblieben, was von Ihrer Seite gemeint war mit den sehr vorsichtig formulierten Bemerkungen, die dem Inhalt nach, dem Sinne nach besagten, daß ein anderes Handeln durch diese Bundesregierung gegenüber der Regierung der DDR notwendig sei. Ich habe beim nochmaligen Lesen ebensowenig wie beim Zuhören, Herr Kohl, verstehen können, auf welche — und ich meine das jetzt ganz neutral und nicht mit irgendeinem Unterton —, Möglichkeiten der Reaktion oder der Pression durch diese Regierung Sie eigentlich abgezielt haben. Welche sollten es denn wohl sein? Dies muß nicht im Deutschen Bundestag in aller Öffentlichkeit erörtert werden. Wenn es in einem anderen Kreis erörtert werden soll, finden Sie mich und die Bundesregierung dazu gern bereit. Dazu gehört dann auch die Frage: wie soll es denn danach, wenn diese Mittel angewandt wären, die Ihnen vielleicht vorschweben, weitergehen? Wollen wir uns in eine Eskalation von Fehlgriffen der einen Seite und Mitteln der anderen Seite und wiederum Reaktionen der ersten Seite hineinbegeben? Das ist es gerade, was ich heute morgen meinte, als ich sagte, daß alle Deutschen und beide deutschen Staaten ein dringendes Interesse daran haben müssen, den Entspannungsprozeß nicht einfach nur zu dulden, sondern ihn selbst aktiv handelnd zu fördern — auch dann, so füge ich jetzt hinzu —, wenn es wieder mal eine Störung, eine Enttäuschung, einen Rückschlag geben sollte.
    Lassen Sie mich am Schluß sagen, daß mir beim Zuhören in der heutigen Debatte der Gedanke gekommen ist, ob nicht vielleicht vor der Gefahr gewarnt werden muß, daß die Plenardebatte, die Parlamentsdebatte zu einem reinen Schlagabtausch 'schrumpft, in dem es nicht mehr auch um politische Einsicht und Darbietung anderer Meinung und Darbietung der Alternative zu dem geht, was der andere gesagt hat oder was der andere geantwortet hat, sondern in dem nur noch um des rhetorischen Effekts und um der Befriedigung der Erwartung der jeweils eigenen der drei Fraktionen willen gekämpft wird.
    Es ist ein auffälliges Merkmal — und das sage ich an die Adresse des Oppositionsführers; während die andere Bemerkung an uns alle, mich eingeschlossen, gerichtet war —, daß der Oppositionsführer nun seit einiger Zeit im Deutschen Bundestag — vorher auch schon als Ministerpräsident hier in diesem Saale sprechend — um den Kern der hier zu bewältigenden politischen Probleme — ob das auf dem Feld der Deutschlandpolitik ist oder, wie Sie es heute morgen, heute mittag getan haben, auf dem Felde der Sozialversicherung oder auf anderen Feldern — sehr weit herumgeht und - was ich verstehe in einer Parlamentsdebatte und für einen Oppositionsführer — den politischen und auch den personifizierten Angriff an die Stelle dessen setzt, was eigentlich auch noch geboten werden müßte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)